Zu Haus bei al-Gorithmus
Kizilkum – roter Sand. Was ich mir im Atlas immer als rote Dünen vorgestellt habe, ist in Wirklichkeit eine riesige Einöde von in der Tat rötlich-braunem Sand, der ohne jede Bodenbildung von dornigen Pflanzen so einigermaßen an Ort und Stelle gehalten wird. Früher waren hier Saiga-Antilopen und Warane heimisch. In einer sechsstündigen Fahrt in einem fliegenden Teppich von Taxi durchquerten Francis und ich diese Wüste zwischen Buchara und Khiva – eine Reise, die laut Ibn Battuta per Kamelkarawane im Mittelalter 18 Tage dauerte. Hier erweitert der Amudarja oder Oxus sein Bett in viele Arme und bildet die große Oase Choresm, die Heimat des Mathematikers al-Choresmi. Aus dessen Namen wurde in abendländischer Aussprache nicht nur die Bezeichnung "Algorithmus", sondern er gab auch gleich noch mit seinem Buch über "al-jabr" der Algebra ihren Namen.
Die innere Stadt von Khiva ist heute ein einziges Freilichtmuseum: Das Passieren des Stadttores kostet allein schon 10 000 usbeskische Sum, und dann noch eine Fotoerlaubnis und die Einzeleintritte in die Museen und Medresen – bei solchen Unsummen ist der arme Reisestipendiat froh um den Präsidentenbrief des DAI! Besonders bemerkenswert ist die komplett erhaltene aus Lehmziegeln und Stampflehm erbaute Stadtmauer von Khiva, auf der ich zwei Stunden lang saß und die Dämmerung über den Minaretten habe herabsinken sehen: Tausendundeine Nacht im Lande Nizameddin Alisher Navois, des Verfassers von "Leila und Madschnun".
Am nächsten Tag fuhren wir mit Isaak Hoca, dem Leiter des Museums, über den Amudarja und hinaus an den Rand der Oase. Die Pontonbrücke quietscht und ächzt bei jedem Auto, das sie überquert, und zwischen den einzelnen Schwimmern klaffen manchmal mehrere Dezimeter Zwischenraum. Denn der Oxus, der zu Zeiten Alexanders des Großen ins Kaspische Meer mündete, unterliegt heute extremen Pegelschwankungen und mündet seit den 1960er Jahren nicht einmal mehr in den Aralsee. Die Folgen der zu einem guten Teil durch die Bewässerungswirtschaft hausgemachten ökologischen Katastrophe sind ja sattsam bekannt.
Am Rande der Kizilkum liegen um die Oase herum komplett aus Lehm erbaute Festungen, die teils bis in das 4. Jh. v. Chr. zurückreichen. Isaak Hoca hatte fürsorglicherweise seine ganz zerlesene Ausgabe von Tolstovs Monographie zu den Fundstätten der Oase Choresm von 1948 im Kofferraum und kannte die Sandpisten zu allen Burgen. Deren Mauern sind noch mehrere Meter hoch erhalten und fallen zusehends dem Zahn der Zeit anheim – aber wie soll man auch mehrere Hektar große Lehmburgen effektiv konservieren? Unter dem halben Dutzend, das wir an dem Tag gesehen haben, werden mir Janbas Kale, wo Tolstov auch steinzeitliche Keramik der so genannten Kelteminar-Kultur fand, und Toprakkale mit seinen riesigen Lehmtürmen am eindruckvollsten in Erinnerung bleiben.
Eva Rosenstock
Die innere Stadt von Khiva ist heute ein einziges Freilichtmuseum: Das Passieren des Stadttores kostet allein schon 10 000 usbeskische Sum, und dann noch eine Fotoerlaubnis und die Einzeleintritte in die Museen und Medresen – bei solchen Unsummen ist der arme Reisestipendiat froh um den Präsidentenbrief des DAI! Besonders bemerkenswert ist die komplett erhaltene aus Lehmziegeln und Stampflehm erbaute Stadtmauer von Khiva, auf der ich zwei Stunden lang saß und die Dämmerung über den Minaretten habe herabsinken sehen: Tausendundeine Nacht im Lande Nizameddin Alisher Navois, des Verfassers von "Leila und Madschnun".
Am nächsten Tag fuhren wir mit Isaak Hoca, dem Leiter des Museums, über den Amudarja und hinaus an den Rand der Oase. Die Pontonbrücke quietscht und ächzt bei jedem Auto, das sie überquert, und zwischen den einzelnen Schwimmern klaffen manchmal mehrere Dezimeter Zwischenraum. Denn der Oxus, der zu Zeiten Alexanders des Großen ins Kaspische Meer mündete, unterliegt heute extremen Pegelschwankungen und mündet seit den 1960er Jahren nicht einmal mehr in den Aralsee. Die Folgen der zu einem guten Teil durch die Bewässerungswirtschaft hausgemachten ökologischen Katastrophe sind ja sattsam bekannt.
Am Rande der Kizilkum liegen um die Oase herum komplett aus Lehm erbaute Festungen, die teils bis in das 4. Jh. v. Chr. zurückreichen. Isaak Hoca hatte fürsorglicherweise seine ganz zerlesene Ausgabe von Tolstovs Monographie zu den Fundstätten der Oase Choresm von 1948 im Kofferraum und kannte die Sandpisten zu allen Burgen. Deren Mauern sind noch mehrere Meter hoch erhalten und fallen zusehends dem Zahn der Zeit anheim – aber wie soll man auch mehrere Hektar große Lehmburgen effektiv konservieren? Unter dem halben Dutzend, das wir an dem Tag gesehen haben, werden mir Janbas Kale, wo Tolstov auch steinzeitliche Keramik der so genannten Kelteminar-Kultur fand, und Toprakkale mit seinen riesigen Lehmtürmen am eindruckvollsten in Erinnerung bleiben.
Eva Rosenstock
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