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Kommentare - - Seite 1049

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • Vitamin-D-Mangel weit verbreitet

    02.07.2008, Hans-Jürgen Gregersen, Kosweg 2, 24983 Handewitt
    Dieser Artikel weckte mein besonderes Interesse, da ich täglich in meiner Praxis Vitamin-D-Mangelzustände entdecke und therapiere. Primär ist mein Ansinnen als Nephrologe, der Menschen mit unterschiedlichen Graden der Niereninsuffizienz (Nierenfunktionsschwäche) behandelt, den Knochenstoffwechsel zu überprüfen, um entsprechende Metabolite zu verabreichen. Es ist wirklich erstaunlich wie selten ein normaler Vitamin-D-Spiegel, auch bei fast Gesunden, zu detektieren ist. Leider scheitert die Therapie an mangelnder Krankheitseinsicht, zumal die Vigantoletten (=1000 IE Cholecalciferol) als bloße Nahrungsergänzungsmittel nicht von der gesetzlichen und zunehmend weniger von der privaten Krankenkasse übernommen werden. Dabei kosten 90 Vigantoletten nur 7,50 Euro - ein geringer Betrag verglichen mit den Folgekosten von Vitamin-D-Mangel.

    Angeregt durch Ihren Artikel, kümmere ich mich jetzt um breitere Aufklärung mit Erstellung von praktikablen Lebensmittellisten. Die Sonneneinstrahlung ist problematisch, da die Angst vor dem schwarzem Hautkrebs, dem Melanom, weit verbreitet ist. Andererseits ist alles dosisabhängig.

    Es gibt Firmen, die spezielle Lichtspektren in Leuchtstoffröhren erzeugen und das Sonnenlicht imitieren. Aber können diese auch die Vitamin-D-Bildung ausreichend anregen? Da ich selbst den größten Teil des Tages, rund 10 - 12 Stunden, in geschlossenen Räumen verbringen muss, wäre ich sehr an einer Klärung dieser Frage interessiert. Ich möchte gerne die ganze Pleiotropie dieses Stoffes ausnutzen.

    Mit besten Grüßen als treuer Leser seit 20 Jahren (mein erster Leserbrief!)
    Stellungnahme der Redaktion

    Sofern Leuchtstoffröhren genug UV-B-Strahlung abgeben, wird die Vitamin-D-Bildung auch von ihnen angeregt.

  • Chance verpasst in einer wichtigen Diskussion

    02.07.2008, Uwe Dankert, 85540 Haar
    Prof. Kleinknecht stößt mit seinem Artikel eine wichtige Diskussion an, die leider immer noch eine zu geringe Bedeutung in der öffentlichen Wahrnehmung hat. Dies ist ausdrücklich zu begrüßen und sollte schnell vertieft werden und nachhaltig zu tief greifenden Entscheidungen führen. Aber hoffentlich nicht in die Richtung, die Prof. Kleinknecht als Vorsitzender des Klimaausschusses der DPG vertritt. Und das hat auch nichts mit einer schnellen Ideologisierung zu tun, die Herr Breuer in seinem einführenden Editorial fürchtet. Dennoch bin ich geneigt, diese Diskussion in der Zeit der frühen Achtziger des letzten Jahrhunderts wiederzuerkennen, als es auch bei den Physikern (ich habe mein Diplom an der Universität in Mainz gemacht, an der heute Prof. Kleinknecht lehrt) im Wesentlichen die beiden Fraktionen Pro-/Contra Kernenergie gab.

    Denn leider unterlaufen dem Autor in seiner Darstellung eine Reihe nicht unbedeutender Ungenauigkeiten und missverständlicher Interpretationen bzw. Extrapolationen. Dies haben ja auch schon einige der veröffentlichten Leserbriefe im Anschluss an den Artikel aufgezeigt. Im Einzelnen sind zu kritisieren:

    (1) Versorgungsstruktur

    Es ist richtig, dass der Umbau unserer traditionellen Energieversorgung hin zu einer nachhaltigen Versorgung politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich eine Herausforderung bedeutet, die uns alle betrifft. Jeder von uns muss da mitmachen, aber es ist offensichtlich leichter, Energiepolitik für wenige Energieversorger zu machen, als für viele Energieverbraucher, wie die ZEIT einmal in 2006 formulierte. Gerade der Wechsel von einer eher zentralistisch organisierten Energieversorgungsstruktur zu einer dezentral organisierten Struktur ist alles andere als leicht durch- und umsetzbar. Aber es gibt Beispiele in Europa, die bereits so organisiert sind. So ist beispielsweise in Dänemark die Erzeugung von Strom aus dezentralen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen bei einem Anteil von 49 Prozent in 2002 angekommen, wogegen Deutschland bei 9,8 Prozent verharrt (Quelle: Eurostat 2006). Diese Zahlen haben sich seitdem kaum verändert, trotz des KWK-Förder-Gesetzes in Deutschland. Hier ist also Potenzial zu schöpfen. Natürlich bedeuten Offshore-Windkraftanlagen eine zentrale Struktur weitab von Verbrauchszentren in Mittel- und Süddeutschland. Dass aber der Bau von Überlandleitungen technisch und wirtschaftlich machbar ist, steht außer Frage. Kernkraftwerke stehen ja auch „weit weg vom Schuss“, weil sie trotz ihrer zumindest in Deutschland hohen Sicherheit niemand in seiner unmittelbaren Nachbarschaft haben möchte. Immerhin besteht ja noch ein Restrisiko.

    (2) Windenergie

    In 2007 wurde bereits etwa 16 Prozent unseres Stromes (gegenüber 12 Prozent in 2006), den wir benutzen, durch regenerative Energieerzeugungsanlagen bereitgestellt. Die Hälfte davon in 19.460 Windkraftanlagen mit einer Gesamtkapazität von 22.247 MW (Quelle: www.wind-energie.de/de/statistiken). Im Mittel sind das pro Anlage 1,14 MW Kapazität. In dem Artikel von Prof. Kleinknecht eine Zahl von weiteren benötigten 60.000 Anlagen zu nennen, leugnet aber die realen Hintergründe und dient eher dem plakativen Zweck des Zusammenzuckens beim nicht informierten Leser. Derzeit lassen sich etwa 3.000 der existierenden Anlagen über Repowering potenziell hochrüsten (von zwischen 50 und 400 kW zu 3 MW bis maximal etwa 4,5 MW), was die zur Verfügung stehenden Kapazitäten auf ca. 30.000 MW erhöht, ohne gleichzeitig die Zahl der Anlagen zu erhöhen! Offshoring ist natürlich ein neues Thema und noch am Beginn der technischen Lernkurve mit allen positiven wie negativen Lerneffekten. Dennoch ist es mathematisch leicht nachzuvollziehen, dass zur Bereitstellung einer Erzeugungskapazität von weiteren 40.000 MW Winderzeugungsleistung "nur" etwa 8.000 weitere Windkraftanlagen benötigt sind, wenn man als mittlere Kapazität 5 MW pro Anlage ansetzt. Vermutlich werden aber die Offshore-Anlagen tendenziell sogar noch größer werden. Folglich sind zur Vervierfachung der durch WKA erzeugten Strommenge weit weniger Anlagen notwendig, als plakativ sogar in einer Artikelunterüberschrift dargestellt wird. Es ist natürlich klar, dass auch der Zubau/Neubau von insgesamt 11.000 Anlagen nach dieser kurzen Überschlagsrechnung eine Herausforderung bleibt. Pro Jahr sind das bis 2020 etwa 1.000 Anlagen, dies muss erst mal geschafft werden. Vor allem, weil die Amerikaner derzeit fast alle hergestellten Windkraftanlagen aufkaufen. Dennoch scheint dies organisierbar und machbar.

    (3) Grundlastfähigkeit

    Eine einzelne Windkraftanlage ist natürlich nicht grundlastfähig, weil Wind zeitlich schwankt. Das leuchtet jedem ein. Photovoltaik-Anlagen zeigen das gleiche „stochastische“ Verhalten, allerdings sogar relativ komplementär zu Windkraftanlagen. Die Kombination von beiden Systemkomponenten zu einem Gesamtsystem nähert sich also einem möglichen Grundlastverhalten schon an. Außerdem können viele Windkraftanlagen zusammen durchaus einen Beitrag zur Grundlast leisten (Wind weht immer irgendwo), und eine europaweite Zusammenschaltung kann dies zu einem hohen Anteil für ganz Europa tun. Darüber hinaus werden Offshore-Anlagen durchaus auch in der Grundlast gesehen, da der Wind auf See wesentlich stetiger bläst, als an Land. Warum aber so weit gehen? Bereits in Deutschland gibt es den nachgewiesenen Prototypen eines sogenannten Kombikraftwerkes (www.kombikraftwerk.de), der Windkraftanlagen, PV-Anlagen, Biokraftanlagen und KWK-Anlagen deutschlandweit (!) koppelt und steuert, um exakt das Lastprofil einer 10.000 Einwohner-Stadt real bereitzustellen. Wenn auch 10.000 nicht gleich 80 Millionen sind, es zeigt, dass es also auch anders geht, als über Kernkraftwerke, die vor allem aus Kosten-, Effizienz- und Unflexibilitätsgründen (wie die Braunkohle-Kraftwerke) die Grundlast in Deutschland stellen.

    (4) Effizienz

    Dieses Wort taucht in dem Artikel nur etwa 4-mal auf (in verschiedenen Wortformen). Kernenergie und Kernanlagen fast 20-mal. Dies ist sehr verwunderlich, da die Effizienzsteigerung der wesentliche zweite Pfeiler des Umbaus unserer Energieversorgung ist und sein muss. Niemand ist an dem Strom aus einem Kohlekraftwerk oder Kernkraftwerk oder einer Windkraftanlage interessiert. Was für uns wichtig ist, sind Licht, Wärme, Antrieb von Maschinen, bewegte Luft, kühle Luft usw.. Das nennt sich Nutzenergie, und die Kunst besteht natürlich darin, die benötigte Nutzenergie mit möglichst wenig Endenergie und in letzter Konsequenz wenig Primärenergie bereitzustellen. Hier gibt es nicht die eine große Technik (wie vielleicht die Energiesparlampe bei Licht), die den gleichen Nutzen produziert, aber wesentlich geringeren Energieaufwand zugrunde hat. Aber die notwendigen wesentlichen Techniken und Schritte sind bereits alle bekannt, ohne ausschließen zu wollen, dass es noch mehr intelligente Techniken geben wird. Potenziell, d.h. technisch, können wir mit nur 20 Prozent der heute benötigten Primärenergie auskommen, um den gleichen Nutzen zu haben. Das Problem sind das Wissen um die Techniken und Verfahren/Prozesse und ihre Umsetzung. Das hat viel mit Stellenwert von Energiekosten in Betriebs- oder Haushaltskosten zu tun, aber auch mit Know-how und Bereitschaft, neue Wege zu gehen. Wirtschaftlich notwendige Kostenreduktionen könnten in Betrieben oft leichter mit Effizienzmaßnahmen als mit dem üblichen Personalabbau erreicht werden. Und hätten als Sekundäreffekt eine deutliche Klimaentlastung zur Folge.

    Wie groß ist hier das abschöpfbare Potenzial? Wenn wir von einem Wirtschaftswachstum von 2 Prozent jährlich bis 2020 ausgehen und gleichzeitig unsere Energieproduktivität (eingesetzte Primärenergie zu erzeugtem Bruttosozialprodukt) um 3 bis 3,5 Prozent jährlich verbessern, dann reichen in 2020 zwischen 83 Prozent und 85 Prozent unserer heutigen (!) Energie aus, um trotz Wirtschaftswachstum den benötigten Nutzen zu erzielen. Dies macht zu diesem Zeitpunkt (also 2020) bereits den Einsatz von Kernkraftwerken obsolet. Sie könnten ersatzlos abgeschaltet werden. Leider fehlt im Beitrag von Prof. Kleinknecht jegliche Diskussion dieses wichtigen Beitrags. 3 Prozent hören sich natürlich erst mal nicht viel an, aber wenn man schaut, dass es uns in Deutschland von 1997 bis 2006 nur gelang, die Energieproduktivität jährlich um ca. 1,5 Prozent zu steigern, dann wird klar, dass das nicht einfach geht. Aber es geht, wie ein vergleichbares Land wie Japan seit einigen Jahren schon zeigt!

    (5) Ungenauigkeiten

    Darüber hinaus sind weitere Ungenauigkeiten in dem Beitrag zu bemängeln.

    - Wir sollten den Anteil von Deutschland an den CO2-Emissionen innerhalb Europas nicht klein reden, aber zumindest die Tchechische Republik, Irland, Norwegen (trotz weit gehender Stromproduktion aus Wasserkraft) und Belgien hatten in 2002 eine höhere Pro-Kopf-CO2-Produktion als Deutschland. Und sind seitdem nicht durch starke Reduktionsmaßnahmen aufgefallen.

    - Der Bau neuer Kohlekraftwerke erhöht nur dann die CO2-Produktion, wenn die neuen Kraftwerke z.B. Kernkraftwerke ersetzen sollen, nicht aber, wenn sie alte, ineffiziente Kohlekraftwerke ersetzen. Dann trägt sogar der Bau von Kohlekraftwerken mit einer Stromerzeugungseffizienz von 43 Prozent zur einer CO2-Reduktion bei. Besser wäre natürlich der Bau von KWK-Erdgas-Kraftwerken, die die gleiche Strommenge produzieren können, gleichzeitig aber noch Wärme bereitstellen. Aber das setzt natürlich eine etwas andere Versorgungsstruktur voraus.

    - Im Szenario A wird der Kernkraft ein Stromerzeugungsanteil von einem Drittel (also 33 Prozent) unterstellt. Real sind es heute aber 27 Prozent. Das ist vielleicht nur ein bisschen unsauber formuliert und wird hoffentlich nicht zugrunde legen, daß in Deutschland neue Kernreaktoren gebaut werden.

    - Tja, und natürlich wird die Endlagerung von CO2 als technisch, wirtschaftlich und realistisch kaum durchsetzbar diskutiert. Das gleiche lässt sich natürlich auch über die Endlagerung radioaktiver Abfälle sagen. Auch hier gibt es nirgendwo (!) in der Welt ein sicheres, nachgewiesenes und vorzeigbares Endlager. Aber das war kein Thema des Artikels.

    Die Schlussfolgerungen des Autors, dass es ohne Verlängerung von Kernkraftwerkslaufzeiten nicht geht, um die Ziele zu erreichen, zu denen sich die deutsche Bundesregierung bekannt ist, sind also nicht so eindeutig, wie sie dargestellt sind. Es gibt eine Reihe von Untersuchungen, die ganz andere Szenarien realistisch durchrechnen und zu völlig anderen Schlussfolgerungen kommen.
    Und dass alle wichtigen Länder für die nächsten 50 (!) Jahre nicht ohne Kernenergie auskommen werden, um die Klimaprobleme in den Griff zu bekommen, ist auch eine sehr weit hergeholte Hypothese, die durch nichts untermauert wird. Im Gegenteil, Kernenergie wird unser Klima nicht retten, dazu sind die Beiträge zur weltweiten Energieversorgung zu gering. Und wer möchte schon in heute durchaus labilen Staaten eine hochkomplexe Kernenergieinfrastruktur aufbauen.
    Dennoch, ich begrüße den Diskussionsbeitrag des Autors, damit endlich eine zukunftsfähige Diskussion um eine zukunftsfähige Energieversorgung in unserem Land und in der Welt in Gang kommt. Leider teile ich nicht die dargestellten Schlussfolgerungen.
    Ich freue mich auf eine Stellungnahme des Autors.


  • Warum friedlicher Umgang miteinander?

    02.07.2008, Reiner Vogels, Swisttal
    Nachdem es in der Frage der Willensfreiheit, wie es nicht anders zu erwarten ist, zu einem bloßen Gegenüberstellen von Positionen gekommen ist, bei dem keine von beiden wirklich bewiesen werden kann - siehe die Leserbriefe von Prof. Kalbhen, Chris Wood und mir mit den entsprechenden Reaktionen von Prof. Kanitscheider -, meine ich, in der Frage, warum denn ein friedliches Zusammenleben der Menschen eine wissenschaftlich begründbare ethische Forderung sein sollte, wie es Prof. Kanitscheider meint, eine Frage anzusprechen, die sehr wohl eindeutig beantwortet werden kann:


    Es ist wissenschaftlich und rational überhaupt nicht begründbar, dass das "friedliche Zusammenleben der Menschen" ein Wert ist. Warum sollte das ein Wert sein?


    Vor Jahren schon hat Peter Singer auf der Basis des atheistischen Humanismus, wie ihn Prof. Kanitscheider vertritt, mit vollem Recht in SdW vor einem "Rassismus der Spezies Mensch" gewarnt. Warum sollte nach Singer ein lebenslustiger Schimpanse nicht ein größeres Recht haben als ein geistig behindertes Kind?



    Zu allen Zeiten hat es Menschen gegeben, die vom friedlichen Zusammenleben der Menschen überhaupt nichts gehalten haben. Von Napoleon stammt bekanntlich der Ausspruch: "Ein Mensch wie ich pfeift auf das Leben von einer Million Menschen." Was ist daran ethisch falsch, wenn der Mensch lediglich ein deterministischer biologischer Apparat ist, der weder Freiheit noch die nur in der Freiheit zu begründende Würde hat? Welche Würde sollte eine biologische Maschine haben?


    Was ist an der Lehre Nietzsches falsch, dass es Übermenschen und Untermenschen gibt und dass es das Recht der Übermenschen ist, den Untermenschen Ihren Willen aufzuzwingen? Was ist falsch an der Kastenlehre, die besagt, dass Schönheit und Kunst, Wissenschaft und Philosphie nur etwas für bestimmte Kasten seien, während die unteren Kasten für niedere Tätigkeiten bestimmt seien? Was schließlich ist falsch an der biologistischen Lehre, dass der Kampf ums Überleben und das Gesetz von Fressen und Gefressenwerden nicht nur in der nichtmenschlichen Natur, sondern auch in der menschlichen Gesellschaft richtig sei, weil es das Natürlichste von der Welt ist?


    Ich lerne gerne hinzu, und ich bin wirklich gespannt, ob es aus der Sicht des atheistischen Humanismus wirklich rationale und wissenschaftlich begründbare Argumente gibt, die die Falschheit der von mir aufgeführten Beispiele beweisen. Da haben die atheistischen Humanisten eine bisher uneingelöste und nach meiner Überzeugung uneinlösbare Bringschuld!
  • Kommentar zum Leserbrief von J. Thomsen

    02.07.2008, Prof. Dr. Peter Ulmschneider, Heidelberg
    Zum Leserbrief von Jakob Thomsen möchte ich auf folgende Punkte eingehen:


    Jakob Thomsen (J.T.): Verwunderlich finde ich allerdings,
    dass in einer seriösen naturwissenschaftlichen Zeitschrift wie Spektrum der Wissenschaft überhaupt immer wieder Theologie zur Sprache kommt (wenn auch zum Glück nur am Rande), denn diese hat eindeutig nichts mit Wissenschaft zu tun, da keine ihrer "Theorien" falsifizierbar sind, und sie schon bei oberflächlicher Betrachtung voller Widersprüche steckt.


    Peter Ulmschneider (PU): Bei "oberflächlicher Betrachtung voller Widersprüche" so kann man 2500 Jahre Diskussion zu diesem Thema nicht abtun.


    J.T.: Einige Beispiele:

    Die Annahme, es gäbe einen Gott, der allwissend ist, schließt Willensfreiheit aus, denn wie kann jemand frei sein, dessen Handlungen Gott schon im Voraus bekannt und die damit festgelegt sind?


    PU: Schon Boethius hat um 525 in seiner Schrift „Vom Trost der Philosophie“ diese Tatsache erklärt: Gott steht außerhalb der Zeit. Die Zeit wurde von ihm zusammen mit unserer Welt geschaffen und betrifft ihn nicht. Weil Gott zu allen Zeiten in permanenter Gegenwart existiert, sieht er was eine Person anrichtet. Diese Person behält dabei ihren freien Willen, Gott greift in ihre Entscheidung nicht ein.


    J.T.: Weiterhin kann Gott selber damit keine Willensfreiheit besitzen, da er seine eigenen Entscheidungen auch im Voraus kennen muss.


    PU: Zeit und Raum sind von Gott geschaffen, sie betreffen ihn nicht.


    J.T.: Und die Annahme, Gott sei allmächtig, befreit alle Menschen völlig von jeglicher Verantwortung für ihre Taten (also auch von "Sünden"):

    Da Gott im Voraus von diesen Taten Kenntniss hatte und sie nicht verhinderte, können wir nur folgern, dass er sie befürwortet, sonst hätte er sie verhindert!


    PU: Was hat Zeitlosigkeit mit Allmacht zu tun?


    J.T.: Allmacht und Allwissenheit eines Gottes machen auch Gebete (im Sinne von Bitten um etwas, z.B. Gesundheit) überflüssig, denn wir müssen annehmen, dass sowohl Gegenwart und Zukunft EXAKT so sind bzw. werden,
    wie Gott sie haben will, sonst hätte er sie ja verändern bzw. im Voraus verhindern können.


    PU: Wenn Gott eingreifen würde um alles Böse zu verhindern, würde er uns den freien Willen nehmen und uns zu willenlosen Robotern machen. Er würde dann nicht über unsere Welt sondern eine Uhrenfabrik herrschen.


    J.T.: Gebete sind so gesehen immer Kritik an Gott.


    PU: Das folgende Gebet ist keine Kritik an Gott: "Herr, mein Gott, ich flüchte mich zu dir; hilf mir vor allen Verfolgern und rette mich, damit mir niemand wie ein Löwe das Leben raubt, mich zerreißt, und keiner da ist, der mich rettet."


    J.T.: Schließlich ist schon ein Konzept wie
    "Allmächtigkeit" ein Widerspruch in sich:

    Ein allmächtiges Wesen müsste z.B. einen Stein erschaffen können, den nicht einmal es selbst bewegen kann, sonst wäre es nicht allmächtig. Wenn es diesen hypothetischen Stein erschafft, so ist es nicht allmächtig, denn es kann diesen Stein eben nicht bewegen! Verzichtet es darauf, so ist es auch nicht allmächtig, denn es kann diesen Stein nicht erschaffen!


    PU: Offensichtlich kann Allmacht nicht bedeuten, dass Gott fähig sein soll, absolut alles zu tun: Ein Ding und auch sein Gegenteil, reinen Unsinn (einen solch schweren Stein zu schaffen, dass er ihn nicht heben kann, eine Frage zu stellen, die er nicht beantworten kann, etwas zu entdecken das er nicht kennt), Naturgesetze zu verfügen und sie wieder zu beseitigen, Menschen mit freiem Willen zu schaffen und diese Freiheit bei beliebigen Gelegenheiten wieder zurückzunehmen. Eine solche Vorstellung von Allmacht als uneingeschränkte Willkür ist inkonsistent mit dem Bild Gottes als dem großartigen Schöpfer, der in logisch-widerspruchsfreier, definitiver und zielbewusster Weise handelt.


    J.T.: Zu guter Letzt ist der Anspruch der Religion auf die Ethik unsinnig:

    Entweder es gibt eine absolute Definition von dem, was "gut" ist, dann muss sich auch Gott daran halten und wird für diese Frage überflüssig. Oder die Definition ist von Gott vorgegeben und wird damit völlig willkürlich, denn dann wäre ja alles "gut" solange es nur "von oben"
    vorgegeben wird!


    PU: Ethik, Liebe bedeutet nicht, dass er uns von Leiden und Tod verschonen sollte, da solch ein Eingreifen die (Natur-) Gesetze der Evolution (d.h. den Kampf ums Überleben) aufheben würde, was inkonsistent mit seiner Schöpfung wäre.


    J.T.: Angesichts dieser und zahlloser weiterer Ungereimtheiten bin ich daher dafür, das Thema "Theologie" erst dann wieder anzuschneiden, wenn es von offensichtlichen inneren Widersprüchen befreite und
    falsifizierbare Theorien präsentieren kann.


    PU: Wir reden heute über Dunkle Materie und Dunkle Energie obwohl wir nicht wissen, ob diese wirklich existieren und wenn, was diese Stoffe wirklich sind. In der Wissenschaft (und die Frage nach einem Schöpfer unseres Universums ist eine primär naturwissenschaftliche Frage!) kann man über alles reden, solange man rational argumentiert. Man kann sehr wohl fragen was ontologisch „vor“ dem Urknall war obwohl die Zeit dort entstanden ist, was „nach“ dem Kältetod unseres Universums kommt, obwohl dieser erst nach unendlich langer Zeit eintreten wird und was „jenseits“ des Endpunkts der Evolution des Lebens sein wird. Meines Erachtens ist für die Erklärung dieser drei asymptotischen Ereignisse die Existenz Gottes eine sehr wahrscheinliche naturwissenschaftliche Hypothese.

  • Effekte endokriner Disruptoren

    02.07.2008, Prof. Dr. med. Dietrich Klingmüller, Bonn
    Der Beitrag belegt, dass endokrine Disruptoren wie Phthalate die Entwicklung der Vögel beeinflussen. Von besonderem Interesse ist, ob auch der Mensch betroffen ist. In einer bemerkenswerten Studie untersuchte die Arbeitsgruppe von Shanna Swan an der Universität Rochester (New York) den Einfluss von Phthalaten auf die Ausbildung des sexuellen männlichen Phänotyps. Anlass für diese Untersuchung war der Befund, dass hohe Dosen bestimmter Phthalate bei Ratten unter anderem zu einer Verkürzung der anogenitalen Distanz (AGD) führten. Die AGD ist ein empfindlicher Marker für die androgen-abhängige Entwicklung der Reproduktionsorgane von männlichen Föten. In der Studie von Swan et al. wurden bei schwangeren Frauen mit männlichem Fötus während der Spätschwangerschaft Phthalatmetabolite im Urin untersucht. Nach der Geburt zeigte sich bei diesen Jungen, dass die AGD unter Phthalatexposition signifikant kürzer war. Zusätzlich wurde gehäuft ein Hodenhochstand und ein kleineres Genitale beobachtet. Dabei ist zu bedenken, dass die Konzentrationen der Phthalatmetabolite zwar hohe, aber durchaus übliche Werte aufwiesen, wie sie bei etwa 25 Prozent der US-Bevölkerung zu finden sind. Man muss diese möglichen Effekte endokriner Disruptoren beim Menschen sehr genau verfolgen, um rechtzeitig präventive Maßnahmen zu ergreifen.

  • nett

    30.06.2008, Monika Armand
    Eine nette Idee, das sympathische Team vorzustellen ;-)
  • Momentane Sterberate

    30.06.2008, Walter Letsch, Zollikon
    Der Autor, ein Biologe, scheint sich in der Welt der Demografie nicht ganz zuhause zu fühlen, wie zahlreiche Fehler und Missverständnisse zeigen. So erwähnt er, dass für die USA für das Jahr 2050 eine Lebenserwartung von 77 Jahren für Männer und von 83 Jahren für Frauen prognostiziert werde. Tatsächlich liegen diese Lebenserwartungen aber heute (2008) bereits bei 75,3 und 81,1 Jahren und dürften die prognostizierten Werte bereits um das Jahr 2020 erreichen. Japan liegt bereits heute deutlich darüber, mit 78,7 Jahren für Männer und 85,6 Jahren für Frauen.
    Nicht haltbar ist die Behauptung, der Rückgang der Geburtenrate habe einen Einfluss auf die Lebenserwartung. Offenbar verwechselt der Autor die Zunahme der Lebenserwartung mit der Überalterung einer Bevölkerung, wie sich diese in der sich ändernden Alterspyramide manifestiert. Auch kann keine Rede sein von "vielen Faktoren, die in die Berechnung der Lebenserwartung eingehen", denn tatsächlich gehen pro Altersgruppe und Geschlecht nur die Zahl der unter Risiko stehenden Personen und die Zahl der pro Jahr Gestorbenen in die Berechnung ein.
    Die Behauptung, dass "die ersten fünf Lebensjahre hohe Risiken bergen" ist in dieser Form nicht korrekt. Ein hohes Risiko herrscht nur gerade im ersten Lebensjahr. Das tiefste Risiko ist in den Altern von 3-15 zu beobachten, mit Sterberaten unter 0.02% pro Jahr. Nach Ende der Pubertät steigt die Sterblichkeit markant an, was aus entwicklungsbiologischer Sicht leicht verständlich ist, da dann in der Frühzeit der Menschheit die Reproduktion einsetzte, der Schutz der bis zur Pubertät getätigten "Investition" mit jeder Geburt weniger wichtig wird.
    Der Autor hält fest, dass die Aussichten, 75 Jahre alt zu werden, je nach Land verschieden sind, um dann zu behaupten, nach Erreichen dieses Alters verschwänden die Sterblichkeits-Unterschiede, z.B. zwischen Kanadiern und Bolivianern, fast vollständig. Das ist nicht der Fall. Für 75-jährige Kanadier beträgt die Wahrscheinlichkeit, das Alter 90 zu erreichen, 36%, für Russen (als Ersatz für die Bolivianer) jedoch nur 14%, was doch ein erheblicher Unterschied ist.
    Die angegebene Definition der Sterbeintensität ist insofern zu korrigieren, als es sich hier nicht um die Todesfälle pro Jahr handelt, sondern um die momentane Sterberate. Missglückt ist die Legende zur dritten Grafik. Der zunehmende Abstand zwischen den Kurven bedeutet nicht, dass im hohen Alter die Sterblichkeit wieder sinkt, sondern dass sie immer weniger stark ansteigt, also deren Zunahme immer mehr von der exponentiellen Zunahme abweicht.
    Schliesslich noch eine Bemerkung zu den biologischen Aspekten. Die wirklich interessante Frage ist nicht, weshalb wir sterben, sondern weshalb wir solange über die Menopause (Frauen) hinaus leben, während doch fast alle Tiere (Ausnahmen z.B. Elefanten und Wale) schon kurz nach Ende der Reproduktionsphase sterben. Oder anders gefragt: weshalb liegt die Menopause etwa in der Mitte des heute von einer Frau erreichbaren Alters, wie lässt sich das entwicklungsbiologisch erklären? Eine Teilantwort darauf finden sie im Artikel "Warum gibt es Grossmütter" von Voland und Beise im Spektrum 1/2003.
  • Unterschiede im Denken der Geschlechter

    30.06.2008, Dr. Wolfgang Priebsch, Kiel
    Sehr geehrter Herr Springer,


    Ihre Rubrik „Einwürfe“ lese ich immer wieder gerne; oftmals stimme ich Ihrer Sichtweise auch zu. Ganz und gar befremdet hat mich aber, was Sie in der Juni-Ausgabe unter dem Titel „Geschlechterkampf im Internet“ geschrieben haben.

    Eine unterschiedliche Verteilung der Geschlechter auf die verschiedenen Fachbereiche gab es schon zu meinen Studienzeiten vor über dreißig Jahren. Zu dieser Zeit betrug der Anteil an Studentinnen in der Physik schätzungsweise 10 Prozent, in Chemie ungefähr ein Drittel und in Biologie etwa die Hälfte. Diese Verteilung scheint sich bis heute im Großen und Ganzen gehalten zu haben und wir müssen es wohl als Tatsache akzeptieren. Doch dass dies darauf beruhen soll, dass Frauen systematisch von den bösen Männern daran gehindert werden, vermag ich nicht zu sehen. Schon damals waren die Zeiten vorbei, in denen Frauen der Zutritt zu den Naturwissenschaftlichen Instituten verboten war – wie es noch Lise Meitner erlebt hatte -, oder die Frauen nur zur „Verschönerung des Fachbereichs“ dienten.

    Erst recht in der heutigen Zeit, in der auch in der Bundeswehr beide Geschlechter „dienen dürfen“ und Bischöfinnen im Amt sind, stehen doch Frauen alle Studiengänge genauso offen wie den Männern. Eine Behinderung oder Benachteiligung von Studentinnen habe ich während meiner Studienzeit in den Fachbereichen Chemie und Biologie nicht beobachten können. Wer, wie und warum hätte sie hindern sollen, Vorträge zu halten? Anderseits habe ich öfter beobachten können, dass häufiger Frauen sich nicht so leicht trauten, vor größerem Publikum aufzutreten und froh waren, wenn dies ihre männlichen Kollegen übernahmen.

    Ihr stillschweigende Annahme, zahlreiche Frauen würden nichts lieber tun als Physik zu studieren und werden lediglich daran gehindert, findet sich nicht durch die Bewerbungszahlen für diesen Studiengang bestätigt. Anscheinend möchte die Mehrheit der Frauen nicht Physik studieren. Höre ich doch, heute genauso wie schon früher, von Frauen aller Altersklassen sehr viel öfter als von Männern, dass sie einfach kein oder nur wenig Interesse an Technik und Naturwissenschaft (besonders an Physik) haben. Kann man diese Einstellung nicht einfach so akzeptieren? Ist das Studium der Physik die einzig akzeptable intellektuelle Betätigung? Muss es zwingend mehr Physikerinnen geben? Sind alle Nicht-Physikerinnen (also wohl fast 100 Prozent aller Frauen) weniger wert, weniger intellektuell als die Physikerinnen?

    Vielleicht liegt die Ursache für dieses Desinteresse ja wirklich in einer anderen Art des Denkens. Immerhin betonen Frauen in anderen Zusammenhängen immer wieder und sehr gerne, dass sie anders als Männer denken, nämlich gefühlsbetonter und intuitiver. Warum sollte es auch nicht so sein? Müssen alle Menschen intellektuell gleich funktionieren? Kann man nur eine Art des Denkens zulassen? Nur weil etwas anders ist, muss es deshalb doch noch nicht als schlechter zu bewerten sein; generell darf doch ein Unterschied zwischen zwei Gruppen nicht zu einer Abwertung der einen (welcher von beiden denn?) führen.

    Anscheinend streben Frauen mehr zu anderen Berufen: die Zahl der Studentinnen z. B. in Medizin oder den Lehrberufen ist sehr viel größer. Besonders hoch ist der weibliche Anteil in den fremdsprachlichen Fakultäten. Wenden Sie auch hier Ihre Argumentation an? Männer sind in diesen Bereichen unterrepräsentiert, weil die gesellschaftliche Gruppendynamik sie daran hindert? Weil sie von den Frauen sozial diskriminiert werden? Und warum sollten Frauen speziell im Bereich Physik gemobbt und behindert werden – und in allen anderen Studiengängen, in denen sie erfolgreich vertreten sind, nicht?

    Ich halte Ihren Artikel sogar für gefährlich und der Sache nicht dienlich. Wenn Sie Sorge haben, dass das geistige Potenzial der Hälfte der Bevölkerung brachliegen könnte, weil Frauen nicht Physik studieren, diskreditieren Sie damit alle anderen Berufe, für die sich Frauen anscheinend mehr interessieren. Und was ist mit der anderen Hälfte der Bevölkerung, den Männern? Es soll ja auch Männer geben, die nicht Physik studieren. Deren geistiges Potenzial liegt nicht brach, wenn sie anderen Berufen nachgehen? Also: Männer, egal in welchem Beruf, sind immer wichtig und intellektuell, Frauen aber nur als Physikerin.

    Solange allen die gleichen Möglichkeiten offenstehen: Sollten wir nicht einfach jeden nach seiner Fasson selig werden lassen? Wer nicht Physikerin werden will, sondern irgendeinen anderen Beruf ergreift ist weder besser noch schlechter; jeder Beruf, ob mit oder ohne Studium, ist genauso wichtig und ebenso zu respektieren wie ein anderer. Und wenn tatsächlich Frauen andere Denkstrukturen haben sollten als Männer, macht es sie etwa zu schlechteren Menschen? Gleichstellung nicht im Sinne von „alles gleich machen“, sondern das Unterschiedliche gleich respektieren. Wir sollten froh sein, dass es Unterschiede im Denken und der Berufsfelder (und nicht nur im Körperlichen) gibt zwischen Frauen und Männern, denn das stellt doch, wenn wir es nur endlich mal vorbehaltlos akzeptieren, eine Bereicherung unseres Lebens dar. Oder wünschen Sie sich eine Welt, in der es nur Physiker gibt und ausschließlich mathematisch streng-logisch gedacht wird?

  • Animals can.......

    28.06.2008, MIlton, München

    Hallo, Tiere können viel mehr als wir denken,
    wir haben nur die "humanoide" Hochmut,
    das ist alles.
    Dabei sind wir bei der Einpassung in die Natur
    sehr viel destruktiver und ungeschickter
    als die Tiere.....
  • Empfehlung

    28.06.2008, Gregor Weyrich
    Diesen Artikel sollte man mal allen "Alt-68ern" ins Stammbuch schreiben/legen. Die Reaktion dürfte dann eher ein müdes, entschuldigendes Lächeln sein nach dem Motto: "Was interessiert mich mein...".
  • Mehr Wissenschaft, weniger Theologie!

    28.06.2008, Jakob Thomsen
    Ich möchte das Interview mit Prof. Kanitscheider ausdrücklich begrüßen. Es ist mit Abstand das Vernünftigste,
    was ich bisher in Spektrum der Wissenschaft über den Zusammenhang von Natur- und Geisteswissenschaften gelesen habe. Bewundernswert, wie das komplexe Scheinproblem "Willensfreiheit" in wenigen Sätzen zerpflückt und die Ethik aus den Fängen der Theologie befreit wird.

    Verwunderlich finde ich allerdings, dass in einer seriösen naturwissenschaftlichen Zeitschrift wie Spektrum der Wissenschaft überhaupt immer wieder Theologie zur Sprache kommt(wenn auch zum Glück nur am Rande), denn diese hat eindeutig nichts mit Wissenschaft zu tun, da keine ihrer "Theorien" falsifizierbar ist und sie schon bei oberflächlicher Betrachtung voller Widersprüche steckt.

    Einige Beispiele:
    Die Annahme, es gäbe einen Gott, der allwissend ist,
    schließt Willensfreiheit aus, denn wie kann jemand frei sein, dessen Handlungen Gott schon im Voraus bekannt und die damit festgelegt sind? Weiterhin kann Gott selber damit keine Willensfreiheit besitzen, da er seine eigenen Entscheidungen auch im Voraus kennen muss.

    Und die Annahme, Gott sei allmächtig, befreit alle Menschen völlig von jeglicher Verantwortung für ihre Taten (also auch von "Sünden"): Da Gott vorab von diesen Taten Kenntnis hatte und sie nicht verhinderte, können wir nur folgern, dass er sie befürwortet, sonst hätte er sie verhindert!

    Allmacht und Allwissenheit eines Gottes machen auch Gebete
    (im Sinne von Bitten um etwas, z.B. Gesundheit) überflüssig,
    denn wir müssen annehmen, dass sowohl Gegenwart und Zukunft EXAKT so sind bzw. werden, wie Gott sie haben will,
    sonst hätte er sie ja verändern bzw. im Voraus verhindern können. Gebete sind so gesehen immer Kritik an Gott.

    Schließlich ist schon ein Konzept wie "Allmächtigkeit" ein Widerspruch in sich: Ein allmächtiges Wesen müsste z.B. einen Stein erschaffen können, den nicht einmal es selbst bewegen kann, sonst wäre es nicht allmächtig. Wenn es diesen hypothetischen Stein erschafft, so ist es nicht allmächtig, denn es kann diesen Stein eben nicht bewegen!
    Verzichtet es darauf, so ist es auch nicht allmächtig,
    denn es kann diesen Stein nicht erschaffen!

    Zu guter letzt ist der Anspruch der Religion auf die Ethik unsinnig: Entweder es gibt eine absolute Definition von dem, was "gut" ist, dann muss sich auch Gott daran halten und wird für diese Frage überflüssig. Oder die Definition ist von Gott vorgegeben und wird damit völlig willkürlich,
    denn dann wäre ja alles "gut" solange es nur "von oben" vorgegeben wird!

    Angesichts dieser und zahlloser weiterer Ungereimtheiten
    bin ich daher dafür, das Thema "Theologie" erst dann wieder anzuschneiden, wenn es von offensichtlichen inneren Widersprüchen befreite und falsifizierbare Theorien präsentieren kann.
  • 27.06.2008, kruse düsseldorf
    es wäre mal interessant, dem Vogel vorher unbekannte Songs vorzu spielen. man weiss ja nicht, wie lange er auf queen trainiert wurde...
    und vor allem was seine nur akustisch mit auf dem video verewigten trainer während seines tanzes machen - nachahmung?
  • Zuverlässigkeitstheorie

    26.06.2008, Alexander Lisibach, Möriken (Schweiz)
    Die Frage "warum wir sterben" lässt an sich offen, ob ein philosophischer Kontext adressiert wird, ein konzeptbedingter (Telomere?), ein inhärenter (Entropie?) oder noch weitere, z.B. die Umweltbedingungen und Lebensumstände. Im Artikel wird ein äußerlicher, fremdbestimmter Kontext (Unfall, Gewalt) ausgeklammert und eher spezifisch im inhärenten Kontext nach Antworten gesucht. Hierzu und auch bezüglich Umweltbedingungen und Lebensumstände liefert der Themenkreis um die Zuverlässigkeitstheorie einige zusätzliche, im Artikel wenig oder nicht beachtete Aspekte, die nachweislich für Fahrzeuge zutreffen (Toyotas und Chevrolets) und angepassterweise wohl auch für Menschen.

    Autos "sterben" selten auf Grund eines "Infarktes". Jedoch mögen (nicht selbstheilende) Ausfälle auftreten, die sich meist reparieren lassen oder durch präventive Maßnahmen vermeiden bzw. zumindest hinauszögern. So hat nebst der inhärenten Zuverlässigkeit auch die Instandhaltbarkeit einen Einfluss auf die technisch mögliche Nutzungsdauer ("Leben") sowie die kurz- und langfristige Verfügbarkeit von passenden Ersatzteilen und die angemessene Instandhaltung. Dabei darf der zeckmäßige Betrieb eines Autos nicht vergessen werden und die verfügbaren finanziellen Mittel.

    Kein Geld für Pflege und Instandhaltung, nachlässiger oder unzweckmäßiger Umgang (Beanspruchung) sowie aggressive Umweltbedingungen (z.B. Salzwasser) verkürzen die Nutzungsdauer eines Autos erheblich. Umgekehrt lässt sich die statistische Verflachung der Versagensrate mit zunehmendem Alter von Autos damit erklären, dass die Fahrleistungen geringer werden ("Derating") und aus Liebhaberei (Eigenliebe?) präventive Instandhaltungsmaßnahmen zunehmen. Letztlich ist die individuelle Nutzungsdauer eines Autos wohl selten rein technisch begründet (was gilt noch als Nutzung?).

    Im Gegensatz zum Menschen lässt sich beim Auto und seinen Bestandteilen die charakteristische Lebensdauer (nicht "Nutzungsdauer") recht gut bestimmen: ein Fahrzeugtyp ist klar für eine Aufgabe spezifiziert und ausgeführt. Beim Menschen ist eine Typisierung problematisch und die Aufgabenzuteilung nicht immer optimal. Unter diesem Aspekt sollte man vielleicht fragen, ob die Ausdehnung der statistischen Lebensspanne auf Grund von "Derating" sowie medizinischer Reparaturen und Prävention nicht einfach eine zeitgemäße Steigerung in ein relatives Maximum ist. Es wäre denkbar, dass eine gesellschaftlich veränderte Lebensweise eine andere Teilmenge der menschlichen Population begünstigen könnte, die mit der Lebensweise in unserer Zeit nicht unter optimalen Umständen lebt und die statistische Lebenspanne somit noch steigerbar wäre. Abschliessend bleibt die Frage, ob dies wünschenswert ist und eine subjektiv empfundene Lebensqualität aufwiegt.
  • Dem Rätsel zwei weitere angefügt

    26.06.2008, Dieter Perthes, Neuwied-Rodenbach
    Die italienische Expedition, die doch eigentlich der Aufklärung dienen sollte, hat dem mysteriösen Ereignis an der Tunguska zwei neue Rätsel angefügt:

    1) Wie ist es möglich, dass ein etwa metergroßes Bruchstück mit einer Geschwindigkeit von weniger als einem Kilometer pro Sekunde – dies entspricht etwa der Höchstgeschwindigkeit eines Kampfjets – einen 350 mal 500 Meter weiten und etwa 50 Meter tiefen Krater reißt? Ein mit dieser Geschwindigkeit abstürzender Kampfjet müsste wegen seiner um ein Vielfaches größeren Masse einen entsprechend größeren Krater verursache – vergleichbar etwa einem Eifelmaar. Dergleichen ist aber bisher nicht bekannt geworden.

    2) Wie ist es möglich, dass der heute vom Tschekosee gefüllte ellipsenförmige Krater, um den der Geophysiker Michele Pipan sich mit seinem Radargerät herumarbeitete, im Umfang nur etwa 500 Meter misst?

    Oder hat hier nur der Zahlenteufel wieder zugeschlagen und im ersten Fall bei der Geschwindigkeit hinten eine Null, im zweiten Fall beim Umfang vorne eine Eins kassiert?
    Stellungnahme der Redaktion

    In der Originalveröffentlichung der Autoren (A possible impact crater for the 1908 Tunguska Event", hier finden sich übrigens auch die Publikation "Evidence that Lake Cheko is not an impact crater" – eine Art Gegendarstellung – sowie eine Antwort der Autoren) ist von einem Objekt mit 10 Meter Durchmesser die Rede. In ihrem Artikel für den Scientific American, den wir übersetzt vorgestellt haben, heißt es schlicht "meter size". Indem wir das mit "etwa metergroß" übersetzt haben, haben wir tatsächlich fälschlich zu verstehen gegeben, das Objekt sei etwa 1 Meter groß.



    Die neue Größenordnung löst das Problem allerdings nur zum Teil. Die Autoren gehen in der Originalveröffentlichung von einem Kraterdurchmesser von "etwa 300 Meter" aus (der Krater gilt den Autoren als Ellipse nahe der Kreisform, weil seine südöstliche Region sehr flach ist und darum nicht berücksichtigt wird). Für die Entstehung eines 300-Meter-Kraters sei aber eigentlich der Einschlag eines 10-bis-50-Meter-Impaktors notwendig. Aus verschiedenen Daten über den See schließen sie nun zunächst auf einen 10-Meter-Asteroiden. Weil der Krater durch schmelzenden Permafrost und Wasser- und Methanfreisetzungen unmittelbar nach dem Einschlag stark vergrößert wurde, sei die tatsächliche Größe aber wohl geringer. Sie fügen hinzu, dass schräge Einschläge mit geringem Tempo auf Gebiete wie die sumpfige Tunguska-Region noch nicht hinreichend modelliert wurden.


    Manche offene Fragen bleiben uns also so oder so erhalten. Immerhin können wir zur Strecke entlang der Küste, die Michele Pipan abarbeitete, feststellen: Wenn er seine Arbeit vollständig erledigt hat, war bei 500 Metern sicher noch lange nicht Schluss.

  • Uhrmacher versus Schleife

    26.06.2008, Dr. Uwe Stroinski, Reutlingen
    Reinhard Breuer liegt in der Abschlussformel seiner Rezension des neuesten Buchs von Paul Davies haarscharf daneben. Es ist eben gerade nicht die Version eines (Uhr-)gemachten Universums, die Davies vertritt, sondern Wheelers Ansatz eines partizipatorischen Universums. Eines Universums, das erst durch seine Beobachter zu existieren anfängt. Natürlich passt solch eine Begründungsschleife nicht in die zur Zeit modernen reduktionistischen, naturalistischen oder positivitischen Erklärungsversuche. Allein aus diesem Grund ist es jedoch nicht unwissenschaftlich.

    Davies Buch ist spannend und informativ. Es wendet sich an Leser, denen das ausschließliche Fragen nach dem Warum zu kurz gesprungen ist.

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