Im archäologischen Paradies
Das Wiedersehen mit Francis im DAI Kairo war nur kurz, da ich mich am selben Abend auf den Weg nach Süden machte. Erster Klasse im Nachtzug von Kairo nach Luxor, also einer Strecke von rund 700 km, für 76 ägyptische Pfund, also ungefähr 10 Euro. Da kann man dann auch mal über die 3,5 Stunden Verspätung hinwegsehen, die der Zug bis Luxor angesammelt hatte.
Mit dem Taxi ging es dann zum Beit el-Almani, dem „Deutschen Haus“ des DAI, das glücklicherweise weit weg von Luxors alltäglichem Touristentrubel auf der Westseite des Niltales liegt, inmitten der Tempel und Gräber des antiken Theben. Vier Flügel mit Wohnräumen, Bädern, Gemeinschaftsraum, Arbeitszimmern und Bibliothek gruppieren sich um einen palmenbestandenen Innenhof, ein wahres Idyll!
Zum Totentempel Ramses II., dem „Ramesseum“, muß man hier nur die Straße überqueren, 200 m hinter dem Haus liegt die Deir el-Medine, die Siedlung der Arbeiter, die die Gräber im Tal der Könige angelegt haben, und nach einem Spaziergang von 10 Minuten ist man in Deir el-Bahri, dem berühmten Totentempel der Hatschepsut. Ein idealer Ausgangspunkt also für die Besichtigung von Theben-West, die ich vier Tage lang ohne größere Pausen betrieben habe und wohl dennoch nur einen kleinen Eindruck davon bekommen habe, was eigentlich alles zu sehen wäre.
Die Grabung des DAI war leider noch in der wohlverdienten Pause, so daß ich hier leider keine laufenden Projekte besuchen konnte. Auch das „Deutsche Haus“ war daher noch im Winterschlaf, weshalb dem Grabungsleiter Daniel Polz besonderer Dank dafür gilt, daß ich dennoch dort unterkommen konnte.
Umgeben ist das Deutsche Haus noch von Gurna, jenem berühmten Dorf, in dem fast jedes Haus auf einem ägyptischen Grab sitzt und dessen Einwohner sich in früheren Zeiten auch durch die systematische Suche nach Grabfunden ein Zubrot verdient haben. Heute wird diese Nähe zu Gräbern ein Problem, da die Antikenverwaltung alle nicht vor einem bestimmten Zeitpunkt errichteten Häuser dieses Ortes abreißen lässt und die Leute in einen neuen Ort abseits der archäologischen Fundstellen ansiedelt.
Durch den Verkauf von Alabasterimitaten ägyptischer Funde an Touristen und die nicht unerheblichen Mengen an Bakschisch, die an gut frequentierten Plätzen von Besuchern für mehr oder weniger freiwillig angenommene „Führungen“ bezahlt werden, sind das Tal der Könige und die anderen berühmten Orte aber auch ohne Grabraub noch immer sehr lukrativ. Diese Lebensgrundlage verteidigen die Gurnis äußerst mutig: Als sich 1997 bei dem schrecklichen Massaker an Touristen im Hatschepsut-Tempel die wenigen damals anwesenden Sicherheitskräfte schon in Sicherheit gebracht hatten, waren es Leute aus Gurna, die den Terroristen den Zugang zum Tal der Könige und zu weiteren Morden versperrten und sie anschließend verfolgten.
Nach der Besichtigung des Karnak-Tempels mit seiner unglaublich eindrucksvollen Säulenhalle, dem Luxor-Tempel und dem sehenswerten Museum von Luxor ging es mit dem Zug 220 km weiter in den Süden an den ersten Katarakt nach Assuan. Dort führt das DAI auf der Insel Elephantine gemeinsam mit dem Schweizerischen Institut für Ägyptische Bauforschung nicht nur die Ausgrabung der antiken Stadt Elephantine durch, sondern besitzt auch ein Grabungshaus, das auf Grund seiner Lage direkt am Nil wohl zu den schönsten seiner Art zählen kann.
Auf der autolosen Insel (das einzige motorbetriebene Landfahrzeug dort, ein alter Unimog des DAI, hat vorgestern beim Beladen mit Ziegelsteinen einen Ausflug in den Nil gemacht), hinter einem nubischen Dorf gelegen, besetzt das Grabungshaus wohl einen der ruhigsten und schönsten Plätze in der durch den Baumboom der letzten Jahre eigentlich gar nicht mehr schönen Stadt Assuan. Der Blick von der Terrasse des Hauses geht über mehrere kleine Inseln auf die Westseite des Niltales mit dem Aga Khan-Mausoleum und den Ruinen des Simeonsklosters.
Nur wenige Schritte entfernt liegt die Ausgrabungsfläche, in der sich Siedlungsschichten aus sechs Jahrtausenden übereinander türmen. Dank der großen Trockenheit in Assuan haben sich hier organische Stoffe hervorragend erhalten. So stecken in den Schichten 4000 Jahre alte Textilien, Holzsäulen oder Papyri aus persischer Zeit, die von einer Kolonie aramäisch/jüdischer Soldaten hin, die in Elephantine auch einen eigenen Jahwe-Tempel besessen hat.
Da die Grabung in Elephantine schon läuft, hatten wir – Francis war nun wieder hinzugestoßen – nicht nur das Glück, von dem Grabungsleiter Dietrich Raue ausführlich durch Elephantine geführt zu werden und den Mitarbeitern über die Schulter schauen zu können, sondern kamen am Donnerstag abend auch in den Genuß einer Party mit englischen und französischen Kollegen. Auf Inseln im alten und neuen Nil-Stausee sahen wir die vor den Fluten geretteten Tempel von Philae und Kalabscha, bei denen ich von Francis anhand der dortigen meroitischen Inschriften viel über die nubischen Königreiche lernte, und in Assuan das Nubische Museum.
Besondere Höhepunkte waren auch eine Führung von Wolfgang Müller vom Schweizer Institut über verschiedene Notgrabungen in Assuan, dem antiken Syene, und ein Besuch der hoch über dem Nil gelegenen und eigentlich völlig unzugänglichen fatimidischen Festung El Bab mit Pamela Rose von der Universität Cambridge und ihrem Team. Leider mußten wir dieses archäologische Paradies gestern hinter uns lassen. Mit dem Zug ging es zurück nach Kairo, von wo aus es übermorgen in den Jemen geht.
Philipp von Rummel
Mit dem Taxi ging es dann zum Beit el-Almani, dem „Deutschen Haus“ des DAI, das glücklicherweise weit weg von Luxors alltäglichem Touristentrubel auf der Westseite des Niltales liegt, inmitten der Tempel und Gräber des antiken Theben. Vier Flügel mit Wohnräumen, Bädern, Gemeinschaftsraum, Arbeitszimmern und Bibliothek gruppieren sich um einen palmenbestandenen Innenhof, ein wahres Idyll!
Zum Totentempel Ramses II., dem „Ramesseum“, muß man hier nur die Straße überqueren, 200 m hinter dem Haus liegt die Deir el-Medine, die Siedlung der Arbeiter, die die Gräber im Tal der Könige angelegt haben, und nach einem Spaziergang von 10 Minuten ist man in Deir el-Bahri, dem berühmten Totentempel der Hatschepsut. Ein idealer Ausgangspunkt also für die Besichtigung von Theben-West, die ich vier Tage lang ohne größere Pausen betrieben habe und wohl dennoch nur einen kleinen Eindruck davon bekommen habe, was eigentlich alles zu sehen wäre.
Die Grabung des DAI war leider noch in der wohlverdienten Pause, so daß ich hier leider keine laufenden Projekte besuchen konnte. Auch das „Deutsche Haus“ war daher noch im Winterschlaf, weshalb dem Grabungsleiter Daniel Polz besonderer Dank dafür gilt, daß ich dennoch dort unterkommen konnte.
Umgeben ist das Deutsche Haus noch von Gurna, jenem berühmten Dorf, in dem fast jedes Haus auf einem ägyptischen Grab sitzt und dessen Einwohner sich in früheren Zeiten auch durch die systematische Suche nach Grabfunden ein Zubrot verdient haben. Heute wird diese Nähe zu Gräbern ein Problem, da die Antikenverwaltung alle nicht vor einem bestimmten Zeitpunkt errichteten Häuser dieses Ortes abreißen lässt und die Leute in einen neuen Ort abseits der archäologischen Fundstellen ansiedelt.
Durch den Verkauf von Alabasterimitaten ägyptischer Funde an Touristen und die nicht unerheblichen Mengen an Bakschisch, die an gut frequentierten Plätzen von Besuchern für mehr oder weniger freiwillig angenommene „Führungen“ bezahlt werden, sind das Tal der Könige und die anderen berühmten Orte aber auch ohne Grabraub noch immer sehr lukrativ. Diese Lebensgrundlage verteidigen die Gurnis äußerst mutig: Als sich 1997 bei dem schrecklichen Massaker an Touristen im Hatschepsut-Tempel die wenigen damals anwesenden Sicherheitskräfte schon in Sicherheit gebracht hatten, waren es Leute aus Gurna, die den Terroristen den Zugang zum Tal der Könige und zu weiteren Morden versperrten und sie anschließend verfolgten.
Nach der Besichtigung des Karnak-Tempels mit seiner unglaublich eindrucksvollen Säulenhalle, dem Luxor-Tempel und dem sehenswerten Museum von Luxor ging es mit dem Zug 220 km weiter in den Süden an den ersten Katarakt nach Assuan. Dort führt das DAI auf der Insel Elephantine gemeinsam mit dem Schweizerischen Institut für Ägyptische Bauforschung nicht nur die Ausgrabung der antiken Stadt Elephantine durch, sondern besitzt auch ein Grabungshaus, das auf Grund seiner Lage direkt am Nil wohl zu den schönsten seiner Art zählen kann.
Auf der autolosen Insel (das einzige motorbetriebene Landfahrzeug dort, ein alter Unimog des DAI, hat vorgestern beim Beladen mit Ziegelsteinen einen Ausflug in den Nil gemacht), hinter einem nubischen Dorf gelegen, besetzt das Grabungshaus wohl einen der ruhigsten und schönsten Plätze in der durch den Baumboom der letzten Jahre eigentlich gar nicht mehr schönen Stadt Assuan. Der Blick von der Terrasse des Hauses geht über mehrere kleine Inseln auf die Westseite des Niltales mit dem Aga Khan-Mausoleum und den Ruinen des Simeonsklosters.
Nur wenige Schritte entfernt liegt die Ausgrabungsfläche, in der sich Siedlungsschichten aus sechs Jahrtausenden übereinander türmen. Dank der großen Trockenheit in Assuan haben sich hier organische Stoffe hervorragend erhalten. So stecken in den Schichten 4000 Jahre alte Textilien, Holzsäulen oder Papyri aus persischer Zeit, die von einer Kolonie aramäisch/jüdischer Soldaten hin, die in Elephantine auch einen eigenen Jahwe-Tempel besessen hat.
Da die Grabung in Elephantine schon läuft, hatten wir – Francis war nun wieder hinzugestoßen – nicht nur das Glück, von dem Grabungsleiter Dietrich Raue ausführlich durch Elephantine geführt zu werden und den Mitarbeitern über die Schulter schauen zu können, sondern kamen am Donnerstag abend auch in den Genuß einer Party mit englischen und französischen Kollegen. Auf Inseln im alten und neuen Nil-Stausee sahen wir die vor den Fluten geretteten Tempel von Philae und Kalabscha, bei denen ich von Francis anhand der dortigen meroitischen Inschriften viel über die nubischen Königreiche lernte, und in Assuan das Nubische Museum.
Besondere Höhepunkte waren auch eine Führung von Wolfgang Müller vom Schweizer Institut über verschiedene Notgrabungen in Assuan, dem antiken Syene, und ein Besuch der hoch über dem Nil gelegenen und eigentlich völlig unzugänglichen fatimidischen Festung El Bab mit Pamela Rose von der Universität Cambridge und ihrem Team. Leider mußten wir dieses archäologische Paradies gestern hinter uns lassen. Mit dem Zug ging es zurück nach Kairo, von wo aus es übermorgen in den Jemen geht.
Philipp von Rummel
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