Columbus fliegt ins All Eindrücke aus dem ESOC, Darmstadt
Im Europäischen Weltraumkontrollzentrum ESOC in Darmstadt hatten sich am Abend des 7. Februar mehr als 200 Personen versammelt, um den Start der Raumfähre Atlantis live mitzuerleben. Hier einige Impressionen und Eindrücke.
Lange Stunden war die Wahrscheinlichkeit sehr gering, ob sich die Raumfähre Atlantis wohl an diesem Abend in die Lüfte über Florida erheben würde. Auch der Autor dieser Zeilen war eher pessimistisch, als er gegen 20:00 Uhr die Sicherheitsschleuse beim Haupttor des ESOC durchschritt, hatte doch der Wetterdienst der NASA anderthalb Stunden vor dem Abheben eine Wahrscheinlichkeit von nur etwa vierzig Prozent für gutes Wetter angegeben. Andererseits war der Countdown seit seinem Beginn am 4. Februar ohne technische Probleme verlaufen.
Ursprünglich war die Startveranstaltung bei ESOC in ganz kleinem Rahmen im eigentlichen Kontrollzentrum geplant, die Hauptveranstaltung fand nämlich im Columbus-Kontrollzentrum, oder kurz Col CC beim DLR in Oberpfaffenhofen bei München statt. Dennoch war der Andrang in Darmstadt so groß, dass sich die PR-Abteilung des ESOC kurzfristig entschloss, den großen Saal im Hauptgebäude zu nutzen, der dann auch gut gefüllt war.
Die Spannung vor dem Start war mit Händen zu greifen, man merkte den Mitarbeitern des ESOC an, dass sie sich durchaus Sorgen über das Gelingen machten. Im direkten Gespräch sagten sie auch klar, dass wenn dieser Start ernsthaft misslingen sollte, die ganze bemannte Raumfahrt weltweit schwer in Bedrängnis geriete und die Internationale Raumstation dann wohl am Ende wäre. Eine weitere Startverzögerung wäre da natürlich ein sehr viel kleineres Übel gewesen.
Gegen 20:15 begann die Veranstaltung, die von zwei Mitarbeitern des ESOC moderiert wurde. Sie stellten zunächst Columbus und seine lange Entwicklungsgeschichte vor. Diese reicht bis ins Jahr 1985 zurück, als die Weltraumstation noch "Freedom" hieß und eine nationale Raumstation der USA mit europäischer Beteiligung werden sollte.
Es folgten Schilderungen der technischen Ausrüstung von Columbus und seinen Experimentenschränken, den so genannten Racks. In Columbus stehen vor allem biologische, medizinische und werkstofftechnische Fragestellungen im Vordergrund, unter anderem sollen Proteinkristalle in der Mikrogravitation gezüchtet, oder neuartige Metalllegierungen erzeugt werden. Detaillierte Informationen hierzu finden Sie übrigens in einem ausführlichen Artikel im Märzheft von Sterne und Weltraum, erhältlich am Kiosk und online ab dem 20. Februar.
Gegen 20:40 Uhr wurde auf drei großen Projektionsflächen das Live-Fernsehbild aus Florida aufgeschaltet und zur großen Erleichterung der Anwesenden war eine laufende Countdown-Uhr zu sehen. Im Hintergrund ertönte "Gutes Wetter" und tatsächlich, der Himmel über dem Startplatz hatte aufgeklart und leuchtete blau mit nur kleinen Kumulus-Wölkchen. Mit Spannung erwartete man das Anlaufen der Hilfsaggregate, der so genannten Auxiliary Power Units (APU), für die interne Energieversorgung der Raumfähre.
"Go for APU-Start" quäkte es aus den Lautsprechern und kurze Zeit später bestätigte der NASA-Sprecher des Kennedy Space Center "We have three good APUs". Die APUs versorgen vor allem die Triebwerke, ihre Steuercomputer sowie die Hydraulik der Raumfähre mit elektrischer Energie und werden nur bei Start und Landung benötigt. Nun schien die Zeit zu rasen und die Blicke aller Zuschauer richteten sich starr auf die Bildschirme.
31 Sekunden vor dem Abheben übernahmen die Bordcomputer der Atlantis die vollständige Kontrolle über die Raumfähre. Ab T minus zehn Sekunden strömten große Mengen an Wasser über den Starttisch, die den Lärm von den zündenden Raketenmotoren dämpfen und den Starttisch vor ihren heißen Flammen schützen müssen. Bei T minus sieben Sekunden zündeten nacheinander die drei Haupttriebwerke der Raumfähre, liefen hoch und die bläulichen Kegel in ihren Abgasstrahlen formierten sich. 3, 2, 1 – SRB-Ignition and Liftoff! Die großen Feststoffraketen an beiden Seiten des großen Außentanks hatten gezündet und nun gab es auf Gedeih und Verderb kein Zurück mehr.
Abgesehen von dem Getöse der Live-Übertragung blieb alles mucksmäuschenstill im großen Saal und alle Anwesenden verfolgten gebannt den Flug. Etwa eine Minute nach dem Abheben war dann die Ansage "Go with throttle up" zu hören, hier kamen gemischte Gefühle auf, war doch die Raumfähre Challenger vor fast genau 22 Jahren wenige Sekunden nach dieser Ansage in einem riesigen Feuerball explodiert.
"Roger, go with throttle up" kam die Stimme des Kommandanten Stephen Frick über die Lautsprecher und die Raumfähre flog problemlos weiter. Kurz nach dem Abheben wird der Schub der drei Haupttriebwerke auf 67 Prozent ihrer Leistung (englisch: "throttle") gedrosselt, um die auf die Raumfähre wirkenden Kräfte von Beschleunigung und Luftreibung zu reduzieren. Nach einer Minute fahren sie dann wieder auf ihre volle Leistung hoch.
Zwei Minuten nach dem Abheben waren die beiden Feststoffbooster ausgebrannt und wurden abgesprengt, was sich mit einer auf dem Außentank der Raumfähre montierten Kamera gut verfolgen ließ. Diese Kamera lieferte dann auch noch für weitere zehn Minuten die Bilder. Neben dem braunen Tank war darauf die Unterseite der Atlantis zu sehen, die dabei wegen der extremen Weitwinkeloptik wie ein dunkler Wal mit rechteckigen Schuppen wirkte.
Der NASA-Sprecher sagte nun immer wieder die Höhe, die Geschwindigkeit und die Entfernung vom Startplatz an und betonte "We have three good APUs und three solid main engines – everything looking good!" Tatsächlich verlief der Flug wie im Bilderbuch und nach achteinhalb Minuten erloschen die Haupttriebwerke und der Außentank trennte sich von der Raumfähre, die mit kleineren Steuermanövern begann.
Erst jetzt brandete Jubel und Beifall im ESOC auf und man konnte vor allem bei den ESA-Mitarbeitern sehen, wie ihnen die Steine von den Herzen fielen. Sichtlich gut gelaunt beantworteten sie nun die Fragen der Anwesenden. Die Raumfähre soll nun am Samstag, den 9. Februar, gegen 18:23 Uhr MEZ an der Internationalen Raumstation ISS anlegen. Schon einen Tag später begeben sich gegen 15:30 Uhr die beiden Astronauten Rex Walheim und der Deutsche Hans Schlegel in den freien Weltraum und bereiten das in der Nutzlastbucht der Raumfähre befindliche Forschungsmodul Columbus für das Ankoppeln an der ISS vor.
Mit dem erfolgreichen Abheben der Atlantis mit Columbus an Bord ist nun ein bedeutender Schritt für die Europäische Raumfahrtbehörde getan, doch der nächste folgt schon am 8. März. Dann nämlich soll sich eine Ariane-5-Rakete mit dem unbemannten europäischen Raumtransporter ATV (Automated Transfer Vehicle) auf den Weg zur ISS machen. Damit übernimmt die ESA nun auch direkt Verantwortung für die Versorgung der ISS mit Nachschub, Lebensmitteln, Wasser und Treibstoff. – Es bleibt weiterhin spannend in der Raumfahrt!
Tilmann Althaus
Lange Stunden war die Wahrscheinlichkeit sehr gering, ob sich die Raumfähre Atlantis wohl an diesem Abend in die Lüfte über Florida erheben würde. Auch der Autor dieser Zeilen war eher pessimistisch, als er gegen 20:00 Uhr die Sicherheitsschleuse beim Haupttor des ESOC durchschritt, hatte doch der Wetterdienst der NASA anderthalb Stunden vor dem Abheben eine Wahrscheinlichkeit von nur etwa vierzig Prozent für gutes Wetter angegeben. Andererseits war der Countdown seit seinem Beginn am 4. Februar ohne technische Probleme verlaufen.
Ursprünglich war die Startveranstaltung bei ESOC in ganz kleinem Rahmen im eigentlichen Kontrollzentrum geplant, die Hauptveranstaltung fand nämlich im Columbus-Kontrollzentrum, oder kurz Col CC beim DLR in Oberpfaffenhofen bei München statt. Dennoch war der Andrang in Darmstadt so groß, dass sich die PR-Abteilung des ESOC kurzfristig entschloss, den großen Saal im Hauptgebäude zu nutzen, der dann auch gut gefüllt war.
Die Spannung vor dem Start war mit Händen zu greifen, man merkte den Mitarbeitern des ESOC an, dass sie sich durchaus Sorgen über das Gelingen machten. Im direkten Gespräch sagten sie auch klar, dass wenn dieser Start ernsthaft misslingen sollte, die ganze bemannte Raumfahrt weltweit schwer in Bedrängnis geriete und die Internationale Raumstation dann wohl am Ende wäre. Eine weitere Startverzögerung wäre da natürlich ein sehr viel kleineres Übel gewesen.
Gegen 20:15 begann die Veranstaltung, die von zwei Mitarbeitern des ESOC moderiert wurde. Sie stellten zunächst Columbus und seine lange Entwicklungsgeschichte vor. Diese reicht bis ins Jahr 1985 zurück, als die Weltraumstation noch "Freedom" hieß und eine nationale Raumstation der USA mit europäischer Beteiligung werden sollte.
Es folgten Schilderungen der technischen Ausrüstung von Columbus und seinen Experimentenschränken, den so genannten Racks. In Columbus stehen vor allem biologische, medizinische und werkstofftechnische Fragestellungen im Vordergrund, unter anderem sollen Proteinkristalle in der Mikrogravitation gezüchtet, oder neuartige Metalllegierungen erzeugt werden. Detaillierte Informationen hierzu finden Sie übrigens in einem ausführlichen Artikel im Märzheft von Sterne und Weltraum, erhältlich am Kiosk und online ab dem 20. Februar.
Gegen 20:40 Uhr wurde auf drei großen Projektionsflächen das Live-Fernsehbild aus Florida aufgeschaltet und zur großen Erleichterung der Anwesenden war eine laufende Countdown-Uhr zu sehen. Im Hintergrund ertönte "Gutes Wetter" und tatsächlich, der Himmel über dem Startplatz hatte aufgeklart und leuchtete blau mit nur kleinen Kumulus-Wölkchen. Mit Spannung erwartete man das Anlaufen der Hilfsaggregate, der so genannten Auxiliary Power Units (APU), für die interne Energieversorgung der Raumfähre.
"Go for APU-Start" quäkte es aus den Lautsprechern und kurze Zeit später bestätigte der NASA-Sprecher des Kennedy Space Center "We have three good APUs". Die APUs versorgen vor allem die Triebwerke, ihre Steuercomputer sowie die Hydraulik der Raumfähre mit elektrischer Energie und werden nur bei Start und Landung benötigt. Nun schien die Zeit zu rasen und die Blicke aller Zuschauer richteten sich starr auf die Bildschirme.
31 Sekunden vor dem Abheben übernahmen die Bordcomputer der Atlantis die vollständige Kontrolle über die Raumfähre. Ab T minus zehn Sekunden strömten große Mengen an Wasser über den Starttisch, die den Lärm von den zündenden Raketenmotoren dämpfen und den Starttisch vor ihren heißen Flammen schützen müssen. Bei T minus sieben Sekunden zündeten nacheinander die drei Haupttriebwerke der Raumfähre, liefen hoch und die bläulichen Kegel in ihren Abgasstrahlen formierten sich. 3, 2, 1 – SRB-Ignition and Liftoff! Die großen Feststoffraketen an beiden Seiten des großen Außentanks hatten gezündet und nun gab es auf Gedeih und Verderb kein Zurück mehr.
Abgesehen von dem Getöse der Live-Übertragung blieb alles mucksmäuschenstill im großen Saal und alle Anwesenden verfolgten gebannt den Flug. Etwa eine Minute nach dem Abheben war dann die Ansage "Go with throttle up" zu hören, hier kamen gemischte Gefühle auf, war doch die Raumfähre Challenger vor fast genau 22 Jahren wenige Sekunden nach dieser Ansage in einem riesigen Feuerball explodiert.
"Roger, go with throttle up" kam die Stimme des Kommandanten Stephen Frick über die Lautsprecher und die Raumfähre flog problemlos weiter. Kurz nach dem Abheben wird der Schub der drei Haupttriebwerke auf 67 Prozent ihrer Leistung (englisch: "throttle") gedrosselt, um die auf die Raumfähre wirkenden Kräfte von Beschleunigung und Luftreibung zu reduzieren. Nach einer Minute fahren sie dann wieder auf ihre volle Leistung hoch.
Zwei Minuten nach dem Abheben waren die beiden Feststoffbooster ausgebrannt und wurden abgesprengt, was sich mit einer auf dem Außentank der Raumfähre montierten Kamera gut verfolgen ließ. Diese Kamera lieferte dann auch noch für weitere zehn Minuten die Bilder. Neben dem braunen Tank war darauf die Unterseite der Atlantis zu sehen, die dabei wegen der extremen Weitwinkeloptik wie ein dunkler Wal mit rechteckigen Schuppen wirkte.
Der NASA-Sprecher sagte nun immer wieder die Höhe, die Geschwindigkeit und die Entfernung vom Startplatz an und betonte "We have three good APUs und three solid main engines – everything looking good!" Tatsächlich verlief der Flug wie im Bilderbuch und nach achteinhalb Minuten erloschen die Haupttriebwerke und der Außentank trennte sich von der Raumfähre, die mit kleineren Steuermanövern begann.
Erst jetzt brandete Jubel und Beifall im ESOC auf und man konnte vor allem bei den ESA-Mitarbeitern sehen, wie ihnen die Steine von den Herzen fielen. Sichtlich gut gelaunt beantworteten sie nun die Fragen der Anwesenden. Die Raumfähre soll nun am Samstag, den 9. Februar, gegen 18:23 Uhr MEZ an der Internationalen Raumstation ISS anlegen. Schon einen Tag später begeben sich gegen 15:30 Uhr die beiden Astronauten Rex Walheim und der Deutsche Hans Schlegel in den freien Weltraum und bereiten das in der Nutzlastbucht der Raumfähre befindliche Forschungsmodul Columbus für das Ankoppeln an der ISS vor.
Mit dem erfolgreichen Abheben der Atlantis mit Columbus an Bord ist nun ein bedeutender Schritt für die Europäische Raumfahrtbehörde getan, doch der nächste folgt schon am 8. März. Dann nämlich soll sich eine Ariane-5-Rakete mit dem unbemannten europäischen Raumtransporter ATV (Automated Transfer Vehicle) auf den Weg zur ISS machen. Damit übernimmt die ESA nun auch direkt Verantwortung für die Versorgung der ISS mit Nachschub, Lebensmitteln, Wasser und Treibstoff. – Es bleibt weiterhin spannend in der Raumfahrt!
Tilmann Althaus
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