Jules Verne ist im All Startveranstaltung im ESOC Darmstadt
Morgens gegen 4:20 Uhr durchschritt ich die Sicherheitsschleuse im ESOC, wo einen das Sicherheitspersonal freundlich begrüßte und ich meinen Besucherausweis, einen so genannten Badge erhielt. Erst dieser öffnete das Drehkreuz zum Gelände, die Veranstaltung selbst fand im großen Saal des ESOC-Hauptgebäudes statt.
Etwa sechzig Personen hatten sich dort versammelt, davon ein großer Teil Mitarbeiter des ESOC. Die Kollegen von der Presse waren kaum vertreten, die frühe Uhrzeit und das auch noch an einem Sonntag hatten wohl viele abgeschreckt. Ein fröhliches Stimmengewirr lag in der Luft und auf drei großen Bildschirmen im Saal war schon ein Livebild der startbereiten Ariane 5 in Kourou zu sehen.
Allerdings regnete es etwas es im tropischen Französisch-Guayana, Tropfen auf dem Objektiv der Fernsehkamera verliehen der Ariane eine besondere Ästhetik. Wie bei derartigen Veranstaltungen im ESOC üblich, war ein gut bestücktes kaltes Buffet aufgebaut, an dem man sich zu zwanglosen Gesprächen traf.
Zwanzig Minuten vor 5 Uhr begann dann das eigentliche Programm im Saal, ESA-Mitarbeiter stellten das Automated Transfer Vehicle ATV, das größte Frachtraumschiff der Welt vor. Der Start war für 5:03 Uhr MEZ geplant und sollte live eingespielt werden. Das erste Exemplar des ATV wurde Jules Verne getauft, nach dem berühmten französischen Schriftsteller Jules Verne (1828 – 1905), der im 19. Jahrhundert durch seine utopischen Romane zu Weltruhm gelangte, der bis heute ungebrochen anhält.
Daher transportiert das gleichnamige ATV in seinem Frachtraum eine wertvolle Fracht: Zwei Originalmanuskripte Vernes und eine Prachtausgabe aus dem 19. Jahrhundert seines wohl berühmtesten Buchs "Von der Erde zum Mond", wo er im Jahre 1865 erstmals eine Weltraumreise zum Erdtrabanten beschrieb. Dieses Buch wurde weltweit in alle gängigen Sprachen übersetzt und regte unter anderem den späteren deutschen Vater der Raumfahrt, Hermann Oberth (1894 – 1989) zum Nachdenken über Weltraumflüge an – die Folgen sind hinlänglich bekannt.
Live aus Kourou
Kurz vor 5 Uhr begann dann das Liveprogramm von ESA, der französischen Weltraumbehörde CNES und der Raketentransportfirma Arianespace. Zum Glück waren die Nachrichten aus Kourou gut, alle Lampen im Kontrollzentrum standen auf grün. Allerdings tröpfelte es noch immer auf Kamera und Rakete.
Nun wurde es rasch spannend, und alle Beteiligten, obwohl guten Mutes, hielten den Atem an. Eine Minute vor dem Zünden der Triebwerke der Ariane 5 schaltete die Rakete auf ihre internen Energiequellen um, und ab jetzt hatte nur noch der Kollege Computer das Sagen. Rasch flitzten die Sekunden vorbei und schließlich begann der finale Countdown, natürlich auf Französisch: Dix, neuf, huit, sept, six, cinq, quatre, trois, deux, un, Top, Allumage Vulcain. Das Haupttriebwerk der Zentralstufe erwachte zum Leben und lief innerhalb von sieben Sekunden auf volle Leistung hoch. Dann folgte "Allumage EAP", die beiden mächtigen Feststoffbooster zündeten und schließlich "Decollage", die Rakete hob ab.
Die Zündung der beiden Booster löste eine heftige Druckwelle aus, welche die Beobachtungskamera direkt auf der Startrampe wild durchschüttelte. Die auf dem Objektiv befindlichen Regentropfen flogen davon und die Sicht wurde besser. Leider befand sich jedoch eine niedrige, dichte Wolkendecke über der Startrampe und schon rund zwanzig Sekunden nach dem Abheben war die mächtige Rakete in den Wolken verschwunden.
Nach wie vor herrschte jedoch Funkkontakt mit der Bodenstation und die übermittelten Daten zeigten, dass die Rakete exakt ihrer einprogrammierten Bahn folgte. Nach etwas mehr als zwei Minuten waren die Feststoffbooster ausgebrannt und wurden in sechzig Kilometer Höhe problemlos abgeworfen. Rund anderthalb Minuten später folgte die Nutzlastschutzhülle, die Spitze der Rakete.
Erster Jubel
Nun brandete erster Jubel im ESOC auf, aber noch war es dafür ein wenig zu früh, denn es konnte ja noch so einiges schief gehen. Rund zehn Minuten nach dem Abheben war der Treibstoff in der Zentralstufe der Ariane 5 erschöpft und der Vulcain-Raketenmotor schaltete ab. Wenige Sekunden später trennte sich die erste von der zweiten Stufe mit dem ATV ab, die daraufhin für rund neun Minuten feuerte.
17 Minuten nach dem Abheben von Kourou verstummte auch das Triebwerk der zweiten Stufe, mitsamt Jules Verne befand sie sich nun auf einer elliptischen Umlaufbahn, die sie bis in 270 Kilometer Höhe führte. Nun trieb das Gespann für rund vierzig Minuten auf einer vorläufigen Bahn, dann sollte die zweite Stufe nochmals für dreißig Sekunden feuern.
Lässt sich das ATV live am Himmel sichten?
Die Bahn war diesmal so gewählt, dass das ATV und die zweite Stufe rund zwanzig Minuten nach dem Start über Deutschland hinwegziehen würden. Da das ATV immerhin zehn Meter lang und viereinhalb Meter breit ist, wäre es als ein heller, rasch über den Himmel ziehender Stern sichtbar gewesen. Leider spielte jedoch das Wetter in Darmstadt nicht mit, ein kurzer Abstecher mit dem ESA-Mitarbeiter und Kosmologger Michael Khan zum Parkdeck des ESOC brachte nur die Sicht auf eine geschlossene Wolkendecke, schade.
Später erzählte mir Michael Khan, dass die Mitarbeiter einer neuen ESA-Bodenstation auf den Azoren Jules Verne mit aktivem Triebwerk der zweiten Stufe wunderbar als grellen Stern am Himmel leuchten sahen, bis der Raketenmotor erlosch.
Um 6:05 Uhr lief er dann pünktlich oberhalb von Australien noch einmal für eine halbe Minute an, Jules Verne hatte seine anfängliche Kreisbahn um die Erde erreicht. Wenige Minuten später trennte sich die zweite Stufe der Ariane 5 vom ATV, die Rakete hatte ihre Schuldigkeit getan. Nun gab es in Darmstadt kein Halten mehr, Jubel und Applaus brandeten auf, Champagner wurde gereicht. Die Stimmung erlebte etwas später noch einmal einen Schub, als auch die vier Solarzellenflügel für die Stromversorgung von Jules Verne problemlos ausklappten.
Mit einem guten Gefühl ging es gegen 7 Uhr auf die Heimreise, ein ereignisreicher früher Morgen lag hinter mir. Der nächste Höhepunkt für Jules Verne wird dann der Anflug auf die Internationale Raumstation ISS sein. Endgültig dort ankommen und dann für ein halbes Jahr dort bleiben soll der Raumfrachter am 3. April 2008, so stay tuned!
Tilmann Althaus
Etwa sechzig Personen hatten sich dort versammelt, davon ein großer Teil Mitarbeiter des ESOC. Die Kollegen von der Presse waren kaum vertreten, die frühe Uhrzeit und das auch noch an einem Sonntag hatten wohl viele abgeschreckt. Ein fröhliches Stimmengewirr lag in der Luft und auf drei großen Bildschirmen im Saal war schon ein Livebild der startbereiten Ariane 5 in Kourou zu sehen.
Allerdings regnete es etwas es im tropischen Französisch-Guayana, Tropfen auf dem Objektiv der Fernsehkamera verliehen der Ariane eine besondere Ästhetik. Wie bei derartigen Veranstaltungen im ESOC üblich, war ein gut bestücktes kaltes Buffet aufgebaut, an dem man sich zu zwanglosen Gesprächen traf.
Zwanzig Minuten vor 5 Uhr begann dann das eigentliche Programm im Saal, ESA-Mitarbeiter stellten das Automated Transfer Vehicle ATV, das größte Frachtraumschiff der Welt vor. Der Start war für 5:03 Uhr MEZ geplant und sollte live eingespielt werden. Das erste Exemplar des ATV wurde Jules Verne getauft, nach dem berühmten französischen Schriftsteller Jules Verne (1828 – 1905), der im 19. Jahrhundert durch seine utopischen Romane zu Weltruhm gelangte, der bis heute ungebrochen anhält.
Daher transportiert das gleichnamige ATV in seinem Frachtraum eine wertvolle Fracht: Zwei Originalmanuskripte Vernes und eine Prachtausgabe aus dem 19. Jahrhundert seines wohl berühmtesten Buchs "Von der Erde zum Mond", wo er im Jahre 1865 erstmals eine Weltraumreise zum Erdtrabanten beschrieb. Dieses Buch wurde weltweit in alle gängigen Sprachen übersetzt und regte unter anderem den späteren deutschen Vater der Raumfahrt, Hermann Oberth (1894 – 1989) zum Nachdenken über Weltraumflüge an – die Folgen sind hinlänglich bekannt.
Live aus Kourou
Kurz vor 5 Uhr begann dann das Liveprogramm von ESA, der französischen Weltraumbehörde CNES und der Raketentransportfirma Arianespace. Zum Glück waren die Nachrichten aus Kourou gut, alle Lampen im Kontrollzentrum standen auf grün. Allerdings tröpfelte es noch immer auf Kamera und Rakete.
Nun wurde es rasch spannend, und alle Beteiligten, obwohl guten Mutes, hielten den Atem an. Eine Minute vor dem Zünden der Triebwerke der Ariane 5 schaltete die Rakete auf ihre internen Energiequellen um, und ab jetzt hatte nur noch der Kollege Computer das Sagen. Rasch flitzten die Sekunden vorbei und schließlich begann der finale Countdown, natürlich auf Französisch: Dix, neuf, huit, sept, six, cinq, quatre, trois, deux, un, Top, Allumage Vulcain. Das Haupttriebwerk der Zentralstufe erwachte zum Leben und lief innerhalb von sieben Sekunden auf volle Leistung hoch. Dann folgte "Allumage EAP", die beiden mächtigen Feststoffbooster zündeten und schließlich "Decollage", die Rakete hob ab.
Die Zündung der beiden Booster löste eine heftige Druckwelle aus, welche die Beobachtungskamera direkt auf der Startrampe wild durchschüttelte. Die auf dem Objektiv befindlichen Regentropfen flogen davon und die Sicht wurde besser. Leider befand sich jedoch eine niedrige, dichte Wolkendecke über der Startrampe und schon rund zwanzig Sekunden nach dem Abheben war die mächtige Rakete in den Wolken verschwunden.
Nach wie vor herrschte jedoch Funkkontakt mit der Bodenstation und die übermittelten Daten zeigten, dass die Rakete exakt ihrer einprogrammierten Bahn folgte. Nach etwas mehr als zwei Minuten waren die Feststoffbooster ausgebrannt und wurden in sechzig Kilometer Höhe problemlos abgeworfen. Rund anderthalb Minuten später folgte die Nutzlastschutzhülle, die Spitze der Rakete.
Erster Jubel
Nun brandete erster Jubel im ESOC auf, aber noch war es dafür ein wenig zu früh, denn es konnte ja noch so einiges schief gehen. Rund zehn Minuten nach dem Abheben war der Treibstoff in der Zentralstufe der Ariane 5 erschöpft und der Vulcain-Raketenmotor schaltete ab. Wenige Sekunden später trennte sich die erste von der zweiten Stufe mit dem ATV ab, die daraufhin für rund neun Minuten feuerte.
17 Minuten nach dem Abheben von Kourou verstummte auch das Triebwerk der zweiten Stufe, mitsamt Jules Verne befand sie sich nun auf einer elliptischen Umlaufbahn, die sie bis in 270 Kilometer Höhe führte. Nun trieb das Gespann für rund vierzig Minuten auf einer vorläufigen Bahn, dann sollte die zweite Stufe nochmals für dreißig Sekunden feuern.
Lässt sich das ATV live am Himmel sichten?
Die Bahn war diesmal so gewählt, dass das ATV und die zweite Stufe rund zwanzig Minuten nach dem Start über Deutschland hinwegziehen würden. Da das ATV immerhin zehn Meter lang und viereinhalb Meter breit ist, wäre es als ein heller, rasch über den Himmel ziehender Stern sichtbar gewesen. Leider spielte jedoch das Wetter in Darmstadt nicht mit, ein kurzer Abstecher mit dem ESA-Mitarbeiter und Kosmologger Michael Khan zum Parkdeck des ESOC brachte nur die Sicht auf eine geschlossene Wolkendecke, schade.
Später erzählte mir Michael Khan, dass die Mitarbeiter einer neuen ESA-Bodenstation auf den Azoren Jules Verne mit aktivem Triebwerk der zweiten Stufe wunderbar als grellen Stern am Himmel leuchten sahen, bis der Raketenmotor erlosch.
Um 6:05 Uhr lief er dann pünktlich oberhalb von Australien noch einmal für eine halbe Minute an, Jules Verne hatte seine anfängliche Kreisbahn um die Erde erreicht. Wenige Minuten später trennte sich die zweite Stufe der Ariane 5 vom ATV, die Rakete hatte ihre Schuldigkeit getan. Nun gab es in Darmstadt kein Halten mehr, Jubel und Applaus brandeten auf, Champagner wurde gereicht. Die Stimmung erlebte etwas später noch einmal einen Schub, als auch die vier Solarzellenflügel für die Stromversorgung von Jules Verne problemlos ausklappten.
Mit einem guten Gefühl ging es gegen 7 Uhr auf die Heimreise, ein ereignisreicher früher Morgen lag hinter mir. Der nächste Höhepunkt für Jules Verne wird dann der Anflug auf die Internationale Raumstation ISS sein. Endgültig dort ankommen und dann für ein halbes Jahr dort bleiben soll der Raumfrachter am 3. April 2008, so stay tuned!
Tilmann Althaus
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