Geodynamik: Aufbruch in Afrika
Keine Geburten ohne Wehen - auch ein neuer Ozean macht da keine Ausnahme. In Afrika können Forscher nun an Land beobachten, was sich sonst nur in der Tiefsee abspielt.
Ohne die scharfen Augen von Envisat hätte die Menschheit wohl die Geburtsstunde eines neuen Meeres verpasst: Als am 14. September 2005 im glühend heißen Becken der menschenleeren Afar-Senke die Erde bebend aufriss, war niemand zugegen, um von dem Ereignis zu künden. Nur der Satellit im All – und einige entfernte Seismometer – bezeugten das Ereignis und den neuen Graben in der Erdkruste, wo die Nubische, Somalische und Arabische Platte auseinanderstreben.
Auf 60 Kilometer Länge zieht sich nun eine frische Narbe durch Äthiopien und gewährt einen Einblick in den wichtigsten geotektonischen Prozess der Erde: die Plattentektonik, die hier in den nächsten Millionen Jahren einen Kontinent trennen und einen neuen Ozean schaffen könnte. Und sie ermöglicht es Forschern wie Atalay Ayele von der Universität in Addis Abeba, einen Vorgang zu studieren, der normalerweise unter Wasser in mehreren tausend Meter Tiefe entlang der Mittelozeanischen Rücken stattfindet: die Bildung von frischem Meeresboden.
Der Manda-Harraro-Rift genannte Riss in Äthiopien bot den Geologen deshalb eine einmalige Chance, diesen Teil der Plattentektonik direkt an der Erdoberfläche zu verfolgen und zu studieren – auch wenn die Arbeitsbedingungen in der Afar-Senke wohl ähnlich ungemütlich sind wie die politische Situation in der Region: Mit Äthiopien, Eritrea und Somalia stoßen hier drei hochgradig verfeindete Nationen aneinander, die schon mehrfach in der jüngeren Vergangenheit Krieg gegeinander geführt haben. Dass Wissenschaft diese Grenzen bisweilen dennoch überwinden kann, bewies der Äthiopier Ayele, der einen Teil der für die Untersuchungen nötigen seismischen Daten von seinem eriträischen Kollegen Ghebrebrhan Ogubazghi vom Eritrea Institute of Technology in Asmara und aus dem Jemen erhielt.
Mit diesen Aufzeichnungen konnten Ayele und seine Kollegen das Ereignis aus dem Jahr 2005 minutiös rekonstruieren: Alles begann mit dem Ausbruch des Dabbahu-Vulkans am nördlichen Ende des Grabensystems, in dessen Folge Magma in der Mitte der Schwächezone der Erdkruste nach oben drückte. "Danach öffnete sich die Erde in beide Richtungen wie von einem Reißverschluss aufgezogen", sagt Ebinger. Innerhalb weniger Tage entstand dann der Spalt, der auch aus dem All zu sehen ist – deutlich schneller, als die Geologen erwartet hatten. Gleichzeitig drückte basaltisches Magma nach oben: Gesteinsschmelzen, die normalerweise neuen Meeresgrund bilden. Sie sind jetzt die ersten Flecken jungfräulichen Ozeanbodens im Nordosten Afrikas.
"Wir wissen, dass sich Mittelozeanische Rücken und neuer Meeresboden auf die gleiche Weise bilden. Wir hätten aber nie gedacht, dass derart lange Abschnitte praktisch auf einmal aufreißen können", so die Forscherin. Bislang gingen sie davon aus, dass aktive Plattenränder sich über große Zeiträume hinweg in kleinen Schritten spreizen. Ebinger warnt deshalb: "Derartig plötzliche und großräumige Ereignisse an Land sind ein nicht zu unterschätzendes Risiko für Menschen, die entlang der Grabenbrüche leben." Die Erdbeben in der Einöde der Afar-Senke haben kein Menschenleben gefährdet, doch das Grabensystem zieht sich durch ganz Ostafrika bis hinunter nach Malawi und damit auch durch dichter besiedeltes Terrain.
Wie die Region in Zukunft aussehen wird, zeigt der Blick wenige Kilometer nach Norden zum Roten Meer: Dieses ist die ältere Schwester des Afar-Beckens und ein Teil des Grabensystems, das Afrikas Horn langsam vom restlichen Kontinent abspalten wird – so wie es in den letzten 30 Millionen Jahren bereits Arabien von Afrika getrennt hat. Heute schon liegt die Afar-Senke teilweise bis zu 100 Meter unter dem Meeresspiegel, und nur noch das Hochland von Danakil verhindert den Einstrom des Salzwassers. Der Zahn der Zeit nagt aber bereits an dem Plateau: Spätestens in einer Million Jahren wird hier ein neues Meer an die Küsten branden.
Auf 60 Kilometer Länge zieht sich nun eine frische Narbe durch Äthiopien und gewährt einen Einblick in den wichtigsten geotektonischen Prozess der Erde: die Plattentektonik, die hier in den nächsten Millionen Jahren einen Kontinent trennen und einen neuen Ozean schaffen könnte. Und sie ermöglicht es Forschern wie Atalay Ayele von der Universität in Addis Abeba, einen Vorgang zu studieren, der normalerweise unter Wasser in mehreren tausend Meter Tiefe entlang der Mittelozeanischen Rücken stattfindet: die Bildung von frischem Meeresboden.
Beispielsweise im Atlantik drängt periodisch Magma aus dem Mantel an die Oberfläche und drückt dabei die Platten zu beiden Seiten des Rückens auseinander. Der Prozess läuft relativ langsam ab und schafft nur wenige Zentimeter neuer ozeanischer Kruste pro Jahr. Doch über die Jahrmillionen hinweg treibt er die Plattenbewegungen global an, entfernt Kontinente voneinander und nähert sie andernorts wieder an. Einzelne Abschnitte der Mittelozeanischen Rücken können mehrere hundert Kilometer lang sein; sie im Detail zu studieren, scheitert jedoch an der Unzugänglichkeit der Tiefsee. "Dort unten zu arbeiten, ist fast unmöglich für uns", fasst es Mitautorin Cynthia Ebinger von der University of Rochester kurz zusammen.
Der Manda-Harraro-Rift genannte Riss in Äthiopien bot den Geologen deshalb eine einmalige Chance, diesen Teil der Plattentektonik direkt an der Erdoberfläche zu verfolgen und zu studieren – auch wenn die Arbeitsbedingungen in der Afar-Senke wohl ähnlich ungemütlich sind wie die politische Situation in der Region: Mit Äthiopien, Eritrea und Somalia stoßen hier drei hochgradig verfeindete Nationen aneinander, die schon mehrfach in der jüngeren Vergangenheit Krieg gegeinander geführt haben. Dass Wissenschaft diese Grenzen bisweilen dennoch überwinden kann, bewies der Äthiopier Ayele, der einen Teil der für die Untersuchungen nötigen seismischen Daten von seinem eriträischen Kollegen Ghebrebrhan Ogubazghi vom Eritrea Institute of Technology in Asmara und aus dem Jemen erhielt.
Mit diesen Aufzeichnungen konnten Ayele und seine Kollegen das Ereignis aus dem Jahr 2005 minutiös rekonstruieren: Alles begann mit dem Ausbruch des Dabbahu-Vulkans am nördlichen Ende des Grabensystems, in dessen Folge Magma in der Mitte der Schwächezone der Erdkruste nach oben drückte. "Danach öffnete sich die Erde in beide Richtungen wie von einem Reißverschluss aufgezogen", sagt Ebinger. Innerhalb weniger Tage entstand dann der Spalt, der auch aus dem All zu sehen ist – deutlich schneller, als die Geologen erwartet hatten. Gleichzeitig drückte basaltisches Magma nach oben: Gesteinsschmelzen, die normalerweise neuen Meeresgrund bilden. Sie sind jetzt die ersten Flecken jungfräulichen Ozeanbodens im Nordosten Afrikas.
"Wir wissen, dass sich Mittelozeanische Rücken und neuer Meeresboden auf die gleiche Weise bilden. Wir hätten aber nie gedacht, dass derart lange Abschnitte praktisch auf einmal aufreißen können", so die Forscherin. Bislang gingen sie davon aus, dass aktive Plattenränder sich über große Zeiträume hinweg in kleinen Schritten spreizen. Ebinger warnt deshalb: "Derartig plötzliche und großräumige Ereignisse an Land sind ein nicht zu unterschätzendes Risiko für Menschen, die entlang der Grabenbrüche leben." Die Erdbeben in der Einöde der Afar-Senke haben kein Menschenleben gefährdet, doch das Grabensystem zieht sich durch ganz Ostafrika bis hinunter nach Malawi und damit auch durch dichter besiedeltes Terrain.
Derweil arbeitet die Erddynamik sich weiter am neuen Graben ab: Aus einzelnen Spalten steigen kochend heiße Dämpfe auf, in anderen brodelt Wasser, und es riecht nach Schwefel. Seit 2005 haben die Forscher zwölf weitere Beben und Spreizungen registriert, die allerdings weniger heftig ausfielen als beim ersten Mal.
Wie die Region in Zukunft aussehen wird, zeigt der Blick wenige Kilometer nach Norden zum Roten Meer: Dieses ist die ältere Schwester des Afar-Beckens und ein Teil des Grabensystems, das Afrikas Horn langsam vom restlichen Kontinent abspalten wird – so wie es in den letzten 30 Millionen Jahren bereits Arabien von Afrika getrennt hat. Heute schon liegt die Afar-Senke teilweise bis zu 100 Meter unter dem Meeresspiegel, und nur noch das Hochland von Danakil verhindert den Einstrom des Salzwassers. Der Zahn der Zeit nagt aber bereits an dem Plateau: Spätestens in einer Million Jahren wird hier ein neues Meer an die Küsten branden.
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