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Kommentare - - Seite 990

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • Fehler in der Logik des Hotel Hilbert

    27.09.2010, Willi Penker, Moosburg
    Das Hotel Hilbert ist wohl eines der eindrucksvollsten Darstellungen von Verschiebungen in das oder aus dem Unendlichen.
    Doch woher kommen diese Gewinne und Verluste wirklich?
    Ist es wirklich möglich, etwas so zu erschaffen oder zu vernichten?
    Natürlich nicht. Bei genauer Betrachtung dessen was passiert, sehen wir sehr schnell, woher diese Gewinne oder Verluste kommen.

    Ausgangspunkt ist immer der gleiche. Es gibt 2 unendliche Mengen, welche in einer 1 zu 1 Beziehung zugeordnet sind. Nun wird eine Verschiebung injiziert, wie im Hotel Hilbert:
    Der Gast, aus Zimmer #1, soll in das Zimmer #2 umziehen. Der Gast aus Zimmer #2, in Zimmer #3 usw.
    Es gibt nun 2 Möglichkeiten, diese Anweisung auch durchzuführen. Der Gast aus Zimmer #1 geht in den Hausflur und klopft an Zimmer #2. Er wartet, bis der Gast aus Zimmer #2 das Zimmer in den Hausflur verlassen hat um dann Zimmer #2 zu betreten. Der frühere Gast aus Zimmer #2 klopft nun an Zimmer #3 usw.
    Bei unendlich vielen Zimmern werden sich also fortan immer Gäste auf dem Hausflur aufhalten, da diese Verschiebung in Wahrheit nie beendet werden kann. Es halten sich zu jeder Zeit genau so viele Gäste auf dem Hausflur auf, wie man scheinbar Zimmer geschaffen hat.
    Umgeht man das Problem, mit dem Versuch die Zimmer untereinander mit einer direkten Tür zu verbinden und den Gast aus Zimmer #1 direkt in Zimmer #2 eintreten zu lassen, wird man immer eine temporäre Doppelbelegung der Zimmer haben. Der Gast aus Zimmer # 1 geht ins Zimmer #2, daraufhin geht der frühere Gast aus Zimmer #2 ins Zimmer #3 usw.
    Zu versuchen die Doppelbelegung zu vermeiden und den Gast aus Zimmer #1 anzuweisen zu warten, bis der jetzige Gast aus Zimmer #2 das Zimmer verlassen hat, hätte kein Ergebnis, da er leider vergebens wartet. Jeder Gast des Hotels wartet dann auf den nächsten Gast und mangels eines letzten Gastes, würde in Wahrheit nie etwas geschehen.

    Bei genauerer Betrachtung lösen sich die Gewinne oder Verluste auf, da man sich in Wahrheit nur Platz vom Hausflur, oder durch eine, für den einzelnen Gast temporäre aber die gesamte Menge der Gäste permanente, mehrfache Belegung leiht.
    Der Fehler liegt noch nicht in der Annahme es gäbe verschiedene statische Zuordnungen zwischen unendlichen Mengen, sondern in der Annahme eine statische Zuordnung zwischen unendlichen Mengen in eine neue andere statische Zuordnung durch Verschiebung überführen zu können.
    Eine statische Zuordnung zwischen unendlichen Mengen, die eine Verschiebung erfährt, enthält fortan eine Störung der Zuordnung, die nicht mehr entfernt werden kann. Sie kann nicht mehr als statisch angesehen werden. Diese neu entstandene Zuordnung gleich zu setzten mit dem erwarteten Ergebnis, nämlich einer neuen statischen Zuordnung zwischen den unendlichen Mengen, ist falsch und führt zu falschen Ergebnissen. Eine Verschiebung der Zuordnung zwischen unabgeschlossenen unendlichen Mengen kann nicht vollständig durchgeführt werden.

    Die Zimmer Vermehrung im Hotel Hilbert funktioniert also nicht wirklich, es ist nur eine Täuschung da sich die Gäste entweder im Hausflur oder in einer Doppelbelegung aufhalten.
    Stellungnahme der Redaktion

    Natürlich kann es das Hotel Hilbert in der physikalischen Realität nicht geben. Dem steht nicht nur das von Ihnen erwähnte Gedränge auf dem Flur entgegen, sondern auch die endliche Lichtgeschwindigkeit: Bis die Bitte, ins nächste Zimmer umzuziehen, alle Gäste erreicht hat, ist die Nacht sowieso vorbei. Und der Energiesatz, wenn alle Leute die Wasserspülung betätigen ...


    Nein: Die Frage ist, ob eine sehr abstrakte Vorstellung Sinn macht. Also: Alle unendlich vielen Gäste erhalten gleichzeitig, per Lautsprecher oder wie auch immer, die Anweisung, ein Zimmer weiter zu ziehen, machen sich gleichzeitig auf die Socken, und es gibt kein Gedränge. Der Umzug von Zimmer n nach Zimmer 2n erfordert für große n Marathonläufer-Qualitäten und mehr, aber auf derart niedere Einzelheiten der Realität will man sich mit dem Bild vom Hotel nicht einlassen. Es geht ja nur um bijektive Abbildungen von Teilmengen natürlicher Zahlen. Und natürliche Zahlen haben keine Probleme mit einem Hotelflur, und sei er unendlich lang.


    Christoph Pöppe, Redaktion

  • Querdenker haben es schwer

    26.09.2010, Karl Hostettler, Aadorf, Schweiz
    Im Gegensatz zu den Herren Pfohl, Gapp und Feierabend habe ich Unzickers Buch gelesen - dank der Rezension - und dabei auch meine Freude gehabt. Ich danke der Redaktion des "Spektrum". Wer allgemein Geglaubtes in Frage stellt, eckt an. Unzicker stellt eine Strömung der heutigen physikalischen Forschung in Frage. Zu Recht? Ich weiß nicht. Aber ich weiß, dass wir Leute brauchen, welche allgemein Geglaubtes in Frage zu stellen bereit sind. Mir haben seine Ausführungen zu denken gegeben, nicht sachlich-physikalisch, sondern forschungspolitisch.

  • Nicht nur für Metalle!

    23.09.2010, Jonnyswiss
    Wenn das ohmsche Gesetz nur für Metalle gilt, warum halten sich denn sämtliche Halbmetalle und auch alle anderen leitenden Materialien wie z.B. Kohlenstoff daran?

    Diese Aussage ist genau so ein Quatsch wie die Aussage, dass die Lichtgeschwindigkeit auf dieser Erde nicht gültig sei!
  • Ohmsches Gesetz gilt für Metalle!

    22.09.2010, Funk Reinhard
    In der Schule lernt man, daß das Verhältnis von Spannung und Stromstärke in einem m e t a l l i s c h e n Leiter konstant ist. So wurde es auch von Ohm formuliert.
  • Hinweis

    21.09.2010, Ingo-Wolf Kittel, Augsburg
    Der vollständige Text dieser Rezension ist hier zu finden. Eine weitere Rezension des besprochenen Buches (durch Herrn Dr. Wolfgang Steinicke) findet sich hier.
  • Hinweis

    21.09.2010, Ingo-Wolf Kittel, Augsburg
    Eine weitere Rezension des besprochenen Buches (durch Egbert Scheunemann) findet sich hier.
  • Stammbaum?

    20.09.2010, Paul R. Woods, 54347 Neumagen-Dhron
    Die Darstellung der Sprachentwicklung in Stammbaumform ist als eine stark vereinfachende Reduzierung auf das Faktum "Abspaltung" zu verstehen.
    Eine eher der wirklichen Sprachentwicklung entsprechende Darstellung würde meiner Einschätzung nach wie das Delta von Rhein, Maas und Schelde aussehen, jedoch mit weitaus mehr Verästelungen und Zusammenflüssen.
    Man nehme nur das Englische, das selbst aus vielen Sprachen gemischt wurde (Melvyn Bragg "The Adventure of English" Sceptre 2003) und heute viele andere Sprachen beeinflusst - übrigens eine sehr passender Begriff, fließen doch viele englische Wörter in andere Sprachen hinein.
    Etwas Kritik am doppelseitigen "Stammbaum":
    - in Surinam wird Niederländisch gesprochen, nicht Englisch, wobei Sranatongo keine auf Englisch beruhende Kreolsprache ist.

  • Stichwort: Wirkungsgrad

    20.09.2010, Kai Petzke
    Sehr geehrte Damen und Herren,

    vielen Dank für den Artikel: "Wasserstoff - Treibstoff der Zukunft" in Spektrum der Wissenschaft 9/2010. Leider fehlt mir in dem ganzen Artikel ein wichtiges Wort: "Wirkungsgrad". Denn sowohl Wasserstoff-Elektrolyse als auch Brennstoffzelle nutzen selbst unter optimalen Bedingungen kaum mehr als 50 Prozent der eingesetzten Energie. Im Ergebnis wird über den ganzen Zyklus Strom -> Wasserstoff-Herstellung, -Verteilung, -Speicherung und -Nutzung in der Brennstoffzelle -> Strom höchstens 25 Prozent des ursprünglich eingesetzten Stroms widergewonnen. Zum Vergleich: Die Kette Strom -> Ladegerät -> Li-Ion-Hochvolt-Akku -.> Strom kommt bei Nutzung guter Komponenten -> deutlich über 80 Prozent, und selbst bei Einrechnung der Verluste im Stromnetz sind über 70 Prozent machbar!

    Bei Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen ist das Batterieauto also dreimal effizienter als das Wasserstoffauto!!

    Bei Nutzung von aus Erdgas, Kohle, Erdöl oder Biomasse durch chemische Umwandlung erzeugten Wasserstoffs sieht die Bilanz etwas anders aus. Denn die Umwandlung ist recht effizient und zusammen mit den 50 Prozent der Brennstoffzelle und dem hohen Wirkungsgrad der Elektromotoren kommt man auf einen Gesamtwirkungsgrad von 25 bis 35 Prozent von der Quelle (Primärenergieträger) bis zum Rad.

    Das liegt über dem Wirkungsgrad aktueller Verbrennungsmotoren. Wenn man für Letztere ebenfalls die chemischen Verluste in der Raffinerie bei der Treibstoffherstellung aus Rohöl und zudem die Leerlaufverluste der Verbrennungsmotoren einrechnet, liegt man für Verbrennungsmotoren bestenfalls bei 25 Prozent!

    Auch Batterieautos kommen bei Einsatz herkömmlicher Kraftwerke und Einberechnung der Verluste von Stromnetz und Speicherung in den Batterien auf einen Wirkungsgrad im Bereich von 25 bis 35 Prozent.

    Bezüglich Treibhausgas-Emmissionen ist zu sagen, dass die Chemiewerke zur Wasserstoff-Herstellung aus Primärenergieträgern eigentlich ideale Voraussetzungen zur Anwendung von CCS ("carbon-capture-and-storage")-Verfahren bieten. Denn das Produkt der Reaktion von Wasserdampf mit Erdgas, Kohle, Erdöl oder Biomasse ist ein Gemisch aus Wasserstoff, Kohlenmonoxid und Kohlendioxid. Nach Abtrennung des erwünschten Produkts Wasserstoff und des giftigen Kohlenmonoxids (welches in den Prozess zurückgeführt oder anderweitig für chemische Synthesezwecke eingesetzt werden kann) verbleibt Kohlendioxid in Reinform. Wird Biomasse als Primärenergieträger zur Wasserstofferzeugung mit CCS eingesetzt, erhält man sogar eine "negative" CO2-Bilanz, bei der CO2 der Atmosphäre entzogen wird.

    Bei Batterieautos ist hingegen der Vorteil, dass beim energetisch mit Abstand verlustreichstem Schritt - der Umwandlung des Primärenergieträgers in Strom im Kraftwerk - die Abwärme grundsätzlich gut genutzt werden kann (Stichwort: Kraft-Wärme-Kopplung) und CCS ebenfalls grundsätzlich anwendbar ist. Ihr eigentlicher Vorteil ist aber die oben zitierte hohe Effizienz auch bei regenerativer Stromerzeugung!

    Anders als im Artikel dargestellt, sind Batterieauto und Brennstoffzellenauto auch nicht sich widersprechende, sondern sich ergänzende Technologien: Die Batterie hat die höhere Leistungsdichte, und sie kann zu Zeiten von Stromüberangebot (etwa nachts, oder bei zunehmendem Einsatz von Wind- und Solarenergie während entsprechenden Wetters) sehr effizient aufgeladen werden.
    Die Brennstoffzelle bietet im Gegensatz die höhere Energiedichte. Ein Batterie-Brennstoffzellen-Hybrid fährt Kurzstrecken also rein mit der Batterie und nutzt auf Langstrecken eine vergleichsweise kleine Brennstoffzelle zum Laden der Batterie. Auch auf Langstrecken stellt die Batterie aber die Leistungsreserve bereit, die nötig ist, um kurzfristig stark beschleunigen zu können.
  • Farben passen nicht zur Hirnstruktur

    17.09.2010, Chris Hawel, Berlin
    Auf S. 55 in der Abbildung rechts oben sieht man in grün nicht den Hippocampus, sondern den Nucleus caudatus und das Putamen. Blau dargestellt könnte der Hippocampus mit Fornix sowie in Gelb die Corpora mamillaria sein.
  • Vertauschte Bezeichnungen

    17.09.2010, Alexander Ladas, München
    Im Kasten "Eine Frage der Faltung" sind in der Grafik die Bezeichnungen "Exon" und "Intron" vertauscht.
  • Wie kann man sich dem Appell anschließen?

    16.09.2010, Liane Mayer, Wien
    Der obige Artikel erweckt in mir den Wunsch, mich dem Appell der Naturforscher anzuschließen und auch möglichst vielen Freunden dies zu ermöglichen. Gibt es dazu so etwas wie Unterschriftenlisten, Postkartenaktionen oder dergleichen?
    Stellungnahme der Redaktion

    Liebe Frau Mayer,



    es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich dem Appell anzuschießen. Auf unserer Facebook-Seite (facebook.de/spektrumverlag) hat uns ein Leser auf eine entsprechende Aktion auf dem Internetportal change.org hingewiesen. Mehr dazu finden Sie unter:



    Stop the Serengeti Highway|Change.org



    Beste Grüße,



    Jan Dönges

    Redaktion

  • kein Pferd

    15.09.2010, Weiche, Garbsen
    Bei keiner Gangart bewegen Pferd sich mit steifen Beinen. Das mag nach Haarspalterei aussehen, aber für ein Pferd ist es das nicht. Es würde stürzen.

    Bei anderen Tieren sieht es mit dem Vergleich nicht besser aus.
  • Wie beweist man die Formel für den harmonischen Klotzturm?

    15.09.2010, Dr. F.W. Schierwater
    Im Bild auf Seite 64 links unten ist leicht erkennbar, dass man den obersten Klotz um seine halbe Länge über den zweiten überstehen lassen kann. Der gemeinsame Schwerpunkt von Klotz 1 und 2 ist geometrisch auch noch leicht erkennbar; daraus kann man schließen, dass Klotz 2 nur noch 1/4 über Klotz 3 hinaus stehen darf. Aber der gemeinsame Schwerpunkt von Klotz 1, 2 und 3 ist nicht mehr ohne weiteres erkennbar; man kann jedoch nur bei Kenntnis dieses Schwerpunktes voraussagen, wie weit Klotz 3 über Klotz 4 hinausragen darf. Dasselbe gilt auch für alle folgenden Klötze. Den Beweis für die Behauptung, dass die Überhänge die harmonische Folge bilden (n-ter Überhang ist 1/(2n) der Klotzlänge), bleibt der Autor schuldig. Gibt es hierfür zumindest eine Plausibilitätserklärung?
    Stellungnahme der Redaktion

    Eine gute Plausibilitätserklärung kenne ich nicht, aber der Beweis ist relativ einfach. Sie finden ihn in dieser pdf-Datei (die mir erleichtert hat, die mathematischen Symbole darzustellen).


    Christoph Pöppe, Redaktion

  • Werbung und Konsumentenentscheid

    13.09.2010, Werner Warmbier, Berlin
    Interessante Experimente werden in Paris am INSERM durchgeführt. Man sollte allerdings etwas vorsichtiger damit umgehen, Erkenntnisse aus Laborexperimenten eins zu eins auf das richtige Leben anzuwenden, hier die Werbewirkung "verdeckter Reize".
    Die Versuchsanstellung am INSERM: Probanden wurden mit einigen Wiederholungen visuellen Reize ausgesetzt.
    Die Situation im richtigen Leben: Kunden werden über die Werbung tagtäglich viele Stunden mit unterschiedlichen Reizen bombardiert, die mehr als einen Sinn ansprechen.
    Im Labor hatten die Probanden nichts weiter zu tun, als den Experimenten zu folgen, nachdem sie sich bewußt für eine Teilnahme entschieden hatten.
    Der weitaus überwiegende Teil der Kaufentscheidungen wird unter Stress getroffen und unbewusst. Das ist allgemein bekannt.
    Aus den Experimenten wird der Schluss gezogen: "das Gehirn vermag zu lernen, unterschwellige Hinweise mit Bedeutung zu belegen und hierdurch die günstigere Entscheidung zu treffen" und: subliminale Stimuli "können ... vorteilhafte Entscheidungen begünstigen".
    Ist das nicht eine herrliche Steilvorlage für die Werbung, genau diesen Zusammenhang zu nutzen? Weiter unten im Artikel heißt es dann aber: "was es der Werbebranche bringen soll, mit verdeckten Reizen zu arbeiten, sehen wir darum nicht so recht".
    Die Werbebranche sieht das anders und kann auf eine gewisse Erfahrung zurückblicken. "Subliminal" lautet das Zauberwort, dem auf jedem ihrer Kongresse und Seminare die größte Aufmerksamkeit gewidmet wird. Bei der Frage, wie Entscheidungen beeinflußt werden können, ist der erfolgreiche Werber nicht sehr zimperlich, wenn er auch das Wort "Manipulation" meidet wie der Teufel das Weihwasser.
    Wann nimmt man überhaupt einen Werbestimulus bewusst wahr? Wenn man durch nichts anderes abgelenkt (wie im Versuchslabor) sich in Ruhe damit beschäftigt? In Wirklichkeit geht man "achtlos" an Plakaten vorbei, überblättert die Annoncen in der Zeitung, verlässt den Fernsehsessel während der Pausenwerbung oder unterhält sich dabei. Von Aufmerksamkeit und Bewussheit kann da kaum die Rede sein.
    Also, wenn es um Aussagen zur Werbewirkung gehen soll, bei weiteren Versuchen möglichst Realitätsnähe schaffen und sie bei der Ergebnisinterpretation nicht aus den Augen verlieren.

  • Antwort an Walter Pfohl

    13.09.2010, Egbert Scheunemann, Hamburg
    Walter Pfohl schreibt: „Zur Anwendung des Äquivalenzprinzips auf eine Ladung: Das Äquivalenzprinzip der allgemeinen Relativitätstheorie besagt, dass es physikalisch keinen Unterschied macht, ob ein System in einem homogenen Gravitationsfeld ruht oder in einem gravitationsfreien Raum durch eine äußere Kraft eine konstante Beschleunigung erfährt. Ob eine Ladung Energie abstrahlt, ist somit eine Frage des Bezugssystems des Beobachters: Für einen, der sich mit ihr mitbewegt, erzeugt sie in beiden Fällen keine elektromagnetischen Wellen. Für einen, der frei seiner Trägheit folgt, also im schwerelosen Raum mit gleichbleibender Geschwindigkeit treibt, während die Ladung beschleunigt wird, bzw. der frei im Gravitationsfeld fällt, während die Ladung ruht, erzeugt sie in beiden Fällen gleichartige Wellen. Kein Widerspruch also zum Äquivalenzprinzip, sondern vielmehr die logische Konsequenz aus diesem!“
    Was Herr Pfohl im ersten Satz wiedergibt, ist vollkommen richtig. Das Äquivalenzprinzip der ART besagt genau das. Und genau das Besagte ist falsch. Sie müssen das System, also etwa Ihren Beobachter, nur lange genug (in getrennten Experimenten natürlich) beiden Kräften aussetzen, dann werden Sie einen großen Unterschied feststellen: Wenn das System „in einem gravitationsfreien Raum durch eine äußere Kraft eine konstante Beschleunigung erfährt“, die etwa g, der Erdbeschleunigung, entspricht, würde es in absehbarer (und ausrechenbarer) Zeit die Lichtgeschwindigkeit erreichen – was natürlich nicht geht. Wenn diese Zeit verstrichen ist, weiß unser System, also unser Beobachter, definitiv, dass er sich nur in einem Gravitationsfeld aufhalten kann, etwa in einem (geschlossenen) Raum auf der Erde. Sie dürfen also nicht aus dem Umstand, dass man in engen physikalischen Grenzen oder gar in nur hinkonstruierten Gedankenexperimenten die Gravitationskraft etwa durch die elektromagnetische Kraft simulieren kann, darauf schließen, beide Kräfte seien grundsätzlich äquivalent – oder gar noch identisch (was Sie natürlich nicht tun).
    Wenn also Gravitation eine wirkliche, eine wirkende „permanente Beschleunigung“ wäre und nicht nur eine potenzielle Beschleunigungskraft etwa für den, der auf der Erdoberfläche steht und nur durch die Materie unter seinen Füßen (Pauli-Prinzip!) daran gehindert wird, zum Erdmittelpunkt zu fallen – dann müsste eben eine Ladung, die dieser Mensch in der Hand hält, permanent strahlen. Sie tut es aber definitiv nicht. Die Gravitationskraft per se als „permanente Beschleunigung“ zu definieren, ist also Unsinn. Ich werde seit 52 Jahren in Richtung Erdkern „beschleunigt“ – und sitze hier noch immer. Wäre ich hingegen wirklich 52 Jahre mit g beschleunigt worden…
    Sie werden auch, Herr Pfohl, physisches Sein, also etwa elektromagnetische Wellen (oder was auch immer), nicht in physisches Nichtsein verwandeln dadurch, dass Sie sich Beobachter hinbasteln, die in der Tat gewisse physische Phänomene nicht erkennen können – wie von Ihnen korrekt beschrieben. Nur, warum basteln Sie sich nicht Beobachter hin, die es können? Wenn es „eine Frage des Bezugssystems des Beobachters“ sein sollte, „ob [Herv. E. S.] eine Ladung Energie abstrahlt“ – warum wählen Sie dann nicht das Bezugssystem, das Ihnen die Beobachtung ermöglicht, dass sie es tut? Oder wollen Sie in der Tat die physische Existenz eines physischen Objektes davon abhängig machen, ob oder wie oder von wem es beobachtet wird? Ist die Sonne weg, wenn ich den Kopf in den Sand stecke? Die in unzähligen Büchern zur SRT und ART bis zur Bewusstlosigkeit ausgebreiteten Gedankenexperimente mit dem armen Astronauten, der, irgendwo im Weltall in einer black box sitzend, nicht entscheiden könne, ob er auf der Erde steht oder im Weltall etwa mittels eines Raketenmotors mit g beschleunigt wird, setzen bewusst einen sich bewusst dumm stellenden Astronauten voraus – denn jeder Blick aus dem Fenster, das er sich ja in seine black box bauen könnte, würde ihn darüber aufklären, was Sache ist. Aus Gründen der Pietät sehe ich hier davon ab, eine Theorie adäquat zu bewerten, die auf die Konstruktion dummer Astronauten angewiesen ist, um "erklären" zu können, was anders nicht zu erklären ist.
    Sie sagen, die Kosmische Hintergrundstrahlung (KHS) tauge nicht als absolutes Bezugssystem, weil man nicht wissen könne, ob sie sich nicht „selber“ gegenüber einem „Raum mit Bewegungsnullpunkt“, also relativ zu einem gedachten absoluten (und also absolut ruhenden) Bezugssystem „bewegt“. Das kann man natürlich nicht wissen – die KHS ist in der Tat nur im erdnahen Raum gemessen worden, also im winzigen Bruchteil eines winzigen Bruchteils des gesamten Universums (darin, neben anderem, liegen übrigens meine Zweifel begründet, ob die KHS als ‚Beweis’ der Urknalltheorie taugt). Nur, Sie müssen sich schon entscheiden: Wenn Sie die Möglichkeit eines absoluten Bezugssystems postulieren (anders ist Ihre Kritik an der Brauchbarkeit der KHS als pragmatisch gewähltes ‚absolutes’ Bezugssystem nicht zu halten), müssen Sie schon zumindest eine Andeutung machen, was man sich unter einem solchen absoluten Bezugssystem vorstellen und wie man es vor allem nachweisen könnte. Solange Sie das nicht tun, halte ich mich lieber an die KHS – mangels vernünftiger Alternativen.


    Die ungekürzte Fassung dieses Leserbriefes ist unter http://www.egbert-scheunemann.de/Antwort-an-Kritiker-der-Rezension-zu-Unzicker-in-Spektrum-von-Scheunemann.pdf abrufbar.
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