Die Anbetung des Zeigefingers
Nette: Steve, was gibt's Neues?
Steve: Och, nich viel.
N: Komm schon, raus mit der Sprache. Du willst mir doch nicht erzählen ...
S: Ich hab Angst.
N: Wovor hast du Angst?
S: Vorm Schreiben. Ich könnte mich ja verschreiben. Und dann lachen wieder alle.
N: Hä?! So kenn ich dich ja gar nicht – seit wann kratzt dich das?
S: Seit diesem Sick! Du weißt schon, »Der Genitiv ist dem Dativ ...« Der Autor, Bastian Sick, füllt mit seinen Lehr- und Lachkursen ja derzeit Säle. Da paart sich die Lust am »Wissen, wie's richtig ist« mit der Häme über anderer Leute Dusseligkeit.
N: Na und?
S: Findest du das nicht irgendwie sehr ... deutsch?!
N: Hm ja, jetzt stell dir mal vor, ein Sprachwissenschaftler – also ein Forscher, der tatsächlich untersucht, was wir mit Sprache alles machen – hätte solche Bücher verfasst. Unerhört: Er hätte Geisteswissenschaft als lustige und nützliche Sache unters Volk gebracht.
S: Ach, du findest das auch noch gut?
N: Klar. Jeder will schließlich wissen, wie's richtig ist.
S: Schon. Aber diese kollektive Anbetung des erhobenen Zeigefingers mag ich nicht leiden – auch wenn sie mit Humor getarnt ist. Zu dogmatisch, weißt du.
N: Tja, das Lustige ist: Ein Linguist wäre viel weniger vorschreibend, weil er um die Wandelbarkeit der Sprache weiß – die wird nämlich von den Sprechern gemacht, nicht vom Duden!
S: Trotzdem empfiehlst du Oberlehrer Sick als Vorbild ...
N: Ich empfehle das Prinzip, unterhaltsame und nützliche Bücher mit geisteswissenschaftlichem Inhalt zu schreiben. Überleg mal: Nächstes Jahr begehen wir das »Jahr der Geisteswissenschaften, Schwerpunkt Sprache«. Fällt dir was auf?
S: Wir hatten ein Jahr der Chemie, ein Jahr der Informatik, und nun kommt ein Jahr der Geisteswissenschaften – »Schwerpunkt Sprache«?
N: Eben. Es gibt hundert verschiedene Geisteswissenschaften, aber die werden offenbar nicht ernst genug genommen, um ein eigenes Jahr zu bekommen. Statt dessen: Jahr der Geisteswissenschaften, mit einem schwammigen Schwerpunkt. Und weißt du, woran das liegt?
S: Sags mir. Nein: Sag's mir!
N: An der schlechten Öffentlichkeitsarbeit! Uni-Professoren vor – ziert euch nicht wie ungeküsste Jungfrauen: »Hach, es wird schon einer kommen, der mich will!« So läuft das nicht. Lanciert Bestseller, begeistert die Massen! Statt den armen Sick zu bashen. Was fallen die Sprachwissenschaftler über ihn her ... – ich weiß allein von zwei (unveröffentlichten) Anti-Sicks ...
S: Liebe Kollegin, du echauffierst dich. Du sagt sogar Sachen wie »bashen« – pfui bäh!!
N: Dann formuliere doch mal in gleicher Kürze und Würze auf Deutsch den Satz: »Sick-Bashing ist out!« Viel Spaß!
Steve: Och, nich viel.
N: Komm schon, raus mit der Sprache. Du willst mir doch nicht erzählen ...
S: Ich hab Angst.
N: Wovor hast du Angst?
S: Vorm Schreiben. Ich könnte mich ja verschreiben. Und dann lachen wieder alle.
N: Hä?! So kenn ich dich ja gar nicht – seit wann kratzt dich das?
S: Seit diesem Sick! Du weißt schon, »Der Genitiv ist dem Dativ ...« Der Autor, Bastian Sick, füllt mit seinen Lehr- und Lachkursen ja derzeit Säle. Da paart sich die Lust am »Wissen, wie's richtig ist« mit der Häme über anderer Leute Dusseligkeit.
N: Na und?
S: Findest du das nicht irgendwie sehr ... deutsch?!
N: Hm ja, jetzt stell dir mal vor, ein Sprachwissenschaftler – also ein Forscher, der tatsächlich untersucht, was wir mit Sprache alles machen – hätte solche Bücher verfasst. Unerhört: Er hätte Geisteswissenschaft als lustige und nützliche Sache unters Volk gebracht.
S: Ach, du findest das auch noch gut?
N: Klar. Jeder will schließlich wissen, wie's richtig ist.
S: Schon. Aber diese kollektive Anbetung des erhobenen Zeigefingers mag ich nicht leiden – auch wenn sie mit Humor getarnt ist. Zu dogmatisch, weißt du.
N: Tja, das Lustige ist: Ein Linguist wäre viel weniger vorschreibend, weil er um die Wandelbarkeit der Sprache weiß – die wird nämlich von den Sprechern gemacht, nicht vom Duden!
S: Trotzdem empfiehlst du Oberlehrer Sick als Vorbild ...
N: Ich empfehle das Prinzip, unterhaltsame und nützliche Bücher mit geisteswissenschaftlichem Inhalt zu schreiben. Überleg mal: Nächstes Jahr begehen wir das »Jahr der Geisteswissenschaften, Schwerpunkt Sprache«. Fällt dir was auf?
S: Wir hatten ein Jahr der Chemie, ein Jahr der Informatik, und nun kommt ein Jahr der Geisteswissenschaften – »Schwerpunkt Sprache«?
N: Eben. Es gibt hundert verschiedene Geisteswissenschaften, aber die werden offenbar nicht ernst genug genommen, um ein eigenes Jahr zu bekommen. Statt dessen: Jahr der Geisteswissenschaften, mit einem schwammigen Schwerpunkt. Und weißt du, woran das liegt?
S: Sags mir. Nein: Sag's mir!
N: An der schlechten Öffentlichkeitsarbeit! Uni-Professoren vor – ziert euch nicht wie ungeküsste Jungfrauen: »Hach, es wird schon einer kommen, der mich will!« So läuft das nicht. Lanciert Bestseller, begeistert die Massen! Statt den armen Sick zu bashen. Was fallen die Sprachwissenschaftler über ihn her ... – ich weiß allein von zwei (unveröffentlichten) Anti-Sicks ...
S: Liebe Kollegin, du echauffierst dich. Du sagt sogar Sachen wie »bashen« – pfui bäh!!
N: Dann formuliere doch mal in gleicher Kürze und Würze auf Deutsch den Satz: »Sick-Bashing ist out!« Viel Spaß!
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