Manieren
© Badisches Landesmuseum Karlsruhe / Thomas Goldschmidt (Ausschnitt)
Eine solche Schandmaske drohte ... | ... bis ins 18. Jahrhundert jedem, der durch Trunkenheit, Beleidigung, Ehebruch oder üble Nachrede gegen die gesellschaftlichen Regeln verstoßen hatte. Mit dem langen Schnabel stieß der Verurteilte – wenn er von den Menschen durch die engen Gassen getrieben wurde – gegen die Wände und wurde so zum Gespött der Leute.
© Focke-Museum Bremen / Sigrid Sternebeck (Ausschnitt)
Das Trinken aus diesem Vexierkrug ... | ... bedürfe nur einigen Geschicks. Dann könne das Getränk über den Henkel in die um den Gefäßhals liegende Röhre geleitet – und getrunken werden. Doch in Wahrheit lief die Flüssigkeit beim Kippen des Bechers ungehindert durch die Zierlöcher – und auf den Rock des Gastes.
© Kunstsammlungen der Veste Coburg (Ausschnitt)
Die "Feige" ist ... | ... ein obszönes Zeichen für den Geschlechtsverkehr. Warum dieser Flakon aus dem Venedig des 17. Jahrhunderts diese Geste der fica zeigt, ist ungewiss. Vielleicht zog der Besitzer das knapp neun Zentimeter große Kuriosum ja gelegentlich in kleiner Runde hervor, um sich an den anzüglichen Blicken zu erfreuen.
© Kunstsammlungen Böttcherstraße – Museum im Roselius-Haus, Bremen (Ausschnitt)
In den feinen Kreisen ... | ... pflegte man gegen Ende des 18. Jahrhunderts die Sitte, den heißen Kaffee zunächst in die Untertasse zu gießen und dann zu trinken. Rasch wurde die Attitüde der noblen Gesellschaft allgemeiner Standard. Dann kam sie aus der Mode – und galt bald als bäuerliche Unsitte.
© Focke-Museum Bremen / Sigrid Sternebeck (Ausschnitt)
Die erste Wegwerfbinde ... | ... bediente ab 1926 die steigende Nachfrage berufstätiger Frauen, die sich während der Menstruation nicht "schonen" konnten. Die Kartons trugen ein Bildnis der Kameliendame aus dem gleichnamigen Roman von Alexandre Dumas d. J., die als Zeichen ihrer "Unpässlichkeit" eine rote Kamelienblüte trug. Um den Damen den Kauf zu erleichtern, waren Zettel mit dem Aufdruck "Bitte, geben Sie mir eine diskret verpackte Camelia-Schachtel" beigelegt.
© Hakle-Kimberley Deutschland GmbH (Ausschnitt)
Dieses Klopapier aus dem Jahr 1928 ... | ... wurde mit folgendem Slogan beworben: "Verlangen Sie eine Rolle Hakle, dann brauchen Sie nicht Toilettenpapier zu sagen!" Er belegt, wie peinlich der Kauf war. Das Papier und seine Funktion waren tabuisiert.
Die Vorstellungen von gutem und schlechtem Benehmen ändern sich wie die Formen der Mode. Sie sind Spiegel ihrer Zeit und reflektierten die innere Haltung derer, die sich nach ihnen richten. Denen bieten die gesellschaftlichen Regeln und Tabus eine Einheit – während sie diejenigen ausgrenzen, denen Etikette fremd ist.
Weil Grenzen auch der Reiz ihrer Überschreitung innewohnt, sind die Manieren nie vor Bedrohungen sicher. Während den feinen Herrn, der in kleiner Runde pikante Darstellungen herumreicht, allerdings das frivole Lächeln seiner Freunde belohnt, droht dem Trunkenbold die öffentliche Bloßstellung.
Wie rasch manche Regel und manches Tabu aus der Mode kommt, zeigt ein Blick auf die Anfänge des 20. Jahrhunderts, als der Kauf von Klopapier oder Damenbinden noch so peinlich war, dass bizarr anmutende sprachliche Verrenkungen die Folge waren.
Die Ausstellung im Bremer Focke-Museum unterhält – und regt zum Nachdenken an: "über gutes Benehmen als innere Notwendigkeit und über die persönliche Würde als höchstes Gut des Menschen".
Manieren
Geschichten von Anstand und Sitte aus sieben Jahrhunderten
Vom 29. November 2009 bis 30. Mai 2010
Focke-Museum
Bremer Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte
Schwachhauser Heerstraße 240
28213 Bremen
Internet: www.focke-museum.de
Weil Grenzen auch der Reiz ihrer Überschreitung innewohnt, sind die Manieren nie vor Bedrohungen sicher. Während den feinen Herrn, der in kleiner Runde pikante Darstellungen herumreicht, allerdings das frivole Lächeln seiner Freunde belohnt, droht dem Trunkenbold die öffentliche Bloßstellung.
Wie rasch manche Regel und manches Tabu aus der Mode kommt, zeigt ein Blick auf die Anfänge des 20. Jahrhunderts, als der Kauf von Klopapier oder Damenbinden noch so peinlich war, dass bizarr anmutende sprachliche Verrenkungen die Folge waren.
Die Ausstellung im Bremer Focke-Museum unterhält – und regt zum Nachdenken an: "über gutes Benehmen als innere Notwendigkeit und über die persönliche Würde als höchstes Gut des Menschen".
Manieren
Geschichten von Anstand und Sitte aus sieben Jahrhunderten
Vom 29. November 2009 bis 30. Mai 2010
Focke-Museum
Bremer Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte
Schwachhauser Heerstraße 240
28213 Bremen
Internet: www.focke-museum.de
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