»Zweite Erde« entdeckt
Vor gerade einmal zwölf Jahren haben Genfer Astronomen erstmals einen Planeten bei einem sonnenähnlichen Stern nachgewiesen (SuW 1/1996, S. 8). Dieser erste Exoplanet hat etwa die Masse Jupiters und umkreist seinen Zentralstern einmal in sieben Tagen, seine Oberfläche ist 1000 Kelvin heiß: Er ist also vermutlich ein Gasriese und alles andere als erdähnlich. Dieselbe Arbeitsgruppe um Michel Mayor und Didier Queloz meldete nun die Entdeckung des 228. Exoplaneten, der in puncto Masse und Temperatur der Erde bereits sehr nahe kommt.
Dass den Exoplanetenjägern aus der Schweiz, die schon lange vor ihrer bahnbrechenden Entdeckung 1995 auf der Pirsch waren, als erstes ein »Heißer Jupiter« ins Netz gehen musste, ist aus heutiger Sicht leicht verständlich: Die große Masse und die kurze Umlaufzeit begünstigen den indirekten (spektroskopischen) Nachweis solcher Planetenriesen über die Variation der Radialgeschwindigkeit des Zentralsterns stark (zur Messmethode siehe Planetenjagd mit SPHERE und Wie man Exoplaneten entdecken kann). Die zunächst viel zu unempfindlichen, aber permanent verbesserten Nachweismethoden mussten erstmals hier zum Erfolg führen. Damals kam diese Entdeckung allerdings als große Überraschung, denn kein Astronom hatte die Existenz der »Heißen Jupiter« auch nur geahnt: Man hatte sich völlig auf unser Sonnensystem konzentriert und alles versucht, um dessen Entstehung und Entwicklung möglichst naturgetreu zu modellieren.
Heute wissen wir, dass es eine große Vielfalt von Planeten gibt. Ihre Massen schließen sich denen der Braunen Zwerge (mindestens 13 Jupitermassen) zu kleineren Werten hin an, und ihre Bahnen können den Zentralstern so eng umschließen, dass ihr »Jahr« kaum länger als einen Tag dauert. Aber je genauer die Messmethoden werden, desto mehr Planeten mit kleineren Massen und größeren Umlaufzeiten kommen zum Vorschein.
Der Traum eines jeden Planetenjägers war und ist die Entdeckung einer »zweiten Erde« (siehe unser Dossier Planetensysteme – Die Suche nach der zweiten Erde). Dieses Ziel verfolgte mit aller Kraft auch das Team um Michel Mayor. Die Genfer Astronomen entwickelten zusammen mit zahlreichen europäischen Kollegen und der ESO den Spezialspektrographen Harps (High Accuracy Radial velocity Planet Searcher), dessen Dauereinsatz am 3,6-m-Teleskop auf La Silla im Februar 2003 begann. Schnell wurden die Massen der neu entdeckten Planeten kleiner und ihre Umlaufzeiten länger. Um den Nachweis immer erdähnlicherer Exoplaneten zu begünstigen, wurden auch Sterne mit geringerer Masse als unsere Sonne in die Kandidatenliste aufgenommen, die auf das periodisch veränderliche Zerren ihrer eventuellen Planeten heftiger und deutlicher reagieren als ihre massereicheren Geschwister. Zudem erscheinen solche Zwergsterne der Spektralklasse M wegen ihrer Häufigkeit für die Suche nach außerirdischem Leben inzwischen ebenso vielversprechend wie sonnenähnliche Sterne (siehe Leben auf Planeten bei M-Zwergen?, SuW 7/2006, S. 16).
So kam Gliese 581 auf die Liste – ein M-Zwerg mit 0,31 Sonnenmassen am unteren Ende der Hauptreihe. Mit einer Helligkeit von 10 mag fällt er im Sternbild Waage kaum auf (hier gelangen Sie zu einer Sternfeldaufnahme von Till Credner). Seiner Entfernung von nur 20 Lichtjahren verdankt er die Aufnahme in den Gliese-Katalog sonnennaher Sterne. Bei ihm entdeckten Mayor und Kollegen im Jahr 2005 den Exoplaneten Gl 581b, den ersten »Neptun«, damals mit seinen (mindestens) 15,6 Erdmassen der kleinste bekannte Exoplanet, der Gliese 581 einmal in 5,37 Tagen umrundet. Auf seiner Oberfläche herrscht – trotz der geringen Leuchtkraft des Zentralsterns – eine Temperatur von 150 °C, für flüssiges Wasser noch viel zu heiß. Die gemessene Radialgeschwindigkeitsänderung liegt bei maximal rund zehn Metern pro Sekunde oder 36 km/h: Das schaffen Sie mit Ihrem Fahrrad auch!
Nach dieser Entdeckung verblieb der Stern auf der Beobachtungsliste für Harps. Es wurden immer mehr und genauere Daten gesammelt, deren jetzt veröffentlichte Auswertung gleich zwei weitere Planeten enthüllte, die noch behutsamer an ihrem Zentralstern rütteln (siehe Tabelle): Gl 581c umläuft ihn einmal in knapp zwei Wochen, seine Masse beträgt (mindestens) fünf Erdmassen, auf seiner Oberfläche herrschen null bis 40 °C und etwa zweifache Erdbeschleunigung. Auf dem dritten, äußersten Planeten dauert das Jahr knapp drei Monate, und das Gewicht aller Körper ist dort höher, denn seine Masse liegt bei acht Erdmassen oder darüber.
Diese nüchternen, am 25. April über alle Medien verbreiteten Fakten hatten es allerdings in sich – ist doch Gl 581c der erste bekannte Exoplanet mit höchstwahrscheinlich fester Oberfläche, ähnlicher Schwerkraft wie auf der Erde und mit flüssigem Wasser. Diese Bedingungen erscheinen uns Menschen notwendig, damit sich dort, ähnlich wie auf unserem Heimatplaneten, Leben entwickeln kann. Aber was war bei uns auf der Erde sonst noch alles notwendig, um unsere lebendige Umgebung zu verwirklichen! Zum Beispiel halten es Astronomen für möglich, dass Gl 581c gebunden um seinen Zentralstern rotiert – so wie unser Mond um die Erde. In diesem Fall würde er seiner Sonne stets dieselbe Seite zeigen, die sich schnell überhitzen würde, bei eisiger Rückseite. Und schon wäre das Leben auf dieser »zweiten Erde« eine recht problematische Sache…
Dennoch: Die neue Entdeckung hat in erster Linie gezeigt, dass erdähnliche Planeten jetzt in der Reichweite der verfügbaren Instrumente liegen. Und sie bestätigt zwei statistische Trends, die sich in den mittlerweile gesammelten Daten abzeichnen. Erstens: Bei M-Zwergen sind neptunähnliche und kleinere Planeten häufiger als jupiterähnliche. Zweitens: Bei M-Zwergen sind neptunähnliche und kleinere Planeten viel häufiger als bei sonnenähnlichen Sternen. Dies kann ein Auswahleffekt sein, der durch die geringere Masse der M-Zwerge bedingt ist (die kleineren M-Zwerge zappeln heftiger, und deshalb leichter erkennbar), oder es gibt bei den M-Zwergen tatsächlich mehr Planeten geringerer Masse. Wie dem auch sei, es lohnt sich, bei M-Zwergen verstärkt nach erdähnlichen Planeten zu suchen.
Jakob Staude
Dass den Exoplanetenjägern aus der Schweiz, die schon lange vor ihrer bahnbrechenden Entdeckung 1995 auf der Pirsch waren, als erstes ein »Heißer Jupiter« ins Netz gehen musste, ist aus heutiger Sicht leicht verständlich: Die große Masse und die kurze Umlaufzeit begünstigen den indirekten (spektroskopischen) Nachweis solcher Planetenriesen über die Variation der Radialgeschwindigkeit des Zentralsterns stark (zur Messmethode siehe Planetenjagd mit SPHERE und Wie man Exoplaneten entdecken kann). Die zunächst viel zu unempfindlichen, aber permanent verbesserten Nachweismethoden mussten erstmals hier zum Erfolg führen. Damals kam diese Entdeckung allerdings als große Überraschung, denn kein Astronom hatte die Existenz der »Heißen Jupiter« auch nur geahnt: Man hatte sich völlig auf unser Sonnensystem konzentriert und alles versucht, um dessen Entstehung und Entwicklung möglichst naturgetreu zu modellieren.
Heute wissen wir, dass es eine große Vielfalt von Planeten gibt. Ihre Massen schließen sich denen der Braunen Zwerge (mindestens 13 Jupitermassen) zu kleineren Werten hin an, und ihre Bahnen können den Zentralstern so eng umschließen, dass ihr »Jahr« kaum länger als einen Tag dauert. Aber je genauer die Messmethoden werden, desto mehr Planeten mit kleineren Massen und größeren Umlaufzeiten kommen zum Vorschein.
Der Traum eines jeden Planetenjägers war und ist die Entdeckung einer »zweiten Erde« (siehe unser Dossier Planetensysteme – Die Suche nach der zweiten Erde). Dieses Ziel verfolgte mit aller Kraft auch das Team um Michel Mayor. Die Genfer Astronomen entwickelten zusammen mit zahlreichen europäischen Kollegen und der ESO den Spezialspektrographen Harps (High Accuracy Radial velocity Planet Searcher), dessen Dauereinsatz am 3,6-m-Teleskop auf La Silla im Februar 2003 begann. Schnell wurden die Massen der neu entdeckten Planeten kleiner und ihre Umlaufzeiten länger. Um den Nachweis immer erdähnlicherer Exoplaneten zu begünstigen, wurden auch Sterne mit geringerer Masse als unsere Sonne in die Kandidatenliste aufgenommen, die auf das periodisch veränderliche Zerren ihrer eventuellen Planeten heftiger und deutlicher reagieren als ihre massereicheren Geschwister. Zudem erscheinen solche Zwergsterne der Spektralklasse M wegen ihrer Häufigkeit für die Suche nach außerirdischem Leben inzwischen ebenso vielversprechend wie sonnenähnliche Sterne (siehe Leben auf Planeten bei M-Zwergen?, SuW 7/2006, S. 16).
So kam Gliese 581 auf die Liste – ein M-Zwerg mit 0,31 Sonnenmassen am unteren Ende der Hauptreihe. Mit einer Helligkeit von 10 mag fällt er im Sternbild Waage kaum auf (hier gelangen Sie zu einer Sternfeldaufnahme von Till Credner). Seiner Entfernung von nur 20 Lichtjahren verdankt er die Aufnahme in den Gliese-Katalog sonnennaher Sterne. Bei ihm entdeckten Mayor und Kollegen im Jahr 2005 den Exoplaneten Gl 581b, den ersten »Neptun«, damals mit seinen (mindestens) 15,6 Erdmassen der kleinste bekannte Exoplanet, der Gliese 581 einmal in 5,37 Tagen umrundet. Auf seiner Oberfläche herrscht – trotz der geringen Leuchtkraft des Zentralsterns – eine Temperatur von 150 °C, für flüssiges Wasser noch viel zu heiß. Die gemessene Radialgeschwindigkeitsänderung liegt bei maximal rund zehn Metern pro Sekunde oder 36 km/h: Das schaffen Sie mit Ihrem Fahrrad auch!
Nach dieser Entdeckung verblieb der Stern auf der Beobachtungsliste für Harps. Es wurden immer mehr und genauere Daten gesammelt, deren jetzt veröffentlichte Auswertung gleich zwei weitere Planeten enthüllte, die noch behutsamer an ihrem Zentralstern rütteln (siehe Tabelle): Gl 581c umläuft ihn einmal in knapp zwei Wochen, seine Masse beträgt (mindestens) fünf Erdmassen, auf seiner Oberfläche herrschen null bis 40 °C und etwa zweifache Erdbeschleunigung. Auf dem dritten, äußersten Planeten dauert das Jahr knapp drei Monate, und das Gewicht aller Körper ist dort höher, denn seine Masse liegt bei acht Erdmassen oder darüber.
Diese nüchternen, am 25. April über alle Medien verbreiteten Fakten hatten es allerdings in sich – ist doch Gl 581c der erste bekannte Exoplanet mit höchstwahrscheinlich fester Oberfläche, ähnlicher Schwerkraft wie auf der Erde und mit flüssigem Wasser. Diese Bedingungen erscheinen uns Menschen notwendig, damit sich dort, ähnlich wie auf unserem Heimatplaneten, Leben entwickeln kann. Aber was war bei uns auf der Erde sonst noch alles notwendig, um unsere lebendige Umgebung zu verwirklichen! Zum Beispiel halten es Astronomen für möglich, dass Gl 581c gebunden um seinen Zentralstern rotiert – so wie unser Mond um die Erde. In diesem Fall würde er seiner Sonne stets dieselbe Seite zeigen, die sich schnell überhitzen würde, bei eisiger Rückseite. Und schon wäre das Leben auf dieser »zweiten Erde« eine recht problematische Sache…
Dennoch: Die neue Entdeckung hat in erster Linie gezeigt, dass erdähnliche Planeten jetzt in der Reichweite der verfügbaren Instrumente liegen. Und sie bestätigt zwei statistische Trends, die sich in den mittlerweile gesammelten Daten abzeichnen. Erstens: Bei M-Zwergen sind neptunähnliche und kleinere Planeten häufiger als jupiterähnliche. Zweitens: Bei M-Zwergen sind neptunähnliche und kleinere Planeten viel häufiger als bei sonnenähnlichen Sternen. Dies kann ein Auswahleffekt sein, der durch die geringere Masse der M-Zwerge bedingt ist (die kleineren M-Zwerge zappeln heftiger, und deshalb leichter erkennbar), oder es gibt bei den M-Zwergen tatsächlich mehr Planeten geringerer Masse. Wie dem auch sei, es lohnt sich, bei M-Zwergen verstärkt nach erdähnlichen Planeten zu suchen.
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