Erdmagnetfeld: Schutzschild schon im frühen Archaikum
Die vollen Auswirkungen des Sonnenwinds bekommen wir nur deshalb nicht zu spüren, weil uns das robuste Magnetfeld der Erde vor ihnen schützt. Venus und Mars haben es schlechter getroffen: Auf diesen weniger abgeschirmten Himmelskörpern hat der solare Strom geladener Partikel über die Jahrmilliarden hinweg Wasserreserven zum Verschwinden gebracht und zum Abbau ihrer Atmosphären beigetragen.
Doch wann nahm der Geodynamo überhaupt seine Arbeit auf, wann also begannen die Konvektionsströme im äußeren flüssigen Erdkern, das irdische Magnetfeld aufzubauen? Eine Antwort auf diese Frage könnte uns detailliertere Auskunft über die frühe Geschichte unseres Planeten geben – auch über die Wechselwirkungen zwischen geologischen, atmosphärischen und astronomischen Prozessen, die unsere Welt erst bewohnbar machten.
Der Geophysiker John A. Tarduno von der University of Rochester im US-Bundesstaat New York hat gemeinsam mit seinem Team versucht, genau diese Antwort zu finden. Nachdem im Jahr 2007 nachgewiesen worden war, dass bereits vor 3,2 Milliarden Jahren ein starkes irdisches Magnetfeld existiert haben muss, entdeckten die Forscher nun Hinweise darauf, dass die Erde sogar schon vor 3,45 Milliarden Jahren – gerade einmal eine Milliarde Jahre, nachdem sich der Planet gebildet hatte – ein von ihrem inneren Dynamo generiertes Magnetfeld besaß.
Dazu hatte Tardunos Team Gestein aus dem Archaikum analysiert, einem Erdzeitalter, das vor 3,8 Milliarden Jahren begann und vor 2,5 Milliarden Jahren endete. Es stammt aus dem südafrikanischen Kaapvaal-Kraton. Kratone gelten als die Kernbereiche eines Kontinents; in ihnen findet sich relativ ursprüngliche, seit langem unverändert gebliebene Erdkruste. Schon im Jahr 2009 entdeckte die Forschergruppe, dass einige der Steinfunde vor 3,45 Milliarden Jahren magnetisiert worden waren. Dies wiederum stimmt ungefähr mit dem Zeitpunkt vor 3,5 Milliarden Jahren überein, für den erste direkte Belege für Leben auf der Erde vorliegen.
War es wirklich der Dynamo?
Eine externe Quelle für den Magnetismus konnten die Wissenschaftler allerdings noch nicht ausschließen. Denkbar ist sie aber: Die Venus beispielsweise erzeugt kein inneres Feld, besitzt aber dennoch ein schwaches externes Magnetfeld, welches durch das Auftreffen des Sonnenwindes auf die dichte planetarische Atmosphäre induziert wird.
In ihrer jüngsten Studie (Geodynamo, Solar Wind, and Magnetopause 3.4 to 3.45 Billion Years Ago) haben die Forscher nun untersucht, welche Magnetfeldstärke erforderlich war, um das Kaapvaal-Gestein zu magnetisieren; sie schließen, dass das Feld 50 bis 70 Prozent der heutigen Stärke des Erdmagnetfelds besessen haben muss. Das ist ein Mehrfaches dessen, was man für ein externes Magnetfeld wie jenes auf der Venus erwarten würde, und damit ein Hinweis darauf, dass der irdische Dynamo bereits damals funktionierte.
War die Erde dem Sonnenwind früher stärker ausgesetzt?
Doch wie gut konnte dieses Feld den Sonnenwind in Schach halten? Bei ihren Berechnungen fanden Tarduno und seine Kollegen heraus, dass die Magnetopause – jener Bereich, in dem der Sonnenwind auf das irdische Magnetfeld trifft – im frühen Archaikum etwa 30 000 Kilometer oder weniger von der Erde entfernt war. Heute befindet sich die Magnetopause in etwa zweifachem Abstand. Extreme Energieausbrüche der Sonne können diese Distanz aber schrumpfen lassen, sagt Tarduno. "Die Bedingungen vor 3,5 Milliarden Jahren waren ähnlich denen, wie die wir heute während heftiger Sonnenstürme beobachten". Lag die Magnetopause der frühen Erde tatsächlich so nah, wäre der Planet dem Sonnenwind aber stärker ausgesetzt gewesen und hätte darum auch viel Wasser verloren.
Peter A. Selkin, Geologe an der University of Washington Tacoma, weist allerdings darauf hin, dass selbst die Gesteine des Kaapvaal-Kratons über die Jahrmilliarden hinweg mineralogischen Veränderungen ausgesetzt waren. "Ihr heutiger Zustand ist mit dem damaligen nicht identisch", sagt Selkin und fordert, sie noch genauer zu untersuchen, um die Schlussfolgerungen besser abzusichern. David J. Dunlop wiederum, Geophysiker an der University of Toronto in Kanada, ist von den Ergebnissen überzeugter: Die ermittelten Feldstärken ließen sich mit recht großer Sicherheit dem Zeitintervall zwischen 3,4 und 3,45 Milliarden Jahren vor der Gegenwart zuordnen.
Ob es gelingt, die Geschichte des Erddynamos noch weiter zurück in der Zeit zu verfolgen, erscheint indessen unwahrscheinlich. Denn nirgendwo sonst auf der Erde als im Kaapvaal-Kraton, so Dunlop, habe uns die Natur besser erhaltene Spuren des Erdmagnetismus in der fernen Vergangenheit hinterlassen.
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