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Kommentare - - Seite 976

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • Pheromone und Geruchsstoffe

    10.01.2011, Klaus Wernicke, Haiming
    Ich möchte darauf hinweisen, dass Pheromone keine Geruchsstoffe sind. Warum nicht, wird im Artikel erwähnt - sie riechen nicht.

    Ein Geruchstoff wird über die Nase aufgenommen und erzeugt eine Geruchswahrnehmung. Ein Pheromon hingegen wird über das Jacobson-Organ aufgenommen und erzeugt keine Wahrnehmung. Zwar befindet sich dieses ebenfalls in der Nase, ist aber ein separates Organ. Es ist beim Menschen zwar weniger entwickelt als bei vielen anderen Spezies, jedoch offensichtlich funktioniert es trotzdem.

    Ein Geruch kann, ebenso wie andere Sinneseindrücke, unsere Gefühle gegenüber einer anderen Person positiv oder negativ beeinflussen. Ein Pheromon hingegen löst bei uns z. B. eine Hormonausschüttung aus, ohne dass wir es wahrnehmen.

    Ich meine also, dass man Pheromone und Geruchsstoffe nicht durcheinanderwerfen sollte.
    Stellungnahme der Redaktion

    Lieber Herr Wernicke,



    vielen Dank für Ihren Leserbrief. Sie haben natürlich Recht damit, dass Pheromonwahrnehmung und Geruchswahrnehmung nicht dasselbe ist. Allerdings wird im Artikel nicht behauptet, dass es sich bei dem chemischen Signal um ein Pheromon handelt. Wie die Autoren der Studie lassen wir die Frage nach der Identität der Substanz offen.



    Es hätte den Artikel allerdings unschön verkompliziert, hätten wir stattdessen eine zwar korrekte, aber sperrige Ausdrucksweise wie "über die Nase wahrnehmen" gewählt oder "riechen" jedesmal in Anführungszeichen gesetzt.



    Mit besten Grüßen

    Jan Dönges

    Redaktion

  • "Schnell fertig ist die Jugend mit dem Wort"

    07.01.2011, Peter Altreuther
    Sehr geehrter Herr Fischer,

    es ist ja immer gut, sich etwas Neues einfallen zu lassen und es dann auch in die Tat umzusetzen, aber
    "schnell fertig ist die Jugend mit dem Wort...leicht beieinander wohnen die Gedanken, doch hart im Raume stoßen sich die Sachen" - so läßt Schiller seinen Wallenstein sagen und das war auch meine erste Reaktion. Schon das Studium nach Anwendungsbereichen zu strukturieren klingt ja ganz gut - natürlich lassen sich Anwendungen strukturieren in bestimmten Bereichen und das werden sie ja auch: Analytik, Elektrochemie, Festkörperchemie, Lebensmittelchemie usw., die gibt es ja auch schon als Fächer. Sinnvoll für den Anfänger wären sie nur, wenn er von Anfang an wüßte, was er denn forschen will. Weiß er aber nicht, und das ist auch gut so. Überdies: Was Platin kann, können nicht alle Metalle (und das müßte er erst einmal begreifen) und ein aktives Zentrum in einem Enzym muß man erst einmal erzeugen können - in welchem Fachbereich, bitte? Wenn man auf die Grundlagen in den alten Fachbereichen verzichtet, landet man dort, wo manche Biologen schon sind; Sie wissen alles über die Manipulation von DNA und können ein Rotkehlchen nicht vom Storch unterscheiden.
    Mein Studium ist schon 50 Jahre her. Schon damals gab es anwendungsrelevante Bereiche innerhalb der Institute und besonders nachher, in der Industrie, galt das Wort: "Wer tut schon, was er studiert hat"?Flexibilität und Kreativität für nicht vorhergesehene Aufgabenstellungen lassen sich nur erzeugen, wenn man über die Grundlagen in den üblichen Fächern verfügt - anorganische, organische, physikalische Chemie und dazu ein bißchen von den Außenbereichen, Mathematik, Physik, Biologie etc. Der Rest lernt sich am Problem.
    Übrigens, mir hat es sehr genützt, daß ich schon vor dem Vordiplom Hilfsarbeiten im Forschungslabor machen durfte. Die waren nützlicher als die vorgefertigten Praktikumsarbeiten, die mir dadurch zu einem Teil erspart blieben. Das wäre auch heute noch eine Möglichkeit, Studenten früh an die Forschung heranzuführen und ihnen am Beispiel zu zeigen, wie man eine Problemlösung anfangen kann. Aber das ist ein weites Feld...

    Mit den besten Grüßen
    Peter Altreuther.
  • Benzolringe sind nicht gewellt

    07.01.2011, Martin Bernhauer
    Benzolringe sind auf Grund ihrer speziellen chemischen Struktur ebene Sechsecke und nicht im geringsten gewellt.
    Gewellt sind sechseckige Ausschnitte aus der Diamantstruktur,
    wobei dort alle Tetraederwinkel aufweisen.
    Diese gewellten Sechsecke gibt es in zwei Formen:
    Man male sich ein Sechseck auf ein Blatt Papier mit zwei gegenüberliegenden Spitzen nach rechts und links zeigend.
    Die anderen vier Ecken sollen in der Ebene des Papiers liegen. Dann ragen die beiden äußeren Spitzen aus dem Papier heraus und zwar entweder (a) einer nach oben und den andere nach unten (die so genannte Sesselform) oder (b) beide auf dieselbe Seite (z. B. nach oben) (die so genannte Wannenform (bei den Engländern als Seefahrervolk wird diese Form stattdessen die Bootform genannt) ).
  • Bio-Ethanol oder Brot??

    06.01.2011, Rolf Schauder, Frankfurt
    Herr Brzoska merkt in seinem Leserbrief an:
    "Von 100 Kilogramm Weizen kann ich 100 Kilogramm Brot backen - oder 28 Liter Sprit gewinnen"

    Ich möchte diese Aussage nicht unkommentiert stehen lassen. Ich bin mir der Problematik Tank oder Teller durchaus bewusst. Aber falsche oder nicht nachvollziehbare Aussagen helfen in dieser Diskussion wenig.

    Die obige Aussage ist in mehreren Punkten ungenau:
    Aus 100 kg Weizen eines Feldes bekomme ich deutlich weniger Masse an Weizenkörnern. Aus 100 kg Weizenkörnern bekomme ich keine 100 kg Weizenmehl. Aus 100 kg Weizenmehl dagegen bekomme ich mehr als 100 kg Weizenbrot. Die genauen Zahlen weiß ich leider nicht.

    Andererseits ist auch nicht ersichtlich, wie die Dame vom WWF auf die 28 Liter Sprit kommt. Bezieht sie sich hier auf 100 kg Weizenkörner, oder auf 100 kg Weizen (einschließlich des Rests der Pflanze)? Eine Biogasanlage sollte die ganze Pflanze zu Ethanol (und anderen Nebenprodukten) umsetzen, und nicht mit Weizenkörnern gefüttert werden.

    Ich möchte meine Mail als Anstoß verstanden sehen, sinnvoll und nachvollziehbar zu argumentieren.
  • Altes Kreuz mit "alten Gewissheiten"

    05.01.2011, 50259 Pulheim
    Mit Schmunzeln habe ich den ersten Absatz des Artikels gelesen. Er erinnerte mich an einen Satz im Vorwort zur 1. Auflage von WALTER NERNST "Theoretische Chemie". Dort schreibt W.NERNST 1883:
    "Ich glaube überhaupt, daß gegenwärtig eine Epoche der ruhigen, aber erfolgreichen Ausarbeitung für die physikalisch-chemischen Forscher gekommen ist; die Ideen sind nicht nur vorhanden, sondern auch bis zu einem gewissen Abschlusse gereift."
    Der geneigte Leser möge sich die Entwicklung in den Jahrzehnten nach 1883 vor Augen führen!

    Burkhard Carlsohn
    Stellungnahme der Redaktion

    Darin spiegelt sich das Selbstvertrauen jener Zeit wider. Berühmt ist das Beispiel von Max Planck, dem mit dem gleichen Argument vom Physikstudium abgeraten wurde. Heutzutäge wäre man mit einer solchen Einschätzung sicher vorsichtiger.

  • Mehr Dynamik!

    05.01.2011, Peter Bützer, Altstätten
    Die Kernaussagen zu „Chemie am Scheideweg“ von Lars Fischer sind treffend formuliert. Viele neue Erkenntnisse haben das Gesamtbild stark verändert, aber auch neue Methoden lassen neue Einsichten zu, sie sollten schon in der Chemie-Grundausbildung besser eingebaut werden. Die meisten Chemie-Lehrbücher, die nicht einmal 10% des Inhalts der Dynamik von chemischen Reaktionen widmen, hinterlassen einen verstaubten Eindruck. Die Entwicklungen von Computern und Software ermöglichen einfache Zugänge zur Messung und Interpretation von Reaktionsgeschwindigkeiten, sogar bei komplexen Systemen. Im Alltag werden die Fragen nach den Geschwindigkeiten als wichtig empfunden, von der Verdauung, dem Stoffwechsel, der Wirkung von Doping, der Beständigkeit von Werkstoffen, dem Abbau von Schadstoffen, Auf- und Abbau des Ozonlochs, der Produktionsgeschwindigkeit von Rohstoffen, ja sogar dem chemischen Teil der ganzen Treibhausproblematik. Ein verstärkter Trend der Chemie in Richtung Dynamik wäre somit nicht nur sinnvoll, sondern auch spannend. Solange die Zunahme der Reaktionsgeschwindigkeit für den Abbau der Schadstoffe beim Autokatalysator nicht quantitativ diskutiert wird oder chemische Gleichgewichte ohne die Geschwindigkeit der Gleichgewichtseinstellung behandelt werden, fehlt dem chemischen Verständnis ein wichtiger und spannender Teil. Die Dynamik bestimmt nicht nur unser Leben, den Wandel unserer Gesellschaft und der Umwelt, sie muss viel besser in die Aussagen der Chemie eingebaut werden – meine These für das Jahr der Chemie.
  • Wirtschaftlich und ökologisch unzumutbar

    04.01.2011, Angela M. Sturm aus Eicherloh bei München
    Nach dem Lesen des Artikels werde ich einer der Autofahrer sein, die kein Super E10 tanken werden.
    Ich riskiere zum einen nicht, dass mein Auto durch radikale Stoffe vorzeitig Motorteile und -schläuche benötigt und
    zum anderen will ich nicht mitschuldig sein, wenn unser ökologisches System noch mehr leiden muss und durch falschen Anbau auch noch Lebensmittel teurer werden.
    Ich frage mich langsam, wer denn behördlich solche Genehmigungen prüft?
  • Potenzen von Vektoren – ein systematischer Ansatz

    04.01.2011, Norbert Endres, München
    Aus vielleicht ähnlichen Motiven wie Frau Baumgartner haben Martin Leischner und ich uns vor mehr als 15 Jahren der Frage zugewandt, inwieweit sich der quadratische Iterationsprozess x ->x2 +c und Potenziterationsprozesse x ->xn + c verallgemeinern lassen. Dies ist unter Zuhilfenahme gewisser Sesquilinearformen in einem sehr weiten Rahmen möglich, jedenfalls über beliebig hoch-(endlich-)dimensionalen reellen und komplexen Vektorräumen. Diese Verallgemeinerungen setzen die üblicherweise betrachteten Iterationsprozesse und die ihnen zu Grunde liegenden Potenzbildungen in den reellen Zahlen, den komplexen Zahlen, den Quaternionen und Oktonionen in kanonischer Weise fort. Vielleicht werden damit auch durch Potenzreihen zu definierende Funktionen und daraus hervorgehende Iterationsprozesse über endlichdimensionalen reellen und komplexen Vektorräumen sinnvoll greifbar und einer Untersuchung zugänglich; siehe unsere Arbeit

    N. Endres, M. Leischner; Powers and iteration processes on modules; Demonstratio Mathematica, 27 (1994), 427-447 (hier eine aktualisierte und um Bilder bereicherte Version).

    Eine große Schar derartiger Potenziterationsprozesse über komplexen Vektorräumen ist durch eine komplex 2-dimensionale, also reell 4-dimensionale Figur beschreibbar.

  • Prähistorischer Kleber

    04.01.2011, Gerhard Struhal, Wien
    Als weitere Kulturleistung unserer Vorfahren in Südafrika ist deren Fähigkeit anzuführen, Speerspitzen mittels Klebstoff am Schaft zu befestigen. Lyn Wadeley (Witwatersrand, Johannesburg) hat durch Reste an Artefakten aus der Sibudu-Höhle nachgewiesen, dass Homo sapiens vor etwa 70 000 Jahren einen Mehrkomponentenkleber entwickelt hat (Gummiharz der Schrecklichen Akazie, Hämatit (= Ocker), Knochen eines ganz bestimmten Mischungsverhältnisses unter ganz bestimmten Bedingungen). Derartiges setzt komplexe kognitive Fähigkeiten voraus.
    Danach gibt es eine Rückschritt und ein Wiederaufblühen vor etwa 45 000 Jahren (PNAS, 11.5.2009; Science 324, S. 1293).
  • Bio-Ethanol oder Brot?

    03.01.2011, Dr.phil.nat. Wolf Brzoska, Ehingen /Donau
    Vor einiger Zeit hat eine Vertreterin von WWF sehr griffig festgestellt: "Von 100 Kilogramm Weizen kann ich 100 Kilogramm Brot backen - oder 28 Liter Sprit gewinnen" , eine Menge, mit der einer der heute zur Hebung des Selbstbewusstseins notwendigen "Trans-Continental-Öko-Turbo-Allrad-Outdoor-Landcruisers" von Ulm nach Heidelberg fahren könnte. Der Titel "Öko-Wahnsinn" kann nicht treffender gewählt sein.
  • Vogel ist nicht gleich Zugvogel

    03.01.2011, Dr. T. Grassl, Lübeck
    Wenn sich vor 65 Millionen Jahren das Klima schlagartig, schneller als die evolutionäre Anpassung, geändert hat, sind die Auswirkungen auf stationäre Ökosysteme dramatisch. Der Autor legt schön dar, dass sich die Vögel in ihrem Körperbau und Speiseplan deutlich unterschieden, dadurch leiten sich aber auch andere Gewohnheiten und Flugvoraussetzungen ab. Auf die Frage "Warum überlebte genau eine Art Vögel, z.B. Enten (besonders gut)?" fällt nicht nur deren vielseitiger Speiseplan ins Gewicht, sondern auch die Möglichkeit, kurzfristige extremere Schwankungen (z. B. jahreszeitliche wie heute auch) als Zugvögel zu bewältigen.
  • Weniger Fleisch essen

    03.01.2011, Gerd Zelck, Seevetal
    Durch den ausgezeichneten Artikel "Welche Rechte haben Tiere?" von Jörg Luy in der Ausgabe Dezember 2010, ergänzt durch den Editorial-Beitrag "Warum wollen wir Tiere schützen?" vom Chefredakteur Reinhard Breuer, sind mir meine Vorbehalte gegenüber der quälerischen Massentierhaltung erst so richtig bewusst und begründbar geworden. Da nicht religiös, folge ich hier der Regel 1 des Sittengesetzes: "Was du nicht willst, das man dir tu, das füge keinem anderen zu."

    Gleich wie Bär, Hund und auch (!) der Schimpanse, gehört der Mensch zu den Allesfressern, und ich sehe keinen sachlichen Grund dafür, auf Fleisch und im Extremfall sogar auf tierische Produkte ganz zu verzichten. Auch sehe ich kein sachliches Argument, das dagegen spricht, hierfür Haustiere zu halten. Für die Dauer ihres Lebens sollte aber alles so geschehen, dass die Tiere entsprechend ihrer Art sich wohlfühlen und auch bis zum Eintritt ihres zweckbestimmten Todes keinem Stress ausgesetzt werden.
    Bei entsprechenden Diskussionen wird mir regelmäßig das Argument vorgehalten, dass dadurch die betroffenen Nahrungsmittel teurer würden und hierbei insbesondere arme und einkommensschwache Menschen getroffen würden. "Na und?", kann ich da nur entgegnen, "dann soll weniger Fleisch gegessen werden." Ein- bis zweimal die Woche als Hauptgericht genügt durchaus, wirkt der Fettleibigkeit entgegen und ist dabei auch aus anderen Gründen noch gesünder.
  • Wo ist die Liste?

    01.01.2011,
    Ein Link zu der Seite wäre ganz hilfreich.
    Stellungnahme der Redaktion

    Eigentlich veröffentlichen wir keine anonymen Leserbriefe. Da die Frage allerdings berechtigt ist, wird hiermit der Link nachgereicht:

    http://theplantlist.org

  • Warum sollte nur die Erde hohl sein?

    29.12.2010, Jens W. Hafner
    Die Hohlwelttheorie hat zweifelsohne einen ganz besonderen Charme, ist sie doch, begegnet man ihr zum ersten Mal, ein echtes Aha-Erlebnis in Bezug auf die eigene geistige Trägheit, wenn es um Grundsätzliches geht. Ich habe tatsächlich bei meiner Erstbegegnung mit dieser Theorie einen gehörigen Schreck bekommen, versuchte mich brav in dieses neue Weltbild probeweise einzufühlen und kam für einige Tage in eine ganz neue Form von Stress, als mir zwischendurch immer wieder bewusst wurde, WIE anders plötzlich alles wäre – obwohl sich in der Welt um mich herum doch gar nichts verändert hatte. Außer eben meiner Sichtweise derselben.
    Schwindelerregende Sache also, dieses angestrengte Weltbild-Bedenken….
    Aber zum Glück fiel mir schnell ein gutes Gegenargument zu dieser (ver-)störenden Theorie ein: Warum sollten die um die Innenwelt-Sonne kreisenden Planeten alle Kugeln mit Außenfläche sein, während die Erde eine Hohlkugel ist? Im Sinne einer “planetaren Gleichberechtigung” und mit Hilfe von Occams Razor sollte auch die Erde eine Außenflächen-Kugel sein, da man ansonsten annehmen müsste, auch Venus, Mars und Konsorten wären innen hohl und kleine Kosmen mit eigener Sonne etc. - und dafür wäre nun wirklich zu wenig Platz, alles in allem! Zudem: Die Cluster-Theorie unseres Weltall-Modells ist ebenso “biologisch-freundlich” wie das von seinen Anhängern als solches proklamierte Hohlweltmodell.
    Nun, seit mir also einige Gegenargumente zugefallen sind, kann ich wieder ruhiger schlafen, unbesorgter denken und vor allem freier durchschnaufen, habe ich doch mit dem vertrauten alten Modell - wieder und nun noch ein wenig berechtigter - unendlich viel Raum über mir.
    Und nicht nur ein paar zugestopfte Hohlkugel-Kilometer…
  • Elegant aus demokratischer Kontrolle heraushalten

    29.12.2010, Dr. jur. Karl Ulrich Voss, Burscheid
    Es ist nicht ungewöhnlich, dass Machthaber Kriegshandlungen entformalisieren, camouflieren oder distanzieren. So können Sie sie elegant aus der rechtlichen oder öffentlichen bzw. demokratischen Kontrolle heraushalten, können die auf Dauer verräterische Schmerzleitung weitestgehend kappen. So dienen fernwirkende oder automatisierte Waffen, Söldnersysteme, das so genannte targeting/decapitating und der Verzicht auf Kriegserklärungen damit ähnlichen Interessen, sind aber alle ähnlich kurzsichtig. Schon Kant brandmarkte in seiner hellsichtigen Schrift "Zum ewigen Frieden" alle Feindseligkeiten, die ohnmächtigen Hass schüren und das wechselseitige Vertrauen in einem künftigen Frieden unmöglich machen, als "ehrlose Stratagemen", etwa auch die Anstellung von Meuchelmördern. Heute müsste er konsequenterweise die Drohnen einbeziehen. Kurzsichtig sind alle diese Strategien, weil der mit einem ähnlichen Denkapparat gesegnete Gegner nur neue Wege ersinnen muss und wird, um die Kriegswirkung seinerseits wieder zurück zum Volk, zum eigentlichen Ressourcengeber zu tragen, etwa durch Terrorismus. Spanien war ein Beispiel.

    Kant gab den entgegengesetzten Fingerzeig, indem entweder das Volk unmittelbar über die Kriegshandlungen entscheiden sollte oder er - mit einem Augenzwinkern - die Rückkehr zum guten alten Zweikampf der Häuptlinge empfahl, wo Plan, Ausführung und rückkoppelndes Schmerzempfinden ohne jeglichen Signalverlust oder Irrtum in einer Person zusammen fallen, wo verheerende und endlose Waffengänge dann per definitionem ausgeschlossen sind.

    Quelle:
    Immanuel Kant, Zum Ewigen Frieden, 2. Aufl. 1796:
    • ehrlose Stratagemen: Präliminar-Artikel Nr. 6 (Reclam-Ausgabe v. 1984, S. 7)
    • Beistimmung der Bürger zur Kriegserklärung: erster Definitiv-Artikel (Reclam S. 12f)
    • Zweikampf: zweiter Definitiv-Artikel, bei und in der Fußnote (Reclam S. 16f)

    Siehe auch Zum ewigen Frieden in der wikipedia m.w.N.
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