Uwe Seeler
Seine Helden der Geschichte sind Mutter und Vaddern: "Sie eine gute Schwimmerin, er ein Arbeiter im Hamburger Hafen"
Als ich die Anfrage von epoc erhielt, meine Heldin oder meinen Helden der Geschichte zu benennen, war ich zunächst ratlos. Das kommt bei mir recht selten vor. Ob auf dem Fußballplatz zu meiner aktiven Zeit oder während meines späteren Berufslebens – ich wusste immer, was in welcher Situation zu tun war.
Doch zurück zu dem Brief des Verlags. Was tun? Zuerst habe ich mit meiner Frau Ilka diskutiert. Dann mit meinen erwachsenen Töchtern und deren Ehemännern. Danach mit Freunden und dem Journalisten Roman Köster, der mein Leben in dem Buch »Danke, Fußball!« aufzeichnete. Er war es schließlich, der die hier veröffentlichten Gedanken niedergeschrieben hat, denn ich bin immer für Ehrlichkeit: Ich konnte mal ganz gut Fußball spielen, aber keine Geschichten oder Bücher schreiben.
Ich habe zwei Helden: Anni und Erwin Seeler, meine Eltern. Mutter war als gute Schwimmerin vom Sport geprägt, er ein hart schuftender Arbeiter im Hamburger Hafen und ein ebenso hart spielender Fußballer. Hart – aber fair. Anni war für uns, Schwester Gertrud und Bruder Dieter gehörten zum Trio, die »Königin« auf der vierten Etage des sechsstöckigen Mietshauses in Hamburg-Eppendorf, wo die Küche so lütt (klein) war, dass Anni nicht aufstehen musste, um den Kochtopf auf den Tisch zu balancieren. Das so genannte Schlaf-/Wohnzimmer war kaum größer.
Trotzdem: Mutter und Vater zauberten eine Atmosphäre herbei, die unvergessen bleibt und die ich heute meiner Großfamilie zu vermitteln versuche. Die Eltern predigten uns Kindern nicht nur Anstand, Moral, Disziplin, Sitte – nein, sie lebten es vor. Hass, Neid, Missgunst waren für uns Fremdwörter.
Die Enge der Wohnung, das ständige Improvisieren, der tägliche Kampf um Kleidung und Nahrung – das hat meine Einstellung zum Leben geprägt. Ich lernte Rücksichtnahme und Ehrlichkeit. Ich lernte die klare, deutliche Aussprache. Und ich lernte den Wert der intakten Familie schätzen. Meine heutige Großfamilie besteht neben meiner Ilka aus drei Töchtern, drei Schwiegersöhnen und sieben Enkelkindern. Mein eigener »Stellenwert« freut mich da ganz besonders. Opa ist »in«. Ich spüre es immer wieder – dank der Erziehung meiner zwei Helden der Geschichte: Mutter und Vaddern.
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