Die vierte Runde unseres Wunschartikelwettbewerbs, wo jeder für einen oder mehrere aus fünf Artikeln stimmen soll, hat ein Ergebnis erbracht, das uns überraschte: Auf den 1. Platz wählten hunderte Teilnehmer den Artikel über Stammbaumforschung mittels der Genomik. Den Beitrag haben wir in unsere Septemberausgabe aufgenommen. Auf den zweiten Platz landeten „Nanoröhren aus Kohlenstoff“ und dahinter erst das Thema „Flüssige Teleskope“. Beide Artikel folgen noch im Herbst.

Außerdem haben wir wieder den Gewinner unseres Preises gezogen (ein Wochenende zu zweit in Heidelberg plus Besuch in der Redaktion): Dr. Joachim Semmrich aus Fürstenfeldbruck. Zusammen mit seiner Frau nahm der promovierte Diplomphysiker an unserer Redaktionskonferenz teil (siehe Foto) und ließ sich zeigen, wie unsere Magazine im Hause erstellt werden. Heidelberg war kein Neuland für die Semmrichs. Nach seiner Diplomarbeit an der TU Karlsruhe hatte er in Heidelberg nicht nur seine Frau, damals Biologiestudentin, kennen gelernt, sondern auch über Streuexperimente mit Gammastrahlung am Betatron der Uni Heidelberg promoviert. Seine Arbeit sollte helfen, einige experimentell noch nicht verifizierte Fragen der Quantenelektrodynamik aufzuklären.

Bald landete Semmrich in München – beim TÜV, genauer dem TÜV Süd, wie die Prüf- und Zertifizierungsfirma heute nach mehreren Zusammenschlüssen heißt. Deren Abteilung für Reaktorphysik ist in Bayern als Teil des Verfahrens in alle Prozesse involviert, wo Veränderungen am Reaktorkern von Atomreaktoren genehmigt werden müssen. Dies betrifft vor allem die regelmäßig vorzunehmenden Nachladungen des Reaktorkerns, also den Austausch abgebrannter durch frische Brennelemente bei Leistungsreaktoren.

Auch an der Freigabe des Forschungsreaktors München II – der „Forschungsneutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz“, so ihr offizieller Titel – in Garching war Semmrichs sechsköpfige Abteilung beteiligt. Mit kommerziellen Programmen berechnen die Reaktorphysiker die nuklearen Eigenschaften des Reaktorkerns und simulieren die Vorgänge bei Leistungsbetrieb und bei Störfällen im Hinblick auf sicherheitsrelevante Aspekte.

Auch wenn die aktuellen Störfälle in den Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel nukleare Prozesse nicht direkt involvierten, so blickt Joachim Semmrich doch eher skeptisch in die Zukunft. Denn wie kann die Qualität des Wartungspersonals solch komplexer Anlagen aufrechterhalten werden, wenn kaum jemand mehr in Reaktorsicherheit ausgebildet wird? Kernreaktoren werden uns, ganz unabhängig von allen Ausstiegszenarios, noch recht lange erhalten bleiben. Schwere Gedanken für unseren Preisträger, der ansonsten in Heidelberg seine Erinnerungen an eine fröhliche Studentenzeit auffrischen konnte.

Reinhard Breuer