Licht: Photonen zerfallen frühestens nach drei Jahren
Physiker sind sehr präzise in ihren Beschreibungen. Für alle Werte, die sie nicht exakt kennen, geben sie deswegen Ober- respektive Untergrenzen an. Bis heute ist es beispielsweise noch niemanden gelungen, die Ausdehnung eines simplen Elektrons genau zu bestimmen. Es gilt als punktförmig, scheint sich aber dennoch irgendwie zu drehen. Noch dürftiger sind die Erkenntnisse der Naturwissenschaftler über die Eigenschaften der Photonen, der Korpuskel des Lichts also. Die Eintragungen in der Datensammlung der Particle Data Group – das ist so etwas wie die Bibel der Teilchenphysiker – sind deswegen eher spärlich.
Obgleich Photonen in allen gängigen Theorien bisher als stabil und masselos behandelt werden, sind sich die Physiker da nicht ganz sicher. Zumindest gibt es keinen zwingenden Grund, der gegen eine winzige Ruhemasse der Lichtteilchen sprechen würde. Die Ruhemasse ist dabei diejenige Masse, die ein Teilchen besitzt, wenn es sich gegenüber einem Beobachter nicht bewegt. Experimente zeigen, dass diese für Photonen kleiner sein muss als ein Trillionstel Elektronenvolt (10-18 Elektronenvolt; das entspricht weniger als 2 mal 10-54 Kilogramm). Teilchen mit endlicher Ruhemasse – und sei sie noch so klein – können aber prinzipiell in leichtere zerfallen: in Neutrinos beispielsweise, von denen die Physiker die Massen bislang ebenfalls nicht exakt bestimmen konnten.
Nun suchte Julian Heeck vom Heidelberger Max-Planck-Institut für Kernphysik im wohl ältesten "Licht" des Universums nach Spuren eines möglichen Zerfalls von Photonen. Aufgenommen wurde es vom COBE-Satelliten der NASA, der Anfang der 1990er Jahre den kosmischen Mikrowellenhintergrund mit hoher Genauigkeit vermaß: Die kosmische Hintergrundstrahlung gilt quasi als "Echo" oder "Geburtsschrei" des Universums vor 13,8 Milliarden Jahren und durchzieht relativ gleichmäßig das ganze All. Heeck berechnete jetzt, wie sich ein Zerfall von Photonen im Spektrum der kosmischen Hintergrundstrahlung äußern würde und verglich die Daten mit denen des COBE-Satelliten. Er erhielt eine Untergrenze für die Lebensdauer des Photons von drei Jahren. Der Wissenschaftler gibt dafür eine Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent an.
Auf den ersten Blick erscheint dies eine außergewöhnlich kurze Zeitspanne. Man muss sich freilich vergegenwärtigen, dass dieser Wert für ein hypothetisch ruhendes Lichtteilchen gilt. Doch sausen die Photonen mit – annähernd? – Lichtgeschwindigkeit durch den Raum. Abweichungen davon sind zumindest noch nicht gemessen worden. Für derart hochrelativistische Photonen würde die Lebensdauer dank der relativistischen Zeitdehnung aber bei drei Billiarden Jahren liegen. Das meiste Licht des kosmischen Mikrowellenhintergrunds ist daher in der Tat wohl sehr alt – wenn es nicht gar für immer existiert.
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