Kometen: Zerbricht ISON bereits?
Nur noch neun Tage trennen den Kometen C/2012 S1 (ISON) vor seinem heißen Rendezvous mit der Sonne, deren Oberfläche er sich am 28. November 2013 bis auf 1,2 Millionen Kilometer nähern wird. Am 14. und 16. November beobachteten Astronomen um Hermann Böhnhardt vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau am Wendelstein-Observatorium den Kometen. Er hat seine Aktivität und seine Helligkeit in den letzten Tagen deutlich gesteigert. Die Astronomen vermuten, dass sich ein oder mehrere Bruchstücke vom Kern des Kometen gelöst haben und nun flügelartige Strukturen an seinem Kopf und Schweif verursachen. Das Forscherteam stieß am 14. November auf zwei derartige Strukturen, die noch recht schwach ausgeprägt waren. Zwei Tage später traten sie jedoch auf den Bildern deutlich hervor.
Lösen sich Bruchstücke von einem Kometenkern ab, so enthalten sie auch Anteile an flüchtigen Stoffen wie Wassereis oder gefrorenem Kohlendioxid. Unter Einwirkung der Sonnenstrahlung stoßen auch diese kleineren Bruchstücke Gas und Staub aus, sie werden zu Minikometen. Wo nun das von ihnen freigesetzte Material auf die Materie des Hauptkometen trifft, bilden sich Trennschichten aus, die häufig flügelartige Formen annehmen. Sie lassen sich auf den Bildern vom Wendelstein-Observatorium nicht direkt erkennen, sondern werden erst durch numerische Verarbeitung sichtbar. Dabei wird der helle homogene Hintergrund im Umfeld des Kometen rechnerisch entfernt, so dass feine Strukturen hervortreten.
Auch mit dem 60-Zentimeter-Teleskop Trappist auf dem Berg La Silla in Chile wurde ISON beobachtet. Die Astronomen bemerkten, dass sich die Menge des von ISON ausgeworfenen Materials um das Zehnfache gesteigert hat. Dafür könnten die freigesetzten Bruchstücke verantwortlich sein. Ähnliches wurde schon bei anderen Schweifsternen beobachtet. Da sich ISON nun rasant der Sonne annähert, könnte aber auch die beträchtlich angestiegene Sonneneinstrahlung allein für die gesteigerte Aktivität verantwortlich sein. Der Komet hat jedenfalls seine scheinbare visuelle Helligkeit binnen weniger Stunden deutlich gesteigert, so dass er unter dunklem Himmel mit bloßem Auge zu sehen ist. Allerdings rückt er nun näher in die Morgendämmerung hinein. Die zarten Strukturen des Schweifes werden sich in den nächsten Tagen wegen des störenden Mondlichts visuell nur schwer beobachten lassen.
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