Mainty sy Fotsy (madagassisch: Schwarz und Weiß)
Ich weiß nicht, wie es wirkt, wenn man diese Mails liest. Vielleicht denken einige: Das muss wunderschön sein, ich möchte auch dorthin, die Wärme genießen, all die extrem seltenen und endemischen Tier- und Pflanzenarten sehen und jeden Tag durch den Wald laufen und Neues entdecken. Andere sind vielleicht froh und sagen sich: Ich brauche keine 35 Grad im Schatten und 90 Prozent Luftfeuchtigkeit, keine Mückenschwärme, kein konstantes Schwitzen, keine Wochen im Zelt. Ich brauche Kontakt zu Freunden und Familie und will nicht wie auf einer Bohrinsel im Wald sitzen.
Ich habe glücklicherweise fast immer die zuerst beschriebene Sichtweise, sonst wäre ich wohl auch nicht hier. Aber es gibt natürlich auch in Kirindy – wie überall – schwarze Tage. Um das Stimmungsspektrum einmal darzustellen, das wahrscheinlich jeder Freilandbiologe durchlebt, will ich kurz zwei Vormittage schildern, die sich so (oder zumindest so ähnlich) abgespielt haben (und ich bin mir dabei bewusst, dass unsere Forschungsbedingungen hier im Grunde luxuriös sind):
Fotsy
Uaahh, gut geschlafen! Ausgeruht stehe ich auf. Nach dem Frühstück geht’s mit dem Fahrrad in den Wald. Es ist noch nicht so heiß, man kommt nicht nass geschwitzt an. Und nach knapp zehn Minuten hat man auch schon per Telemetrie die Makigruppe gefunden, die heute nach Beobachtungsplan dran ist. Die Gruppe bewegt sich im Zentrum des Untersuchungsgebiets, hier ist der Wald relativ offen, und es gibt viele schmale, ausgetretene Pfade, auf denen man den Tieren gut folgen kann. Es läuft gut, die Bewegungen lassen sich genau protokollieren, und manchmal ruht die Gruppe eine Viertelstunde, so dass man sich hinsetzen und einen Schluck Wasser trinken kann. Sogar die Lautaufnahmen klappen. Die nächsten dreieinhalb Stunden vergehen wie im Flug, und nebenher bekommt man sogar noch einige tolle Fotos von einem Chamäleon, einem Wasserskorpion und einem Eisvogel zustande. Jipa und ich sind zufrieden und singen auf dem Rückweg ins Camp beschwingt madagassische Lieder. Die Nachmittagsbeobachtung wird bestimmt genau so gut.
Mainty
Erst haben zwei madagassische Ratten ums Zelt herum getobt: unter die Plane, wieder raus, darauf herum gerutscht. Später in der Nacht kam auch noch eine junge Fosa (Crypoprocta ferox) vorbei, hat das Zelt beschnüffelt und Krach mit dem Wassereimer veranstaltet. Entsprechend matschig und unausgeschlafen wurstle ich mich am nächsten Morgen um halb sechs aus dem Zelt. Es ist bereits jetzt am Morgen brütend warm, und in der Nacht hat es noch einmal leicht geregnet: Die Luft klebt einem in den Lungen.
Die Makis springen wie Duracell-Hasen umher, wahrscheinlich haben sie gut geschlafen. Die ganze Zeit sind sie in Bewegung, und besonders die undurchdringlichsten Gebüsche scheinen heute attraktiv zu sein. Wir quälen uns hinterher, bekommen die Tiere aber kaum zu sehen, weil die Büsche zu dicht stehen und man keinerlei Weitsicht hat. Dafür machen wir Bekanntschaft mit Wespen, deren Nester von Knie- bis in drei Meter Höhe als unscheinbare Wabenkonstruktionen lauern können. Berührt man nur sachte einen Ausläufer des Busches, in dem das Nest hängt, rücken alle anwesenden Stachelträger aus. Jipa wird an Auge und Stirn gestochen, ich an Schulter und Hals. Bereits völlig entnervt geht’s weiter. Jipa stolpert gegen einen Baum mit zentimeterlangen, spitzen Fortsätzen am Stamm und schreit auf, ich verhake mich mit dem Rucksack so dümmlich in einem umgestürzten Baum, dass ich hinfalle und mich mit beiden Armen in einer nesselnden Pflanze – dem Dreiblatt, madagassisch "telo ravy" – abstütze. Wir müssen lachen, trotz der deprimierenden Gründe ein Lichtblick dieses Vormittags.
Ich habe glücklicherweise fast immer die zuerst beschriebene Sichtweise, sonst wäre ich wohl auch nicht hier. Aber es gibt natürlich auch in Kirindy – wie überall – schwarze Tage. Um das Stimmungsspektrum einmal darzustellen, das wahrscheinlich jeder Freilandbiologe durchlebt, will ich kurz zwei Vormittage schildern, die sich so (oder zumindest so ähnlich) abgespielt haben (und ich bin mir dabei bewusst, dass unsere Forschungsbedingungen hier im Grunde luxuriös sind):
Fotsy
Uaahh, gut geschlafen! Ausgeruht stehe ich auf. Nach dem Frühstück geht’s mit dem Fahrrad in den Wald. Es ist noch nicht so heiß, man kommt nicht nass geschwitzt an. Und nach knapp zehn Minuten hat man auch schon per Telemetrie die Makigruppe gefunden, die heute nach Beobachtungsplan dran ist. Die Gruppe bewegt sich im Zentrum des Untersuchungsgebiets, hier ist der Wald relativ offen, und es gibt viele schmale, ausgetretene Pfade, auf denen man den Tieren gut folgen kann. Es läuft gut, die Bewegungen lassen sich genau protokollieren, und manchmal ruht die Gruppe eine Viertelstunde, so dass man sich hinsetzen und einen Schluck Wasser trinken kann. Sogar die Lautaufnahmen klappen. Die nächsten dreieinhalb Stunden vergehen wie im Flug, und nebenher bekommt man sogar noch einige tolle Fotos von einem Chamäleon, einem Wasserskorpion und einem Eisvogel zustande. Jipa und ich sind zufrieden und singen auf dem Rückweg ins Camp beschwingt madagassische Lieder. Die Nachmittagsbeobachtung wird bestimmt genau so gut.
Mainty
Erst haben zwei madagassische Ratten ums Zelt herum getobt: unter die Plane, wieder raus, darauf herum gerutscht. Später in der Nacht kam auch noch eine junge Fosa (Crypoprocta ferox) vorbei, hat das Zelt beschnüffelt und Krach mit dem Wassereimer veranstaltet. Entsprechend matschig und unausgeschlafen wurstle ich mich am nächsten Morgen um halb sechs aus dem Zelt. Es ist bereits jetzt am Morgen brütend warm, und in der Nacht hat es noch einmal leicht geregnet: Die Luft klebt einem in den Lungen.
Als wir im Wald ankommen, haften uns die schweißnassen Hosen und langärmeligen Hemden (die man wegen der vielen Mücken trägt) am Körper. Wir brauchen eine Dreiviertelstunde, um die Gruppe zu finden, die heute beobachtet werden soll – sie ist weit in den Norden gewandert. Jenseits aller Wege und Pfade in einem stacheligen Dickicht sitzen die Tiere zufriedend schmatzend in einem Baum, als wir noch verschwitzter und am ganzen Körper mit kleinen Dornen, Blättern und Ästen behangen durchs Unterholz herankriechen. Das Telemetriekabel und die Antenne verheddern sich in jedem Busch, ständig räumt man mit dem Gesicht Spinnennetze ab, die einem die Wimpern verkleben. Die zu Recht aufgebrachten Baumeister der zerstörten Netze seilen sich wenig später von der Stirn oder einem Ohr aus ab.
Die Makis springen wie Duracell-Hasen umher, wahrscheinlich haben sie gut geschlafen. Die ganze Zeit sind sie in Bewegung, und besonders die undurchdringlichsten Gebüsche scheinen heute attraktiv zu sein. Wir quälen uns hinterher, bekommen die Tiere aber kaum zu sehen, weil die Büsche zu dicht stehen und man keinerlei Weitsicht hat. Dafür machen wir Bekanntschaft mit Wespen, deren Nester von Knie- bis in drei Meter Höhe als unscheinbare Wabenkonstruktionen lauern können. Berührt man nur sachte einen Ausläufer des Busches, in dem das Nest hängt, rücken alle anwesenden Stachelträger aus. Jipa wird an Auge und Stirn gestochen, ich an Schulter und Hals. Bereits völlig entnervt geht’s weiter. Jipa stolpert gegen einen Baum mit zentimeterlangen, spitzen Fortsätzen am Stamm und schreit auf, ich verhake mich mit dem Rucksack so dümmlich in einem umgestürzten Baum, dass ich hinfalle und mich mit beiden Armen in einer nesselnden Pflanze – dem Dreiblatt, madagassisch "telo ravy" – abstütze. Wir müssen lachen, trotz der deprimierenden Gründe ein Lichtblick dieses Vormittags.
Nach drei endlos erscheinenden Stunden ist die Beobachtung beendet. Wir sitzen irgendwo tief im Wald und suchen uns halb nach Sonnenstand, halb nach GPS-Gerät den kürzesten Weg zurück zu unseren Fahrrädern. Als wir endlich die Conoco erreichen, die Sandpiste, die zurück zum Camp führt, sehen wir uns erschöpft in die Augen: "Ale roa!!" – "Ach du Scheiße!" Hoffentlich wird der Nachmittag besser.
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