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Killer-Käsebällchen

Nach Petroglypen in Cholpon-Ata, Kurgane am Issykkul wollten wir unbedingt auch ins Alatau-Gebirge und dort im sog. "Blumental" in einer Jurte übernachten. Vorbei an den Felsen von Jedi Oghuz ("Sieben Stier") ging es also los in die Berge, über fünf Brücken an weidenden Pferdeherden vorbei . Wie grandios! Und interessant war es in dieser Jurte. Allein die Herstellungsart und alles genau zu betrachten, die klirrende Kälte des Nachts zu erleben (so ein Schlafsack ist schon was Feines!) und auch die Nahrungsherstellung.

Die alte Frau dort machte Brot in einem Eisenkessel, der in einer Erdgrube mit einem Feuer vorgeheizt worden war und über dem dann nach Einlegen des Teiges wieder angefeuert wurde. Auf bunten Tüchern lagen Käsebällchen aus, die steinhart werden und – um eine Formulierung aus unserem Reiseführer zu verwenden – die Halbwertszeit von Uran haben. Leider wachten wir am nächsten Morgen mit Grimmen auf und schafften es mit Müh und Not noch in den nächsten größeren Ort.

Offenbar war das alles dann doch nicht mehr ganz so frisch gewesen, denn Eva lag mit 39 Grad Fieber in Karakol darnieder und ich mit Durchfall. Was für Gedanken einem da durch den Kopf gehen: der berühmte Asienforscher Nicolai Michailowitsch Przewalski war in Karakol an Typhus gestorben und wir waren auch schon krank. Nein, Spaß beiseite, schön war das nicht gerade.

Doch das Przewalski-Mausoleum in Karakol, das war wirklich schön. Allein die Lage am Ufer des Issykkul-Sees neben dem Grabmonument. Irgendwie hat es fast die Aura eines Schreins, einer Pilgerstätte. Man wird nämlich von einer uralten Dame geführt, die mit einer unglaublichen Hingabe vom "Heiligen" Nicolai Michailowitsch erzählt, wie er nach 10 Jahren Reisen quer durch Tibet und den Tian Shan ganze 40 Kilometer vor Lhasa umkehren musste, weil ihm der damalige Dalai Lama den Zutritt verwehrte. Das muss bitter gewesen sein! Aber er hatte eben keinen Präsidentenbrief vom DAI dabei (das Stipendium gab’s damals nämlich sogar bereits!). Die Führung war übrigens auf Russisch, doch weil sie mit einem langen Zeigestock dabei auf die Bilder, Karten und Exponate deutete, haben wir wirklich fast alles verstanden, denn bei einigen kritischen Stellen kramte sie ganz tief in ihrem Gedächtniskämmerchen und holte erstaunlich große Deutschbrocken hervor.

Natürlich warfen wir auch einen Blick aufs strahlende Ufer vor dem Mausoleum, an dem zu Sowjetzeiten ein höchst geheimes Testgebiet für Torpedos und Atom-U-Boote gewesen war. Und ich wage hier eine kühne These: In Wirklichkeit wurden die Dinger mit Käsebällchen betrieben. Die hatten nämlich (zumindest bei mir) eine wahnsinnige Durchschlagskraft.

Francis Breyer

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