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Filmkritik: Grenzgänger der Wissenschaft

Der Fall Wilhelm Reich

"Ist es auch Wahnsinn, so hat es doch Methode." An dieses Shakespeare-Wort fühlt man sich von der Orgontheorie des Psychoanalytikers und Marxisten Wilhelm Reich (1897-1957) erinnert. Während seines Medizinstudiums in Wien kam Reich, der Sohn eines galizischen Gutsherrn, mit Freuds Seelenkunde in Kontakt. Sein Interesse für die "orgiastische Potenz" als Basis psychischer und körperlicher Gesundheit isolierte ihn innerhalb der Bewegung jedoch schon bald. Reich postulierte eine Lebensenergie, genannt "Orgon", die uns vor allem im Zustand sexueller Erregung beherrsche und deren Hemmung psychische Krisen ebenso wie etwa Unfruchtbarkeit verursache. Nachdem ihn sowohl die Psychoanalytische Vereinigung als auch die Kommunistische Partei ausgeschlossen hatten, floh Reich 1938 vor den Nazis in die USA.

Dort experimentierte er mit "Orgon-Akkumulatoren" – Kisten, die die pulsierende Lebensenergie der darin hockenden Probanden konzentrieren sollten, und versuchte mit selbst konstruierten Orgonkanonen das Wetter zu beeinflussen. Die US-Aufsichtsbehörde FDA erklärte Reich zum Scharlatan und verfügte, dass seine Werke vernichtet werden müssten" – ein übler Akt der Intoleranz, der an die Bücherverbrennungen in Nazideutschland erinnert.

Reich widersetzte sich zunächst und wurde 1955 zu zwei Jahren Haft verurteilt, während der er starb. Erst in den 1970er Jahren erlangte er als "Vater der sexuellen Revolution" späten Ruhm. Der österreichische Regisseur Antonin Svoboda setzte Reich nun ein filmisches Denkmal.

Hauptdarsteller Klaus Maria Brandauer überzeugt als sympathischer Eigenbrötler und Dickschädel. Neben ihm brilliert Julia Jentsch in der Rolle von Reichs Tochter Eva. Doch der schauspielerische Glanz ändert nichts daran, dass dem Film eine spannende Dramaturgie fehlt. So plätschert das Geschehen zwischen kuriosem Forscherporträt und mauem Wissenschaftskrimi dahin. Fazit: Chance vertan!


Quelle
Gehirn und Geist 9/2013

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