Hommage an den Wald
Sara Leonhardt ist Biologin aus Würzburg. Auf Borneo erforscht sie das Leben Harz sammelnder stachelloser Bienen und berichtet für spektrumdirekt aus dem Alltag einer Tropenökologin.
"Hast Du eigentlich keine Angst, so alleine im Wald?" – Ich kam gerade verschwitzt von einer morgendlichen Exkursion aus dem Dschungel zurück, als mir eine der Malaiinnen, die in Danum die Touristen mit ihren Kochkünsten verwöhnen, diese Frage stellte. Ich schüttelte heftig den Kopf und versuchte ihr mit meinem nach wie vor mangelhaften Malaiisch zu erklären, dass ich eher Angst vor Städten als vor dem Wald hätte. Den Regenwald hingegen schätze ich mit jedem Jahr mehr, das ich hierher komme – vor allem dessen Vielfalt, die nicht nur immer wieder neue Überraschungen bereit hält: Sie ist auch schlicht schön.
Verbringt man viel Zeit alleine im Wald, wird man erstaunlich sensibel. Fast unterbewusst nimmt man jedes noch so kleine Geräusch, jede Bewegung und jeden unbekannten Geruch war. Nichtsdestotrotz habe ich stets das Gefühl, dass der Wald eher mich beobachtet als ich ihn – sei es durch Orang-Utan, der mir aus zehn Metern Höhe in aller Ruhe zuschaut, oder eine große Schildkröte, die soeben ihr Frühstück aus Pilzen unterbrochen hat, um mich misstrauisch zu beäugen. Und natürlich warten Blutegel, Moskitos, Sandfliegen und Bremsen auf jedes warmblütige Lebewesen, das an der von ihnen besetzten Pflanze entlangstreicht oder durch ihr Revier wandert: Allesamt fordern sie ihren Blutzoll.
Die stillste Zeit im Wald ist um Mittag. Jetzt verstummen sogar die Nashornvögel, eine der ornithologischen Besonderheiten Borneos, deren Rufe man Hunderte von Metern weit hören kann. Die Hitze ballt sich nun, aber mit dem Nachmittag kommt nicht selten der Regen. Er kann sich lauthals mit Donnerschlägen ankündigen, die den Boden beben lassen. Er kann aber auch leise in Form einer Wand aus Wasser auftauchen, die plötzlich tosend über einem zusammenbricht, ohne dass man sie rechtzeitig hätte hören können. So schnell wie der Regen kommt, so schnell verzieht er sich jedoch auch wieder und überlässt den Wald einer schwülen Kühle – und jenen Zikaden, die mit sirenenartigen Gesängen die knappe Zeit der Dämmerung nutzen, so schnell wie möglich ein Weibchen anzulocken.
"Hast Du eigentlich keine Angst, so alleine im Wald?" – Ich kam gerade verschwitzt von einer morgendlichen Exkursion aus dem Dschungel zurück, als mir eine der Malaiinnen, die in Danum die Touristen mit ihren Kochkünsten verwöhnen, diese Frage stellte. Ich schüttelte heftig den Kopf und versuchte ihr mit meinem nach wie vor mangelhaften Malaiisch zu erklären, dass ich eher Angst vor Städten als vor dem Wald hätte. Den Regenwald hingegen schätze ich mit jedem Jahr mehr, das ich hierher komme – vor allem dessen Vielfalt, die nicht nur immer wieder neue Überraschungen bereit hält: Sie ist auch schlicht schön.
Morgens, wenn mich um kurz vor 6 Uhr das monotone "Tschiup Tschiup" von einem der vielen namenlosen, kleinen, braunen Vögel weckt, ist die Sonne noch nicht ganz aufgegangen. Der Wald hüllt sich in einen feuchten Umhang aus Nebel – eine fast mystische Welt. Zu diesem Zeitpunkt ist die Luft noch angenehm kühl. Nun kommt die Stunde der Gibbons, deren weit reichende Gesänge so typisch für den Regenwald Borneos sind und die sich mit den Stimmen der unzähligen Vögel vermischen. Mit dem raschen Anstieg der Sonne machen die Lieder der Vögel zunehmend der ohrenbetäubenden Kakophonie der Zikadengesänge Platz. Die tropische Hitze hält Einzug, und nun kann man es nur noch im kühlen, obgleich nicht weniger schwülen Schatten des Waldes aushalten.
Verbringt man viel Zeit alleine im Wald, wird man erstaunlich sensibel. Fast unterbewusst nimmt man jedes noch so kleine Geräusch, jede Bewegung und jeden unbekannten Geruch war. Nichtsdestotrotz habe ich stets das Gefühl, dass der Wald eher mich beobachtet als ich ihn – sei es durch Orang-Utan, der mir aus zehn Metern Höhe in aller Ruhe zuschaut, oder eine große Schildkröte, die soeben ihr Frühstück aus Pilzen unterbrochen hat, um mich misstrauisch zu beäugen. Und natürlich warten Blutegel, Moskitos, Sandfliegen und Bremsen auf jedes warmblütige Lebewesen, das an der von ihnen besetzten Pflanze entlangstreicht oder durch ihr Revier wandert: Allesamt fordern sie ihren Blutzoll.
Manchmal bleibe ich im Urwald auch einfach stehen und warte. Dann kommen die Bewohner des Waldes von alleine – zum Beispiel ein Spitzhörnchen, das mit dem Wind auf mich zuhielt. Erst einen halben Meter von mir entfernt stellte es schnüffelnd fest, dass hier irgendetwas nicht stimmte, ehe es die Flucht ergriff. Ein andermal – ich nahm gerade ein Bienennest genauer unter die Lupe – hörte ich nur ein dumpfes Krachen im Geäst über mir. Da herunterfallende Äste eine der häufigsten Verletzungsursachen im Wald sind, suchte ich nach dem Ursprung des Lärms und fand mich Auge in Auge mit einer Schlange wieder. Sie war soeben aus dem Baum neben mir gefallen – zu meinem Glück handelte es sich um eine ungiftige Baumschlange.
Die stillste Zeit im Wald ist um Mittag. Jetzt verstummen sogar die Nashornvögel, eine der ornithologischen Besonderheiten Borneos, deren Rufe man Hunderte von Metern weit hören kann. Die Hitze ballt sich nun, aber mit dem Nachmittag kommt nicht selten der Regen. Er kann sich lauthals mit Donnerschlägen ankündigen, die den Boden beben lassen. Er kann aber auch leise in Form einer Wand aus Wasser auftauchen, die plötzlich tosend über einem zusammenbricht, ohne dass man sie rechtzeitig hätte hören können. So schnell wie der Regen kommt, so schnell verzieht er sich jedoch auch wieder und überlässt den Wald einer schwülen Kühle – und jenen Zikaden, die mit sirenenartigen Gesängen die knappe Zeit der Dämmerung nutzen, so schnell wie möglich ein Weibchen anzulocken.
Mit dem Anbruch der Dunkelheit verstummen diese Insekten und starten Frösche oder Grillen ihr nächtliches Konzert. Wagt man sich zu dieser Zeit in den Wald, überraschen einen oft die unzähligen blinkenden Leuchtkäfern, aber auch die Feuerameisen, die böse stechen, sollte man versehentlich ihre Straßen kreuzen. Und noch ein beeindruckendes Phänomen lockt in den nächtlichen Wald – man kann es jedoch nur sehen, wenn man mitten im Wald seine Taschenlampe ausknipst und wartet, bis sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnen. Nach einigen Augenblicken beginnt es um einen herum gespenstisch zu leuchten. Es sind unzählige kleine weiße Pilze, die des Nächtens grün schimmern. Bis heute hat mir keiner erklären können, warum diese Hauptzersetzer der pflanzlichen Biomasse fluoreszieren.
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