Laserfusion: Noch zündet die Sonne nur im Labor
Sie ist der Traum vieler: die kontrollierte Kernfusion. Könnten wir das Sonnenfeuer auf der Erde entzünden, wäre unsere Energieversorgung gesichert. An Brennstoff mangelt es nicht, denn Deuterium, also ein Wasserstoffkern mit einem zusätzlichen Neutron, ließe sich aus Meerwasser gewinnen, und Tritium könnte der Reaktor selbst erzeugen (was allerdings ebenfalls nicht einfach ist, wie "Spektrum" in seiner Mai-Ausgabe berichten wird). Als "Abgas" – im Fachjargon: Asche – entstünde harmloses Helium, und die entstehende Radioaktivität scheint beherrschbar: Nur wenige Jahrzehnte lang müsste ein Reaktor nach der Stillegung in Quarantäne.
Dennoch stehen die großen Erfolge seit langem aus. Und so spricht auch Markus Roth von der Technischen Universität in Darmstadt (TUD), als er bei der Frühjahrstagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft in Bonn aufs Podium steigt, lieber über die Grundlagen. Weil er die Kritik, die der Fusionsforschung immer wieder entgegenschlägt – dass sie seit fünfzig Jahren den Durchbruch verspricht, dessen Zeitpunkt aber immer weiter hinausschiebt – wohl schon bis zum Überdruss gehört hat, erklärt der Darmstädter Forscher gleich zu Beginn: Viel habe man erst einmal lernen müssen über die Erzeugung des Sonnenfeuers. Jetzt aber sei man tatsächlich an einem Punkt, an dem die "Zündung" gelingen könne, nicht zuletzt durch die Entwicklungen bei der Laserfusion.
In diesem Jahr erstmals ein Netto-Energiegewinn?
Technisch muss man dazu das Deuterium-Tritium-Plasma auf engstem Raum einsperren, auf die hundertfache Dichte von Blei komprimieren und auf mehr als 100 Millionen Kelvin aufheizen – gegenüber nur rund 15 Millionen Kelvin im innersten Kern der Sonne. Denn erst dann überwinden die Wasserstoffkerne ihre gegenseitige elektrostatische Abstoßung und verschmelzen miteinander. Steigen Dichte und Temperatur noch weiter an, setzt die "Selbstheizung" des Gemischs durch die entstehenden Heliumkerne ein – der Fusionsprozess hält sich dann ohne weitere Energiezufuhr aufrecht. "Ignition" (Zündung) nennen die Forscher diesen Moment. Und noch in diesem Jahr könnte es gelingen, dass dabei tatsächlich mehr Energie frei wird, als in das System hineingesteckt werden muss.
Am Ende besitzen die Laserpulse eine Gesamtenergie von 1,8 Megajoule. Das ist absolut gesehen nicht allzuviel, doch weil sie binnen weniger Pikosekunden freigesetzt wird, entspricht dies einer Leistung von 500 Terawatt – 25 000 mal mehr als sämtliche deutschen Kernkraftwerke zusammen erzeugen. Bereits Ende Januar berichteten LLNL-Forscher Siegfried Glenzer und seine Kollegen in Science von den ersten erfolgreichen "Test Shots". Sie hatten alle Laser gleichzeitig abgefeuert – mit 40 Prozent der Maximalenergie –, und in dem Goldzylinder, der das Target enthalten wird, wurde tatsächlich die vorausgesagte Temperatur von 3,3 Millionen Kelvin erreicht.
Noch laufen die Laser heiß
Bald wollen die Forscher nun auch echten Brennstoff einsetzen. Dann gilt es vor allem zu verhindern, dass das komprimierte Material wieder auseinanderfliegt, bevor es zur Fusion kommt. Deshalb müssen die Laserstrahl präzise von allen Seiten und zum selben Zeitpunkt auf die Kugeloberfläche treffen. Selbst die Herstellung der Targetkügelchen ist eine Herausforderung, denn schon winzige Abweichungen von der Idealform verringern den erreichbaren Druck.
Dennoch gibt sich Roth optimistisch, dass im Laufe des Jahres 2010 die erste "Ignition gelingen wird. Ein energetischer Break even wäre dies zwar noch lange nicht: Dann wird lediglich mehr Energie frei, als die Laser in das Target transportieren – der Energieaufwand für ihren Betrieb ist jedoch viel höher. Die kontinuierliche Energieproduktion bleibt ohnehin unmöglich, denn bislang müssen die NIF-Laser nach jedem Schuss wieder zwei Stunden lang abkühlen.
Eines Tages aber soll die Anlage, ein so genannter Trägheitseinschluss-Fusionsreaktor, rund zehn Mal mehr Energie produzieren als hineingesteckt wurde, später vielleicht fünfzig Mal so viel. Auch den nächsten Schritt planen die Forscher bereits: "Wenn NIF so etwas wie der Dieselmotor der Kernfusion ist, dann wird die Fast-Ignition-Technologie ihr Ottomotor sein“, so Roth. Das Bild des Verbrennungsmotors ist gar nicht so abwegig. In der Diesel-Fusionsvariante beginnt die Kernverschmelzung, weil das Deuterium-Tritium-Gemisch so stark komprimiert wird, dass es von selbst zündet. In der anderen Variante dient ein weiterer, extrem kurzer Laserpuls als Zündkerze: Erst wird das Target durch die Laser vorverdichtet, und dann – genau im Moment maximaler Kompression – der zusätzliche Puls in das Zentrum des Brennstoffkügelchens geleitet. Der Vorteil: Die Kompressionslaser müssten deutlich weniger Energie liefern. Immerhin arbeite man am LLNL bereits daran, so Roth, die Fast Ignition in einer späteren Ausbaustufe der NIF einzusetzen. Zu den größten Problemen zählt aber bislang die Erzeugung eines extrem kurzen und energiereichen Laserpulses.
Bis auf weiteres unbezahlbar?
Auch außerhalb der Vereinigten Staaten nimmt das Thema Laserfusion an Fahrt auf, berichtet Roth: Die europäische High Power Laser Energy Research Facility (HiPER) wäre die erste Anlage speziell zur Erforschung des Fast-Ignition-Konzepts. Zehn Nationen unter Führung Großbritanniens haben sich hier zusammengeschlossen, aus Deutschland sind unter anderem die TUD und die Darmstädter Gesellschaft für Schwerionenforschung dabei. Mit 200 bis 300 Kilojoule sollen die HiPER-Laser weit weniger Energie liefern als ihre Pendants am NIF, aber bereits eine höhere Energieausbeute erzielen. Schon im Lauf dieses Jahrzehnts könnte mit dem Bau begonnen werden – zumindest dann, wenn am NIF alles läuft wie geplant.
Dennoch kämpfen die Fusionsforscher weiterhin mit einer Vielzahl von Problemen, wie auf der Tagung zu hören war. Immerhin macht auch die Suche nach ausreichend stabilen Materialien, welche die extremen Bedingungen in einem Fusionsreaktor lange genug aushalten, langsam Fortschritte. Im Augenblick jedoch, so steht fest, wäre Fusionsstrom unerschwinglich. Allein die Herstellung eines einzigen Targets für das NIF koste, so Markus Roth zum Abschluss, heute noch 100 000 Dollar. Soll in einem realen Fusionskraftwerk der "Motor" rund laufen, müssten dort 10 bis 15 solcher Kügelchen zünden – pro Sekunde.
Dennoch stehen die großen Erfolge seit langem aus. Und so spricht auch Markus Roth von der Technischen Universität in Darmstadt (TUD), als er bei der Frühjahrstagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft in Bonn aufs Podium steigt, lieber über die Grundlagen. Weil er die Kritik, die der Fusionsforschung immer wieder entgegenschlägt – dass sie seit fünfzig Jahren den Durchbruch verspricht, dessen Zeitpunkt aber immer weiter hinausschiebt – wohl schon bis zum Überdruss gehört hat, erklärt der Darmstädter Forscher gleich zu Beginn: Viel habe man erst einmal lernen müssen über die Erzeugung des Sonnenfeuers. Jetzt aber sei man tatsächlich an einem Punkt, an dem die "Zündung" gelingen könne, nicht zuletzt durch die Entwicklungen bei der Laserfusion.
In diesem Jahr erstmals ein Netto-Energiegewinn?
Technisch muss man dazu das Deuterium-Tritium-Plasma auf engstem Raum einsperren, auf die hundertfache Dichte von Blei komprimieren und auf mehr als 100 Millionen Kelvin aufheizen – gegenüber nur rund 15 Millionen Kelvin im innersten Kern der Sonne. Denn erst dann überwinden die Wasserstoffkerne ihre gegenseitige elektrostatische Abstoßung und verschmelzen miteinander. Steigen Dichte und Temperatur noch weiter an, setzt die "Selbstheizung" des Gemischs durch die entstehenden Heliumkerne ein – der Fusionsprozess hält sich dann ohne weitere Energiezufuhr aufrecht. "Ignition" (Zündung) nennen die Forscher diesen Moment. Und noch in diesem Jahr könnte es gelingen, dass dabei tatsächlich mehr Energie frei wird, als in das System hineingesteckt werden muss.
Ein entscheidender Unterschied zum Wissensstand von vor mehr als dreißig Jahren, so Roth, sei die Erkenntnis, dass man – will man die Kernverschmelzung mit Hilfe von Laserstrahlen zünden – zur Erzeugung einer stabilen, sich selbst heizenden Fusion weit mehr Laserenergie brauche als ursprünglich angenommen. Die im März 2009 am kalifornischen Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL) fertiggestellte National Ignition Facility (NIF), das Zentrum der Laserfusionsforschung schlechthin, beherbergt darum das größte Lasersystem, das je gebaut wurde. Nicht weniger als 192 Hochleistungslaser schicken ihr Licht auf ein insgesamt 1,5 Kilometer langes Streckennetz. Dabei wird es durch eine Vielzahl von Verstärkern geleitet und durch Tausende von Spiegeln von allen Seiten auf das Ziel gelenkt. "Für die Laser des NIF wurde mehr Präzisionsoptik verbaut als in allen Teleskopen der Welt zusammen", schwärmt Roth.
Am Ende besitzen die Laserpulse eine Gesamtenergie von 1,8 Megajoule. Das ist absolut gesehen nicht allzuviel, doch weil sie binnen weniger Pikosekunden freigesetzt wird, entspricht dies einer Leistung von 500 Terawatt – 25 000 mal mehr als sämtliche deutschen Kernkraftwerke zusammen erzeugen. Bereits Ende Januar berichteten LLNL-Forscher Siegfried Glenzer und seine Kollegen in Science von den ersten erfolgreichen "Test Shots". Sie hatten alle Laser gleichzeitig abgefeuert – mit 40 Prozent der Maximalenergie –, und in dem Goldzylinder, der das Target enthalten wird, wurde tatsächlich die vorausgesagte Temperatur von 3,3 Millionen Kelvin erreicht.
Noch laufen die Laser heiß
Bald wollen die Forscher nun auch echten Brennstoff einsetzen. Dann gilt es vor allem zu verhindern, dass das komprimierte Material wieder auseinanderfliegt, bevor es zur Fusion kommt. Deshalb müssen die Laserstrahl präzise von allen Seiten und zum selben Zeitpunkt auf die Kugeloberfläche treffen. Selbst die Herstellung der Targetkügelchen ist eine Herausforderung, denn schon winzige Abweichungen von der Idealform verringern den erreichbaren Druck.
Dennoch gibt sich Roth optimistisch, dass im Laufe des Jahres 2010 die erste "Ignition gelingen wird. Ein energetischer Break even wäre dies zwar noch lange nicht: Dann wird lediglich mehr Energie frei, als die Laser in das Target transportieren – der Energieaufwand für ihren Betrieb ist jedoch viel höher. Die kontinuierliche Energieproduktion bleibt ohnehin unmöglich, denn bislang müssen die NIF-Laser nach jedem Schuss wieder zwei Stunden lang abkühlen.
Eines Tages aber soll die Anlage, ein so genannter Trägheitseinschluss-Fusionsreaktor, rund zehn Mal mehr Energie produzieren als hineingesteckt wurde, später vielleicht fünfzig Mal so viel. Auch den nächsten Schritt planen die Forscher bereits: "Wenn NIF so etwas wie der Dieselmotor der Kernfusion ist, dann wird die Fast-Ignition-Technologie ihr Ottomotor sein“, so Roth. Das Bild des Verbrennungsmotors ist gar nicht so abwegig. In der Diesel-Fusionsvariante beginnt die Kernverschmelzung, weil das Deuterium-Tritium-Gemisch so stark komprimiert wird, dass es von selbst zündet. In der anderen Variante dient ein weiterer, extrem kurzer Laserpuls als Zündkerze: Erst wird das Target durch die Laser vorverdichtet, und dann – genau im Moment maximaler Kompression – der zusätzliche Puls in das Zentrum des Brennstoffkügelchens geleitet. Der Vorteil: Die Kompressionslaser müssten deutlich weniger Energie liefern. Immerhin arbeite man am LLNL bereits daran, so Roth, die Fast Ignition in einer späteren Ausbaustufe der NIF einzusetzen. Zu den größten Problemen zählt aber bislang die Erzeugung eines extrem kurzen und energiereichen Laserpulses.
Bis auf weiteres unbezahlbar?
Auch außerhalb der Vereinigten Staaten nimmt das Thema Laserfusion an Fahrt auf, berichtet Roth: Die europäische High Power Laser Energy Research Facility (HiPER) wäre die erste Anlage speziell zur Erforschung des Fast-Ignition-Konzepts. Zehn Nationen unter Führung Großbritanniens haben sich hier zusammengeschlossen, aus Deutschland sind unter anderem die TUD und die Darmstädter Gesellschaft für Schwerionenforschung dabei. Mit 200 bis 300 Kilojoule sollen die HiPER-Laser weit weniger Energie liefern als ihre Pendants am NIF, aber bereits eine höhere Energieausbeute erzielen. Schon im Lauf dieses Jahrzehnts könnte mit dem Bau begonnen werden – zumindest dann, wenn am NIF alles läuft wie geplant.
Dennoch kämpfen die Fusionsforscher weiterhin mit einer Vielzahl von Problemen, wie auf der Tagung zu hören war. Immerhin macht auch die Suche nach ausreichend stabilen Materialien, welche die extremen Bedingungen in einem Fusionsreaktor lange genug aushalten, langsam Fortschritte. Im Augenblick jedoch, so steht fest, wäre Fusionsstrom unerschwinglich. Allein die Herstellung eines einzigen Targets für das NIF koste, so Markus Roth zum Abschluss, heute noch 100 000 Dollar. Soll in einem realen Fusionskraftwerk der "Motor" rund laufen, müssten dort 10 bis 15 solcher Kügelchen zünden – pro Sekunde.
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