Klima: Der Jetstream schlägt Wellen
Der extreme Hitzesommer in Europa 2003, die katastrophale Dürre mit heftigen Waldbränden in Russland 2010 und gleichzeitig die großräumigen Überflutungen in Pakistan, dazu einige lange, kalte Winter in Europa und Nordamerika in den letzten Jahren – sie alle hatten eins gemeinsam: Über Wochen hinweg herrschte die gleiche Wetterlage. Vor allem durch ihre extrem lange Dauer richteten Hitze, klirrende Kälte oder Regen große Schäden an und kosteten viele Menschen das Leben. Da sich derartige Extremereignisse in jüngster Zeit häufen, liegt die Frage "Ist der Klimawandel die Ursache?" nahe. Aber anders als bei der Temperatur bringt das Auszählen von Rekorden keine brauchbaren Erkenntnisse: Die Abweichungen vom Durchschnitt haben ja beiderlei Vorzeichen – und außergewöhnlich ist zum Beispiel bei den Überschwemmungen nicht die Niederschlagsmenge pro Tag, sondern die Anzahl der Regentage. Gleichwohl fügen sich allmählich mehrere Glieder zu einer Ursachenkette zusammen, an deren Anfang in der Tat die globale Erwärmung steht.
Die Hauptrolle spielt dabei ein alter Bekannter, der so genannte Jetstream. Der Temperatur- (und damit Druck-) unterschied zwischen den heißen Tropen und den kalten Polarregionen treibt einen polwärts gerichteten Wind an, der hauptsächlich in sieben bis zwölf Kilometer Höhe weht, an der Grenze zwischen Troposphäre und Stratosphäre. Die Erdrotation lenkt ihn nach Osten ab. In einem erdfesten Bezugssystem ist es sinnvoll, diese Ablenkung einer Kraft, der so genannten Corioliskraft, zuzuschreiben. Sie steht mit der durch die Druckunterschiede verursachten Gradientkraft genau dann im Gleichgewicht, wenn die Luft senkrecht zum Druckgefälle strömt. Auf einer idealisierten Erde würden also große Luftmassen im Kreis um den Pol wandern, stets auf ein und demselben Breitengrad bleibend.
Die Realität kommt dieser Theorie schon ziemlich nahe. Da die Corioliskraft von der geografischen Breite abhängt, entsteht eine Art Rückstellkraft, die das bewegte Luftpaket am Zerfließen hindert. Dadurch wird die Luftströmung auf wenige Kilometer Breite und Höhe begrenzt, erreicht aber Geschwindigkeiten von mehreren hundert Kilometern pro Stunde. "Strahlströmung" nannte deshalb der deutsche Meteorologe Heinrich Seilkopf den Höhenwind, als er ihn 1939 wissenschaftlich beschrieb. So heißt er heute noch, aber auf Englisch: "Jetstream". ...
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