Borreliose: Die Wiege eines Quälgeistes
Die Erreger der Lyme-Borreliose werden von Zecken übertragen. Die Krankheit kann unter anderem schwere Gelenk- und Nervenschäden verursachen. Genetische Analysen decken nun auf, wo der Erreger herkam und warum sich die nordamerikanische Variante von der europäischen unterscheidet.
Alle Jahre wieder, wenn im Frühjahr die ersten Sonnenstrahlen die Menschen ins Freie locken, geistert erneut das Schreckgespenst Borreliose durch aller Munde. Gegen die von Zecken übertragene Krankheit gibt es keine Impfung, die Symptome sind vielseitig und erschweren die Diagnose, unbehandelt kann Borreliose zu bleibenden Schäden an Gelenken, Herz, Haut und Nervensystem führen.
Nicht nur hierzulande ist Lyme-Borreliose ein ernstzunehmendes Problem: Benannt wurde die Erkrankung nach der nordamerikanischen Stadt Lyme, wo sie 1976 erstmals beschrieben wurde. Sie ist in weiten Teilen Nordamerikas, Europas, Nordasiens und Australiens verbreitet, scheint aber erst im Laufe der letzten 30 Jahre gehäuft aufzutreten.
Im Gegensatz zu vorherigen Studien konzentrierten sie sich dabei nicht auf Erbgutabschnitte für Oberflächenstrukturen der Bakterien, sondern auf eine Gruppe von acht Genen, die derart essentiell für die Zelle sind, dass sie sich im Laufe der Evolution nur sehr langsam verändern. Auf Grund ihrer zentralen Rolle für den Zellhaushalt werden sie auch "housekeeping"-Gene genannt.
Diese neue Herangehensweise führte zu einem überraschenden Ergebnis: B. burgdorferi stammt wahrscheinlich nicht aus Nordamerika, wie es anhand der Analyse der Oberflächenstrukturen vermutet worden war, sondern aus Europa. Mehrere europäische Varianten des Erregers lagen im Computer-berechneten Stammbaum nahe bei einem gemeinsamen Vorfahren der Borrelien.
Die Bakterien erreichten Nordamerika vermutlich noch vor den ersten Menschen, meinen die Forscher. Seit dieser Aufspaltung haben sich die Borrelien-Stämme auf den verschiedenen Kontinenten unabhängig voneinander weiter entwickelt und weisen mittlerweile einige signifikante Unterschiede in der Sequenz der housekeeping-Gene auf.
Vögel sind jedoch nicht nur für die Verbreitung, sondern wahrscheinlich auch für die beobachteten regionalen Unterschiede im Genom der Borrelien verantwortlich. Hinweise darauf fand Vincent Staszewski von der Universität Jyväskylä in Finnland in Zusammenarbeit mit französischen Forschern [2].
Die Wissenschaftler untersuchten die Verbreitung von Borrelia burgdorferi in Seevögeln. Zu diesem Zweck sammelten sie Blutproben von Trottellummen (Uria aalge), Papageitauchern (Fratercula arctica) und Dreizehenmöwen (Rissa tridactyla) an acht verschiedenen Orten in Finnland, Schottland und Norwegen.
Ob diese Unterschiede sich in verschiedener Anfälligkeit der Vogelarten für die Erreger oder in verschiedenen Varianten der Borrelien-Stämme begründen, wagen die Wissenschaftler noch nicht klar zu sagen. Eine seit Jahren diskutierte Theorie besagt jedoch, dass sich regional unterschiedliche Borrelien-Varianten, wie sie in der vergleichenden Studie von Margos und Kollegen beschrieben wurden, durch Anpassung an die verschiedenen Immunsysteme ihrer Wirte entwickelt haben könnten.
Damit ließen sich eventuell die regionalen Unterschiede zwischen B. burgdoferi-Stämmen in Nordamerika und Europa erklären, da unterschiedliche Wirtstiere verschiedene Anpassungen ausgelöst haben könnten. Vermutlich ist auf diese Weise im Laufe der Evolution auch der humanpathogene Erreger entstanden und wurde von Europa nach Nordamerika verschleppt. Dort differenzierte er sich weiter, vom Menschen unbemerkt, bis die Krankheit vor rund 30 Jahren beschrieben wurde.
Interessant wird die Geschichte mit den unterschiedlichen Immunsystemen, wenn man bedenkt, dass es neben den Reservoirwirten wie Vögeln und Nagern auch Wirte gibt, die weniger anfällig für die Lyme-Krankheit sind oder in denen sich die Borrelien nicht vermehren können. Käme man dem Geheimnis des Immunsystems dieser Tiere auf die Schliche und fände den Faktor, der sie vor den Lyme-Erregern schützt, wäre man der Lösung des menschlichen Borreliose-Problems eventuell auch einen Schritt näher. Bis dahin hilft nur eine frühe Diagnose und Behandlung mit Antibiotika, um bleibende Schäden zu verhindern.
Nicht nur hierzulande ist Lyme-Borreliose ein ernstzunehmendes Problem: Benannt wurde die Erkrankung nach der nordamerikanischen Stadt Lyme, wo sie 1976 erstmals beschrieben wurde. Sie ist in weiten Teilen Nordamerikas, Europas, Nordasiens und Australiens verbreitet, scheint aber erst im Laufe der letzten 30 Jahre gehäuft aufzutreten.
Der Frage, woher der Erreger (Borrelia burgdorferi) ursprünglich stammt, ging ein Forscherteam um Gabriele Margos von der University of Bath nach. Mit Hilfe von genetischen Analysen an 64 DNA-Proben aus Borrelien-infizierten Zecken aus Europa und den USA und dem Abgleich mit bestehenden Datenbanken erstellten sie einen neuen Stammbaum der Lyme-Erreger [1].
Im Gegensatz zu vorherigen Studien konzentrierten sie sich dabei nicht auf Erbgutabschnitte für Oberflächenstrukturen der Bakterien, sondern auf eine Gruppe von acht Genen, die derart essentiell für die Zelle sind, dass sie sich im Laufe der Evolution nur sehr langsam verändern. Auf Grund ihrer zentralen Rolle für den Zellhaushalt werden sie auch "housekeeping"-Gene genannt.
Diese neue Herangehensweise führte zu einem überraschenden Ergebnis: B. burgdorferi stammt wahrscheinlich nicht aus Nordamerika, wie es anhand der Analyse der Oberflächenstrukturen vermutet worden war, sondern aus Europa. Mehrere europäische Varianten des Erregers lagen im Computer-berechneten Stammbaum nahe bei einem gemeinsamen Vorfahren der Borrelien.
Die Bakterien erreichten Nordamerika vermutlich noch vor den ersten Menschen, meinen die Forscher. Seit dieser Aufspaltung haben sich die Borrelien-Stämme auf den verschiedenen Kontinenten unabhängig voneinander weiter entwickelt und weisen mittlerweile einige signifikante Unterschiede in der Sequenz der housekeeping-Gene auf.
Verbreitet wurden die Lyme-Erreger vermutlich als blinde Passagiere verschiedener Vögel, an denen sich die infizierten Zecken festbissen. Denn neben Rotwild und Nagern sind Vögel ein häufiger Reservoirwirt, in denen sich die Erreger vermehren. Sie stellen somit eine Quelle dar, an der sich Zeckennymphen neu infizieren und die Erreger auf den nächsten Wirt, zum Beispiel den Menschen, übertragen können.
Vögel sind jedoch nicht nur für die Verbreitung, sondern wahrscheinlich auch für die beobachteten regionalen Unterschiede im Genom der Borrelien verantwortlich. Hinweise darauf fand Vincent Staszewski von der Universität Jyväskylä in Finnland in Zusammenarbeit mit französischen Forschern [2].
Die Wissenschaftler untersuchten die Verbreitung von Borrelia burgdorferi in Seevögeln. Zu diesem Zweck sammelten sie Blutproben von Trottellummen (Uria aalge), Papageitauchern (Fratercula arctica) und Dreizehenmöwen (Rissa tridactyla) an acht verschiedenen Orten in Finnland, Schottland und Norwegen.
In fast 40 Prozent der Vögel konnten sie Antikörper gegen den Borreliose-Erreger nachweisen, wobei die Häufigkeit von Ort zu Ort und von Spezies zu Spezies unterschiedlich war. Unter den Trottellummen waren etwa 75 bis 80 Prozent mit B. burgdorferi infiziert, während bei Dreizehenmöwen und Papageitauchern nur rund jedes fünfte Individuum Antikörper gegen den Erreger trug.
Ob diese Unterschiede sich in verschiedener Anfälligkeit der Vogelarten für die Erreger oder in verschiedenen Varianten der Borrelien-Stämme begründen, wagen die Wissenschaftler noch nicht klar zu sagen. Eine seit Jahren diskutierte Theorie besagt jedoch, dass sich regional unterschiedliche Borrelien-Varianten, wie sie in der vergleichenden Studie von Margos und Kollegen beschrieben wurden, durch Anpassung an die verschiedenen Immunsysteme ihrer Wirte entwickelt haben könnten.
Damit ließen sich eventuell die regionalen Unterschiede zwischen B. burgdoferi-Stämmen in Nordamerika und Europa erklären, da unterschiedliche Wirtstiere verschiedene Anpassungen ausgelöst haben könnten. Vermutlich ist auf diese Weise im Laufe der Evolution auch der humanpathogene Erreger entstanden und wurde von Europa nach Nordamerika verschleppt. Dort differenzierte er sich weiter, vom Menschen unbemerkt, bis die Krankheit vor rund 30 Jahren beschrieben wurde.
Interessant wird die Geschichte mit den unterschiedlichen Immunsystemen, wenn man bedenkt, dass es neben den Reservoirwirten wie Vögeln und Nagern auch Wirte gibt, die weniger anfällig für die Lyme-Krankheit sind oder in denen sich die Borrelien nicht vermehren können. Käme man dem Geheimnis des Immunsystems dieser Tiere auf die Schliche und fände den Faktor, der sie vor den Lyme-Erregern schützt, wäre man der Lösung des menschlichen Borreliose-Problems eventuell auch einen Schritt näher. Bis dahin hilft nur eine frühe Diagnose und Behandlung mit Antibiotika, um bleibende Schäden zu verhindern.
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