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Der Mathematische Monatskalender: Abu Arrayhan al-Biruni (973–1048): Gelehrter und Weltvermesser

Seine erste Veröffentlichung stammt aus dem Jahr 990: Der 17jährige Abu Arrayhan al-Biruni (973 - 1048) bestimmt aus den Tageshöchstständen der Sonne die geografische Breite seines Heimatorts Kath. Im Lauf seines Lebens verfasst der Mathematiker und Universalgelehrte über 146 Werke mit 13000 Seiten.
Mondfinsternis nach al-Biruni

Als sich im Jahr 1973 der tausendste Geburtstag Al-Birunis näherte, beanspruchten mehrere Staaten das Recht, Jubiläumsveranstaltungen zu diesem Anlass durchführen zu können – die Sowjetunion, weil al-Biruni in einem Ort südlich des Aralsees geboren wurde, der heute zu Usbekistan gehört (1973 eine der asiatischen Teilrepubliken der Sowjetunion), der Iran, weil seine Muttersprache persisch war, und Afghanistan, weil er lange Zeit in dieser Region lebte und dort starb. Auch arabische Staaten feierten den Universalgelehrten, denn die Mehrzahl der von ihm verfassten 146 Werke mit insgesamt 13 000 Seiten schrieb er in arabischer Sprache.

Über Al-Birunis Herkunft ist nichts bekannt; einen ersten Hinweis auf seine bevorstehende Laufbahn als Gelehrter gibt eine Veröffentlichung aus dem Jahr 990: Der 17-Jährige bestimmt die geografische Breite seines Heimatorts Kath (heute trägt sie den Namen Beruniy) dadurch, dass er das Maximum der Tageshöchststände der Sonne ermittelt. Sein Lehrer und Förderer ist Abu Nasr Mansur, ein Mathematiker und Astronom, der der Herrscherfamilie angehört. Im Jahr 995 – Al-Biruni hat bereits einige Werke veröffentlicht – unterbricht ein Bürgerkrieg seine Arbeit.

Al-Biruni muss aus seiner Heimat fliehen, hält sich einige Zeit in der Nähe des heutigen Teheran auf, lebt zeitweise in großer Armut. Informationen über seine Aufenthaltsorte lassen sich aus astronomischen Ereignissen wie Sonnen- und Mondfinsternissen rekonstruieren, bei denen er Messungen durchführt, diese auswertet und veröffentlicht. Beispielsweise kann er aus den Daten, die Abu'l-Wafa während einer Mondfinsternis in Bagdad bestimmt hat, und eigenen Messwerten die Differenz der geografischen Längen der beiden Beobachtungsorte ermitteln. Der mittlerweile berühmte Gelehrte erstellt eine Übersicht über die in verschiedenen Ländern verwendeten Kalender, sodass die Beobachtungen von astronomischen Ereignissen miteinander verglichen werden können.

1004 kehrt er wieder in seine Heimat zurück und führt zusammen mit Abu Nasr Mansur weitere astronomische Beobachtungen durch. Als 1017 Abu'l Abbas Ma'mun, der mächtige Herrscher von Ghazna (heute: Afghanistan), auch die Gebiete südlich des Aralsees annektiert, werden die beiden als Gefangene in die Hauptstadt des Regenten verschleppt. Al-Biruni beklagt später die geringe Unterstützung, die sie durch den Herrscher erfahren haben. Zwar lässt dieser ihnen die Möglichkeit zu forschen; aber sie müssen – als Gefangene des Regenten – diesen überall hin begleiten, damit sie ihm als Berater stets zur Verfügung stehen.

Im Jahr 1022 beginnt Abu'l Abbas Ma'mun mit der Eroberung Indiens, vor allem der Gebiete, die zum heutigen Pakistan gehören; die Truppen stoßen sogar bis zum Indischen Ozean vor. Al-Biruni nutzt den Feldzug auf seine Weise: Nach seiner Rückkehr verfasst er ein umfangreiches Werk, Kitab tarich al-Hind, in dem er sich – vergleichend und niemals bewertend – mit dem Hinduismus auseinandersetzt, das Kastensystem beschreibt sowie die geografischen Gegebenheiten der eroberten Gebiete darstellt. Als er bei seinen Exkursionen in Nordindien Erdformationen entdeckt, die Muscheln und Fossilien enthalten, schließt er, dass hier früher einmal ein Meer gewesen sein muss. Mit besonderem Interesse studiert er Sprache und Schrift des Landes, sodass er in der Lage ist, Texte aus dem Sanskrit ins Arabische zu übersetzen. Der sprachbegabte Universalgelehrte überträgt sogar Texte aus dem Arabischen und Griechischen in Sanskrit, darunter die Elemente des Euklid. Er verschafft sich einen Überblick über die indische Literatur zu Astronomie und Astrologie, Geschichte und Geografie, Mathematik und Medizin. Das mehrere Bände umfassende Werk beschäftigt sich auch mit der in Indien gebräuchlichen Ziffernschreibweise sowie den Maß- und Gewichtseinheiten.

Er bleibt in Ghazna, auch als der Herrscher stirbt und die Nachfolger ihm endlich Bewegungsfreiheit gewähren. Bis zu seinem Lebensende folgen noch zahlreiche Abhandlungen zu sehr unterschiedlichen Themen.

Bereits im Alter von 22 Jahren hat al-Biruni sich mit der Frage der angemessenen Darstellung der kugelförmigen Erde durch ebene Karten beschäftigt und dazu die Methode der Zylinderprojektion entwickelt (die 1569 von Gerhard Mercator noch einmal entdeckt wird). Er systematisiert die Verfahren zur Landvermessung, wendet dabei den Sinus-Satz der ebenen Trigonometrie ebenso an wie den der sphärischen Geometrie, um die Entfernungen zwischen Orten zu ermitteln. Bereits Ptolemäus und al-Khwarizmi hatten Listen mit den Koordinaten von bedeutenden Städten und geografischen Punkten erstellt; al-Biruni überprüft und ergänzt sie; außerdem gibt er für alle Orte die für die Gläubigen bedeutsame Richtung nach Mekka an (Quibla).

Die Höhe von Bergen bestimmt er mithilfe folgender Methode: Ein quadratisches Brett wird senkrecht auf eine der Ecken gestellt und so fixiert, dass die untere Kante auf die Spitze des Berges ausgerichtet ist. Vom Punkt \(B\) aus wird ebenfalls die Bergspitze angepeilt; aus der Lage der auf der gegenüberliegenden Seite des Quadrats vorgenommenen Markierung kann man dann mithilfe der Strahlensätze die Höhe des Berges berechnen.

Aus der Kenntnis der Berghöhe \(h\) bestimmt al-Biruni den Erdradius \(R\): Vom Berggipfel aus misst er den Neigungswinkel zwischen dem »astronomischen Horizont« (Senkrechte zum Lot zum Erdmittelpunkt) und dem »wahren Horizont« (Tangente an die Erdkugel); dann berechnet er schrittweise die Strecken in der abgebildeten Figur und erhält als Erdradius einen Wert von 6340 km (tatsächlich: 6378 km).

Al-Biruni kommt zu der Ansicht, dass die vorliegenden Messergebnisse keine Möglichkeit bieten zu entscheiden, ob das geozentrische oder das heliozentrische Weltmodell richtig ist. Er kritisiert, dass Ptolemäus nur solche Beobachtungsdaten veröffentlicht hat, die zu seiner Theorie passen; er hingegen weist auch auf mögliche Fehler seiner eigenen Messungen und Berechnungen hin, weil er dies allein für wissenschaftlich vertretbar hält.

Auch setzt er sich mit einigen der Lehren des Aristoteles auseinander, die sein Zeitgenosse Ibn Sina (in Europa auch als Avicenna bekannt) vertritt; vor allem kritisiert er dessen »philosophische Methode«, Theorien ohne empirische Überprüfung aufstellen.

Der Universalgelehrte führt Messungen zu Licht- und Schallgeschwindigkeit durch, bestimmt die Dichte von verschiedenen Stoffen mithilfe eines von ihm erfundenen Pyknometers und erstellt ein Verzeichnis der Wirkung von 720 Heilpflanzen (einschließlich der Bezeichnungen in Arabisch, Griechisch, Persisch, Syrisch und einer indischen Sprache), die noch Jahrhunderte lang Verwendung finden.

Abu Arrayhan al-Biruni (973 – 1048)

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