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Kommentare - - Seite 982

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • Zeit ist keine Einzeldimension

    11.10.2010, Josef Wieser
    zum im Betreff genannten Artikel möchte ich gerne folgendes anmerken:
    • Die Zeit kann einzeln für sich nicht verstanden werden, sondern macht nur Sinn im Verbund der (mindestens) vierdimensionalen Raumzeit, die zu jeder definierten Koordinate nur ein reales Abbild hat. Es macht also keinen Sinn, die Zeit als Einzeldimension mit Sondereigenschaften (im Unterschied zu den drei Raumdimensionen, die als umkehrbar verstanden werden können) zu begreifen.
    • Der Autor verwendet jeweils das Wort "Zeit" für so unterschiedliche Bedeutungen wie "Zeitpunkt" oder Zeitfluss. Obwohl schon Albert Einstein dies z. B. in seinen Abhandlungen "Zur Elektordynamik bewegter Körper" auch so handhabt, ist es einer Beschreibung eines Szenarios nicht zuträglich und nicht eindeutig verstehbar.
    • Bei der Abbildung auf S. 35 oben soll vermutlich die Sonderform der Zeit als besondere Dimension in der vierdimensionalen Raumzeit herausgestellt werden. Dies Bedarf meiner Ansicht nach keiner Darstellung, denn eine Ungleichheit der drei Raumdimensionen mit der Zeit als vierter Dimension ist in unserem Erfahrungssystem (einschließlich einer Kugel, die - durch eine zeitlichen Ortsveränderung - an einer räumlichen Wand abprallt) trivial. Außerdem ist durch die Definition einer rein räumlichen Wand bereits eine Sonderstellung der Zeitdimension im Beispielansatz festgelegt.
    • Wäre Zeit nur eine Illusion, dann auch die Veränderung, da sie per Definition einen Vergleich zwischen einem Vorher und einem Nachher erfodert, der nur durch mit einem Vorhandensein von Zeit existieren kann. Da aber Veränderungen physikalisch messbar stattfinden, so kann auch die Zeit keine Illusion sein. Selbst das Vorhandensein einer sich verändernden Illusion setzt das Vorhandensein von Zeit - zumindest in einer emergenten Form - voraus. Ein Umkehrschluss ergäbe, dass es kein Leben gäbe. Es sei denn der Zeitfluss wird als statisch begriffen und die Veränderung an sich als stationär. In diesem Fall ist es notwendig, sich vor der weiteren Diskussion auf gemeinsame Definitionen von Begriffen wie Dynamik und Veränderung zu einigen. Jede "Weltformel" muss auch die Erfahrungswelt richtig beschreiben.
    • Auch Albert Einstein formuliert die Lichtgeschwindigkeit als Grundgröße - hieraus ist die Zeit ableitbar und nicht mehr als Grundkonstannte notwendig. Mathematisch wie physikalisch ist aber durch Formelumformung genauso die Zeit als Grundgröße definierbar - auch hierbei bleibt die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum konstannt. (Außerdem gibt es alternative Definitionen zur Gleichzeitigkeit von Ereignissen - die der Autor der Zeit abspricht - die mit der Albert Einsteins konkurrieren, wodurch natürlich die Aussagen der Relativitätstheorie nicht in Frage gestellt werden.)
    Ausdrücklich möchte ich abschließend noch die Arbeiten Craig Callenders sowie die Qualität Ihrer Zeitschrift würdigen.

  • Beobachten besser als vermuten

    11.10.2010, Julian Dindas, Lauter
    mit großem Interesse habe ich Ihren Artikel über die mögliche Illusion der Zeit gelesen und mich doch sehr gewundert. Obwohl ich als Student eher in der Molekularbiologie und Biochemie zu Hause bin, habe ich seit Jahren ein großes Interesse an theoretischer Physik, insbesondere an Astro- und Quantenphysik. Doch in letzter Zeit nahm mein Staunen und Wundern über Bücher und Artikel in SdW stark zu. Ich persönlich halte es mit Karl Popper, dass eine wissenschaftliche Vermutung durch Beobachtung bewiesen werden muss. Und zeigt nun ihr Artikel nicht par excellence wo man eine Grenze ziehen müsste, um Naturwissenschaft von reinen theoretischen Gedankenspielen abzugrenzen?

    Sicherlich: Zeit ist etwas kaum fassbares, zu sehr unterschieden und unterscheiden sich die Wahrnehmung und die sprachliche Manifestierung dieser in den Sprachen und Kulturen der Menschen. Ihre Artikelreihe zur Zeit machte dies deutlich: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind wohl eher moderne Begriffe und repräsentieren nur eine Ordnung der Zeit unter den vielen die Menschen wahrnehmen und beschreiben können. Und was uns heute im Alltag als wohl geordnete Aneinanderreihung Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft erscheint, wurde durch Einstein aufgelöst. Zeit kann gestaucht und gestreckt werden, mal vergeht sie schneller, mal langsamer. Gleichzeitigkeit existiert nicht mehr. Alles ist relativ.

    Aber Einsteins Relativitätstheorien sind beobachtbar, ihre Effekte sind messbar. Sie sind nicht die ganze Wahrheit, ihr Versagen auf Quantenebene legt davon Zeugnis ab. Und aus dieser Kluft zwischen Quanten- und Relativitätstheorie erwachsen nun die vielfältigsten Theorien, um beide zu vereinen, lang schon sind sie so kompliziert das sie Laien nicht mehr zu vermitteln sind, das ist aber auch nicht der Anspruch. Ansprüche sind vielmehr die mathematische Exaktheit, die Logik der Schlussfolgerungen und letztlich die Möglichkeit zur Beobachtung in der realen Natur. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Mathematik etwas der Natur immanentes ist, etwas was vor dem Menschen da war, etwas wofür wir nur die Sprache aus Symbolen und Formalismen geschaffen haben, um sie im Wortsinn zu begreifen. Ob damit aber ein Anspruch auf Realität erwächst, so dass alles, was sich streng mathematisch ergibt, auch so sein muss, ist zu bezweifeln. Nur weil sich das Formelzeichen t, für die Zeit, sich aus Gleichungen herauskürzt, heißt dies doch noch nicht, dass Zeit nicht existiert. Ich weiß nicht, wie es ist, ich meine nur, die Zeit ist etwas so grundlegend Charakteristisches für unser Universum, dass in diesen Fragen der Beweis durch Beobachtung, wie kompliziert sie auch sein mögen, unbedingt erbracht werden muss. Ich halte es für leichtfertig, immer komplexere Theorien aufzustellen, die unser Universum (wenn nicht mehr) erklären wollen, und sich dabei wiederum auf Vermutungen zu stützen, die vielleicht gar nicht beweisbar sind. So wie in der Biologie der Beginn des Lebens nicht beweisbar ist, da chemische Reaktionen keine Fossilien hinterlassen und Überreste von ersten Protozellen längst der Plattentektonik zum Opfer gefallen sind.

    Insgesamt glaube ich: Warum sollte unser Universum so über die Maßen kompliziert sein? Vermutlich ist es viel einfacher.
  • Veränderung, nicht Zeit, ist der grundlegende Begriff

    11.10.2010, Harald Kirsch, Düsseldorf
    "Ohne Zeit stünde die Welt still", so beschreibt Prof. Callender das Zeitverständnis der meisten Zeitgenossen. "Wenn die Welt still steht, dann auch die Zeit" ist aber vielleicht ein besserer Ansatz zu einem intuitiven Verständnis der Zeit.

    Wären wir in der Lage, in einem von seiner Umwelt isolierten Raumgebiet die Veränderung oder Fortentwicklung von Materie und Feldern "einzufrieren", läuft dort dann weiterhin Zeit ab? Wenn keine Wechselwirkungen mehr stattfinden, wenn selbst eine Atomuhr aufhört zu "ticken", wenn jeder Veränderungsprozess der zum Messen von Zeit herangezogen werden könnte eingefroren ist, läuft dann noch Zeit ab? Ich denke, nein.

    Meiner Meinung nach ist Zeit lediglich ein Weg zum Messen und Vergleichen der durch die Grundkräfte der Physik getriebenen Fortentwicklung von Materie und Feldern. Jede Uhr beruht auf dem Mitzählen einer regelmäßigen Veränderung und dient damit als Maßstab für alle anderen in uns und um uns ablaufenden Veränderungen. Würde die Welt, und mit ihr unsere Uhren, "langsamer ticken", wir hätten keine Möglichkeit dies zu bemerken. So wie für ein Schachspiel nur die Zugfolge wichtig ist, egal ob sie durch Schnellschach oder Briefschach zu Stande kommt, so ist in der Welt die Veränderung der grundlegendere Begriff. Zeit zu messen ist analog zum Zählen der Züge im Schach.

    Tatsächlich passt diese Sicht der Zeit hervorragend zur speziellen Relativitätstheorie, in der die Veränderungsgeschwindigkeit vom Beobachter abhängt. Und die unterschiedlichen Veränderungsgeschwindigkeiten implizieren unterschiedliche, beobachterabhängige Zeitmessungen.

  • Ja, Zeit ist eine Illusion

    11.10.2010, Hans Pröpper, 41352 Korschenbroich
    Ist die Zeit eine Illusion? - Ja und Nein!
    Der große Königsberger Philosoph Immanuel Kant hatte sich schon 1781 im Zusammenhang seiner"Kritik der reinen Vernunft" zwangsläufig mit diesem Thema befasst. (Der transzendentalen Ästhetik Zweiter Teil, Von der Zeit.)
    Das Ergebnis in Kurzfassung:
    JA: Zeit existiert als konstitutives Element "Anschauungsform"(ebenso wie Raum) menschlichen Erkennens und nur für dieses! Alles was wir erkennen, bzw. wie wir es erkennen, "das Ding in der Erscheinung", erscheint uns zeitlich (und räumlich) geordnet.
    Nein: Zeit existiert nicht, denn das "Ding an sich", alles was dahinter steht, also frei ist von den konstitutiven Bedingungen unseres Erkennens, ist davon frei!
  • Sprechen wir hier von Leistung oder von Spannung?

    11.10.2010, Hans Rudolf Zeller, Birr, Schweiz
    Die Beobachtung, dass sich Vögel bei Hochspannungsleitungen nur auf dem Neutralleiter oder auf den geerdeten Teilen der Masten aufhalten, habe ich schon oft gemacht. Irritiert hat mich dagegen im Artikel von Prof. Schlichting die Behauptung, dass sich "Vögel oberhalb einer durch die Kabel übertragenen Maximalleistung von 60 kW nicht mehr auf Leitungsseilen aufhalten. Experimente mit Tieren in Gefangenschaft zeigten zwar, dass sie je nach Art auch höhere Spannungen akzeptieren ..." Sprechen wir hier von Leistung oder von Spannung? Was die Vögel möglicherweise fühlen sind entweder elektrische oder magnetische Felder, sicher aber nicht die elektrische Leistung (Watt).

    Es gibt jedoch gute Gründe für die Annahme, dass es etwas ganz anderes ist, was die Vögel abschreckt. Jeder, der bei Regenwetter oder Raureif unter einer Hochspannungsleitung gestanden hat, kennt das typische Knistern. Dieses stammt von winzigen Koronaentladungen, die durch elektrische Feldüberhöhungen an Protrusionen am Leiter - Eiskristalle, Regentropfen etc. - hervorgerufen werden.

    Rein elektrisch gesehen ist auch ein Vogel, insbesondere sein Schnabel, eine Protrusion, die zu Feldüberhöhungen führt. Die durch eine Koronaentladung hervorgerufenen Ströme sind zwar winzig, aber viel größer als die im Artikel genannten Depolarisationsströme (die mit Antennen nichts zu tun haben). Die fließende Ladung pro 50-Hz-Zyklus ist zwar von ähnlicher Größenordnung wie die Depolarisationsladung, fließt aber innerhalb Mikrosekunden, was zu sehr viel höheren momentanen Strömen führt. Zudem treten chemische Reaktionen auf. Es bilden sich unter anderem Stickoxyde. Vermutlich sind es entweder die Korona-Ströme oder deren chemische Reaktionsprodukte, die die Vögel abschrecken. Die Kilowatt sind es sicher nicht.
    Stellungnahme der Redaktion

    Sie machen mit Recht auf einen Flüchtigkeitsfehler aufmerksam, den ich in meinem Beitrag übersehen habe. Es kommt natürlich auf die Spannung an und der Satz muss korrekt lauten: „…Vögel oberhalb einer Maximalspannung von 60 kV nicht mehr auf Leistungsseilen aufhalten…“. Auch Ihre zusätzliche Annahme erscheint mir sehr plausibel und damit eine schöne Ergänzung zu dem im Artikel Gesagten.



    Viele Grüße JS

  • Mehr als ein technisches Problem

    11.10.2010, Iko Tönjes
    Der Artikel enthält viele interessante Erkenntnisse, aber Einiges ist auch zu hinterfragen. Deswegen einige Ergänzungen:

    Der Satz "In Deutschland .. hat fast jeder, der alt genug dafür ist, einen Führerschein und ein eigenes Auto." stimmt so nicht. Die große Studie "Mobilität in Deutschland 2008" hat ermittelt, dass immerhin 20 Prozent der deutschen Haushalte kein Auto besitzen, in Großstädten sogar fast 30 Prozent. Und der Trend bei jungen Großstadtbewohnern zum Führerschein und Auto ist schon leicht rückläufig.

    Ob ein Auto das "komplexeste" Konsumprodukt ist, ist zweifelhaft. Ob es technisch komplexer ist als ein Computer, darüber mag man streiten; wenn man nur auf das Produkt und nicht auf die Produktion schaut, ist schon eine simple Topfpflanze bzw. jede einzelne ihrer Zellen wohl um ein Vielfaches komplexer. Das ist ein Punkt, den Ingenieure meist vergessen.

    Dass die Reduzierung der Schadstoffe eine "Erfolgsgeschichte" ist und dass die Abgase manchmal sauberer sind als die Umgebungsluft, ist zumindest für Stickoxide und Partikel sicher nicht zutreffend. Viele europäische Großstädte haben Probleme, die gültigen EU-Grenzwerte für Partikel (PM10) und NO2 einzuhalten, und das gerade an Hauptstraßen.

    Als vor ca. 10 Jahren einige Vorzeige-Sparmodelle (VW Lupo, Audi A2) zu kaufen waren, waren die Preise so hoch angesetzt und wurde in den Autohäusern aktiv vom Kauf abgeraten, dass es kein Wunder war, dass die Modelle kein Erfolg wurden. Es lag wohl nicht in erster Linie an den Kunden.

    Es ist nicht die Technik, die die Probleme des Autoverkehrs lösen kann, sondern die gesellschaftliche Organisation:

    - Solange das Geschäftsmodell und die Kalkulation der Autoindustrie davon ausgeht, dass der größte Gewinn mit dem Verkauf der größten Autos gemacht wird, solange werden sparsame Autos eher PR-Objekte als Massenprodukt sein. Und verbrauchsunabhängige Kosten für die Dienstwagennutzung unterstützen das.

    - Solange das Konzept der privaten
    Allzweck-Reise-und-Transport-Renn-Limousine mit Insassenschutz bis 200 km/h die Regel ist, solange werden Autos weiterhin zu schwer sein und fast nur herumstehen, und dann werden sich technische Innovationen auch nur mit großer Verzögerung verbreiten.

    Ohne moderne Konzepte von CarSharing (s. Car2go in Ulm und Mu von Peugeot), bei denen man sich für jeden Nutzungszweck das passende Fahrzeug mietet, und einen intelligenten Verkehrsmittelmix inklusive (E-)Fahrrad und Bahn wird sich weder das Elektroauto durchsetzen noch wird der Autoverkehr global überleben können.

    "Wir behalten unsere bisherigen Autos und bauen nur einen neuen Motor ein", das wird nicht die Zukunft sein.
  • Fraglicher Eindruck

    10.10.2010, Peter Maier, Wien
    Der Artikel macht einen in einigen Punkten fraglichen Eindruck.

    1. Wie ist der 60-Kilowatt (60kW) Grenze bei Freileitungen zu verstehen? Wie bekannt ist, definiert sich elektr. Leistung aus dem Produkt Spannung mal Strom. Fliesst kein Strom durch die Leitung, aber liegt die (Hoch)spannung an, beträgt die übertragene Leistung nahezu 0 Watt. Trotzdem nehmen Vögel nicht auf Freileitung mit Hochspannung wie Leitungen mit 220kV oder 380kV "Platz".

    Im Mittelspannungsnetzen, welche je nach Region mit 10 bis 30kV betrieben werden, nehmen Vögel hingegen sehr gerne Platz. Das ist bei Freileitungen im Bereich der Isolatoren sogar ein Problem, wie im Artikel bei den Störchen erwähnt. Bei Mittelspannungsnetzen beträgt die durchschnittliche Leistung einige Megawatt bis zu einigen 10 Megawatt die übertragen werden. Wie passt diese Leistungen also zu dieser postulieren 60-Kilowatt-Grenze?

    (Wurde da etwa Kilowatt mit Kilovolt verwechselt? - das ist dann schon ein recht arger Schnitzer der im Review auffallen sollte und ich daher nicht glauben will.)

    2. In Hochspannungsnetzen dient die Erde, das Erdseil (an der Mastspitze bei Metallmasten, tlw. auch als Blitzschutzseil bezeichnet) nicht als Retourleiter zum Kraftwerk. Offensichtlich liegen hier völlig falsche Vorstellung vor, wie Dreiphasensysteme wie das Mittelspannungsnetz oder auch die Hochspannungsebene mit 110kV/220kV/400kV realisiert sind. Auch ist der "Neutralleiter" auf Niederspannungsnetz im Haushaltsbereich üblich, kommt aber in Hochspannungsnetzen in dieser Form gar nicht vor. (Es gibt im Hochspannungsbereich bei Leistungstransformatoren einen so genannten Sternpunkt und unterschiedliche Behandlungen wie dieser Sternpunkt geerdet werden kann oder ob er "schwebend" ist. Im Niederspannungsnetz mit 230V/400V ist dieser Sternpunkt geerdet und mit dem Neutralleiter verbunden)

    Erdschlussfehler treten bei Freileitungen öfter auf, z.B. Baum der in eine Freileitung hinein wächst. Dazu gibt es die Erdschlusskompensation welche bei einpoligen Erdschluss einen Zeit lang den Weiterbetrieb erlaubt. Würde die Erde als "Retourleiter" verwendet werden, wäre das ein Kurzschluss und keine Ersdschlusskompensation möglich. Details finden sich in einschlägigen Lehrbüchern wie "Rene Flosdorff, Elektrische Energieverteilung" ISBN 3-519-26424-2.

    3. Vögel nehmen nicht auf den Leiterseilen von Hochspannungsleitungen (110kV, 220kV und 440kV) Platz, weil die im Artikel korrekt erwähnte elektrische Feldstärke über den Leiterseilen sehr hoch ist und an der Durchbruchsgrenze (Ionisierungsgrenze) von Luft liegt. Was fehlt ist die Erwähnung von den einsetztenden Koronaentladungen ("Sprühentladungen") welche an spitzen Kanten ausgeht. Wie es eben auch Vogel auf so einer Leitung darstellen. Diese Entladungen führen zu nervlichen Reizen und sind entsprechend unangenehm. Das ist aber nur durch die hohe Spannung gegen Erdpotential bedingt, hat nichts mit Übertragungsleistungen zu tun.

    Die Koronaentladungen treten auch direkt auf der Oberfläche von dem Leiterseil auf, weil es "dünn" im Querschnitt ist. Deswegen werden Hochspannungsleitungen welche mit 400kV betrieben werden, auch als Bündelleiter mit mehreren Metallseilen in engen Abstand ausgeführt, quasi wie holes "Rohr". Um so die "scharfe Krümmung" und die damit verbundene hohe elektrische Randfeldstärke über den Leiterseilen zu reduzieren und so Koronaentladungen (sind Verluste) zu minimieren.

    Diese Koronaentladungen sind übrigends auch der Grund, neben Effekten an den Isolatoren, warum es unter einer 400kV-Freileitung so "knistert und prasselt". Mit entsprechenden Koronakameras und im Dunkeln (Nacht) kann man diese kleinen Entladungen entlang des Leiterseils von 400kV-Hochspannungsfreileitungen auch optisch beobachten. Und das ist auch der Grund, warum Hochspannungsteile in Uni-Hochspannungslabors mit so grossen Runden Metallblechen ausgekleidet werden, Stichwort Hochspannungsringe. Auch das findet sich alles in einschlägigen Lehrbüchern der Hochspannungstechnik.

    In den USA werden arbeiten wie das Austauschen von Abstandshaltern bei diesen Bündelleitern auch in Betrieb befindlichen Höchstspannungsleitungen (um 500kV) von Hubschraubern aus getätigt. Weil dort so wenig Reserveleitungen vorhanden sind. Die Arbeiter haben dazu einen leitfähigen Schutzanzug an, um durch die Koronaentladungen (das "beisst" ziemlich) nicht zu stark beeinträchtigt zu werden wenn sie auf der Hochspannungsleitung "sitzen". Genau das ist der Grund warum auch Vögel, die klarerweise keinen solchen Schutzanzug tragen, nicht auf diesen Hochspannungsleitungen sitzen.

    In der Hoffnung, dass die Qualität der SdW bei solch fast schon alltäglichen Dingen nicht zu sehr nach unten abrutscht ...
    Stellungnahme der Redaktion

    Die Verwechslung von Kilowatt und Kilovolt war ein Versehen des Autors, das dem Redakteur hätte auffallen müssen; wir bitten um Entschuldigung. Das Thema der Koronaentladungen war uns bekannt; zu deren Auswirkungen auf Lebewesen haben wir indessen keine wissenschaftlichen Veröffentlichungen gefunden, sodass dieser Aspekt im Text außen vor blieb.

  • Vielen Dank

    09.10.2010, Jürgen Knödlseder, Toulouse
    Trotz all der berechtigten Kritik: Danke für die Rezension, sie hat mir ein paar gute Stunden mit einem Buch eingebracht, das zum Nachdenken anregt. Über die Sachfehler hier und da kann man da gerne wegsehen.
  • Watt ihr V(V)ol(l)t?

    09.10.2010, Gerald Winzer, München
    Den Artikel fand ich sehr interessant, weil ja die allgemeine Meinung vorherrscht, Vögel könnten sich beliebig auf Hochspannungsleitungen setzten, das elektrische Feld vergisst man dabei schnell.

    Jedoch würde ich von einem wissenschaftlichen Magazin erwarten, dass Leistung und Spannung nicht durcheinander gewürfelt werden, denn nachdem klar beschrieben ist, dass nicht das Magnetfeld die Vögel stört, sondern das elektrische, ist auch klar, dass es sich um ein Spannungs- und nicht Leistungsphänomen (das wäre es bei gleichbleibender spannung wenn der Strom und damit das Magnetfeld variieren würde) handelt. Also müßte es richtigerweise wohl 60 Kilovolt und nicht 60 Kilowatt heißen.
    Stellungnahme der Redaktion

    Der Autor hat auf eine ähnliche Anmerkung geantwortet, siehe Leserbrief "Sprechen wir hier von Leistung oder von Spannung?"

  • Sexuelle Selektion beim Menschen – ein Tabu?

    08.10.2010, Prof. Dr. Dieter Böning, Berlin
    Nach Charles Darwin gibt es zwei Formen der Evolution: natürliche Selektion (ein zufällig entstandenes vererbbares Merkmal verbessert die Überlebens- und Fortpflanzungsfähigkeit in der jeweiligen Umwelt) und sexuelle Selektion (ein zufällig entstandenes vererbbares Merkmal erhöht die sexuelle Attraktivität und dadurch den Fortpflanzungserfolg).

    In der "Abstammung des Menschen" (1874) diskutiert er den Ursprung der Nacktheit. Er findet keine besseren Überlebenschancen durch Verlust des Fells. Daher vermutet er sexuelle Selektion und spekuliert, etwas viktorianisch verklausuliert, dass der Mensch, "am wahrscheinlichsten das Weib, das Fell aus ornamentalen Gründen verlor".

    Die Bedeutung der Nacktheit als Seh- und Berührungsreiz für die Sexualität ist eigentlich unübersehbar. Bei den heutigen Evolutionsbiologen ist im Gegensatz zu Darwin anscheinend sexuelle Evolution beim Menschen ein Tabuthema, auch im vorliegenden Artikel wird sie nur verschämt als Nebeneinfluss erörtert. Das führt zu teilweise unsinnigen Spekulationen, wie dass die Behaarung von Achsel und Scham vor Bewegungsreibung schütze. Es ist doch offensichtlich, dass Auftreten und langsame Zunahme der Schambehaarung in der Pubertät die Geschlechtsreife signalisiert.

    Im Übrigen spricht Geschlechtsverschiedenheit eines Merkmals (Geschlechtsdimorphismus) für sexuelle Selektion. Die Behaarung der Geschlechter unterscheidet sich folgendermaßen:
    1. Stärkere Körperbehaarung bei Männern
    2. Bart beim Mann (höchstwahrscheinlich, um einen imposanten Eindruck zu machen wie die Mähne beim Löwen)
    3. Verschiedene Abgrenzung der Schambehaarung nach oben
    4. Häufige Kahlheit beim älteren Mann; da diese erst spät auftritt, dürfte sie für Fortpflanzung und Selektion eine recht geringe Bedeutung haben.

    Das führt zu einem weiteren, allerdings scheinbaren Widerspruch in den Argumentationen von Nina Jablonski: Haare auf dem Kopf sind gut für die Thermoregulation, auf dem Rumpf aber schlecht. Den Vorteil von Haaren auf dem Kopf bei starker Sonneneinstrahlung kann jeder Mann mit gelichtetem Haupthaar bestätigen. Am Rumpf (mit Ausnahme der Schultern, die vom Kopfhaar mitbedeckt werden können) konnte der Mensch auf diesen Schutz in der Savanne eher verzichten als vierbeinige Tiere, da durch die aufrechte Haltung der Einfallswinkel der Sonnenstrahlen in der Mittagshitze flach ist. Zumindest scheint die geringe Rumpfbehaarung dadurch keinen wesentlichen Nachteil für die Thermoregulation in der tropischen Umwelt gehabt zu haben.

    In diesem Zusammenhang interessant ist, dass es auch heute noch vereinzelt Menschen mit vollständiger Körperbehaarung gibt (sogenanntes Ambras-Syndrom nach Schloss Ambras in Tirol, wo Gemälde einer Familie mit Fell ausgestellt sind). Die verantwortliche (Rück?)Mutation liegt auf Chromosom 8 (Baumeister FA et al., Clin. Gen. 44, 121–128 (1993)).
  • "Ignoranz und Forschungsamnesie"

    08.10.2010, Dr. Erika Butzmann, Wildeshausend
    Würden die neuen Säuglings- und Kleinkinderforscher sich die Mühe machen, Piaget zu lesen und zu verstehen, müssten sie nicht ständig behaupten, was in diesem Artikel über Piaget steht. Dann wüssten sie auch, dass mit Piagets Erkenntnissen die Ergebnisse aller neuen Untersuchungen zum Forscherverhalten von Babys zu erklären sind. Es ist ein Trauerspiel, wieviel Forschungsgelder überall verpulvert werden, nur weil sich kaum noch jemand die Mühe macht, sich Erkenntnisse früherer Forscher wirklich anzueignen. Rainer Dollase nennt das "Ignoranz und Forschungsamnesie".
  • Warum wir nackt sind

    08.10.2010, Josef Brusa, Schweiz
    Das fehlende Fell hilft wohl zur besseren Kühlung des Körpers. Doch unter freiem Himmel kann es selbst in heißen Ländern auch mal empfindlich kalt werden. Daher meine These: Erst das Feuer hat es ermöglicht, dass Fell los zu werden. Es gibt zwar keine eindeutigen Beweise, doch scheint das Feuer schon eine Million Jahre oder länger bekannt zu sein. Das passt ganz gut mit dem beginnenden Haarausfall zusammen. Das Feuer ermöglichte eine effizientere Nahrungsaufnahme durch das Kochen, was wiederum Voraussetzung für das Wachstum des Gehirns ist. Vielleicht haben sich all diese Effekte gegenseitig unterstützt. Feuer verhilft zu Intelligenz und damit zur noch besseren Nahrungsbeschaffung, aber auch zu intelligenten Konzepten zum Schutze des Körpers vor Wettereinflüssen. Dies ermöglicht den Haarausfall, was wiederum die Nahrungsbeschaffung verbessert, usw.
  • Haarsträubende Interpretation

    08.10.2010, Dr. Anna Winner, München
    Die Ergebnisse von Gopnik sind faszinierend, deren Interpretation aber haarsträubend. Welchen Sinn ergibt das Wort Theorie noch, wenn man das Adjektiv "intuitiv" davor setzt. "Ein Kind experimentiert, arbeitet (?) mit Statistiken und stellt intuitive physikalische, biologische und psychologische Theorien auf." (S. 69)

    Verhielten sich Kleinkinder denn anders, als es für die Menschheit solche Theorien noch gar nicht gab, waren die Kleinkinder intuitiv schlauer als ihre Eltern? Verlernen wir das alles beim Erwachsen werden? Dass Kinder eine enorme Beobachtungsgabe besitzen, eben weil sie nicht theoriegeleitet wahrnehmen (wie auch Gopnik erwähnt), bewunderte schon Goethe. Kleinkinder wollen die Welt durchschauen, sie strengen sich gerne an und wiederholen Tätigkeiten ausdauernd. Ihr ganzer Körper, nicht nur der Kopf, entwickelt dabei ein Gespür für die Zusammenhänge.

    Man könnte das Erfahrungswissen oder gesunder Menschenverstand nennen, wissenschaftliches Denken ist es nicht. Nur weil jemand gut Skateboard fahren kann, kann er noch nicht gut Flugbahnen berechnen und nur weil jemand gut Flugbahnen berechnen kann, kann er noch nicht gut Skateboard fahren.
  • Haarsträubende Interpretation

    08.10.2010, Dr. Anna Winner, München
    Die Ergebnisse von Gopnik sind faszinierend, deren Interpretation aber haarsträubend. Welchen Sinn ergibt das Wort Theorie noch, wenn man das Adjektiv "intuitiv" davor setzt. "Ein Kind experimentiert, arbeitet (?) mit Statistiken und stellt intuitive physikalische, biologische und psychologische Theorien auf." (S. 69)

    Verhielten sich Kleinkinder denn anders, als es für die Menschheit solche Theorien noch gar nicht gab, waren die Kleinkinder intuitiv schlauer als ihre Eltern? Verlernen wir das alles beim Erwachsen werden? Dass Kinder eine enorme Beobachtungsgabe besitzen, eben weil sie nicht theoriegeleitet wahrnehmen (wie auch Gopnik erwähnt), bewunderte schon Goethe. Kleinkinder wollen die Welt durchschauen, sie strengen sich gerne an und wiederholen Tätigkeiten ausdauernd. Ihr ganzer Körper, nicht nur der Kopf, entwickelt dabei ein Gespür für die Zusammenhänge.

    Man könnte das Erfahrungswissen oder gesunder Menschenverstand nennen, wissenschaftliches Denken ist es nicht. Nur weil jemand gut Skateboard fahren kann, kann er noch nicht gut Flugbahnen berechnen und nur weil jemand gut Flugbahnen berechnen kann, kann er noch nicht gut Skateboard fahren.
  • Quadratjahr

    07.10.2010, O. Meckes
    Was bitte ist ein Quadratjahr ?
    Stellungnahme der Redaktion

    Sehr geehrter Herr Meckes,



    auch uns irritierte die Einheit "Quadratjahr" anfangs.



    Jay Famiglietti, Forscher aus der Studie, erklärte uns das Zustandekommen dieser Einheit folgendermaßen:

    Der Wasserabfluss (kombiniert aus Fluss- und Eisdecken-Strom) in die Meere ist ein Verhältnis von Kubikmetern (km3) pro Jahr (y). Ein Trend ist dann per Definition zu bestimmen, indem man durch die Zeiteinheit (hier das Jahr) dividiert. In den Einheiten gesprochen: km3 /y * 1/y. Daraus ergibt sich das durchaus nicht geläufige Quadratjahr.



    Wir bedanken uns für Ihre Rückfrage,

    Ihre Redaktion von spektrumdirekt

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