"Was ist das zoologisch Besondere an Kirindy?"
Eine günstige Gelegenheit: Auch Peter Kappeler, wissenschaftlicher Chef der Feldstation und Leiter der verhaltensbiologischen Abteilungen des Deutschen Primatenzentrums und der Universität Göttingen, ist derzeit vor Ort. Ich frage ihn nach Vergangenheit und Zukunft der Feldstation Kirindy.
Lennart Pyritz: Wann und wie kam es zur Gründung der Station?
Peter Kappeler: Seit Ende der 1980er Jahre kam Jörg Ganzhorn – heute Professor in Hamburg – mehrfach für einige Wochen pro Jahr in den Kirindy-Wald, wo sich heute die Station befindet, schlug sein Zelt auf und machte erste Untersuchungen zur Ökologie der Lemuren.
Am 1. Januar 1993 wurde dann am Deutschen Primatenzentrum eine neue Arbeitsgruppe unter Jörg Ganzhorn speziell für Freilandstudien gegründet. Im Rahmen dieser Berufung wurde ein erstes, einfaches Camp in Kirindy aufgebaut. Als Jörg einen Ruf nach Hamburg bekam, übernahm ich die Stationsleitung zunächst kommissarisch, mit Antritt meiner Professur in Göttingen vor vier Jahren dann vollständig. Seitdem haben wir das Camp wesentlich ausgebaut, beispielsweise feste Häuser für die Feldassistenten und eine eigene Küche gebaut und eine Solaranlage installiert.
Pyritz: Wie kam Jörg Ganzhorn damals auf Kirindy?
Kappeler: Der ursprüngliche Tipp, in Kirindy zu forschen, kam meines Wissens von Olivier Langrand, der zu der Zeit für den WWF in Madagaskar arbeitete. Zudem bestand im Gebiet bereits eine grundlegende Infrastruktur, weil das CFPF seit den 1970er Jahren hier engagiert war.
Pyritz: Was ist das CFPF?
Kappeler: Das "Centre de Formation Professionelle Forestière", ein Zentrum des madagassischen Ministeriums für Wasser und Forsten, in dem in Zusammenarbeit mit der Schweizer Entwicklungshilfe seit Mitte der 1970er Jahre madagassische Forstarbeiter und -ingenieure ausgebildet wurden. Das CFPF war lange Zeit das forstwissenschaftliche Zentrum des Landes. Zudem unterhielt es eine Pflanzschule in Marofandilia, einem Dorf in der Nähe von Kirindy.
Allerdings zeigte sich bald, dass der turnover durch die lange Trockenzeit etwa 400 Jahre betrug, das heißt, um die gefällten Bäume zu ersetzen, müssten andere ein knappes halbes Jahrtausend wachsen. Das ist natürlich wirtschaftlich nicht rentabel. Schließlich zogen sich die Schweizer zurück, und das Projekt kam ganz in madagassische Hände. Heute dient das CFPF-Camp, in dem ursprünglich die Waldarbeiter wohnten, als Basis für Ökotouristen. Es liegt unmittelbar neben unserem DPZ-Camp.
Pyritz: Wo liegen die Forschungsschwerpunkte in Kirindy?
Kappeler: Ein Schwerpunkt liegt auf der Untersuchung der unterschiedlichen Sozialsysteme bei den acht im Gebiet vorkommenden Lemurenarten. Dazu kommen ökologische Arbeiten, zum Beispiel bei der wenig bekannten Art Microcebus berthae. Da fehlten ganz grundlegende Ernährungsdaten. Da die Station schon seit etwa 14 Jahren besteht, haben wir auch wertvolle Langzeitdaten zu den genetischen Populationsstrukturen und verschiedenen Life-History-Strategien der einzelnen Arten.
Pyritz: Was ist das zoologisch Besondere an der Region?
Kappeler: Zunächst gibt es zwei Säugetierarten, die nur in diesem Wald vorkommen: Die madagassische Riesenratte oder Vositse und der schon erwähnte Mausmaki Microcebus berthae. Dazu kommen weitere endemische und extrem seltene Arten wie die Pflugschar-Schildkröte Pyxis planicauda und die Kurzfuß-Stelzenralle Mesitornis variegata.
Pyritz: Wie sieht die Zukunft der Station aus?
Kappeler: Der Station wurde vor zwei Jahren vom zuständigen madagassischen Umweltministerium per Vertrag eine weitere Laufzeit von mindestens zehn Jahren zugesichert. Vor einigen Tagen ist allerdings leider eine Frist abgelaufen, innerhalb derer das Gebiet eigentlich einen Schutzstatus erhalten sollte. Aber das stellt sich als schwierig dar: Es gibt Interessenkonflikte zwischen verschiedenen Ministerien und Behörden, und die Bewohner der umliegenden Dörfer nutzen den Wald traditionell als Holzreservoir und Jagdgebiet.
Pyritz: Wie kann man das Kirindy-Projekt unterstützen?
Kappeler: Man kann unsere Arbeit hier über eine Spende an den Förderverein des Deutschen Primatenzentrums unterstützen (Stichwort: Kirindy). Grundsätzlich sind wir auch für so etwas wie Patenschaften offen, bei denen einzelne Personen Geld spenden und dafür Pate oder Namensgeber eines Lemuren hier im Wald werden.
Pyritz: Vielen Dank für das Gespräch!
Lennart Pyritz: Wann und wie kam es zur Gründung der Station?
Peter Kappeler: Seit Ende der 1980er Jahre kam Jörg Ganzhorn – heute Professor in Hamburg – mehrfach für einige Wochen pro Jahr in den Kirindy-Wald, wo sich heute die Station befindet, schlug sein Zelt auf und machte erste Untersuchungen zur Ökologie der Lemuren.
Am 1. Januar 1993 wurde dann am Deutschen Primatenzentrum eine neue Arbeitsgruppe unter Jörg Ganzhorn speziell für Freilandstudien gegründet. Im Rahmen dieser Berufung wurde ein erstes, einfaches Camp in Kirindy aufgebaut. Als Jörg einen Ruf nach Hamburg bekam, übernahm ich die Stationsleitung zunächst kommissarisch, mit Antritt meiner Professur in Göttingen vor vier Jahren dann vollständig. Seitdem haben wir das Camp wesentlich ausgebaut, beispielsweise feste Häuser für die Feldassistenten und eine eigene Küche gebaut und eine Solaranlage installiert.
Pyritz: Wie kam Jörg Ganzhorn damals auf Kirindy?
Kappeler: Der ursprüngliche Tipp, in Kirindy zu forschen, kam meines Wissens von Olivier Langrand, der zu der Zeit für den WWF in Madagaskar arbeitete. Zudem bestand im Gebiet bereits eine grundlegende Infrastruktur, weil das CFPF seit den 1970er Jahren hier engagiert war.
Pyritz: Was ist das CFPF?
Kappeler: Das "Centre de Formation Professionelle Forestière", ein Zentrum des madagassischen Ministeriums für Wasser und Forsten, in dem in Zusammenarbeit mit der Schweizer Entwicklungshilfe seit Mitte der 1970er Jahre madagassische Forstarbeiter und -ingenieure ausgebildet wurden. Das CFPF war lange Zeit das forstwissenschaftliche Zentrum des Landes. Zudem unterhielt es eine Pflanzschule in Marofandilia, einem Dorf in der Nähe von Kirindy.
Allerdings zeigte sich bald, dass der turnover durch die lange Trockenzeit etwa 400 Jahre betrug, das heißt, um die gefällten Bäume zu ersetzen, müssten andere ein knappes halbes Jahrtausend wachsen. Das ist natürlich wirtschaftlich nicht rentabel. Schließlich zogen sich die Schweizer zurück, und das Projekt kam ganz in madagassische Hände. Heute dient das CFPF-Camp, in dem ursprünglich die Waldarbeiter wohnten, als Basis für Ökotouristen. Es liegt unmittelbar neben unserem DPZ-Camp.
Pyritz: Wo liegen die Forschungsschwerpunkte in Kirindy?
Kappeler: Ein Schwerpunkt liegt auf der Untersuchung der unterschiedlichen Sozialsysteme bei den acht im Gebiet vorkommenden Lemurenarten. Dazu kommen ökologische Arbeiten, zum Beispiel bei der wenig bekannten Art Microcebus berthae. Da fehlten ganz grundlegende Ernährungsdaten. Da die Station schon seit etwa 14 Jahren besteht, haben wir auch wertvolle Langzeitdaten zu den genetischen Populationsstrukturen und verschiedenen Life-History-Strategien der einzelnen Arten.
Pyritz: Was ist das zoologisch Besondere an der Region?
Kappeler: Zunächst gibt es zwei Säugetierarten, die nur in diesem Wald vorkommen: Die madagassische Riesenratte oder Vositse und der schon erwähnte Mausmaki Microcebus berthae. Dazu kommen weitere endemische und extrem seltene Arten wie die Pflugschar-Schildkröte Pyxis planicauda und die Kurzfuß-Stelzenralle Mesitornis variegata.
Der Kirindy-Wald ist auch weltweit einer mit der höchsten Anzahl an nachtaktiven Primaten, die zudem noch in hohen Dichten vorkommen. Und dann ist da noch die Fossa, das größte Landraubtier Madagaskars. Die Tiere sind nur an wenigen Orten in Madagaskar zu beobachten, hier paaren sie sich in den Bäumen unmittelbar hinter dem Camp.
Pyritz: Wie sieht die Zukunft der Station aus?
Kappeler: Der Station wurde vor zwei Jahren vom zuständigen madagassischen Umweltministerium per Vertrag eine weitere Laufzeit von mindestens zehn Jahren zugesichert. Vor einigen Tagen ist allerdings leider eine Frist abgelaufen, innerhalb derer das Gebiet eigentlich einen Schutzstatus erhalten sollte. Aber das stellt sich als schwierig dar: Es gibt Interessenkonflikte zwischen verschiedenen Ministerien und Behörden, und die Bewohner der umliegenden Dörfer nutzen den Wald traditionell als Holzreservoir und Jagdgebiet.
Pyritz: Wie kann man das Kirindy-Projekt unterstützen?
Kappeler: Man kann unsere Arbeit hier über eine Spende an den Förderverein des Deutschen Primatenzentrums unterstützen (Stichwort: Kirindy). Grundsätzlich sind wir auch für so etwas wie Patenschaften offen, bei denen einzelne Personen Geld spenden und dafür Pate oder Namensgeber eines Lemuren hier im Wald werden.
Pyritz: Vielen Dank für das Gespräch!
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