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Natürlich wurde hier kein Foto "geknipst" im Sinne von "einfach mal den Auslöser drücken".
Jede Fotografie ist konstruiert (und damit methodisch verzerrt) -- und dieses Spektrogramm ist sogar noch erheblich konstruierter (inkl. Mathematik).
Alle modernen ("projektiven") Wissenschaften haben seit der Renaissance das Problem des "inverse mappings" -- d.h. der Rekonstruktion einer zuvor erfolgten (und meist die Komplexität erheblich reduzierenden) Projektion.
Sigmund Freud (der mit der Kastrations- bzw. Beschneidungsangst) hätte eine wahre Freude an solchen Projektionen (genauer: "Karten" bzw. "Mappings"), wie sie die Wissenschaftler heute liefern...
Denn nur wer die "besten" Karten hat (und die besten Geschichten erzählen kann....)
Ergänzend zum vorhergehenden Kommentar: Es hat auch technische Gründe, dass die meisten Datensätze die Ausdehnung oder die Fläche angeben, denn das Volumen ist einfach wesentlich schwerer zu beobachten. Dazu muss man ja die Dicke der Eisschicht beobachten können. Mit Satelliten kann man die Eisdicke eigentlich erst seit Cryosat gut bestimmen, der eben genau aus dem Grund gebaut wurde. Allerdings wurde er erst 2010 gestartet (der erste Cryosat wurde 2005 gleich beim Fehlstart zerstört), d.h. man hat gerade mal Daten über 2 Jahre.
Cryosat arbeitet mit einem Radar-Altimeter (Höhenmesser) der mit Radar die Höhe der Eisoberfläche misst und damit auf die Dicke schließt. Es gibt zudem eine ganze Reihe von anderen, älteren Satelliten mit Radar-Altimeter, aber sie sind nicht für Meereis speziell gebaut und viele haben auch gar keine polare Umlaufbahn, sodass sie einen Kreis um den Nordpol gar nicht vermessen können. Dann gibt es natürlich ältere Messungen von Forschungsschiffen oder militärischen U-Booten, aber das sind immer nur Punktmessungen. Drittens kann man Schätzungen des Eisvolumens vornehmen, indem man annimmt, dass neu frierendes Eis je nach Temperatur um soundsoviel cm pro Woche zunimmt. Aber das ist mit sehr großen Schätzfehlern behaftet.
Also kurz gesagt: Für das Volumen gibt es weniger gute Daten, die länger als ein paar Jahre zurückgehen. An den vorliegenden Daten kann man zwar sehen, dass das Eisvolumen ebenfalls abnimmt, aber eben nur mit viel größeren Messfehlern. Hier sind ein paar Grafiken dazu: http://neven1.typepad.com/blog/2012/08/record-dominoes-9-piomas-sea-ice-volume.html
Die Ausdehnung und Fläche ist dagegen mit Satelliten viel einfacher zu bestimmen. Eis ist ja weiß, und Wasser sehr dunkel, fast schwarz. Die Farbe/Reflektivität ist nur eine der Methoden (und geht nur im Sommer, wenn es hell ist). Man kann auch die Oberflächentemperatur mit Infrarotsensoren messen (Gefrierpunkt!). Andere Satelliten nutzen Mikrowellen, die von Eis und Wasser unterschiedlich reflektiert werden. Und natürlich melden Schiffe ebenfalls, wo sie auf Eis stoßen. Während die Dicke nur von Forschungsschiffen kompliziert gemessen werden kann, tragen zur Beobachtung der Ausdehnung auch all die kommerziellen Schiffe bei; sie brauchen ja dazu nur aus dem Fenster gucken.
Für die Eisfläche gibt es daher eine ganze Reihe von Datensätzen, die alle auf unterschiedlichen Satelliten bzw. Methoden beruhen und Jahrzehnte zurückreichen. Erstens kann man also Vergleiche über lange Zeiträume anstellen, und zweitens kann man all die verschiedenen Methoden miteinander vergleichen und daran sehen, dass die Abnahme nicht etwa auf methodischen Fehlern beruht, sondern real ist.
Wenn man verschiedene Datensätze vergleicht, muss man nur aufpassen, dass die genauen Zahlen sich unterschieden. Das liegt daran, dass die verschiedenen Methoden mitunter Unterschiedliches messen (manche Satelliten sehen z.B. Schmelztümpel auf dem Eis als Wasser, andere als Eis), und manche machen Angaben über die Eisfläche (Löcher im Eis werden nicht mitgerechnet, engl. ice area), während andere die Eisausdehnung (sea ice extent) angeben, d.h. das Gebiet, in dem mindestens 30% Eisbedeckung herrscht (andere nehmen 15%). Also: Wenn man Ab- oder Zunahmen anschauen will, dann muss man immer die Zeitreihen desselben Datensatzes nehmen, nicht den japanischen von 1990 mit dem dänischen von 2012 vergleichen oder so (Skeptiker picken sich gerne ihre Daten so selektiv...).
Das bedrückende ist natürlich, dass ALLE Datensätze einen dramatischen Rückgang in den letzten Jahren zeigen und in fast jedem Datensatz dieses Jahr schon ein Rekord gebrochen wurde, obwohl die Schmelzsaison noch nicht zuende ist.
Wo ist da der Mehrwert? In UK/North America werden solch Ergebnisse kaum beachtet. Der Forschungsschwerpunkt liegt hier zu Lande oftmals falsch. Es dünkt, dass man hier seit 20 Jahren stehen geblieben ist.
zum aktuellen Problem "Neue Stromtrassen verlegen" habe ich folgende Frage:
Warum kann man eine neue Stromtrasse von Nord nach Süd nicht einfach durch ein oder mehrere Unterwasserkabel auf dem Grund des Rheines (oder Elbe) verlegen ? Im Meer geht es doch auch. Damit wäre eine riesige Strecke oberhalb der Erde verschwunden, es wäre wahrscheinlich viel billiger und ein großer Teil der Diskussionen wäre vom Tisch. Es müssten nur noch Querverbinden im Land gebaut werden.
Mit freundlichen Grüßen
Paul Neuenhofer Piepersweg 32 41066 Mönchengladbach
Wenn ADHS-Kinder unter Reizüberflutung leiden, wie bekommt ihnen dann die heute bevorzugte Pädagogik eines gewissen Laissez-faire, die mit einem erhöhten "Grundrauschen" in den Klassen einhergeht? Hat sich in der Pädagogik schon mal jemand Gedanken über die Kosten dieses Freiheitsgewinns der einen zu Lasten der anderen gemacht? Hat die Psychologie eine Antwort auf dieses Dilemma?
Zu Michael Springers Essay im letzten Satz auf Seite 53 unten ("Quantenmechanische Unbestimmtheit erklärt nicht Entscheidungsfreiheit") möchte ich entgegnen: Der 'Zufall' im Sinn der Quantenphysik, nämlich als Synonym für Unwägbarkeit, Unbestimmtheit, Unschärfe definiert, ermöglicht - nicht erzeugt - erst grundsätzlich Freiheit! Ich persönlich führe die Ursache von Freiheit letztendlich auf geistige Prinzipien zurück - wie ja auch Mathematik ohne geistigen Hintergrund nicht erklärbar ist.
Der Virchow-Robin-Raum ist den Autoren der Studie wohlbekannt. Sie bilden Zugänge im bereits bekannten "bulk flow"-System, haben aber nichts mit den "Kanälen" zu tun, die in der aktuellen Untersuchung entdeckt wurden - auch wenn die Ähnlichkeit (beide verlaufen parallel zu Blutgefäßen) das nahelegt.
Meiner Meinung großer Durchbruch auf dem Gebiet. Einer der wenigen Forschungseinrichtungen, die mit geringsten Mitteln zu nachhaltigsten Ergebnissen kommen. Glückwunsch
Wie auch von Hr. Bonney geschrieben hat es viel mit der visuellen und akustischen Wahrnehmung zu tun. Oftmals, davon gehe ich aus hilft auch eine Brille, das Problem der visuellen Wahrnehmung zu erhöhen. Es gibt Brillen, welche eine Winkelfehlsichtigkeit, welche bei 70% der Menschen auftritt beheben, woraufhin Kinder ihre "Anzeichen" von ADHS komplett verloren haben. Sehr zu empfehlen gilt hier ein Optiker in Bad Kreuznach in Rheinhessen, durch den ich es geschafft habe zum einen Rechtschreibschwächen und gewisse Anzeichen von "ADHS" in meiner Kindheit zu beheben und zu bewältigen.
Macht es wirklich Sinn, die Eismenge in km² anzugeben? Sinnvoller wäre doch das Volumen in km³ zu messen.
Stellungnahme der Redaktion
Sehr geehrter Herr Bontus,
in diesem Fall macht es tatsächlich mehr Sinn, die Fläche in Quadratkilometer anzugeben, da es ja um die flächige Ausdehnung des Meereises geht. Verglichen mit einem Gletscher ist es eher zweidimensional angelegt, da es normalerweise kaum dicker als zwei bis drei Meter wird (außer es wird von Wind und Strömungen zusammengeschoben). Eine Volumenangabe würde dementsprechend den drastischen Schwund des Meereises deutlich schlechter darstellen.
Zum anderen sind mit der Ausdehnung der Eisdecke auch wichtige ökologische und physikalische Eigenschaften verbunden, die sich wandeln wenn das Eis zurückgeht. Um das zu verdeutlichen: Nehmen wir einmal an, Wind und Strömungen hätten das nun verstärkt auftretende einjährige Eis massiv zusammengeschoben, ohne dass es gleichzeitig zu einem großen Schmelzverlust gekommen wäre. Das Eisvolumen wäre dadurch in geringerem Umfang zurückgegangen, aber dennoch eine riesige freie Wasserfläche entstanden - mit den gleichen Rückkopplungseffekten wie im Text beschrieben. Deshalb muss der Verlust beim Meereis in Quadratkilometer angegeben werden, während bei Gletschern oder Eisschilden Kubikkilometer die richtige Mengenangabe sind.
Die Eisdicke hat seit 1980 75% verloren, Tendenz steigend. In einigen hundert Wochen und nicht in hundert Jahren kann man sich eine eisfreie Arktis anschauen. z.B. hier: http://www.arctic.io/observations/ Der Vortrag von Dr. Francis lohnt sich übrigens auch im Original: http://www.youtube.com/watch?v=4spEuh8vswE
Das schöne am Wetter hier in Mitteleuropa ist eigentlich, dass - egal wie mies es ist - es zieht irgendwann weiter. Davon kann man sich ja dann wohl verabschieden.
Schöner Artikel, allerdings gab es 1969 (WHO, Indien) noch keine Gentechnik. Erste Klonierung wurde Fremd-DNA von Cohen et al., 1973 in PNAS publiziert. Vermutlich wurden die Mücken mit mutagenen Agenzien behandelt, was kein Verfahren ist, das per se genetisch veränderte Organismen erzeugt. Beides sollte nicht vermengt werden, zumal kein normaler Wissenschaftler versteht, warum die unkontrollierte Veränderung von Hunderten von Genen durch mutagene Agenzien bei Züchtungen "gut" und "biologisch" ist, die gezielte, kontrollierte Veränderung eines Gens aber "böse, böse Gentechnik".
das klingt profi
05.09.2012, jbWeitere Informationen
04.09.2012, Daniel KreftLiebe Grüße
Daniel
Anm. d. Redaktion: Das ist die Pressemitteilung der MPG.
Knipsen? Nein -- (Re-)Konstruieren
02.09.2012, MapologistJede Fotografie ist konstruiert (und damit methodisch verzerrt) -- und dieses Spektrogramm ist sogar noch erheblich konstruierter (inkl. Mathematik).
Alle modernen ("projektiven") Wissenschaften haben seit der Renaissance das Problem des "inverse mappings" -- d.h. der Rekonstruktion einer zuvor erfolgten (und meist die Komplexität erheblich reduzierenden) Projektion.
Sigmund Freud (der mit der Kastrations- bzw. Beschneidungsangst) hätte eine wahre Freude an solchen Projektionen (genauer: "Karten" bzw. "Mappings"), wie sie die Wissenschaftler heute liefern...
Denn nur wer die "besten" Karten hat (und die besten Geschichten erzählen kann....)
Eisausdehnung versus Volumen
31.08.2012, Stephan MatthiesenCryosat arbeitet mit einem Radar-Altimeter (Höhenmesser) der mit Radar die Höhe der Eisoberfläche misst und damit auf die Dicke schließt. Es gibt zudem eine ganze Reihe von anderen, älteren Satelliten mit Radar-Altimeter, aber sie sind nicht für Meereis speziell gebaut und viele haben auch gar keine polare Umlaufbahn, sodass sie einen Kreis um den Nordpol gar nicht vermessen können. Dann gibt es natürlich ältere Messungen von Forschungsschiffen oder militärischen U-Booten, aber das sind immer nur Punktmessungen. Drittens kann man Schätzungen des Eisvolumens vornehmen, indem man annimmt, dass neu frierendes Eis je nach Temperatur um soundsoviel cm pro Woche zunimmt. Aber das ist mit sehr großen Schätzfehlern behaftet.
Also kurz gesagt: Für das Volumen gibt es weniger gute Daten, die länger als ein paar Jahre zurückgehen. An den vorliegenden Daten kann man zwar sehen, dass das Eisvolumen ebenfalls abnimmt, aber eben nur mit viel größeren Messfehlern. Hier sind ein paar Grafiken dazu: http://neven1.typepad.com/blog/2012/08/record-dominoes-9-piomas-sea-ice-volume.html
Die Ausdehnung und Fläche ist dagegen mit Satelliten viel einfacher zu bestimmen. Eis ist ja weiß, und Wasser sehr dunkel, fast schwarz. Die Farbe/Reflektivität ist nur eine der Methoden (und geht nur im Sommer, wenn es hell ist). Man kann auch die Oberflächentemperatur mit Infrarotsensoren messen (Gefrierpunkt!). Andere Satelliten nutzen Mikrowellen, die von Eis und Wasser unterschiedlich reflektiert werden. Und natürlich melden Schiffe ebenfalls, wo sie auf Eis stoßen. Während die Dicke nur von Forschungsschiffen kompliziert gemessen werden kann, tragen zur Beobachtung der Ausdehnung auch all die kommerziellen Schiffe bei; sie brauchen ja dazu nur aus dem Fenster gucken.
Für die Eisfläche gibt es daher eine ganze Reihe von Datensätzen, die alle auf unterschiedlichen Satelliten bzw. Methoden beruhen und Jahrzehnte zurückreichen. Erstens kann man also Vergleiche über lange Zeiträume anstellen, und zweitens kann man all die verschiedenen Methoden miteinander vergleichen und daran sehen, dass die Abnahme nicht etwa auf methodischen Fehlern beruht, sondern real ist.
Wenn man verschiedene Datensätze vergleicht, muss man nur aufpassen, dass die genauen Zahlen sich unterschieden. Das liegt daran, dass die verschiedenen Methoden mitunter Unterschiedliches messen (manche Satelliten sehen z.B. Schmelztümpel auf dem Eis als Wasser, andere als Eis), und manche machen Angaben über die Eisfläche (Löcher im Eis werden nicht mitgerechnet, engl. ice area), während andere die Eisausdehnung (sea ice extent) angeben, d.h. das Gebiet, in dem mindestens 30% Eisbedeckung herrscht (andere nehmen 15%). Also: Wenn man Ab- oder Zunahmen anschauen will, dann muss man immer die Zeitreihen desselben Datensatzes nehmen, nicht den japanischen von 1990 mit dem dänischen von 2012 vergleichen oder so (Skeptiker picken sich gerne ihre Daten so selektiv...).
Das bedrückende ist natürlich, dass ALLE Datensätze einen dramatischen Rückgang in den letzten Jahren zeigen und in fast jedem Datensatz dieses Jahr schon ein Rekord gebrochen wurde, obwohl die Schmelzsaison noch nicht zuende ist.
Wer sich für die einzelnen Daten interessiert und damit herumspielen will, findet übrigens eine gute Übersicht hier: https://sites.google.com/site/arcticseaicegraphs/
Wissenschaftlich ist das eine spannende Sache, aber menschlich ein ziemliches Disaster...
Alter Hut
31.08.2012, CastleTrotzdem sehr gründliche Forschungsarbeit.
Verlegung von Stromtrassen
31.08.2012, Paul NeuenhoferSehr geehrte Damen und Herren,
zum aktuellen Problem "Neue Stromtrassen verlegen" habe ich folgende Frage:
Warum kann man eine neue Stromtrasse von Nord nach Süd nicht einfach
durch ein oder mehrere Unterwasserkabel auf dem Grund des Rheines (oder Elbe) verlegen ?
Im Meer geht es doch auch.
Damit wäre eine riesige Strecke oberhalb der Erde verschwunden,
es wäre wahrscheinlich viel billiger und ein großer Teil der Diskussionen wäre vom Tisch.
Es müssten nur noch Querverbinden im Land gebaut werden.
Mit freundlichen Grüßen
Paul Neuenhofer
Piepersweg 32
41066 Mönchengladbach
E-Mail: pdneuenhofer@arcor.de
Gruppendisziplin
31.08.2012, Wolfram ObermannsHat sich in der Pädagogik schon mal jemand Gedanken über die Kosten dieses Freiheitsgewinns der einen zu Lasten der anderen gemacht?
Hat die Psychologie eine Antwort auf dieses Dilemma?
Freiheit gründet auf geistige Prinzipien
31.08.2012, Paul Kalbhen, GummersbachTätiger Buddha
30.08.2012, Otmar Domainko, Hermagor (Österreich)In Anbetracht dessen dass sich buddhistische Gemeinden in Deutschland, Österreich und der Schweiz längst etabliert haben, muss ich Ihnen aber in einem Punkt Ihrer Ausführungen doch widersprechen, ich zitiere: … eines buddhistischen Bettelmönchs, der völlige Erleuchtung erlangt hat. Ihm erscheinen alle Lebenstatsachen als gleichermaßen (un)wichtig; er bleibt untätig und überlebt nur, solange Mitmenschen ihn mit Kleidung und Nahrung versorgen …
Natürlich ist mir klar, dass es im Mahayanabuddhismus eventuell Aussagen gibt, die bei oberflächlicher Betrachtung in diese Richtung interpretiert werden können. Auf die Lebenswirklichkeit des Buddhismus im Allgemeinen, auch des Mahayana, trifft diese Aussage jedoch nicht zu. In buddhistischer Diktion wäre Ihre Aussage "eine falsche Darlegung des Dhamma (Pali; Sanskrit: Dharma)", also der Lehre Buddhas.
Was ist also ein "völlig Erleuchteter" (Pali: Arahat)?
Nach Versiegung aller Triebe aber erreicht er schon in diesem Leben die von allen Trieben freie Gemütserlösung und Wissenserlösung, indem er sie selbst erkennt und verwirklicht. (Zitiert nach dem Palikanon von Nyanatiloka, Buddhistisches Wörterbuch, Beyerlein & Steinschulte, 1999)
Anm.: Der Palikanon, frei zugänglich unter www.palikanon.de, ist die im Theravedabuddhismus kanonisierte Sammlung von (in der Hauptsache) Lehrreden Buddhas und seiner bedeutendsten, unmittelbaren Schüler. Die Authentizität des Palikanon gilt heute als von allen buddhistischen Schulen anerkannt.
"Von allen Trieben an Gemüt und im Wissen erlöst" zu sein bedeutet nun keinesfalls zwangsweise in einer Welt von völlig egalitären Lebenstatsachen untätig zu bleiben. Wäre dem so, so hätte Buddha nie mit seiner Lehrtätigkeit beginnen können / brauchen, denn mit einer derart egalitären Weltsicht hätte es keinen Grund dafür gegeben. Würden Ihre oben zitierten Ausführung zutreffen, hätte der Buddhismus niemals existiert, denn im Widerspruch dazu hat Buddha seine Lehrtätigkeit nach seiner Erleuchtung durchaus vital aufgenommen.
Tatsächlich befand sich Buddha nach seiner (völligen) Erleuchtung unter dem Bodhibaum (ficus religiosa) keineswegs in einer Situation völliger Egalität. Buddha berichtet davon im Ariyapariyesana Sutta (Sanskrit: Sutra), Das Heilige Ziel, Majjhima Nikaya (Mittlere Sammlung) M. 26: Entdeckt hab' ich diese tiefe Satzung, die schwer zu gewahren, schwer zu erkunden ist, die stille, erlesene, unbekrittelbare, feine, Weisen erfindliche. Vergnügen aber sucht ja dieses Geschlecht, Vergnügen liebt es, Vergnügen schätzt es. Dem Vergnügen suchenden Geschlechte nun aber, Vergnügen liebenden, Vergnügen schätzenden ist ein solches Ding kaum verständlich ... Wenn ich also die Satzung darlege und die anderen mich doch nicht begreifen, so ist mir Plage gewiss und Anstoß.
Es bewegten ihn also schwere Zweifel bezüglich seiner künftigen Mission und deren Nutzen. "Aus Erbarmen zu den Wesen blickte er mit dem erwachten Auge in die Welt" und erkannte schließlich auch: Verderben, ach, wird ja die Welt, elend verderben, wenn des Vollendeten, Heiligen, vollkommen Erwachten Gemüt sich zur Verschlossenheit neigt und nicht zur Darlegung der Lehre!
Da nun schon der historische Buddha keineswegs allen Lebenstatsachen gegenüber gleich untätig geblieben ist, kann das natürlich für seine Schüler, bis herauf in die heutige Zeit, auch nicht gelten. Ein Beweggrund für alle Erleuchteten zieht sich wie ein roter Faden durch den gesamten Palikanon: Liebevolle Güte und allumfassendes Mitgefühl für alle leidenden Wesen. Das ist der Grund, aus dem heraus unzählige Mönche wie Nonnen seit Buddhas Lebzeiten nach dem höchsten buddhistischen Ziel streben - und es wohl auch erreichen können.
Anders als in westlichen klerikalen Orden liegt der Fokus des Sangha (Überbegriff für buddhistische Orden) einerseits darauf, den leidenden weltlichen Menschen mit, aus fundierter Kenntnis des Dhamma (der Lehre) heraus, gutem Rat zur Seite zu stehen. Ganz praktische Lebenshilfe also, die nicht nur exklusiv buddhistischen Laien, sondern allen Menschen, den Weg zu einem glücklicheren Leben weisen soll.
Andererseits obliegt dem Sangha natürlich der Erhalt und die Bewahrung des Dhamma, damit auch künftige Generationen noch von Buddhas Erkenntnissen und Einsichten profitieren können. Selbst in diesem Kontext ist die eigene "völlige Erleuchtung" keineswegs ausschließlich egoistisch, sondern birgt durchaus auch ein altruistisches Element in sich. Das liegt daran, dass der Dhamma nicht nur durch Studium von Schriften rein intellektuell erfasst werden kann. Zumindest genauso wichtig wie intellektuelles Wissen ist es, den Dhamma praktisch zu üben und zu leben. Erst darin, in dieser individuellen, persönlichen Erfahrung der Lehre Buddhas offenbart sich umfassende Einsicht und umfassende Erkenntnis der Lehre Buddhas.
Tatsächlich kann das bloße intellektuelle Schriftenwissen, auch von "völlig Erleuchteten", durchaus rudimentär sein, wie etliche Stellen im Palikanon belegen. Schon seit den Gründertagen des Buddhismus haben sich verschiedene Schulen um verschiedene Bereiche der Überlieferung des Palikanon bemüht. Insgesamt jedoch ist nach buddhistischer Vorstellung eine lebendige, authentische Überlieferung der Lehre Buddhas nur aus dem Zusammenspiel zwischen dem möglichst wortgetreuen Erhalt der Schriften und aktivem persönlichen Erleuchtungsstreben möglich. Nur so ist gewährleistet, dass neben dem bloßen Wort auch eine Kontinuität der individuellen, persönlichen Erfahrung über die Generationen weitergegeben wird.
Daraus wird leicht verständlich, wie wichtig möglichst "völlig Erleuchtete" für den Erhalt des Dhamma sind. Denn nur diejenigen, die das höchste buddhistische Ziel erlangt haben, sind tatsächlich befähigt, die Lehre (in buddhistischer Diktion) nicht nur "wortgetreu", sondern auch "sinngetreu" zu tradieren. Der letzte Sinn der Lehre, des Dhamma, eröffnet sich eben erst in "völliger Erleuchtung", während der philosophische, allein wortgetreue Ansatz nicht zu realer Umsetzung im täglichen Leben und damit auch nicht zu einer Verbesserung der Lebenssituation der einzelnen leidenden Wesen führt, was aber Dreh- und Angelpunkt der gesamten buddhistischen Lehre ist.
Daher kann ein "völlig Erleuchteter" gar nicht untätig bleiben. Viel zu bedeutend wäre, in der Nachfolge Buddhas, "von Mitgefühl und liebevoller Güte bewogen", seine Verantwortung gegenüber allem Lebenden.
Eine wissenschaftliche Aufarbeitung des Lebens und Wirkens Buddhas, frei von mythischen Verbrämungen, gibt es von Hans Wolfgang Schuhmann, Der historische Buddha, Diederichs Gelbe Reihe, © Hugendubel 2004.
Wirklich fundamental neu oder uralter Hut?
30.08.2012, Ulrich Gärtnerhttp://en.wikipedia.org/wiki/Virchow-Robin_spaces
Der Virchow-Robin-Raum ist den Autoren der Studie wohlbekannt. Sie bilden Zugänge im bereits bekannten "bulk flow"-System, haben aber nichts mit den "Kanälen" zu tun, die in der aktuellen Untersuchung entdeckt wurden - auch wenn die Ähnlichkeit (beide verlaufen parallel zu Blutgefäßen) das nahelegt.
Mit freundlichen Grüßen
Jan Dönges, Redaktion spektrum.de
Effiziente Forschung!
29.08.2012, Prof. MaulhoferVisuelle Wahrnehmung
29.08.2012, David Keine AngabeEismenge
29.08.2012, ZukunftSehr geehrter Herr Bontus,
in diesem Fall macht es tatsächlich mehr Sinn, die Fläche in Quadratkilometer anzugeben, da es ja um die flächige Ausdehnung des Meereises geht. Verglichen mit einem Gletscher ist es eher zweidimensional angelegt, da es normalerweise kaum dicker als zwei bis drei Meter wird (außer es wird von Wind und Strömungen zusammengeschoben). Eine Volumenangabe würde dementsprechend den drastischen Schwund des Meereises deutlich schlechter darstellen.
Zum anderen sind mit der Ausdehnung der Eisdecke auch wichtige ökologische und physikalische Eigenschaften verbunden, die sich wandeln wenn das Eis zurückgeht. Um das zu verdeutlichen: Nehmen wir einmal an, Wind und Strömungen hätten das nun verstärkt auftretende einjährige Eis massiv zusammengeschoben, ohne dass es gleichzeitig zu einem großen Schmelzverlust gekommen wäre. Das Eisvolumen wäre dadurch in geringerem Umfang zurückgegangen, aber dennoch eine riesige freie Wasserfläche entstanden - mit den gleichen Rückkopplungseffekten wie im Text beschrieben. Deshalb muss der Verlust beim Meereis in Quadratkilometer angegeben werden, während bei Gletschern oder Eisschilden Kubikkilometer die richtige Mengenangabe sind.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Lingenhöhl
Redaktion Spektrum.de
Es wird knapp
27.08.2012, ArcticioDas schöne am Wetter hier in Mitteleuropa ist eigentlich, dass - egal wie mies es ist - es zieht irgendwann weiter. Davon kann man sich ja dann wohl verabschieden.
Gentechnik 1969?
24.08.2012, Prof. Dr. Dietrich H. Nies, Halle