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Stollen, soweit das Auge reicht

Martin unter Tage
Obwohl es nicht der typischen Route der DAI-Stipendiaten entspricht, fing ich meine Reise in Polen an. In Kleinpolen findet sich, in der Umgebung von Krakau, auf den fruchtbaren Lösshochflächen nördlich der Weichsel, eine große Zahl äußerst bedeutsamer Fundstellen aus allen vor- und frühgeschichtlichen Perioden. Und natürlich mit Krakau eine der schönsten Städte Europas.

Zurück in die Steinzeit. Berühmt ist das Feuersteinbergwerk von Krzemionki, etwa 200 Kilometer nordöstlich von Krakau gelegen. Hier findet sich ein besonderer Feuerstein, der sogenannte "gebänderte Krzemionki"-Flint, der seit dem 6. Jahrtausend v. Chr. abgebaut wurde. Gruben die Menschen zunächst den an der Oberfläche sichtbaren Feuersteinknollen nach, so wurden diese Stollen immer tiefer, bis sich schließlich ein regelrecht untertägiger Bergbau entwickelte. In der Zeit um 3000 v. Chr. existierte am Bergwerk eine spezialisierte Siedlung von Bergmännern. Von dort aus wurden die in bis zu 8 Metern Tiefe verlaufenden, hunderte Meter Länge messenden Stollen gegraben, der Feuerstein an Ort und Stelle zugerichtet und mehrere hundert Kilometer weit verteilt.

Wie genau diese Austauschsysteme von Silex beschaffen waren, wissen wir nicht. Das Bergwerk von Krzemionki zeigt uns aber sehr deutlich, dass bereits um 3000 v. Chr. ein hohes Maß an beruflicher Spezialisierung bzw. Arbeitsteilung innerhalb der betreffenden neolithischen Gesellschaften existiert haben muss. Hier gab es eine Gruppe von Spezialisten, die wahrscheinlich durchgehend mit dem Bergbau, der Entwicklung neuer Methoden und Techniken beschäftigt war.

Das Bergwerk von Krzemionki gibt uns also einen wichtigen Einblick in die Organisation jungsteinzeitlicher Gesellschaften, aber auch einen kurzen Eindruck von einem Ideenreichtum und einer Innovationsbereitschaft, wie man sie für die Jungsteinzeit vielleicht nicht immer erwarten würde.

Martin Furholt

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