Archäologie: Urbayerin mit Migrationshintergrund
Rekonstruktion von Lisar
Während der Jungsteinzeit veränderten Einwanderer aus Anatolien die Lebensweise in Mitteleuropa von Grund auf. Sie brachten Ackerbau, Viehzucht – und damit die Sesshaftigkeit. Solch weit gereiste Vorfahren hatte auch eine Frau, deren Überreste Archäologen 2014 bei Bauarbeiten in der Nähe von Landshut bargen: Lisar. Benannt nach Landau an der Isar, wo eine Rekonstruktion der gerade einmal 1,45 Meter großen Urbayerin das Zentrum der 2019 eröffneten Dauerausstellung im dortigen Museum Kastenhof bildet.
Lisars Schöpfer – die niederländischen Zwillinge Adrie und Alfons Kennis – haben sich auf anthropologische Nachbildungen spezialisiert und gelten als Stars der Szene. Alle nötigen Informationen für eine Rekonstruktion der Bäuerin gewannen sie aus deren gut erhaltenem Skelett sowie DNA-Analysen. Das Erbgut verriet Augen-, Haar- und dunkle Hautfarbe. Zudem: Lisar hatte sich ausgewogen ernährt und ein stolzes Alter von mehr als 60 Jahren erreicht. Vermutlich starb sie an einem Zahnabszess.
In ihrem neuen Job lädt die Botschafterin der Linearbandkeramischen Kultur – der ersten Bauernkultur Mitteleuropas – die Museumsbesucher in ihren Lebensalltag vor rund 7300 Jahren ein. Dass sie mit ihrer verschmitzten Mimik äußerst lebendig wirkt, hat einen Grund – zu Lebzeiten hatte Lisar einen deutlichen Vorbiss. Ihr Unterkiefer steht vor. Um den zu kaschieren, wählten die Paläo-Künstler einen charmanten Kniff: Lisar beißt sich auf ihre Unterlippe.
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