LOFAR: Die Radiosonne über Potsdam
Andere haben es leichter. Das CERN kann sich für seinen gigantischen Teilchenbeschleuniger LHC bewundern lassen, die Macher des für 2018 angekündigten European Extremely Large Telescope (E-ELT) für den 42-Meter-Spiegel der Riesenmaschine und die ESA für ihren Satelliten Planck. Ganz anders LOFAR, das europäische Low Frequency Array: Selbst in seiner Endausbaustufe wird von dem High-Tech-Instrument kaum mehr als ein paar gespannte Drähte und schwarze Kästen zu sehen sein.
Trotzdem: "LOFAR öffnet ein neues Fenster für die Radioastronomie", sagt Gottfried Mann. Denn die Antennenstationen mit Zehntausenden von gekreuzten Dipolen und Drahtpyramiden sind bald über ganz Europa verteilt. Mit ihrer Hilfe lässt sich die Epoche der Reionisation im jungen Universum ebenso wie die nahe Sonne untersuchen.
Flarephysik steht im Zentrum
Schon ab Juni 2010 hofft Mann, mit seiner Potsdamer Station die ersten wissenschaftlichen Messungen durchführen zu können. Das AIP, das als deutschlandweit einziges Forschungsinstitut solare Radioastronomie betreibt, ist für eines der LOFAR-Schlüsselprojekte verantwortlich: Solar Physics and Space Weather. Im Zentrum steht für Mann die Flarephysik: "Sie hilft uns derzeit am meisten, unser Wissen über die Sonne zu vergrößern." Flares sind großflächige Explosionen in der oberen Sonnenkorona, bei denen solares Plasma extrem erhitzt wird, sodass Elektronen und Protonen nahezu auf Lichtgeschwindigkeit katapultiert werden. Dadurch wird Strahlung über das ganze Spektrum hinweg frei, auch im Radiobereich.
"Noch ist aber unklar, wie die Elektronen in Bruchteilen von Sekunden auf so enorm hohe Geschwindigkeiten beschleunigt werden", sagt Mann. Für einzelne Partikel lässt sich dies zwar erklären, doch für die Produktion von Flares müssen gewaltige Energie- und Partikelmengen binnen kürzester Zeit über weite Strecken hinweg transportiert werden – wie aber funktioniert dies genau? Mann interessiert zudem die Frage, wie sich Flares sowie so genannte koronale Massenauswürfe auf das erdnahe Weltraumwetter auswirken. Von den Partikeln sind vor allem Satelliten betroffen, im Extremfall kann es aber auch zu katastrophalen geomagnetischen Stürmen kommen (Solare Superstürme – die verkannte Gefahr, SdW 3/2009).
Einfach nachträglich fokussieren
Weil die LOFAR-Antennen in Abständen von bis zu über 1000 Kilometer installiert sein werden – die zentrale Station liegt in Exloo bei Groningen im Nordosten der Niederlande –, wird das digitale Teleskop die Auflösung aller seiner Vorgänger mit bis zu 0,3 Bogensekunden deutlich übertreffen. Schon jetzt ist auch klar, dass die Erbauer eines ihrer wichtigsten Ziele erreichen: "In Zukunft werden große Basislängen sowohl in Nord-Süd- bzw. West-Ost-Ausdehnung zur Verfügung stehen", sagt Mann. Die großen Abstände zwischen Onsala und Sevilla oder zwischen Westengland und der Ukraine verbessern Auflösung und Empfindlichkeit des interferometrisch arbeitenden Instruments.
Und da die empfangene Radiostrahlung digital als Welle gespeichert wird, lässt sich das Radiobild sogar nachträglich fokussieren: einfach, indem man die Wellen hin zu einem virtuellen Brennpunkt verlängert. Überdies kann LOFAR bis zu acht Radioquellen gleichzeitig in den Blick nehmen.
Immer weitere Interessenten melden sich angesichts solcher Vorzüge beim LOFAR-Konsortium. In Deutschland sind bereits die Standorte Effelsberg, Unterweilenbach und Tautenburg errichtet, in Jülich ist ein weiteres Antennenfeld vorgesehen. Im französischen Nançay, im schwedischen Onsala sowie im Westen Englands sind Stationen im Bau oder schon fertiggestellt. Im spanischen Sevilla wiederum wird ebenso wie an mehreren Orten in Polen noch um eine Finanzierung gerungen. Jede Station kostet im Durchschnitt rund eine Million Euro, hinzu kommen Bereitstellungskosten. Mal muss etwa ein Wald gerodet oder eine kilometerlange Hochgeschwindigkeitsleitung verlegt werden. Ebenfalls mit im Boot sind die Ukraine, Österreich und Schottland.
Extrasolare Planeten im Radiolicht?
Auch in Potsdam ist noch nicht alles fertig. Bislang testeten die Forscher nur die Low-Band-Antennen (LBA), welche Radiowellen im Frequenzbereich von 30 bis 80 Megahertz registrieren. Das High-Band-Feld wird, so Mann, wohl im Frühjahr 2010 fertig und deckt künftig den Bereich von 120 bis 240 Megahertz ab. Richtig spannend wird es Mitte 2010: Erstmals werden über 40 Stationen miteinander verbunden sein, BlueGene wird dann seine ganze Rechenkraft entfalten müssen. Und sobald die hochkomplexe Software um die letzten Fehler bereinigt ist, beginnt die eigentliche Arbeit der Forscher: Mithilfe von LOFAR werden sie Radioausbrüche von Schwarzen Löchern und Supernovae untersuchen, eine Radiodurchmusterung des Nordhimmels durchführen und möglicherweise sogar schwache Radiosignale extrasolarer Planeten einfangen können.
Trotzdem: "LOFAR öffnet ein neues Fenster für die Radioastronomie", sagt Gottfried Mann. Denn die Antennenstationen mit Zehntausenden von gekreuzten Dipolen und Drahtpyramiden sind bald über ganz Europa verteilt. Mit ihrer Hilfe lässt sich die Epoche der Reionisation im jungen Universum ebenso wie die nahe Sonne untersuchen.
Entwickelt wurde das Projekt (Per Software zu den Sternen, SdW 7/2008, kostenloser Download) vom niederländischen Forschungsinstitut ASTRON. Zu seinen Partnern in ganz Europa gehören auch deutsche Einrichtungen, darunter das Astrophysikalische Institut Potsdam. Jüngst nun vermeldete AIP-Professor Gottfried Mann "First Light": Die LOFAR-Station in Potsdam-Bornim bildete erstmals den Radiohimmel über Potsdam ab, inklusive Milchstraße, Cassiopeia A und Cygnus A.
Noch war dies nur der Testfall. "Doch wir hatten bei unseren 96 Antennen weder Probleme mit Leckströmen noch mit Schwitzwasser, Kapazitäten und Induktionen", so der Professor, "und sind hochzufrieden." Provisorisch war auch die Datenverbindung ins niederländische Groningen. Dort im digitalen Herzen der Anlage arbeitet ein BlueGene-Rechner von IBM, den die deutschen Stationen künftig über einen Knotenpunkt in Jülich versorgen werden. Der Supercomputer hat einen rechenintensiven Job. Während herkömmliche Radioschüsseln mechanisch auf ein Himmelsobjekt ausgerichtet werden, haben die Drahtantennen stets den gesamten Himmel über sich im Blick – fokussieren und ausrichten sind im Fall von LOFAR rein digitale Vorgänge.
Flarephysik steht im Zentrum
Schon ab Juni 2010 hofft Mann, mit seiner Potsdamer Station die ersten wissenschaftlichen Messungen durchführen zu können. Das AIP, das als deutschlandweit einziges Forschungsinstitut solare Radioastronomie betreibt, ist für eines der LOFAR-Schlüsselprojekte verantwortlich: Solar Physics and Space Weather. Im Zentrum steht für Mann die Flarephysik: "Sie hilft uns derzeit am meisten, unser Wissen über die Sonne zu vergrößern." Flares sind großflächige Explosionen in der oberen Sonnenkorona, bei denen solares Plasma extrem erhitzt wird, sodass Elektronen und Protonen nahezu auf Lichtgeschwindigkeit katapultiert werden. Dadurch wird Strahlung über das ganze Spektrum hinweg frei, auch im Radiobereich.
"Noch ist aber unklar, wie die Elektronen in Bruchteilen von Sekunden auf so enorm hohe Geschwindigkeiten beschleunigt werden", sagt Mann. Für einzelne Partikel lässt sich dies zwar erklären, doch für die Produktion von Flares müssen gewaltige Energie- und Partikelmengen binnen kürzester Zeit über weite Strecken hinweg transportiert werden – wie aber funktioniert dies genau? Mann interessiert zudem die Frage, wie sich Flares sowie so genannte koronale Massenauswürfe auf das erdnahe Weltraumwetter auswirken. Von den Partikeln sind vor allem Satelliten betroffen, im Extremfall kann es aber auch zu katastrophalen geomagnetischen Stürmen kommen (Solare Superstürme – die verkannte Gefahr, SdW 3/2009).
Einfach nachträglich fokussieren
Weil die LOFAR-Antennen in Abständen von bis zu über 1000 Kilometer installiert sein werden – die zentrale Station liegt in Exloo bei Groningen im Nordosten der Niederlande –, wird das digitale Teleskop die Auflösung aller seiner Vorgänger mit bis zu 0,3 Bogensekunden deutlich übertreffen. Schon jetzt ist auch klar, dass die Erbauer eines ihrer wichtigsten Ziele erreichen: "In Zukunft werden große Basislängen sowohl in Nord-Süd- bzw. West-Ost-Ausdehnung zur Verfügung stehen", sagt Mann. Die großen Abstände zwischen Onsala und Sevilla oder zwischen Westengland und der Ukraine verbessern Auflösung und Empfindlichkeit des interferometrisch arbeitenden Instruments.
Und da die empfangene Radiostrahlung digital als Welle gespeichert wird, lässt sich das Radiobild sogar nachträglich fokussieren: einfach, indem man die Wellen hin zu einem virtuellen Brennpunkt verlängert. Überdies kann LOFAR bis zu acht Radioquellen gleichzeitig in den Blick nehmen.
Immer weitere Interessenten melden sich angesichts solcher Vorzüge beim LOFAR-Konsortium. In Deutschland sind bereits die Standorte Effelsberg, Unterweilenbach und Tautenburg errichtet, in Jülich ist ein weiteres Antennenfeld vorgesehen. Im französischen Nançay, im schwedischen Onsala sowie im Westen Englands sind Stationen im Bau oder schon fertiggestellt. Im spanischen Sevilla wiederum wird ebenso wie an mehreren Orten in Polen noch um eine Finanzierung gerungen. Jede Station kostet im Durchschnitt rund eine Million Euro, hinzu kommen Bereitstellungskosten. Mal muss etwa ein Wald gerodet oder eine kilometerlange Hochgeschwindigkeitsleitung verlegt werden. Ebenfalls mit im Boot sind die Ukraine, Österreich und Schottland.
Extrasolare Planeten im Radiolicht?
Auch in Potsdam ist noch nicht alles fertig. Bislang testeten die Forscher nur die Low-Band-Antennen (LBA), welche Radiowellen im Frequenzbereich von 30 bis 80 Megahertz registrieren. Das High-Band-Feld wird, so Mann, wohl im Frühjahr 2010 fertig und deckt künftig den Bereich von 120 bis 240 Megahertz ab. Richtig spannend wird es Mitte 2010: Erstmals werden über 40 Stationen miteinander verbunden sein, BlueGene wird dann seine ganze Rechenkraft entfalten müssen. Und sobald die hochkomplexe Software um die letzten Fehler bereinigt ist, beginnt die eigentliche Arbeit der Forscher: Mithilfe von LOFAR werden sie Radioausbrüche von Schwarzen Löchern und Supernovae untersuchen, eine Radiodurchmusterung des Nordhimmels durchführen und möglicherweise sogar schwache Radiosignale extrasolarer Planeten einfangen können.
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