Interview: Gene lesen ist erst die halbe Miete
Spektrum der Wissenschaft: Herr Dr. Predel, Ihre Arbeitsgruppe an der Universität Jena untersucht schwerpunktmäßig neuronale Botenstoffe. Nun aber waren Sie an der Sequenzierung von Insektenerbgut beteiligt. Warum?
Um diese Anwendung plausibel darzustellen, mussten die für das Verhalten der Tiere notwendigen Gene möglichst gefunden und ihre Produkte weitgehend erforscht sein. Hierzu haben wir das neue Genom mit bereits komplett sequenzierten Organismen verglichen und computergestützte Vorhersagen über Gene sowie die zugehörigen Genprodukte (Eiweiße) getroffen und dann versucht, diese Eiweiße experimentell in den Zellen nachzuweisen. Letzteres ist Aufgabe der relativ jungen Forschungsrichtung Proteomik.
Spektrum der Wissenschaft: Was genau war Ihre Aufgabe?
Predel: Mit meinem Team war ich dafür zuständig, im Nervensystem der Tiere spezifische Botenstoffe nachzuweisen und mit Vorhersagen aus den Genomdaten in Verbindung zu bringen. Dutzende anderer Forschungsgruppen weltweit taten derweil dasselbe mit weiteren Nasonia-Genprodukten. Was wir gemeinsam erarbeitet haben, ist quasi ein Datenpaket wichtiger biochemischer Vorgänge, die für die zukünftige Arbeit mit Nasonia entscheidende Impulse bringen sollen. Der fünfseitige Artikel, der Mitte Januar in Science erschien, ist dafür nur ein Aufhänger. Wichtige, für die Allgemeinheit aber eher schwer verständliche Daten verbergen sich in den 500 Seiten Zusatzmaterial und in begleitenden Publikationen.
Spektrum: Steckt also hinter jeder Schlagzeile der Art "Genom von Art X entschlüsselt" ein solches Riesenprojekt?
Predel: Inzwischen ist das wohl die Regel. Allerdings wird auch das Erbgut vieler weiterer Arten sequenziert, wodurch die Datenbank der bekannten Genome ausgeweitet wird und Vergleiche zwischen Spezies gezogen werden können. Ausgewählte Daten aus solchen Projekten finden Eingang in Fachzeitschriften, ohne daß die gesamte Genomsequenzierung als eigenständige Mitteilung wissenschaftlich aufgearbeitet wird.
Wenn allerdings wie bei uns absehbar ist, dass ein Organismus ein besonders großes Potenzial für die Wissenschaft hat, versuchen die beteiligten Forscher meist, gleich in der ersten Arbeit alle wichtigen Eckdaten in einer angesehenen Zeitschrift zu veröffentlichen. Denn dann wird jede weitere Publikation zum Thema auf die Originalarbeit verweisen, was für das Ansehen eines Wissenschaftlers heute nicht ganz unwichtig ist. Aus diesem Grund bilden sich wie auch im Fall von Nasonia oft große internationale Forschergruppen.
Spektrum: Eine Zusammenarbeit dieser Größenordnung ist sicherlich schwer zu organisieren. Wie kam es dazu, dass Sie am Nasonia-Projekt teilnahmen?
Predel: Mit der zentralen Forschergruppe in den USA hatten wir zuvor nie Kontakt gehabt. Auch mit Nasonia hatten wir noch nicht gearbeitet, aber wir waren zuvor bereits bei ähnlichen Genomprojekten an anderen Insekten wie Käfer oder Malaria-Mücken beteiligt. Dabei haben wir uns auf den experimentellen Nachweis und die Strukturaufklärung von Botenstoffen im Nervensystem spezialisiert. Inzwischen reicht uns oft eine einzige Nervenzelle, um solche oft zellspezifischen Botenstoffe biochemisch zu identifizieren.
Aufgrund dieser Fertigkeiten ging unser Beitritt zur Nasonia-Gruppe eigentlich sehr schnell und unkompliziert vonstatten: Eines Tages rief einfach ein Mitglied der amerikanischen Forschergruppe an und lud uns zur Mitarbeit ein. In anderen Fällen ist dieser Prozess nicht so einfach. Manchmal wollen die einzelnen Gruppen ihre Ergebnisse lieber selbst veröffentlichen statt sie in einen Gemeinschaftstopf zu werfen. In solchen Fällen ist dann Verhandlungsgeschick gefragt.
Spektrum: Mücken und Käfer sind noch vergleichsweise groß. Nasonia misst dagegen nur gut einen Millimeter. Waren die Wespen auch für Sie noch eine Herausforderung?
Das eigentliche Problem war allerdings der Nachweis der Genprodukte. Wir nutzen Massenspektrometer, um etwa die einzelnen Peptidhormone zu detektieren. Obwohl solche Geräte außerordentlich geringe Substanzmengen nachweisen, hatten wir mit unseren Proben lange Zeit immer haarscharf unterhalb der Detektionsgrenze gelegen, also nicht wirklich viel entdeckt. An einem Tag schließlich klappte endlich alles, von der Präparation bis zum optimal eingestellten Messinstrument, und das war es dann.
Spektrum: Das hört sich nach reichlich Handarbeit an. Viele Genforscher sprechen gerne von der Vision, man könne irgendwann die DNA eines Organismus vollautomatisch auslesen und wisse dann sofort alles darüber.
Predel: Die Vorstellung vom genetischen Einscannen eines Organismus ist schon vom Ansatz her nicht wirklich zutreffend. Man würde dann vielleicht alle Gene kennen, aber die stecken schließlich in jeder einzelnen Zelle und sieht jede Zelle im Körper gleich aus? Gerade für die medizinische Forschung ist nicht der Aufbau von Geweben interessant, sondern das, was biochemisch in ihnen vorgeht. Wenn man krank wird oder Medikamente einnimmt, verändert sich gewöhnlich nicht das Genom, sondern das Proteinprofil im Körper. Darum geht der Gen-Boom der vergangenen Jahre mittlerweile nahtlos in den Protein-Boom über, und darum ist die Genomik heute eng mit der Proteomik verflochten.
Spektrum: Das klingt noch immer stark nach Grundlagenforschung. Wann werden diese Methoden auch in der Medizin zum Alltag?
Predel: Es könnte schon sein, dass man in zehn oder zwanzig Jahren wegen Unwohlsein zum Arzt geht und der einem etwas Blut abnimmt – nicht nur, um nach heutigen Standardwerten wie Blutzucker oder Cholesterin zu sehen, sondern um eine Komplettanalyse des gesamten Proteinprofils zu erstellen. Dann vergleicht er diese Daten mit einem fünf Jahre zuvor erstellten Profil und hat im Idealfall sofort die Antwort darauf, was mit dem Körper nicht stimmt. Auf jeden Fall wird dank der immer billigeren Analysetechnik eine Tendenz entstehen, erst einmal möglichst viel zu erfassen und dies dann softwaregestützt auszuwerten.
Bei der Tumordiagnose etwa spielt die Proteomik bereits jetzt eine große Rolle. Hier versucht man zunehmend, einzelne Proteine zu identifizieren, die frühzeitig Aufschluss über krankhafte Vorgänge in den Zellen geben können. Diese sind offensichtlich hoch spezifisch für einzelne Krebsarten. Dabei ist allerdings noch die Grundlagenforschung gefragt, um überhaupt die relevanten Markerproteine zu identifizieren.
Spektrum: In der Medienberichterstattung scheint dieser Umschwung noch kaum angekommen zu sein. Das Schlagwort "Genom" stand auch in jeder Nachricht zu Nasonia deutlich im Vordergrund. Wird es auch die Proteomik letztlich in die Schlagzeilen bringen?
Predel: Schon heute hat nahezu jede Universität ihre eigene Proteomik-Abteilung, dieser Forschungsbereich ist aus dem Wissenschaftsalltag nicht mehr wegzudenken. Sicherlich sind die Themen aufgrund der großen Datenmengen und komplexen zellulären Muster nicht so griffig darstellbar wie viele Fragen der Genforschung. Es muß ja auch nicht alles in den Schlagzeilen stehen. Wenn in Afrika ein hinreichend alter Menschenknochen die Uferböschung herunterfällt, landet er meistens gleich in den Schlagzeilen, damit kann jeder etwas anfangen. Aber abseits der großen Öffentlichkeit sind in den vergangenen zehn Jahren rund 28 000 Artikel in Fachzeitschriften auf dem Gebiet der Proteomik erschienen!
Bisher arbeiten wir noch meist an spezifischen Problemen, die tatsächlich nur für Spezialisten verständlich sind. Sobald diese Mechanismen ausreichend erforscht sind, werden zunehmend die dahinter stehenden Grundprinzipien differenzierter Proteinexpression zum Thema werden, die dann auch wieder für die Allgemeinheit leichter verständlich sind. Dazu beitragen könnte auch, wenn schon heute die Grundidee der Proteomik in der Schule Thema wäre. Sinn und Zweck der Genforschung verstehen Kinder heute auch oft besser als ihre Eltern.
Reinhard Predel ist Privatdozent und Leiter der Arbeitsgruppe Neuropeptide der Biologisch-Pharmazeutischen Fakultät an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Das Interview führte Ralf Strobel.
Reinhard Predel: Kaum eine hochrangige Fachzeitschrift würde heute noch reine Genomsequenzierungen veröffentlichen. Ausnahmen wie das Erbgut des Neandertalers begründen sich lediglich mit dem hohen öffentlichen Interesse. Das Genom der winzigen Nasonia-Wespen, mit denen wir gearbeitet haben, wäre an sich dagegen kaum eine Meldung wert gewesen. Wir waren jedoch überzeugt, dass genveränderte Versionen der Insekten einen großen Nutzen bringen könnten, denn die Tiere legen ihre Eier in den Larven oder Puppen anderer Insekten ab und hemmen so deren Vermehrung. Könnte man ihr Verhalten manipulieren und sie gezielt auf Ernteschädlinge lenken, ließen sich jährlich Insektizide im Wert von Milliarden von Euro einsparen und so auch gesundheitsschädigende Rückstände vermeiden.
Um diese Anwendung plausibel darzustellen, mussten die für das Verhalten der Tiere notwendigen Gene möglichst gefunden und ihre Produkte weitgehend erforscht sein. Hierzu haben wir das neue Genom mit bereits komplett sequenzierten Organismen verglichen und computergestützte Vorhersagen über Gene sowie die zugehörigen Genprodukte (Eiweiße) getroffen und dann versucht, diese Eiweiße experimentell in den Zellen nachzuweisen. Letzteres ist Aufgabe der relativ jungen Forschungsrichtung Proteomik.
Spektrum der Wissenschaft: Was genau war Ihre Aufgabe?
Predel: Mit meinem Team war ich dafür zuständig, im Nervensystem der Tiere spezifische Botenstoffe nachzuweisen und mit Vorhersagen aus den Genomdaten in Verbindung zu bringen. Dutzende anderer Forschungsgruppen weltweit taten derweil dasselbe mit weiteren Nasonia-Genprodukten. Was wir gemeinsam erarbeitet haben, ist quasi ein Datenpaket wichtiger biochemischer Vorgänge, die für die zukünftige Arbeit mit Nasonia entscheidende Impulse bringen sollen. Der fünfseitige Artikel, der Mitte Januar in Science erschien, ist dafür nur ein Aufhänger. Wichtige, für die Allgemeinheit aber eher schwer verständliche Daten verbergen sich in den 500 Seiten Zusatzmaterial und in begleitenden Publikationen.
Spektrum: Steckt also hinter jeder Schlagzeile der Art "Genom von Art X entschlüsselt" ein solches Riesenprojekt?
Predel: Inzwischen ist das wohl die Regel. Allerdings wird auch das Erbgut vieler weiterer Arten sequenziert, wodurch die Datenbank der bekannten Genome ausgeweitet wird und Vergleiche zwischen Spezies gezogen werden können. Ausgewählte Daten aus solchen Projekten finden Eingang in Fachzeitschriften, ohne daß die gesamte Genomsequenzierung als eigenständige Mitteilung wissenschaftlich aufgearbeitet wird.
Wenn allerdings wie bei uns absehbar ist, dass ein Organismus ein besonders großes Potenzial für die Wissenschaft hat, versuchen die beteiligten Forscher meist, gleich in der ersten Arbeit alle wichtigen Eckdaten in einer angesehenen Zeitschrift zu veröffentlichen. Denn dann wird jede weitere Publikation zum Thema auf die Originalarbeit verweisen, was für das Ansehen eines Wissenschaftlers heute nicht ganz unwichtig ist. Aus diesem Grund bilden sich wie auch im Fall von Nasonia oft große internationale Forschergruppen.
Spektrum: Eine Zusammenarbeit dieser Größenordnung ist sicherlich schwer zu organisieren. Wie kam es dazu, dass Sie am Nasonia-Projekt teilnahmen?
Predel: Mit der zentralen Forschergruppe in den USA hatten wir zuvor nie Kontakt gehabt. Auch mit Nasonia hatten wir noch nicht gearbeitet, aber wir waren zuvor bereits bei ähnlichen Genomprojekten an anderen Insekten wie Käfer oder Malaria-Mücken beteiligt. Dabei haben wir uns auf den experimentellen Nachweis und die Strukturaufklärung von Botenstoffen im Nervensystem spezialisiert. Inzwischen reicht uns oft eine einzige Nervenzelle, um solche oft zellspezifischen Botenstoffe biochemisch zu identifizieren.
Aufgrund dieser Fertigkeiten ging unser Beitritt zur Nasonia-Gruppe eigentlich sehr schnell und unkompliziert vonstatten: Eines Tages rief einfach ein Mitglied der amerikanischen Forschergruppe an und lud uns zur Mitarbeit ein. In anderen Fällen ist dieser Prozess nicht so einfach. Manchmal wollen die einzelnen Gruppen ihre Ergebnisse lieber selbst veröffentlichen statt sie in einen Gemeinschaftstopf zu werfen. In solchen Fällen ist dann Verhandlungsgeschick gefragt.
Spektrum: Mücken und Käfer sind noch vergleichsweise groß. Nasonia misst dagegen nur gut einen Millimeter. Waren die Wespen auch für Sie noch eine Herausforderung?
Predel: Ja, sicher. Ich hatte mich, was die Größe der Tiere angeht, erheblich verschätzt. Wir erhielten die Nasonia als Eier in viel größeren Fliegenpuppen zugesandt und waren dann ziemlich überrascht, wie winzig die geschlüpften Tiere tatsächlich waren. Wir mussten deshalb sehr lange experimentieren, um überhaupt gezielt Teile des Nervensystems der Wespen freilegen zu können. Die Hirnanhangdrüsen etwa haben bei ihnen lediglich den Umfang einer großen Nervenzelle. Die nötigen Werkzeuge, meist gezogene Glasnadeln, haben wir selbst hergestellt und auch damit dauerte die Präparation an jedem Tier noch mehrere Stunden.
Das eigentliche Problem war allerdings der Nachweis der Genprodukte. Wir nutzen Massenspektrometer, um etwa die einzelnen Peptidhormone zu detektieren. Obwohl solche Geräte außerordentlich geringe Substanzmengen nachweisen, hatten wir mit unseren Proben lange Zeit immer haarscharf unterhalb der Detektionsgrenze gelegen, also nicht wirklich viel entdeckt. An einem Tag schließlich klappte endlich alles, von der Präparation bis zum optimal eingestellten Messinstrument, und das war es dann.
Spektrum: Das hört sich nach reichlich Handarbeit an. Viele Genforscher sprechen gerne von der Vision, man könne irgendwann die DNA eines Organismus vollautomatisch auslesen und wisse dann sofort alles darüber.
Predel: Die Vorstellung vom genetischen Einscannen eines Organismus ist schon vom Ansatz her nicht wirklich zutreffend. Man würde dann vielleicht alle Gene kennen, aber die stecken schließlich in jeder einzelnen Zelle und sieht jede Zelle im Körper gleich aus? Gerade für die medizinische Forschung ist nicht der Aufbau von Geweben interessant, sondern das, was biochemisch in ihnen vorgeht. Wenn man krank wird oder Medikamente einnimmt, verändert sich gewöhnlich nicht das Genom, sondern das Proteinprofil im Körper. Darum geht der Gen-Boom der vergangenen Jahre mittlerweile nahtlos in den Protein-Boom über, und darum ist die Genomik heute eng mit der Proteomik verflochten.
Die Genomsequenzierung selbst hat sich tatsächlich deutlich beschleunigt. Was natürlich hinterherhinkt, ist die nachgeordnete Proteomik, zu der bei kleineren Organismen einiges an präparatorischem Geschick gehört. Auch in diesem neueren Bereich werden die zellulären Muster inzwischen aber zunehmend schneller erkannt. Dazu leisten Bioinformatiker einen wichtigen Beitrag. Bereits heute erfassen manche Analysen zehntausende verschiedener Biomoleküle. Computerprogramme werten dann die Rohdaten aus, berechnen biochemische Abläufe und gleichen ihre Ergebnisse über das Internet mit großen Datenbanken bekannter Proteine ab.
Spektrum: Das klingt noch immer stark nach Grundlagenforschung. Wann werden diese Methoden auch in der Medizin zum Alltag?
Predel: Es könnte schon sein, dass man in zehn oder zwanzig Jahren wegen Unwohlsein zum Arzt geht und der einem etwas Blut abnimmt – nicht nur, um nach heutigen Standardwerten wie Blutzucker oder Cholesterin zu sehen, sondern um eine Komplettanalyse des gesamten Proteinprofils zu erstellen. Dann vergleicht er diese Daten mit einem fünf Jahre zuvor erstellten Profil und hat im Idealfall sofort die Antwort darauf, was mit dem Körper nicht stimmt. Auf jeden Fall wird dank der immer billigeren Analysetechnik eine Tendenz entstehen, erst einmal möglichst viel zu erfassen und dies dann softwaregestützt auszuwerten.
Bei der Tumordiagnose etwa spielt die Proteomik bereits jetzt eine große Rolle. Hier versucht man zunehmend, einzelne Proteine zu identifizieren, die frühzeitig Aufschluss über krankhafte Vorgänge in den Zellen geben können. Diese sind offensichtlich hoch spezifisch für einzelne Krebsarten. Dabei ist allerdings noch die Grundlagenforschung gefragt, um überhaupt die relevanten Markerproteine zu identifizieren.
Spektrum: In der Medienberichterstattung scheint dieser Umschwung noch kaum angekommen zu sein. Das Schlagwort "Genom" stand auch in jeder Nachricht zu Nasonia deutlich im Vordergrund. Wird es auch die Proteomik letztlich in die Schlagzeilen bringen?
Predel: Schon heute hat nahezu jede Universität ihre eigene Proteomik-Abteilung, dieser Forschungsbereich ist aus dem Wissenschaftsalltag nicht mehr wegzudenken. Sicherlich sind die Themen aufgrund der großen Datenmengen und komplexen zellulären Muster nicht so griffig darstellbar wie viele Fragen der Genforschung. Es muß ja auch nicht alles in den Schlagzeilen stehen. Wenn in Afrika ein hinreichend alter Menschenknochen die Uferböschung herunterfällt, landet er meistens gleich in den Schlagzeilen, damit kann jeder etwas anfangen. Aber abseits der großen Öffentlichkeit sind in den vergangenen zehn Jahren rund 28 000 Artikel in Fachzeitschriften auf dem Gebiet der Proteomik erschienen!
Bisher arbeiten wir noch meist an spezifischen Problemen, die tatsächlich nur für Spezialisten verständlich sind. Sobald diese Mechanismen ausreichend erforscht sind, werden zunehmend die dahinter stehenden Grundprinzipien differenzierter Proteinexpression zum Thema werden, die dann auch wieder für die Allgemeinheit leichter verständlich sind. Dazu beitragen könnte auch, wenn schon heute die Grundidee der Proteomik in der Schule Thema wäre. Sinn und Zweck der Genforschung verstehen Kinder heute auch oft besser als ihre Eltern.
Reinhard Predel ist Privatdozent und Leiter der Arbeitsgruppe Neuropeptide der Biologisch-Pharmazeutischen Fakultät an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Das Interview führte Ralf Strobel.
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