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Sieben Hammel! Einfach klasse!

Der große Höhepunkt der Syrienreise kam wie so oft kurz vor Schluss. Als wir vor zwei Wochen in der spätantiken/frühislamischen Stadt Resafa gewesen waren, hatte uns die dortige DAI-Grabungsleiterin, Dorothée Sack, auf eine hafle eingeladen. Eine hafle? Genau, eine hafle! Das ist ein großes Beduinenfest, auf dem Hammelfleisch auf Bergen von Reis und Kouskous serviert wird, und zwar auf einer großen Metallplatte.

Das Ganze findet in einem Zelt statt, man sitzt auf dem Boden und isst mit den Finger der rechten Hand. Das waren wir mittlerweile zwar durchaus gewohnt, jedoch immer mit Brot. Hier nun muss man den Reis und einen Brocken Fleisch zu Kügelchen kneten, um essen zu können. Für einen wohlerzogenen Mitteleuropäer, der an Messer und Gabel gewöhnt ist, stellt es durchaus eine Überwindung dar, mit einem halben Duzend anderer Leute vom selben Teller zu essen und auch noch mit den Fingern. Doch wenn man (wie im Jemen) schon einmal Spaghetti Napoli nur mit der rechten Hand gegessen hat, schreckt einen gar nichts mehr!). Eine hafle also. Bei "Dorti" in Resafa. Für 150 Leute!

Sieben Hammel!! Einfach klasse!!! Es gab mehr als 20 Platten und wir hatten eine mit dem Hammelschädel drauf. Normalerweise schaut einen der noch an, denn die Augen sind angeblich eine Delikatesse, aber weil die meisten Eingeladenen Deutsche waren, hatte man die wohlweißlich vorher schon entfernt (und sicherlich selbst genüsslich verspeist, und bestimmt nicht ohne sich über diese komischen Ausländer zu mokieren, die nicht wissen, was gut ist). Ich hätte es ehrlich gesagt gerne einmal probiert.

Als wir am nächsten Morgen nach Raqqa aufbrachen, wandelten wir ebenfalls noch im langen Schatten von Schech Dorti, denn im Museum wurden wir von zwei Herren von der Antikenverwaltung (Dr. Anas al-Khabour und Dr. Nawras Muhammad), die ebenfalls auf der hafle gewesen waren, herzlich empfangen. Wir hatten gerade die Stadtmauer von Raqqa, das "Mädchenschloss" (Qasr al-Banat) und das Bab Baghdad besichtigt. In Resafa gibt es übrigens einen Teil des mit viel Geschmack gemütlich eingerichteten Grabungshauses , der scherzhaft Qasr al-Banat genannt wird.

Nebenbei gesagt ist das wirklich auffällig: bei den von Männern geleiteten Grabungen ist immer alles nur auf Zweckmäßigkeit bedacht. Wenn Frauen am Ruder sitzen, gibt es schöne Polster, Bilder an der Wand oder sonst irgendwelche Kleinigkeiten, die nicht viel Aufwand bedeuten, jedoch die meist doch sehr spartanische Lebensweise auf Grabungen sehr viel angenehmer gestaltet. Doch ich schweife ab.

Die beiden Museumsleute luden uns ein, sie auf ihrer Inspektionstour zu begleiten und so Tall Bi'a (das antike Tuttul) zu besichtigen. In der früheren altorientalischen Geschichte war dieser Hauptkultort des Dagan einmal von großer Bedeutung gewesen. So, wie man sich in Nippur Enlils Segen für die Herrschaft über Mesopotamien abholen musste, ging man für Syrien zu Dagan nach Tuttul. Der Grabungswächter lud uns zum Essen ein und da bekamen wir wieder ein unglaubliche schmackhaftes Mahl: hausgemachte Schafsbutter beispielsweise oder super Ayran (gesalzenes Joghurtgetränk; man merkt bereits die Nähe zur Türkei).

Mit dem "hophop", d.h. einem Sammeltaxi, ging es danach weiter nach Tall Sabi Abyad, einem eminent wichtigen v.a. prähistorischen Fundort. Dr. Peter Akkermans empfing uns sehr freundlich und abends trafen wir auch Nawras wieder, der hier der Repräsentant der Antikenverwaltung war. Als wir uns am nächsten Vormittag verabschiedeten, blätterte ich im Gästebuch und fand tatsächlich die Seite, auf der ich mich als Drittsemester vor fast 10 Jahren eingetragen hatte. Was für ein tolles Gefühl. Damals hätte ich mir nicht träumen lassen, dass ich als Reisestipendiat wiederkehren würde!

Francis

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