Das Moskauer Luft- und Raumfahrtinstitut eine Klasse für sich
Früh am Morgen werden wir von unserer Gastfamilie geweckt. Heute werden sie mit uns zusammen das „Moscow Aviation Institute“(MAI), das Institut für Luft- und Raumfahrt des hiesigen Universität, besuchen. Die Professoren dieses Instituts haben schon einiges für uns vorbereitet.
Frisch und mehr oder weniger munter ziehen wir als große Gruppe mit all den Gastgeschwistern los. Wir steigen einmal um und kommen mit der Metro um kurz vor 10 Uhr pünktlich an. Das MAI ist ein riesiger Gebäudekomplex mitten in Moskau. Dort holt uns Herr Zotow, der Lehrstuhlleiter für „Struktur und Festigkeit von Fluggeräten", ab. Wir werden in das Institut geleitet und erst einmal in das Büro eines weiteren Lehrstuhlleiters, nämlich dem der Lebenserhaltungssysteme, gebracht. Dieser Herr Prof. Malosemow beginnt mit einem kleinen russischen, von Herrn Zotow und unseren Gastgeschwistern übersetzen, Einführungsvortrag über das Insitut. Danach folgt Herr Zotow mit dem Programm des Tages. Zuerst werden wir im Labor Malosemows (Lebenserhaltungssysteme) vorbeischauen. Danach werden wir im Labor der Struktur und Projektierung von Flugzeugen, also praktisch deren Konstruktion, erwartet. Anschließend besichtigen wir Studentenarbeiten zu Trägerraketen und Raumstationen und als krönender Abschluss folgt dann das Labor zur Konstruktion in der Raumfahrt.
Der Lehrstuhl 607 (Lebenserhaltungssysteme im All
Im Labor der Lebenserhaltungssysteme beginnt Professor Malosemow damit, uns wichtige Inhalte seines Studienganges zu erläutern. Dies ist der einzige Lehrstuhl dieser Art auf der ganzen Welt. Nicht einmal die Amerikaner haben solch einen, sie zehren auf diesem Gebiet ebenfalls von den langjährigen Erfahrungen der russischen Forscher und Entwickler. Diese sind äußerst wichtig, um das Menschenleben im All zu erhalten. In seinem Labor arbeiten, wenn nicht gerade eine deutsche Schülergruppe empfangen wird, vorwiegend Studenten des dritten Lehrjahrs. Fünf Arten der Lebenserhaltung gibt es hier. Die Wärmeaustauschsysteme, die Regeneration der Luft, die Regeneration von Wasser, sonstige Rettungs- und Schutzsysteme (wie zum Beispiel Fallschirme, der Katapultsitz, die Raumanzüge...) und die medizinische Technik. Das alles kann man in zwei verschiedenen Fachrichtungen erlernen. Entweder in der Richtung der biomedizinischen Praxis oder in der der Lebenserhaltungssysteme.
Vor allem für die Marsmission sind die Systeme wichtig. Um so eines zu konstruieren, beginnt man damit, mathematische Modelle anzufertigen. Für die Marsmission sind schon einige Probleme gelöst, so Malesomow. 2008 beginnt der Langzeitversuch zum Marsflug. Hier im Labor zeigt er uns dann noch einige Anlagen die auch in der Realität benutzt werden. Als erstes erklärt er uns das Gerät zur Wasserregulation, denn Wasser ist eines der wichtigsten Probleme und das auch auf der Erde. In eine Raumstation kann man nicht das Wasser, das vom Körper benötigt wird, mitnehmen. Deshalb muss alles, auch Urin und Schweiß, wieder regeneriert werden. Schweiß ist hierbei am schwierigsten zu regenerieren. Mit der Elektrolyse (elektrische Analyse) werden Sauerstoff und Wasserstoff (zum Atmen und für den Treibstoff) gewonnen. Gleich daneben befindet sich im Labor die Toilette, wie sie in einer Raumstation benutzt wird. Hier werden die Ausscheidungen per Elektrizität (Lüftermotor) in so ein System gebracht. Sollte die Elektrizität ausfallen, ist noch eine Pumpe angebracht, damit auch wirklich nichts daneben gehen kann. An der gegenüberliegenden Wand finden wir viele Gerätschaften zur Wärmeregulation. Diese Systeme sollen hauptsächlich Temperatur und Feuchtigkeit in der Luft kontrollieren.
Als letztes zeigt er uns noch die Kosmonautenanzüge, die im hinteren Teil des Labors stehen. Zuerst lädt er Nadine dazu ein, einmal in diesen Anzug hineinzuschlüpfen. Das sieht ziemlich lustig aus, wie Nadine da in diesem engen Anzug klemmt. Es war zwar sehr heiß, aber trotzdem eine beeindruckende Erfahrung mit den ganzen kleinen hochtechnologischen Geräten im Inneren dieses Anzuges. Auch die Gastgeschwister Yvette, Freddi und Sven dürfen einmal hineinschlüpfen. Im hinteren Teil eines solchen Anzuges befinden sich die Lebenserhaltungssysteme, die Sauerstoff, Feuchtigkeit, Wärme und CO2-Haushalt kontrollieren. Außerdem finden wir noch einen echten Katapultsitz. Diese Art der Lebensrettung wird ebenfalls nur bei den Russen eingesetzt.
Nachdem wir sehr viel über diesen, für uns wirklich interessanten Lehrstuhl erfahren haben, werden wir weitergeführt zum nächsten Labor. Wir wissen nun: Lebenserhaltungssysteme sind wirklich wichtig, ohne sie könnte kein einziger bemannter Flug irgendwohin stattfinden. Leider gibt es sehr wenig Nachwuchs in diesem spezialisierten Bereich der Forschung. Aber ohne ihn geht gar nichts. Es liegt an unserer Generation das zu sehen und umzusetzen.
Wir befinden uns in einer großen Halle in der drei Flugzeuge stehen bzw. von der Decke hängen. Eines ist eine Studentenarbeit und eine Art Kunstflieger, der sieben Weltrekorde bekam. Die beiden anderen Flugzeuge sind Kampfjets, welche zu Lehrzwecken teilweise aufgeschnitten sind. Überall in der Halle liegen und stehen Profile der verschiedensten Tragflächen. Man kann deren filigrane Struktur erkennen. Zu jedem Kampfjet erklärt uns Herr Kaulkanow ein paar Dinge. Der erste Kampfjet an welchem wir vorbeilaufen, ist ein Senkrechtstarter. So etwas wird ausschließlich von den Russen und Engländern gebaut. Er kann senkrecht starten, weshalb er für Flugzeugträger sehr gut geeignet ist. Er demonstriert uns dann wie die Flügel arbeiten, und welche Teile des Jets man aus in Deutschland stammenden Konstruktionen abschaute. Bader hatte da in Dresden in den 50er Jahren eine tolle Idee für die Struktur von Flügeln. Er fügt auch noch hinzu, dass seiner Meinung nach die besten Ingenieure für Flugzeuge aus Deutschland kommen (oder kamen?). Das macht uns natürlich stolz, alle grinsen und wundern sich, welches Ansehen die Deutschen tatsächlich in der russischen Luft- und Raumfahrt genießen. In der Halle stehen auch mehrere Teile der russischen Concord (Tupolew 144), ein Passagier-Überschallflugzeug, das aber schon längst abgeschafft worden war. Es stehen auch Teile von Flugzeugen in der Halle, welche ausschließlich aus Holz bestehen, da im zweiten Weltkrieg Metall sehr rar war und man so auf dem Radar nicht gesehen werden konnte.
Ein weiteres Highlight wird uns geboten, als der zweite Kampfjet in der Halle plötzlich beginnt seine Reifen einzufahren. Während Herr Kaulkanow uns in die Besonderheiten des Jets einweiht, bewegt der Jet seine Flügel, fährt weitere Düsenantriebe aus und zeigt wie individuell er sein kann. Es ist eine MIG 23, ein Schwenkflügler für 3,5-fache Schallgeschwindigkeit. Es kann sich total verformen.
Anschließend werden wir in die zweite Halle geführt, in der mehrere große Flugzeuge von der Fluglinie Aeroflot stehen. Hier steht auch der berühmte Kampfbomber Su25, welches das beste Militärflugzeug der Russen war. Es hat zwei Triebwerke, zwei Steuerungssysteme, eine Schwenkkanone und eine ferngesteuerte Rakete für die Luftabwehr. Ein beeindruckendes Ding, welches von dem einem eher suspekt angesehen wird, von dem anderen eher mit bewundernden Blicken. Es flog in Afghanistan und kann auch statt Kerosin (Flugzeugbenzin) mit Diesel von Panzern fliegen. Wir werden noch weiter in die Halle hineingeführt, sehen die unterschiedlichsten Modelle von russischen, amerikanischen und englischen Flugzeugen. Welches Modell auf jeden Fall noch erwähnt werden muss, ist eine originale Flugzeugkabine eines amerikanischen Kampfjets, mit richtig großen Einschusslöchern, welcher in dem Vietnamkrieg geflogen ist. Auf der Seite sind kleine Bomben aufgemalt, die Strichliste der Abschüsse des damaligen Piloten. Es ist eine Rettungskabine, mit welcher sich die Besatzung nach dem eigenen Abschuß rettete. Die Sowjets haben sie dann geborgen. Wir dürfen überhaupt in den ganzen Bereichen nicht fotografieren. Man sieht, die Studenten hier haben sehr außergewöhnliche Objekte, an welchen sie Forschungen anstellen können.
Nachdem wir uns mit einem kleinen Gastgeschenk von Herrn Kaulkanow verabschiedet haben, freuen wir uns erst einmal auf eine kleine Pause in der Mensa der Universität: Dort werden wir nun Mittagessen bevor es zur nächsten Fakultät geht. Mittagessen in der Mensa Schon auf dem Weg dorthin merken wir, dass diese riesige Universität sicherlich nicht an einem Tag oder auch nicht an einer Woche komplett besichtigt werden kann. In der Mensa werden wir alle von Herrn Zotov zum Essen eingeladen. Wir beide entscheiden und für ein Reisgericht mit einem lilanen Getränk dazu, welches so lustig aussieht, dass es einfach probiert werden muss. Wir müssen schnell fertig werden, denn es geht sofort mit dem nächsten Labor weiter.
Das Astrolabor
Das Astrolabor ist an der Reihe. Diese Fachrichtung existiert momentan noch nicht, sie wird dann etabliert, wenn unsere Generation ein Studium aufgreifen wird. Hier wird eine große Bandbreite an Studienmöglichkeiten angeboten. Prof. Malyschew ist Mitglied verschiedener hoher Kommissionen der russischen Raumfahrt. Er erklärt und das Labor.
Heute werden hier Raumstationen bewertet, die Fehler gefunden und zukünftige Raumstationen geplant. In der Zukunft soll ein Raumfahrthotel im Orbit gebaut werden für maximal 32 Menschen. Dadurch können zahlende Touristen ins All gebracht werden. Man nutzt dazu die Orbilalmodule der Sojus und baut so ein sich ständig wachsendes orbitales „Korallenriff“. An den Wänden des Labors hängen verschiedene Studentenarbeiten und wissenschaftliche Fragestellungen, die von Studenten beantwortet wurden. Auch die neue Generation der ISS ist hier ausgestellt. Sie sieht eigentlich der jetzigen recht ähnlich, nur sind nicht so viele kleine, sondern zwei große Sonnensegel angebracht. Einige Module sind großvolumiger, sie werden im All aufgeblasen. Außerdem sind noch weitere Modelle von Raumstationen ausgestellt.
Im Labor zeigt uns der Professor dieses Lehrstuhls noch einige Minisatelliten. Auch ein echter Sputnik ist dabei! Es ist einer der ursprünglich 27 hergestellten. Ein paar von den Minisatelliten sind auch mit der MIR Station geflogen, es sind alles Studentenarbeiten. Als Abschluss bemerken wir noch einen Hybrid-Gleiter, ein völlig neuartig aussehendes Flugzeug. Das könnte zum Beispiel als neues System für Telekommunikation dienen. Drei solcher Gleiter könnten hier genügen, um in ganz Moskau die Kommunikation für Handys zu ermöglichen. Es wurde auch schon im Windkanal ausprobiert. An einem großen Modell dieses Flugzeugs machen wir ein Foto.
Zuletzt stellt man und die Aerospace Rallye Systems (ARS) vor. Das sind Dinge für die Mission 4, die Suborbitalflieger für das X-Preis-Rennen. Die Studenten des MAI haben aus bestehenden Systemen der russischen Raumfahrt ein solches Miniraumschiff projektiert. Es wird mit einer MIG 31 auf 20 km Höhe gebracht, um dann mit Hybridtriebwerken auf 130 km Höhe zu steigen. Das ist so ähnlich wie das Space Ship One. Es ist ein kleiner und mit Stuck verzierter Raum im Altbau, aber hier steht man förmlich in der Zukunft.
Lehrstuhl 602 (Kosmisches Labor)
Um kurz nach 2 Uhr geht es dann zum Höhepunkt des Tages im Institut für Luft- und Raumfahrt: Zum Labor für die Konstruktion für die Raumfahrt. Eine riesige Halle wartet auf uns. Darin liegen oder stehen echte Raketen und Raumfahrzeuge. Hier war früher Mischin der Leiter, er war zweiter leitender Ingenieur nach Koroljow und hatte zur Hauptaufgabe die Konstruktion und Überwachung der Triebwerke. Also etwa der Konrad Dannenberg der russischen Raumfahrt.
Hier im Labor wird vor allem die Praxis an den ganzen Kapseln und Raketen geübt und getestet. Die Studenten studieren hier die Konstruktion der Raumfahrtelemente. Neben uns sehen wir zuerst eine liegende R7, welche bereits schon Gagarin ins All gebracht hat. Diese Rakete wird bereits schon seit 50 Jahren verwendet und nur einzelne Teile davon immer wieder modernisiert und weiterentwickelt. Es ist die heutige Sojus.
Dann werden wir in der Halle herumgeführt. Zuerst kommen wir an einer Raumkapsel (Woschod) vorbei, an deren Hitzeschutzschild man eindeutig sieht, dass sie bereits schon einmal im All gewesen sein muss. Was uns echt beeindruckt ist, dass wir alles anfassen und nicht alles nur aus 10 Metern Entfernung anschauen dürfen. Das verbrannte Hitzeschild fühlt sich auf jeden Fall sehr rau an.
Dann kommen wir zu einzelnen Raketenstufen der Protonrakete, des russischen historischen Mondprogrammes und den teils aufgeschnittenen Sojus-Raumschiffen vorbei. Hier sieht man erst richtig wie wenig Platz in solchen Kapseln ist. Auch treffen wir hier Vanessas „Müllmodul“ wieder. Als Nadine und Vanessa das Tagebuch von Anousheh Ansari übersetzt haben, haben wir das Orbitalmodul leider fälschlich übersetzt. Anousheh hatte darin geschlafen. Wir machen es ihr zum Spaß im selben Raum nach. Auch andere Beschreibungen von Anousheh aus dem All können wir hier anfassen und so alles perfekt nachvollziehen auch wenn man sich die Schwerelosigkeit noch nicht so recht vorstellen kann.
Als krönenden Abschluss sehen wir noch den „Moonlander“ und den „Marslander“ der Russen. Der Moonlander wurde zwar fertig entwickelt, allerdings wurde das Geld gegen Ende des Projekts knapp, weshalb er trotz des Space Races nicht ins All geschossen werden konnte. Der Marslander jedoch wurde schon einmal Richtung Mars geschickt, um dort Bodenproben zu nehmen, allerdings ist auf dem Weg dorthin die Trägerrakete explodiert. Wir sehen auch eine Sonde, welche demnächst Richtung Mars starten soll. Sie ist riesig.
Verabschiedung
Nach diesen aufregenden letzten Führung für diesen Tag, läuft unsere Gruppe zurück zu Herrn Malosemows Büro, um uns dort zu verabschieden und uns fertig für die Heimreise zu machen. Jedoch zuerst reden wir alle darüber, was uns ganz besonders gut gefallen hat und wovon wir hier am Institut beeindruckt sind. Nach einer langen und recht herzlichen Verabschiedung bekommen wir alle als kleines Andenken eine Stecknadel von Malosemows Lehrstuhl geschenkt, welchen sonst ausschließlich die Absolventen des Studiengangs erhalten. Er bietet auch mehrere Praktika uns an, um einfach mehr über das Institut zu erfahren und die größte Überraschung für uns alle ist, dass zwei Gastgeschwister am Mittwoch mit ins Sternenstädtchen dürfen. Wer das sein wird steht jetzt noch in den Sternen :-)
Herr Zotov bringt uns noch zum Ausgang des Instituts und bespricht mit uns alles für den kommenden Mittwoch, wenn es zur Besichtigung ins Sternenstädtchen geht.
Nach einer langen Fahrt zurück mit der Metro auf das deutsche Botschaftsgelände, geht erst mal jeder nach Hause, um sich zu duschen und Berichte zu schreiben. Nachher werden wir noch eine original russischen Torte kaufen gehen, da unser Thommy heute seinen 17. Geburtstag feiert. Er ahnt noch nicht was wir mit ihm vor haben, aber wir hoffen es wird ihm gefallen.
Der Lehrstuhl 607 (Lebenserhaltungssysteme im All
Im Labor der Lebenserhaltungssysteme beginnt Professor Malosemow damit, uns wichtige Inhalte seines Studienganges zu erläutern. Dies ist der einzige Lehrstuhl dieser Art auf der ganzen Welt. Nicht einmal die Amerikaner haben solch einen, sie zehren auf diesem Gebiet ebenfalls von den langjährigen Erfahrungen der russischen Forscher und Entwickler. Diese sind äußerst wichtig, um das Menschenleben im All zu erhalten. In seinem Labor arbeiten, wenn nicht gerade eine deutsche Schülergruppe empfangen wird, vorwiegend Studenten des dritten Lehrjahrs. Fünf Arten der Lebenserhaltung gibt es hier. Die Wärmeaustauschsysteme, die Regeneration der Luft, die Regeneration von Wasser, sonstige Rettungs- und Schutzsysteme (wie zum Beispiel Fallschirme, der Katapultsitz, die Raumanzüge...) und die medizinische Technik. Das alles kann man in zwei verschiedenen Fachrichtungen erlernen. Entweder in der Richtung der biomedizinischen Praxis oder in der der Lebenserhaltungssysteme.
Vor allem für die Marsmission sind die Systeme wichtig. Um so eines zu konstruieren, beginnt man damit, mathematische Modelle anzufertigen. Für die Marsmission sind schon einige Probleme gelöst, so Malesomow. 2008 beginnt der Langzeitversuch zum Marsflug. Hier im Labor zeigt er uns dann noch einige Anlagen die auch in der Realität benutzt werden. Als erstes erklärt er uns das Gerät zur Wasserregulation, denn Wasser ist eines der wichtigsten Probleme und das auch auf der Erde. In eine Raumstation kann man nicht das Wasser, das vom Körper benötigt wird, mitnehmen. Deshalb muss alles, auch Urin und Schweiß, wieder regeneriert werden. Schweiß ist hierbei am schwierigsten zu regenerieren. Mit der Elektrolyse (elektrische Analyse) werden Sauerstoff und Wasserstoff (zum Atmen und für den Treibstoff) gewonnen. Gleich daneben befindet sich im Labor die Toilette, wie sie in einer Raumstation benutzt wird. Hier werden die Ausscheidungen per Elektrizität (Lüftermotor) in so ein System gebracht. Sollte die Elektrizität ausfallen, ist noch eine Pumpe angebracht, damit auch wirklich nichts daneben gehen kann. An der gegenüberliegenden Wand finden wir viele Gerätschaften zur Wärmeregulation. Diese Systeme sollen hauptsächlich Temperatur und Feuchtigkeit in der Luft kontrollieren.
Als letztes zeigt er uns noch die Kosmonautenanzüge, die im hinteren Teil des Labors stehen. Zuerst lädt er Nadine dazu ein, einmal in diesen Anzug hineinzuschlüpfen. Das sieht ziemlich lustig aus, wie Nadine da in diesem engen Anzug klemmt. Es war zwar sehr heiß, aber trotzdem eine beeindruckende Erfahrung mit den ganzen kleinen hochtechnologischen Geräten im Inneren dieses Anzuges. Auch die Gastgeschwister Yvette, Freddi und Sven dürfen einmal hineinschlüpfen. Im hinteren Teil eines solchen Anzuges befinden sich die Lebenserhaltungssysteme, die Sauerstoff, Feuchtigkeit, Wärme und CO2-
Nachdem wir sehr viel über diesen, für uns wirklich interessanten Lehrstuhl erfahren haben, werden wir weitergeführt zum nächsten Labor. Wir wissen nun: Lebenserhaltungssysteme sind wirklich wichtig, ohne sie könnte kein einziger bemannter Flug irgendwohin stattfinden. Leider gibt es sehr wenig Nachwuchs in diesem spezialisierten Bereich der Forschung. Aber ohne ihn geht gar nichts. Es liegt an unserer Generation das zu sehen und umzusetzen.
Der Lehrstuhl 101 (Konstruktion und Projektierung von Flugzeugen) Um 12 Uhr macht sich unsere kleine Gruppe auf dem Weg durch das Universitätsgelände zur ersten Fakultät, Lehrstuhl 101 für „Konstruktion und Projektierung von Flugzeugen“. Diese Fakultät war die erste die auf dem Gelände 1930 erbaut wurde. Herr Prof. Kaulkanow, ein Freund und Kollege von Herrn Zotow erwartet uns bereits. Die Studenten, die hier ihren Abschluss machen sind schlussendlich Flugzeugingenieure. Hier werden drei Überthemen während des Studiums behandelt. Einmal die Konstruktion der Flugzeuge, dann der Entwurf der Flugzeuge und schlussendlich noch die Projektierung der Flugzeuge, wo man auf das Gelernte aus den ersten beiden Themenbereichen zurückgreifen muss.
Wir befinden uns in einer großen Halle in der drei Flugzeuge stehen bzw. von der Decke hängen. Eines ist eine Studentenarbeit und eine Art Kunstflieger, der sieben Weltrekorde bekam. Die beiden anderen Flugzeuge sind Kampfjets, welche zu Lehrzwecken teilweise aufgeschnitten sind. Überall in der Halle liegen und stehen Profile der verschiedensten Tragflächen. Man kann deren filigrane Struktur erkennen. Zu jedem Kampfjet erklärt uns Herr Kaulkanow ein paar Dinge. Der erste Kampfjet an welchem wir vorbeilaufen, ist ein Senkrechtstarter. So etwas wird ausschließlich von den Russen und Engländern gebaut. Er kann senkrecht starten, weshalb er für Flugzeugträger sehr gut geeignet ist. Er demonstriert uns dann wie die Flügel arbeiten, und welche Teile des Jets man aus in Deutschland stammenden Konstruktionen abschaute. Bader hatte da in Dresden in den 50er Jahren eine tolle Idee für die Struktur von Flügeln. Er fügt auch noch hinzu, dass seiner Meinung nach die besten Ingenieure für Flugzeuge aus Deutschland kommen (oder kamen?). Das macht uns natürlich stolz, alle grinsen und wundern sich, welches Ansehen die Deutschen tatsächlich in der russischen Luft- und Raumfahrt genießen. In der Halle stehen auch mehrere Teile der russischen Concord (Tupolew 144), ein Passagier-Überschallflugzeug, das aber schon längst abgeschafft worden war. Es stehen auch Teile von Flugzeugen in der Halle, welche ausschließlich aus Holz bestehen, da im zweiten Weltkrieg Metall sehr rar war und man so auf dem Radar nicht gesehen werden konnte.
Ein weiteres Highlight wird uns geboten, als der zweite Kampfjet in der Halle plötzlich beginnt seine Reifen einzufahren. Während Herr Kaulkanow uns in die Besonderheiten des Jets einweiht, bewegt der Jet seine Flügel, fährt weitere Düsenantriebe aus und zeigt wie individuell er sein kann. Es ist eine MIG 23, ein Schwenkflügler für 3,5-fache Schallgeschwindigkeit. Es kann sich total verformen.
Anschließend werden wir in die zweite Halle geführt, in der mehrere große Flugzeuge von der Fluglinie Aeroflot stehen. Hier steht auch der berühmte Kampfbomber Su25, welches das beste Militärflugzeug der Russen war. Es hat zwei Triebwerke, zwei Steuerungssysteme, eine Schwenkkanone und eine ferngesteuerte Rakete für die Luftabwehr. Ein beeindruckendes Ding, welches von dem einem eher suspekt angesehen wird, von dem anderen eher mit bewundernden Blicken. Es flog in Afghanistan und kann auch statt Kerosin (Flugzeugbenzin) mit Diesel von Panzern fliegen. Wir werden noch weiter in die Halle hineingeführt, sehen die unterschiedlichsten Modelle von russischen, amerikanischen und englischen Flugzeugen. Welches Modell auf jeden Fall noch erwähnt werden muss, ist eine originale Flugzeugkabine eines amerikanischen Kampfjets, mit richtig großen Einschusslöchern, welcher in dem Vietnamkrieg geflogen ist. Auf der Seite sind kleine Bomben aufgemalt, die Strichliste der Abschüsse des damaligen Piloten. Es ist eine Rettungskabine, mit welcher sich die Besatzung nach dem eigenen Abschuß rettete. Die Sowjets haben sie dann geborgen. Wir dürfen überhaupt in den ganzen Bereichen nicht fotografieren. Man sieht, die Studenten hier haben sehr außergewöhnliche Objekte, an welchen sie Forschungen anstellen können.
Nachdem wir uns mit einem kleinen Gastgeschenk von Herrn Kaulkanow verabschiedet haben, freuen wir uns erst einmal auf eine kleine Pause in der Mensa der Universität: Dort werden wir nun Mittagessen bevor es zur nächsten Fakultät geht. Mittagessen in der Mensa Schon auf dem Weg dorthin merken wir, dass diese riesige Universität sicherlich nicht an einem Tag oder auch nicht an einer Woche komplett besichtigt werden kann. In der Mensa werden wir alle von Herrn Zotov zum Essen eingeladen. Wir beide entscheiden und für ein Reisgericht mit einem lilanen Getränk dazu, welches so lustig aussieht, dass es einfach probiert werden muss. Wir müssen schnell fertig werden, denn es geht sofort mit dem nächsten Labor weiter.
Das Astrolabor
Das Astrolabor ist an der Reihe. Diese Fachrichtung existiert momentan noch nicht, sie wird dann etabliert, wenn unsere Generation ein Studium aufgreifen wird. Hier wird eine große Bandbreite an Studienmöglichkeiten angeboten. Prof. Malyschew ist Mitglied verschiedener hoher Kommissionen der russischen Raumfahrt. Er erklärt und das Labor.
Heute werden hier Raumstationen bewertet, die Fehler gefunden und zukünftige Raumstationen geplant. In der Zukunft soll ein Raumfahrthotel im Orbit gebaut werden für maximal 32 Menschen. Dadurch können zahlende Touristen ins All gebracht werden. Man nutzt dazu die Orbilalmodule der Sojus und baut so ein sich ständig wachsendes orbitales „Korallenriff“. An den Wänden des Labors hängen verschiedene Studentenarbeiten und wissenschaftliche Fragestellungen, die von Studenten beantwortet wurden. Auch die neue Generation der ISS ist hier ausgestellt. Sie sieht eigentlich der jetzigen recht ähnlich, nur sind nicht so viele kleine, sondern zwei große Sonnensegel angebracht. Einige Module sind großvolumiger, sie werden im All aufgeblasen. Außerdem sind noch weitere Modelle von Raumstationen ausgestellt.
Im Labor zeigt uns der Professor dieses Lehrstuhls noch einige Minisatelliten. Auch ein echter Sputnik ist dabei! Es ist einer der ursprünglich 27 hergestellten. Ein paar von den Minisatelliten sind auch mit der MIR Station geflogen, es sind alles Studentenarbeiten. Als Abschluss bemerken wir noch einen Hybrid-Gleiter, ein völlig neuartig aussehendes Flugzeug. Das könnte zum Beispiel als neues System für Telekommunikation dienen. Drei solcher Gleiter könnten hier genügen, um in ganz Moskau die Kommunikation für Handys zu ermöglichen. Es wurde auch schon im Windkanal ausprobiert. An einem großen Modell dieses Flugzeugs machen wir ein Foto.
Zuletzt stellt man und die Aerospace Rallye Systems (ARS) vor. Das sind Dinge für die Mission 4, die Suborbitalflieger für das X-Preis-Rennen. Die Studenten des MAI haben aus bestehenden Systemen der russischen Raumfahrt ein solches Miniraumschiff projektiert. Es wird mit einer MIG 31 auf 20 km Höhe gebracht, um dann mit Hybridtriebwerken auf 130 km Höhe zu steigen. Das ist so ähnlich wie das Space Ship One. Es ist ein kleiner und mit Stuck verzierter Raum im Altbau, aber hier steht man förmlich in der Zukunft.
Lehrstuhl 602 (Kosmisches Labor)
Um kurz nach 2 Uhr geht es dann zum Höhepunkt des Tages im Institut für Luft- und Raumfahrt: Zum Labor für die Konstruktion für die Raumfahrt. Eine riesige Halle wartet auf uns. Darin liegen oder stehen echte Raketen und Raumfahrzeuge. Hier war früher Mischin der Leiter, er war zweiter leitender Ingenieur nach Koroljow und hatte zur Hauptaufgabe die Konstruktion und Überwachung der Triebwerke. Also etwa der Konrad Dannenberg der russischen Raumfahrt.
Hier im Labor wird vor allem die Praxis an den ganzen Kapseln und Raketen geübt und getestet. Die Studenten studieren hier die Konstruktion der Raumfahrtelemente. Neben uns sehen wir zuerst eine liegende R7, welche bereits schon Gagarin ins All gebracht hat. Diese Rakete wird bereits schon seit 50 Jahren verwendet und nur einzelne Teile davon immer wieder modernisiert und weiterentwickelt. Es ist die heutige Sojus.
Dann werden wir in der Halle herumgeführt. Zuerst kommen wir an einer Raumkapsel (Woschod) vorbei, an deren Hitzeschutzschild man eindeutig sieht, dass sie bereits schon einmal im All gewesen sein muss. Was uns echt beeindruckt ist, dass wir alles anfassen und nicht alles nur aus 10 Metern Entfernung anschauen dürfen. Das verbrannte Hitzeschild fühlt sich auf jeden Fall sehr rau an.
Dann kommen wir zu einzelnen Raketenstufen der Protonrakete, des russischen historischen Mondprogrammes und den teils aufgeschnittenen Sojus-Raumschiffen vorbei. Hier sieht man erst richtig wie wenig Platz in solchen Kapseln ist. Auch treffen wir hier Vanessas „Müllmodul“ wieder. Als Nadine und Vanessa das Tagebuch von Anousheh Ansari übersetzt haben, haben wir das Orbitalmodul leider fälschlich übersetzt. Anousheh hatte darin geschlafen. Wir machen es ihr zum Spaß im selben Raum nach. Auch andere Beschreibungen von Anousheh aus dem All können wir hier anfassen und so alles perfekt nachvollziehen auch wenn man sich die Schwerelosigkeit noch nicht so recht vorstellen kann.
Als krönenden Abschluss sehen wir noch den „Moonlander“ und den „Marslander“ der Russen. Der Moonlander wurde zwar fertig entwickelt, allerdings wurde das Geld gegen Ende des Projekts knapp, weshalb er trotz des Space Races nicht ins All geschossen werden konnte. Der Marslander jedoch wurde schon einmal Richtung Mars geschickt, um dort Bodenproben zu nehmen, allerdings ist auf dem Weg dorthin die Trägerrakete explodiert. Wir sehen auch eine Sonde, welche demnächst Richtung Mars starten soll. Sie ist riesig.
Verabschiedung
Nach diesen aufregenden letzten Führung für diesen Tag, läuft unsere Gruppe zurück zu Herrn Malosemows Büro, um uns dort zu verabschieden und uns fertig für die Heimreise zu machen. Jedoch zuerst reden wir alle darüber, was uns ganz besonders gut gefallen hat und wovon wir hier am Institut beeindruckt sind. Nach einer langen und recht herzlichen Verabschiedung bekommen wir alle als kleines Andenken eine Stecknadel von Malosemows Lehrstuhl geschenkt, welchen sonst ausschließlich die Absolventen des Studiengangs erhalten. Er bietet auch mehrere Praktika uns an, um einfach mehr über das Institut zu erfahren und die größte Überraschung für uns alle ist, dass zwei Gastgeschwister am Mittwoch mit ins Sternenstädtchen dürfen. Wer das sein wird steht jetzt noch in den Sternen :-)
Herr Zotov bringt uns noch zum Ausgang des Instituts und bespricht mit uns alles für den kommenden Mittwoch, wenn es zur Besichtigung ins Sternenstädtchen geht.
Nach einer langen Fahrt zurück mit der Metro auf das deutsche Botschaftsgelände, geht erst mal jeder nach Hause, um sich zu duschen und Berichte zu schreiben. Nachher werden wir noch eine original russischen Torte kaufen gehen, da unser Thommy heute seinen 17. Geburtstag feiert. Er ahnt noch nicht was wir mit ihm vor haben, aber wir hoffen es wird ihm gefallen.
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