Papillon comète
Zum vierten Mal beginnt die Reise auf eine Insel, die man als Kind nur aus einem Lied kannte, und auch darin nur vom Davor-Liegen und Pest-an-Bord-Haben.
Wieder streicht in den elf Stunden Flug von Paris in die madagassische Hauptstadt Antananarivo – kurz Tana – unvorstellbarer Weise ein kompletter Kontinent unter dem Bauch unseres Airbus hinweg: die gleißend-gelbe Sahara, der breite Nil, Grzimeks Serengeti, der schneebedeckte Kilimandscharo. Wie auf den vorherigen Reisen ballen sich über dem Äquator grummelnd Wolkentürme. Während ein paar Blitze um uns zucken, verscheuche ich die Gedanken an die vor Kurzem bei einem Gewitter über dem Atlantik verschollene Air France-Maschine, die – einschließlich der Geschwindigkeitsmesser im Bug – baugleich mit unserer war.
In Tana gibt es Probleme am Zoll. Meine Reisegefährtin Anna, eine Doktorandin aus Barcelona, und ich haben neben unseren Rucksäcken nicht weniger als fünf silbern-glänzende Zargesboxen mit wissenschaftlicher Ausrüstung dabei; das weckt Misstrauen und wohl auch die Hoffnung auf einige korrupte Euros. Nach zähen Verhandlungen dürfen wir schließlich das bereits zugesperrte Flughafengebäude durch einen Nebeneingang verlassen.
Draußen liegt die Stadt im Dunklen, keine Gewehrschüsse sind zu hören, wie noch vor einigen Monaten, als Tana im Ausnahmezustand war: Der der Korruption und Vorteilnahme bezichtigte Präsident Ravalomanana – reich geworden durch seinen mittlerweile zerschlagenen Lebensmittelkonzern Tiko – wurde durch gewalttätige Demonstrationen, bei denen eine dreistellige Zahl an Menschen ums Leben kam, aus dem Land gejagt und durch Rajoelina, den 34-jährigen Bürgermeister der Hauptstadt, ersetzt. Während Ravalomanana von Swasiland aus Koalitionen zu schmieden sucht, um nach Madagaskar zurückzukehren, gibt es mittlerweile regelmäßig Demonstrationen gegen den neuen Präsidenten Rajoelina. Der ließ, wie ehemals sein Vorgänger, die Proteste kurzerhand verbieten – spätestens seit Georg Orwells "Farm der Tiere" weiß man, dass sich die Schweine nach der Machtübernahme genau wie die menschlichen Bosse verhalten.
Wir verbringen die Nacht in einem Hotel in der Nähe des Flughafens. Noch immer sei es in der Innenstadt unsicher, vor allem nachts, auf Grund bewaffneter Raubüberfälle, erklärt uns Rodin, ein für das Deutsche Primatenzentrum (DPZ) arbeitender madagassischer Biologe, den wir vor dem Flughafen treffen. Er und einer seiner Cousins eskortieren uns zu unserer Herberge.
Die nächste Reiseetappe in die westmadagassische Stadt Morondava, die nahe der DPZ-Feldstation liegt, legen wir mit einer Twin Otter zurück. Kurz vor dem Start testet der Pilot einmal im Leerlauf beide Motoren unter Vollgas, so dass das kleine Flugzeug brummt und summt und auf der Stelle tänzelt wie ein Insekt. Dann schwirren wir los, unter uns zieht das kahle, rote Hochland hindurch, nach eineinhalb Stunden kommt der Kanal von Mosambik in Sicht, und wir setzen federnd auf der Landebahn von Morondava auf.
Vor dem Flughafen zeigt Anna plötzlich auf einen riesigen Schmetterling, der mit amselgroßer Spannweite langsame, elegante Bahnen am Himmel zieht. "Wir nennen den hier papillon comète – Kometenschmetterling – ", erklärt uns der Campmanager Léon, der uns abgeholt hat. "Mit so einem sind wir hier auch angekommen", antworte ich und zeige auf die Twin Otter hinter uns. Anna und Léon stimmen lachend zu.
Wieder streicht in den elf Stunden Flug von Paris in die madagassische Hauptstadt Antananarivo – kurz Tana – unvorstellbarer Weise ein kompletter Kontinent unter dem Bauch unseres Airbus hinweg: die gleißend-gelbe Sahara, der breite Nil, Grzimeks Serengeti, der schneebedeckte Kilimandscharo. Wie auf den vorherigen Reisen ballen sich über dem Äquator grummelnd Wolkentürme. Während ein paar Blitze um uns zucken, verscheuche ich die Gedanken an die vor Kurzem bei einem Gewitter über dem Atlantik verschollene Air France-Maschine, die – einschließlich der Geschwindigkeitsmesser im Bug – baugleich mit unserer war.
In Tana gibt es Probleme am Zoll. Meine Reisegefährtin Anna, eine Doktorandin aus Barcelona, und ich haben neben unseren Rucksäcken nicht weniger als fünf silbern-glänzende Zargesboxen mit wissenschaftlicher Ausrüstung dabei; das weckt Misstrauen und wohl auch die Hoffnung auf einige korrupte Euros. Nach zähen Verhandlungen dürfen wir schließlich das bereits zugesperrte Flughafengebäude durch einen Nebeneingang verlassen.
Draußen liegt die Stadt im Dunklen, keine Gewehrschüsse sind zu hören, wie noch vor einigen Monaten, als Tana im Ausnahmezustand war: Der der Korruption und Vorteilnahme bezichtigte Präsident Ravalomanana – reich geworden durch seinen mittlerweile zerschlagenen Lebensmittelkonzern Tiko – wurde durch gewalttätige Demonstrationen, bei denen eine dreistellige Zahl an Menschen ums Leben kam, aus dem Land gejagt und durch Rajoelina, den 34-jährigen Bürgermeister der Hauptstadt, ersetzt. Während Ravalomanana von Swasiland aus Koalitionen zu schmieden sucht, um nach Madagaskar zurückzukehren, gibt es mittlerweile regelmäßig Demonstrationen gegen den neuen Präsidenten Rajoelina. Der ließ, wie ehemals sein Vorgänger, die Proteste kurzerhand verbieten – spätestens seit Georg Orwells "Farm der Tiere" weiß man, dass sich die Schweine nach der Machtübernahme genau wie die menschlichen Bosse verhalten.
Wir verbringen die Nacht in einem Hotel in der Nähe des Flughafens. Noch immer sei es in der Innenstadt unsicher, vor allem nachts, auf Grund bewaffneter Raubüberfälle, erklärt uns Rodin, ein für das Deutsche Primatenzentrum (DPZ) arbeitender madagassischer Biologe, den wir vor dem Flughafen treffen. Er und einer seiner Cousins eskortieren uns zu unserer Herberge.
Die nächste Reiseetappe in die westmadagassische Stadt Morondava, die nahe der DPZ-Feldstation liegt, legen wir mit einer Twin Otter zurück. Kurz vor dem Start testet der Pilot einmal im Leerlauf beide Motoren unter Vollgas, so dass das kleine Flugzeug brummt und summt und auf der Stelle tänzelt wie ein Insekt. Dann schwirren wir los, unter uns zieht das kahle, rote Hochland hindurch, nach eineinhalb Stunden kommt der Kanal von Mosambik in Sicht, und wir setzen federnd auf der Landebahn von Morondava auf.
Vor dem Flughafen zeigt Anna plötzlich auf einen riesigen Schmetterling, der mit amselgroßer Spannweite langsame, elegante Bahnen am Himmel zieht. "Wir nennen den hier papillon comète – Kometenschmetterling – ", erklärt uns der Campmanager Léon, der uns abgeholt hat. "Mit so einem sind wir hier auch angekommen", antworte ich und zeige auf die Twin Otter hinter uns. Anna und Léon stimmen lachend zu.
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