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Höllenfeuer

Höllenfeuer
In Antalya endet meine Tour durch Lykien. Eine antike Stadt nach der anderen habe ich dort, von Xanthos bis Phaselis immer der Küste entlang, abgegrast. Den besonderen Reiz dieser Städte macht ihre Lage in der faszinierenden Landschaft aus, ob es nun Hafenstädte wie Patara oder Phaselis, direkt an Stränden wie aus dem Bilderbuch gelegen, sind, oder Anlagen in zerklüfteten Flusstälern, wie Arykanda, in Terrassen am Steilhang angelegt, oder Xanthos und Limyra, von denen aus man die Küstenebenen bis zum Meer überblickt.

Neben den Nekropolen beeindrucken die Orte immer wieder durch die typischen städtischen Prestigebauten aus der römischen Kaiserzeit, wie mächtige Stadtmauern, großzügige Badeanlagen, breite Prachtstraßen und gewaltige Theater. Sie zeugen vom Wohlstand, den die Gegend in jener Epoche besessen haben muss. Er setzte sich in der Spätantike und der byzantinischen Zeit fort, wie große, aufwendig ausgestattete Kirchenbauten belegen.

In Myra ließ ich es mir dann auch nicht nehmen, der Grabeskirche meines Namenspatrons einen Besuch abzustatten, dessen Gebeine jedoch im 11. Jahrhundert bekanntermaßen nach Bari entführt wurden. Hier herrschte ein Touristenrummel, dem ich bis dahin weitgehend entgangen war. Hatte ich zuvor den Eindruck, die türkische Südküste sei touristisch fest in britischer Hand, tauchten hier plötzlich wie aus dem Nichts ganze Busladungen voller Russen auf. Die Souvenirverkäufer verkaufen statt Schildkröten aus Onyx Ikonen und grüßen nicht mit "Hello, my friend!", sondern mit "Doprij djen!".

Das herrliche spätsommerliche Wetter, das mich die ersten zwei Wochen begleitet hatte, fand in Olympos zunächst leider ein Ende. Auf meiner Tour durch die in der regnerischen Stimmung sehr atmosphärischen Ruinen im Pinienwald geriet ich in ein heftiges Gewitter und wurde nass bis auf die Haut. Wenig später herrschte jedoch wieder strahlend blauer Himmel.

Praktischerweise züngeln an einem Berghang ganz in der Nähe Flammen aus dem Boden, die von Gasen aus dem Erdinnern gespeist werden. An ihnen konnte ich mich wieder vollständig trocknen und aufwärmen. In der Antike galt dies als der Ort, an dem Bellerophon die feuerspeiende Chimaira besiegt hatte, deren Feueratem bis zum heutigen Tag weiterhin aus der Unterwelt aufsteigt.

Zudem verehrte man hier den Schmiedegott Hephaistos. Auf den Mauern seines Heiligtums wurde später eine Kirche errichtet. Ob die hier ansässigen Christen das Feuer aus dem Erdboden auch mit der Hölle in Verbindung brachten? War hier dann vielleicht eine Pilgerstätte für Gläubige, die die besondere Standfestigkeit ihres Glaubens gegenüber teuflischen Versuchungen unter Beweis stellen wollten?

Allen Wolkenbrüchen und Höllenfeuern zum Trotz werde ich meine Reise jedenfalls unbeirrt noch ein Stück an der Küste entlang fortsetzen. Zwar habe ich Lykien damit verlassen, aber es erwarten mich noch einige weitere archäologische Highlights.

Nicolas Zenzen

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