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Kommentare - - Seite 935

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • Spezifischer Materialverbruch ist entscheidendes Kriterium

    12.01.2012, Gerhard Buttkewitz
    Es ist nur der Wirkungsgrad der Umwandlung von Elektroenergie in die Energie des Erdgases (60 %) benannt worden. Auch diese 60 % sind derzeit noch nicht praxisrelevant. Denn es müssen zwei Umwandlungsprozesse vollzogen werden. Das sind die Umwandlung von Elektroenergie in Wasserstoffenergie mit einem Elektrolyseur (derzeit maximal 65 %) und die Umwandlung der Energie des Wasserstoffs, z. B. mit dem Sabatier-Prozess (< 83 %), zur Energie des Erdgases. Des Weiteren ist noch Hilfsenergie zur Aufbereitung des CO2 notwendig. Für die Bewertung von Energiespeichersystemen ist der Gesamtwirkungsgrad der Energiespeicherung entscheidend. So beträgt der Wirkungsgrad bei der Umwandlung der Energie des Erdgases in Elektroenergie mittels eines Gaskraftwerks (GUD) oder Brennstoffzelle maximal 60 %. Damit ergibt sich ein Gesamtwirkungsgrad von maximal 36 % unter der Voraussetzung, dass der Wirkungsgrad von 60 % für die Umwandlung von Elektroenergie in die Energie des Erdgases auch erreicht wird.

    In diesem Artikel und auch in der Fachwelt wird leider der spezifische Materialverbrauch eines Energieversorgungssystems, Materialmenge pro Leistung oder Materialmenge pro Energie und pro Zeiteinheit, nicht benannt. Da neben den Energieressourcen auch die Rohstoffressourcen immer knapper werden, ist der spezifische Materialverbrauch ein entscheidendes Kriterium zur Bewertung von Energieversorgungssystemen.
  • Kommentar zu Na ENDLICH

    12.01.2012, Wawczyniak
    Überaus erfreulich, dass es Zeitgenossen wie Kronberg gibt, der unqualifiziert und ohne Begründung alle Organisationen, die ihm nicht passen, als Panikmacher und Ignoranten beurteilt. Satz gelöscht. Die Existenzberechtigung von Diskussionsteilnehmern wird hier nicht in Frage gestellt. Danke. L.F.
    Auf Grund seines Textes zweifle ich sehr, ob seine Beurteilungskompetenz in diesem Bereich überhaupt vorhanden ist. Interessanter wäre eine konkrete Aussage von ihm, welche Interessen ihn zu diesem diffamierenden Text geführt haben.
  • Was heißt kleinere Einheiten?

    12.01.2012, Daniel
    @ Jörg
    "Oder wäre die Produktion in kleineren Einheiten, die das nicht notwendig machen, nicht die bessere Alternative."

    Was heißt kleinere Einheiten? Wie viele Tiere je Betrieb sollten es maximal sein? Wären maximal 5.000 Tiere in Ordnung?

    In Deutschland wurden 2007 insgesamt 128,5 Mio. Geflügel gehalten. Darunter waren allein 108,6 Mio. Legehennen, Masthühner (Hähnchen) und Puten. Von diesen werden 95 % (102,8 Mio. Tiere) in Beständen mit über 5.000 Tieren gehalten (bei den Hähnchen sind es sogar 99% (!) in Beständen über 10.000 Tieren). Diese Hennen, Hähnchen und Puten werden in 2.433 Betrieben gehalten.
    Würde man nun den Bestand auf 5.000 Tiere begrenzen, um nur noch kleinere Einheiten zu zulassen, bräuchten wir mehr als 18.000 zusätzliche geflügelhaltende Betriebe! Das wären bei 80 Mio. Einwohnern in Deutschland je 4.400 Einwohnern ein neuer Geflügelstall mit 5.000 Tieren. Also in jedem größeren Dorf ein neuer Stall.

    Na, die Bürgerproteste kann ich mir jetzt schon lebhaft vorstellen.
    Die Forderung nach kleineren Einheiten sind schnell aufgemacht. Nur sollte man sich dann auch die Zahlen vor Augen halten, denn sie heißt auch: bedeutend mehr Ställe im Land verteilt.
  • Farben immer schon eingebildet

    12.01.2012, Prof. Dr. Helmut Kammermeier, Kaarst
    Physikalisch sind Farben in der Regel durch ein Kontinuums-Spektrum definiert. Es wird vom menschlichen Auge mit 3 Farbkanälen mit Empfindlichkeitsmaxima im Blau- Grün- und Rotbereich "vermessen". Der Farbeindruck entsteht durch das Erregungsverhältnis der Rezeptoren dieser Farbkanäle. Das gleiche Erregungsverhältnis kann aber durch verschiedene Farben erzeugt werden. Jeder Rezeptortyp adaptiert, d.h. wird unempfindlicher bei stärkerer Reizung. Wenn also z.B. der Rotrezeptor unempfindlicher ist, wird das Erregungsverhältnis und damit der Farbeindruck in Richtung blau-grün verschoben.

    Auf der nächsten Informationsverarbeitungsebene in der Netzhaut wird durch Querverbindungen, die u.a. der Kontrastanhebung dienen, nochmals das Erregungsverhältnis verändert. Dies sind nur die einfachsten Fakten, die darauf hinweisen, dass sämtliche Farbeindrücke "eingebildet" sind.

    Mit freundlichen Grüßen
    nach über 20 Jahren Hauptvorlesung: Physiologie des Auges
  • Na endlich

    11.01.2012, f@f-kronberg.de
    Sehr erfreulich, daß sich mal jemand gegen den unsinnigen Alarmismus des BUND (was auch bei vergleichbaren Gruppen gelegentlich zu wünschen wäre) ausspricht. In der Regel dient das nur dazu, die Existenzberechtigung dieser Gruppen zu belegen. Daß das auf Kosten vieler Menschen, die auf diesen Unsinn mangels Beurteilungskompetenz hereinfallen müssen, geht, spielt für BUND, Greenpeace, Die Grünen und Co leider keine Rolle. Hauptsache, man ist mal wieder in den Schlagzeilen und kann sich als Beschützer der ach so gefährdeten Bevölkerung aufspielen.
  • Problem erkannt ...

    11.01.2012, Jörg
    Richtig, in Ställen mit mehreren tausenden von Tieren ist das notwendig. Nur brauchen wir solche Ställe? Oder wäre die Produktion in kleineren Einheiten, die das nicht notwendig machen, nicht die bessere Alternative. Aber das wir ja mittlerweile gelernt haben, dass "Geiz geil ist" und sich die Nahrungsmittelproduktion sich immer weiter von den Menschen entfernt hat, kratzt das heutzutage ja leider niemanden mehr.
  • Grundsätzliche Unvereinbarkeit nicht ausdiskutiert

    11.01.2012, Werner Kohl, Freiburg i. Br.
    Als Naturwissenschaftler halte ich es für eine Zumutung, dass dem genannten Artikel, der in einer wissenschaftlichen Zeitschrift ohnehin keinen Platz hat (Theologie betrachte ich als keine Wissenschaft, sondern als ein pseudowissenschaftliches Konstrukt), nicht wenigstens ein ebenso ausführlicher Aufsatz eines religionskritischen Wissenschaftlers gegenübergestellt wird. Das abgedruckte so genannte Streitgespräch der Herren Voland und Löffler kann einen solchen nicht ersetzen, da darin die grundsätzliche Unvereinbarkeit der beiden Weltanschauungen allenfalls gestreift, aber nicht ausdiskutiert wird.
  • Neue Antibiotikarichtlinien

    11.01.2012, Dr. Peter Altreuther
    Frau Aigner wird mit ihren neuen Richtlinien, zumindest beim Geflügel, gar nichts erreichen, weil
    1.entsprechende Regeln für die Anwendung von Antibiotika im Futter schon bestehen - Dokumentation beim Tierarzt, beim Tierhalter, beim Hersteller des Futtermittels;
    2.sich die großflächige Anwendung von Antibiotika, besonders in der Geflügelhaltung,über Futter oder Trinkwasser nicht vermeiden läßt;
    3.der Verbraucher, trotz anderslautender Beteuerung,nicht bereit ist, das 10-20-fache für seine Hähnchen zu bezahlen (was er heute schon könnte, wenn er wollte).
    Zu Punkt 2:In Geflügelställen mit mehreren tausend oder zehntausend Tieren, die oft auch noch verschiedene Herkunft haben,sind Infektionen Kettenreaktionen - 1,2,4,8... - man kann nicht bis zu einer Diagnose warten (das machen nicht einmal die Humanmediziner), weil schon nach einem Tag nichts mehr zu behandeln ist. Über die angewandten Wirkstoffe und die Dauer ihres Einsatzes, wie sie im Bericht des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz in NRW berichtet sind, kann man im einzelnen streiten, nicht aber über die Notwendigkeit der Behandlung.

    Geflügelfleisch enthält oft Keime, meist Salmonellen oder Campylobacter, die bei fehlender Küchenhygiene gelegentlich für Infektionen sorgen. Selbst im Normalhaushalt wären Gummihandschuhe,(die anschließend zu entsorgen sind) und sorgfältige Reinigung der Geräte und Flächen (und Finger) anzuraten. Nach üblicher Zubereitung durch Braten oder Kochen sind keine Keime mehr zu befürchten.
  • Wissenschaftler?

    11.01.2012, H. Volk
    Es ist immer wieder lustig und eigentlich beunruhigend, was vermeintliche Wissenschaftler von sich geben, die Eiszeit fällt aus, die Bäume sterben, die Welt geht unter, es wird zu heiß, es wird zu kalt und was sonst noch an Unsinn von sich gegeben wird.
    Was bilden sich einige Menschen eigentlich ein, der Natur vorzuschreiben bzw. nachzusagen, was sie in Zukunft zu machen hat oder nicht. Wie lange exisitiert die Erde und wie lange der Mensch, dieser nicht einmal einen Wimpernschlag ggü. der Erde. Und jetzt verändern wir das Klima. Super. Und was macht die Erde, die rülpst (Erdbeben - Menschengemacht?????) und spuckt (Vulkane - menschengemacht?????). Und wenn sie richtig rülpst und/oder spuckt, ist der mensch mensch gewesen und hat gar nichts gemacht!!! (Yellowstone-Vulkan u.ä.)
    Wir nehmen uns schon sehr wichtig. Und unsere Politiker und Wirtschaftsheinis werden auf diesen Zug aufspringen, um dem Menschen Angst zu machen und um ihn wieder abkassieren zu können.
  • Entgegnung an Herrn Stoellger

    11.01.2012, Bernhard Becker
    Lieber Herr Stoellger, Sie schrieben in Ihrem Brief:
    Werter Herr Becker, ich schmeiße sofort die "atheistischen Argumente in die Mottenkiste", wenn in dieser doch wohl der Wissenschaft verpflichteten Zeitschrift jene Fragen beantwortet werden, die Fr. Dr. Tina Gottwald zu Recht gestellt hat. Ich warte schon seit Jahren darauf. Leider erhalte ich auch hier keine konkreten Antworten und/oder keine, die sich mit den Erkenntnissen der Wissenschaft decken, schlimmstenfalls gut geschwurbelte Hermeneutik oder auch das sei das "Geheimnis des Glaubens". Nun, ich bin immer noch gespannt und neugierig! Fröhliche Weihnachten!
    Frau Gottwald hatte ein paar angeblich "unangenehme Fragen" gestellt, was "wissenschaftlich geprägte" Christen "konkret" glaubten und nannte Jungfrauengeburt, Auferstehung Jesu, Gebetserhörung und vieles mehr. Zugleich war sie jedoch sicher, dass "alle diese Beispiele sehr konkret allen uns bekannten Naturgesetzen" widersprechen.
    Sie möchten eine wissenschaftliche Antwort - nun gut: jene Gesetze entdecken zu wollen, denen "die Natur gehorcht"; zu enthüllen, wie diese Welt von einem vernünftigen Schöpfer geschaffen wurde, sie also, wie Platon forderte, "an den Gelenken zu zergliedern" war einst das kühne Programm der Neuzeit: Mathematik, meinte Galilei, sei die Sprache, in der "Gott das Universum geschrieben" habe. Wer sich nach ihr richte, werde am Ende, so Descartes, für alles einen Begriff oder eine Formel gefunden haben. Da ich davon ausgehe, dass weder Sie noch ich das heute noch glauben, versuche ich es mit dieser gemeinsamen Basis: Wissenschaft sucht mögliche Erzeugungsregeln, indem sie formal die Existenz eines "lógos" unterstellt. Sie reduziert auf diese Weise Komplexität und konkurrierte so als "Rationalismus" erfolgreich mit dem älteren Mythos, der Komplexität reduziert, indem er eine sinnvolle Geschichte erzählt. Diese "Vergötterung" (so Heidegger) technisch-instrumenteller Vernunft wird vermutlich erst enden, "wenn der Mythos vom lógos von der Lüge befreit wird, er könne begriffliche Wahrheit werden" (Bernhard Becker, Warum ich an GOTT glaube, Leipzig 2011, S. 124).
    Die erste Antwort - die Ihnen sicher nicht genügen wird - setzt darum eigentlich nur voraus, Textsorten unterscheiden zu können: dass also eine Geschichte, in der Steine, Götter oder Esel sprechen, weniger "allen uns bekannten Naturgesetzen" widerspricht, sondern wohl eher schlicht eine Fabel o.ä. ist - und dass dieser Befund auch (bzw. gerade) dann zutrifft, wenn Dogmatiker sie als "wörtlich wahr" ansehen: Denn die wollten - wie z.B. die peinliche Posse um die "Unfehlbarkeit" des Papstes zeigte - bloß mit dem neuen Aberglauben der Moderne an eine allmächtige "Vernunft" gleichziehen. Ähnlich wie bei Tolkien oder Harry Potter hatte ich jedenfalls bei Jona & dem Wal nie Probleme, hier einen nichtdeskriptiven Sinn zu verstehen. Und wie bei Odysseus oder König Ödipus "existiert" dieser Sinn völlig unabhängig von dem kontingentem Faktum, ob das Erzählte "tatsächlich passiert" ist oder nicht. Dazu müsste man sich aber trauen, Bibeltexte als Story (und nicht als wissenschaftlichen "Sachtext") zu lesen: Die Emmaus-Erzählung der Bibel etwa verschweigt sogar den theologisch wichtigsten Teil (wie die Schrift Jesus zufolge nämlich "richtig" zu deuten sei). Hier geht es auch nicht um den historischen Beweis, dass Christus nach seinem Tod noch herumlief und essen konnte, sondern vor allem um die Bestätigung seines Wortes, dass das, was Du "dem geringsten deiner Brüder" Gutes tust, wahrer "Gottesdienst" sei. Die Jünger haben einen Fremden nicht allein in die Nacht gehen lassen: "Das gemeinsame Gespräch sowie das Brechen des Brotes ist die Gemeinschaft mit Gott; sie erkennt sich aber erst, wenn und indem es geschieht. Ihr geht eine Einladung voraus, sie verschwindet (wie Jesus) im Vollzug und muß darum ständig erneuert werden." So lautet meine(!) Deutung, die ,- sofern daraus praktische Folgen erwachsen - zu meinem "Glauben" wird.
    Warum es zu allen Zeiten derart merkwürdig-metaphysische Geschichten geben wird (man denke etwa an Kafka, wo "vor dem Gesetz" ein Türhüter steht), könnte uns vielleicht Umberto Eco erklären, der als Agnostiker davon ausgeht, dass es keinen Gott gibt und "der Mensch durch einen Irrtum des täppischen Zufalls auf der Erde erschienen sei, nicht nur seiner Sterblichkeit ausgeliefert, sondern auch dazu verurteilt, ein Bewusstsein zu haben, mithin als das unvollkommenste aller Wesen." Gerade ein ohne jeden Sinn in die Welt geworfener Mensch, so seine Erklärung als Erzähler und Wissenschaftler, würde jedoch, "um den Mut zu finden, auf den Tod zu warten, notgedrungen ein religiöses Wesen werden, er würde sich bemühen, Erzählungen zu ersinnen, die ihm eine Erklärung und ein Modell liefern könnten, ein exemplarisches Bild."
    Wem dazu als Kritik nicht mehr einfällt als Platons Urteil, Dichter würden halt lügen, hat dann wohl einiges nicht mitgekriegt. Aber vielleicht haben ja auch Sie (wie übrigens alle katholischen Theologen) mit Aristoteles gelernt, über diese Welt müsse und könne es (als wäre sie so eine Art Kreuzworträtsel) nur eine einzig richtige Beschreibung in dieser Welt geben: eben darum seien Bilder und Metaphern prinzipiell etwas Geringeres als exakte Begriffe. Doch dann hat Sie vermutlich noch nie jemand mit der gegenwärtig aktuellen Philosophie des "Konstruktivismus" beunruhigt - im Unterschied jedenfalls zu Eco, den das als gelernten Semiotiker jedoch nicht weiter aufregt. Denn wäre er "ein Reisender aus einer fernen Galaxie" und stünde vor einer Spezies, die es tatsächlich geschafft habe, (neben anderen eher peinlichen Versuchen) das Modell des Christus zu entwerfen, "das Modell der universalen Liebe, der Vergebung für die Feinde und des zur Rettung der anderen geopferten Lebens" - dann würde er "ihre enorme theogone Energie bewundern" und diese jämmerliche und niederträchtige Spezies, die so viele Gräuel begangen hat, allein dadurch als erlöst betrachten, daß sie es geschafft hat, sich zu wünschen und zu glauben, dies alles sei Wahrheit". (Carlo Maria Martini/Umberto Eco, Woran glaubt, wer nicht glaubt?, Wien 1998, S. 124)
    Wenn Eco somit sagen kann: "Die Tatsache, dass diese Erzählung von ungefiederten Zweibeinern, die nur wissen, dass sie nichts wissen, erdacht und gewollt werden konnte, wäre ebenso wunderbar (wunderbar geheimnisvoll), wie dass der Sohn eines wirklichen Gottes wahrhaftig Mensch geworden sein soll", dann haben wir es offenbar mit einer anderen Art "Wahrheit" zu tun als diejenige, nach der Frau Dr. Gottwald fragt.
    Sollten das für Sie nur "geschwurbelte Hermeneutik" sein, mache ich das nächste Fass auf: Wieso sollte wahres Wissen überhaupt für Sie hilfreich sein? Oder um mit Goethes "Maximen und Reflexionen" noch deutlicher zu werden: "Wäre es Gott darum zu tun gewesen, dass die Menschen in der Wahrheit leben und handeln sollten, so hätte er seine Einrichtung anders machen müssen." Darum dieses etwas drastische Beispiel: Falls Sie einigermaßen glücklich verheiratet sind, halten Sie es für eine verlässliche Tatsache, dass Ihre Frau sie liebt. Ein wissenschaftlich wahrer Sachverhalt wäre das jedoch erst dann, wenn sie endlich aufhören zu glauben und Poppers Falsifikationsprinzip zufolge gewissenhaft alle Bedingungen prüfen, unter denen diese Aussage unwahr wäre. Andererseits möchte ich Ihnen so etwas auch nicht raten, weil Ihre Ehe dann ziemlich schnell zuende sein könnte - und zwar (unabhängig vom möglichen Ergebnis) gerade deshalb, weil sie es mit Mitteln der Wissenschaft versucht haben. Sollte es Sie darüber hinaus etwa reizen, ihre vorwissenschaftliche Ansicht zu hinterfragen, ihr geliebtes Weib sei ein "geiler Feger", so könnten Sie auch das nur in einer standardisierten Reihenuntersuchung feststellen, die andererseits freilich aus methodischen Gründen scheitern wird: Unter dem Postulat der Wertfreiheit gilt als "wissenschaftlich wahr" nämlich nur das, was ohne eigenes Zutun gleichsinnig erlebt wird. Mit dieser Methodik allein ließe sich also nicht einmal die Wirksamkeit von Viagra testen. Denn auch die stellt sich ja nur dann ein, wenn eigene sexuelle Erregung vorhanden ist. Wenn man also z.B. in Intimbeziehungen (aber nicht nur dort) "Hypothesen bildet, die nur durch Herstellung entsprechender Verhältnisse verifiziert werden können", so Luhmann, dann "hat Habermas in gewisser Weise recht. Man kann nämlich fragen, ob diese Differenzierung von Erleben und Handeln als Grundlage des Wahrheitscodes auch in den Sozialwissenschaften durchhaltbar ist." (Habermas/Luhmann, Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie, Frankfurt 1971, S. 398)
    Denn die mit den Mitteln der Wissenschaft geprüfte Wahrheit wird, "auch wenn durch Handlung mitbedingt, dem Handeln nicht zugerechnet." Obwohl also "Kausalität besteht und bekannt ist", so Luhmann, ist darum nicht Konrad Röntgen "schuld", wenn Patienten radioaktiver Strahlung ausgesetzt sind. Doch wissenschaftliches Wissen "ist nicht deshalb wahr, weil es die Welt getreulich abbildet, sondern entsprechende Komplexität hat und deshalb übertragbar ist". Erst die Reduktion auf gleichsinniges Erleben unabhängig vom Tun und Lassen beliebiger "Subjekte" erzeuge somit, so Luhmann, "die Form einer vorhandenen Welt, in der man sich handelnd bewegt." Es sieht also nur so aus, als ob wir die Welt von einem Standpunkt außerhalb der Welt objektiv sehen könnten: Tatsächlich steckt hinter diesem Schein eine Menge wissenschaftlicher Arbeit. Weiß man das nicht (oder retuschiert es), wird das Ideal zur Illusion: Unbeobachtbarkeit als Folge realer Beobachtungen erscheint dann als lösbares Zeitproblem des "noch nicht" - und erzeugt so das Trugbild einer uns allen zugänglichen "einen" Welt, wie sie z.B. die Philosophie eines John Locke, aber auch Kant als vernünftig-transzendentale Sicht eines singulären(!) Beobachters entwirft. Sie entspricht dem, was Hegel "natürliches Bewusstsein" nannte. Doch auch, wo man sich später materialistisch bzw. atheistisch gibt, ist und bleibt es formal die Philosophie des Idealismus, die ja nur mit Gottes Hilfe erklären kann, warum ausgerechnet wir die Welt so sehen, wie sie "ist". Funktional trat dann an die Stelle Gottes die kollektive Fiktion, "der Mensch" verfüge (im Unterschied zu Fledermäusen) über Vernunft. Wo die nun aber herkommen
    soll, will man auch bei SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT meistens nicht so genau wissen. Vielleicht hilft Ihnen dieser kleine Exkurs, ein wenig zu verstehen, dass religiöse Texte in Bibel oder Koran in erster Linie appellativer Natur sind: sie fordern Leser/Hörer auf, ihre Lebenseinstellung zu ändern, und auch Vertrauen gegenüber Unbekannten, so die Erkenntnis der Sozialwissenschaften, kann erst einmal nur ins Blaue hinein gewährt (kontrafaktisch antizipiert) werden, ohne dass es hier vernünftige Gründe geben muss. Ob Gott also "Gebete erhören" oder "Sünden verzeihen" kann, die Frau Dr. Gottwald wissen möchte, wird sie darum schon selbst herausfinden müssen - und ganz gewiss nicht dadurch, dass sie unbeteiligt beiseitesteht, um es "objektiv" zu überprüfen. Religion, um ihre Eingangsfrage ohne theologische Floskeln zu beantworten, funktioniert daher vermutlich ebenfalls mit Hilfe von Hypothesen, "die nur durch Herstellung entsprechender Verhältnisse verifiziert werden können". Diese "Inhalte" wirken hier aber lediglich als Katalysator: d.h. wie bei der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus bleibt es letztlich unerheblich, ob sie kontrafaktisch gewesen sind oder nicht. Dieser Algorithmus ist so komplex, dass man ihn statt einer wissenschaftlichen Beschreibung noch am ehesten als Erzählung versteht - wie etwa jene Kalendergeschichte von Johann Peter Hebel, in der ein Wanderer bei einem geizigen Mann über Nacht Herberge gefunden hat, aber keinerlei Aussicht auf ein Abendbrot. Also zieht er aus seiner Tasche einen Kieselstein und fragt, ob er sich daraus eine Suppe kochen könne - ein einfaches, schmackhaftes und übrigens sehr sparsames Gericht, da die Kraft des Steines sich niemals erschöpfe. Der Wirt erlaubt es und ,- neugierig geworden - steuert er nicht nur Topf, Herd und Wasser bei, sondern auch ein wenig Gemüse und am Ende sogar ein Stückchen Fleisch. Die Suppe mundet beiden ausgezeichnet und am Ende bleibt, wie versprochen, der zauberhafte und immer wieder verwendbare Kiesel übrig.
    Aus dieser Sicht sind "Inhalte" des religiösen Glaubens notwendige Ausgangsfiktionen, deren Faktizität unerheblich bleibt: ein "Malteserfalke" oder "McGuffin" wie bei Hitchcock, hinter dem alle her sind - eine Art "zwölftes Kamel" also, ohne das jedoch nichts beginnen könnte. Das, so lautet das Gesetz der Latenz, klappt aber nur, indem (und so lange) ich es nicht weiß - und die Hoffnung, Aufklärung könne hier etwas verbessern, kann nur jemand hegen, der die Logik dieses paradoxen Ablaufs nicht begriffen hat. Gälte dieser Befund jedoch allein für Religion, bliebe Misstrauen angesagt. Doch Viktor Frankl beschrieb ganz ähnliche Strategien, mit denen er vier KZs überlebte, und bereits die praktische Philosophie Kants gelang mit ihrer Quintessenz des "als ob" Vergleichbares. Die Methode des Descartes, alles in dieser Welt ließe sich klar und deutlich als vernünftiges Gesetz formulieren, ist jedenfalls gescheitert: Der Zweck unseres Verstandes, so Kant, sei ein "focus imaginarius", dessen Ziele unerreichbar blieben. Daher sah seine "Kritik der reinen Vernunft" ihre Aufgabe "wohl nur negativ": Vernunft sei eine "Disziplin zur Grenzbestimmung und Verhütung von Irrtümern", aber kein "Organon" zur Erweiterung unseres Wissens. Egon Friedell fasste das einmal so zusammen: "Unsere Vernunft ist nicht imstande, zu beweisen, dass der Mensch frei ist, dass er eine immaterielle und unsterbliche Seele besitzt, dass ein Wesen von höchster Weisheit und Güte die Welt regiert, aber sie darf und soll, ja muss vermöge ihrer metaphysischen Anlage die Welt und den Menschen so ansehen, als ob es sich so verhielte."
    Ähnlich wie in Ecos "Der Name der Rose" sind es jedoch gerade dogmatische Fundamentalisten (auf allen Seiten: bei Gläubigen ebenso wie Aufklärern), denen wie Jorge dieses "Geheimnis des Glaubens" offenbar entgeht: "Du willst mir voller Stolz erklären, wie du auf mich gekommen bist, indem du dich an deine Ratio gehalten hast, und dabei sagst du mir, dass du ans Ziel gelangt bist, indem du eine falsche Fährte verfolgt hast. Was willst du mir damit klarmachen?" "Nichts. Jedenfalls dir nichts", lautet die Antwort des Detektivs: "Aber das spielt keine Rolle, denn eins steht fest: Ich bin hier."
    Und so glaube auch ich als Christ "an die Auferstehung der Toten" - ohne mich dabei als Hinterwäldler oder Heuchler zu fühlen, auch wenn ich es nicht wie Augustinus für eine (natur)wissenschaftliche Tatsache halte. Damit erspare ich der Nachwelt nicht nur ein paar alberne Spekulationen, in welchem Alter mein Leib am besten in die Ewigkeit eingehe. Es bewahrt mich zudem vor dem Fehlschluss Pascals, klüger sein zu können als jener - oder meine vorläufigen Erklärungen ex cathedra bzw. als "wissenschaftliche Tatsache" zu verkünden. Das überlasse ich dann doch lieber atheistischen Päpsten wie Michel Onfray oder Richard Dawkins: So viel Vernunft muss schon sein. Religion, so Luhmann, transformiert unbestimmbare in bestimmbare Komplexität. Aus Sicht der Aufklärer liest sie daher im Kaffeesatz (was sich wissenschaftlich nur unwesentlich verbessern ließe), kommt aber gerade in den Fällen zu brauchbaren Entscheidungen, bei denen Wissenschaftler ehrlicherweise ignoramus bzw. syntax error sagen müssten. Ihr generell ein falsches Verhältnis zur Realität zu unterstellen, ist schon deswegen Unfug, weil ihre Funktion gerade die Evolution verschiedener kommunikativer Möglichkeiten des Umgangs mit dem "Unbeobachtbaren" sei. Wer meint, dies werde irgendwann überflüssig, weil hinter allem in der Welt ein verstehbares rationales Kalkül stecken müsse, glaubt an den Gott des Rationalismus, den toten Herrn im Lehnstuhl des Deismus. Als Katholik aber (wie ihnen Horkheimer/Adornos "Dialektik der Aufklärung" gern bestätigen wird) bin ich für solchen Unsinn leider viel zu "heidnisch".
  • Antibiotika prophylaktisch?

    11.01.2012, Erich Hannak
    Ist es nicht so, dass in der Massentierhaltung aus Angst vor massiven wirtschaftlichen Verlusten im Fall eines Krankheitsausbruchs ständig Antibiotika dem Futter beigemischt werden?
    Das hat dann wohl die Konsequenz, dass mehr und mehr resistente Keime entstehen.
    Es ist an der Zeit, dass durch entsprechende Gesetze in der Tierzucht die prophylaktische Verabreichung von Antibiotika verboten wird.
  • Schuld sind immer die anderen

    11.01.2012, Dr.Hans-Joachim Scheel
    Solange eine unfähige und überforderte Verbraucherschutz-Ministerin auch noch das Landwirtschaftsressort inne hat, ist DAS das Hauptproblem: SIE tut NICHTS, reagiert immer zu spät und lässt ihren Worten NIE Taten folgen: Weg mit SOLCHEN Leuten!!
  • Diskussionsbeitrag zum Thema "Vernunft - Glaube"

    11.01.2012, Prof. Dr. Bernhart Ohnesorge
    Speziell zu der in der Einleitung zu Heft 1/12 gestellten Frage „neigen Sie eher (dem Atheisten) Kroto oder (dem Christen) Planck zu“

    Kroto argumentiert als Naturwissenschaftler. Die Tatsache, dass Gott mit naturwissenschaftlichen Methoden nicht nachweisbar ist, ist für ihn ein hinreichender Beweis dafür, dass er nicht existiert. Hierin sehe ich einen Schwachpunkt seiner Argumentation. Wie ich im Folgenden darzulegen versuche, ist eine Unmöglichkeit, etwas mit einer bestimmten Methode nachzuweisen, noch kein Beweis für seine Nichtexistenz. Man kann also die Nichtexistenz Gottes ebenso wenig mit naturwissenschaftlichen Methoden beweisen wie seine Existenz. Man kann an beides glauben. Mithin ist Krotos Auffassung gleichfalls ein Glaube, ein Glaube, den er mit gleicher Unduldsamkeit wie ein christlicher oder islamischer Fundamentalist vertritt.

    Ich möchte meine Ansicht mit einer Reihe von Argumenten untermauern, angefangen mit dem Aufzeigen der Grenzen unseres Vorstellungsvermögens bis hin zu den Grenzen der naturwissenschaftlichen Kausalanalyse und dabei diejenigen Gründe nennen, die mich zum Glauben an Gott veranlassen.

    1. Wenn wir die uns umgebende Wirklichkeit auf ihre Kausalität hin untersuchen, so stoßen wir sehr schnell auf Bereiche, die sich der direkten Wahrnehmung entziehen, und schließlich sogar auf Bereiche, die jenseits unseres Vorstellungsvermögens liegen. Die hier auftretenden Phänomene können in einem scheinbar unlösbaren logischen Widerspruch zueinander stehen. Einfaches Beispiel: Das, was wir als Licht wahrnehmen, erscheint bei näherer Analyse je nach der angewendeten Methodik einmal als Welle, das andere Mal als Teilchen. Beides lässt sich in unserer Vorstellung nicht miteinander vereinbaren: Ein Teilchen kann hier nicht gleichzeitig eine Welle sein. Wir müssen also annehmen, dass beiden Phänomenen ein Etwas zu Grunde liegt, das sich je nach der Fragestellung bzw. angewendeten Methode entweder als Welle oder als Teilchen manifestiert und das sich unserem Vorstellungsvermögen entzieht. Fazit: In der Wirklichkeit gibt es Bereiche, die jenseits unseres Vorstellungsvermögens liegen.

    2. Verfolgen wir Kausalketten beginnend mit dem Bereich der Quantenphysik über diejenigen der physikalischen Chemie. Chemie, Molekularbiologie zur Biologie, so stoßen wir auf Strukturen immer höherer Organisationsstufe und gleichzeitig immer größerer Komplexität. An der Spitze finden wir uns selbst, den Menschen als Einzelwesen sowie in den mannigfaltigen Formen seines Zusammenlebens. Die Frage erhebt sich nun: Endet die Kausalkette hier, oder müssen wir mit einer Schicht der Wirklichkeit rechnen, die noch höher organisiert ist und in der infolgedessen eine noch höhere Vernunft herrscht, als sie uns gegeben ist? Derjenige, dem es vermessen erscheint, sich selbst als das höchste denkbare Wesen, gewissermaßen als die Krone allen Seins anzusehen, wird der zweiten Auffassung zuneigen.

    3. Naturwissenschaft, sofern sie sich nicht auf die pure Beschreibung von Phänomenen beschränkt, will deren Ursachen analysieren; m. a. W., die Kausalanalyse ist ihr eigentliches Feld. Mit Recht beschränkt sie sich darauf, denn nur sie erlaubt, beweiskräftige Aussagen zu treffen. Teleologische Fragestellung, Fragen nach einem Ziel und Sinn bleiben ausgeklammert. Ein Fehler wäre es indessen, aus dieser – methodisch bedingten – Selbstbeschränkung abzuleiten, dass es im Weltgeschehen kein Ziel und keinen Sinn geben könne, dass also alles, was prinzipiell nicht durch Kausalanalyse erfasst werden kann, nicht existiere. Wer so argumentiert, gerät zuweilen in einen Erklärungsnotstand, denn es gibt zahlreiche Vorgänge, die offensichtlich zielgerichtet sind. Wenn ich meinem Gegenüber eine Information zukommen lassen will, setze ich eine Kausalkette in Gang: Mein Gehirn sendet Nervenimpulse zu meiner Sprachmuskulatur, die wiederum Schallwellen erzeugt, die wiederum das Trommelfell meines Gegenübers in Schwingungen versetzen, wodurch über die Druckschwankungen im Innenohr die dort vorhandenen Sinneszellen in Erregung versetzt werden, die über den Hörnerv in das Gehirn gelangt und dort zu der beabsichtigten Information verarbeitet wird. Das heißt, diese (sehr vereinfacht dargestellte) Kausalkette hat von vornherein ein Ziel. Dieses Dilemma ließe sich allerdings dadurch lösen, dass mein Entschluss, eine Information zu senden, selbst als das Endergebnis zahlloser komplexer Prozesse auf molekularer Ebene angesehen wird. Dies bedeutet aber: Wer die Welt und die in ihr ablaufenden Vorgänge rein kausalanalytisch deuten will, muss zwangsläufig das Vorhandensein jeden freien Willens abstreiten.

    4. Aus dem eben Gesagten ergibt sich jedoch ein neues Dilemma: In der streng kausalanalytischen Argumentation erscheinen die subjektiven Elemente meiner Mitteilung an mein Gegenüber – also die Gedanken, die zu meinem Entschluss führen, die Emotionen, die meine Mitteilung in meinem Gegenüber hervorruft – für die kausale Erklärung des Vorgangs völlig überflüssig, nur unwesentliche Begleiterscheinungen. Aus den molekularen Prozessen, die dem Vorgang zu Grunde liegen, kann man nicht ableiten, dass es sie überhaupt gibt. Ja, ein extraterrestrischer Beobachter, der nur die Prozesse auf der molekularen Ebene erfassen kann, müsste den Gedanken, dass es so etwas wie Empfindungen gibt, als unwissenschaftlich ablehnen. Allenfalls könnte er eine gewisse Zweckmäßigkeit erkennen; dass dieser aber ein Denkvorgang zu Grunde liegt, müsste er abstreiten. Das Dumme ist nur: Unser Bewusstsein, unsere Empfindungen und unser Denken existieren trotzdem; das kann niemand leugnen. Fazit: Unser subjektiv erlebtes Ich, unser Fühlen, Empfinden, Denken, Planen, Wollen, lässt sich naturwissenschaftlich beziehungsweise kausalanalytisch nicht beweisen, nur erfahren.

    5. Was für die Wirklichkeitsebene unseres Bewusstseins gilt, sollte erst recht für den darüber liegenden Bereich der Wirklichkeit – sofern es ihn gibt – gelten. Man kann ihn nicht beweisen, nur erfahren. Wie kann man ihn erfahren? Nun, zum einen über die Vernunft. Wenn man die Naturprozesse, die im Einzelnen meist ungerichtet und zufallsbedingt abzulaufen scheinen, in ihrer Gesamtheit betrachtet, so kann man sehen, dass sie sich auf ein (uns unbekanntes) Ziel hin entwickeln, offenbar zielgerichtet ablaufen. Wie Max Planck feststellte, legt dies den Gedanken an eine übernatürliche ordnungsstiftende Kraft nahe. - Zu denken gibt ferner die Tatsache, dass in allen Kulturen der Glaube an übersinnliche Mächte sowie das Bestreben, mit ihnen Verbindung aufzunehmen, vorhanden sind. Diese Empfindung für das Wirken übersinnlicher Kräfte, die offenbar in allen Menschen angelegt und vielleicht in Vorstufen auch in einigen höheren Tierarten vorkommt, ist die Basis für das Entstehen aller Religionen. – Und schließlich sind da die Erfahrungen, die einzelne Menschen gemacht haben. Erfahrungen sehr unterschiedlicher Intensität, von der einfachen Empfindung, dass in besonderen Situationen, die man erlebt, göttliches Walten geherrscht hat, etwa bei der Errettung aus großer Gefahr, bis hin zu den Visionen, die Propheten und die großen Religionsgründer erlebt haben. Gewiss, man kann auch diese Visionen rein natürlich deuten, was aber keineswegs ausschließt, dass sie nicht letztlich Ausdruck eines göttlichen Willens sind. Die Nervenimpulse, die unsere Muskulatur zu bestimmtem Handeln veranlassen, haben alle eine physikalisch-chemische Basis; aber es steht unser bewusster Wille dahinter. Alle diese Erfahrungen stellen keinen Beweis im klassischen Sinn dar, aber sie sind eine ausreichende Basis dafür, dass unser Glaube an eine göttliche Macht ein hinreichend begründeter Glaube ist.

    6. Es widerstrebt der menschlichen Natur, sich mit der Tatsache abzufinden, dass es Dinge gibt, die jenseits unseres Vorstellungsvermögens liegen. Will sich der menschliche Geist eingehender mit ihnen beschäftigen, so schafft er sich in seiner Vorstellung Bilder von ihnen, die leichter zu begreifen und zu durchdenken sind. Auch eine so exakte Wissenschaft wie die Theoretische Physik folgt dieser Vorgehensweise. Das Atommodell eines von einem oder mehreren Elektronen umkreisten Kernes von Niels Bohr ist ein solches Bild, das die uns unvorstellbare Realität uns begreifbar macht. So ist es nur natürlich, dass in allen Kulturen die göttliche Macht in einer Vielzahl von Bildern unterschiedlichster Art vorgestellt und zum Teil auch bildliche dargestellt wurde. In den drei großen monotheistischen Religionen ist dies das Bild eines persönlichen, nach Menschenart handelnden Gottes. In zwei dieser Religionen - der jüdischen und dem Islam – ist die bildliche Darstellung Gottes verboten. Eine weise Vorschrift, denn mit der bildlichen Darstellung wächst die Gefahr, dem Gottesbild allzu menschliche Züge zu verleihen und damit auch göttliches Handeln nach menschlichen Maßstäben zu beurteilen. Die im Grunde unlösbare Frage der Theodizee, der Rechtfertigung Gottes angesichts des vielen Leidens, Elends und Ungerechtigkeit auf der Erde entspringt einer solchen vermenschlichenden Vorstellung. Wenn der Prophet Jesaja (55, 8-9) sagt: „… meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege“ spricht der Herr „sondern so viel der Himmel höher ist denn die Erde, so sind auch meine Wege höher denn eure Wege und meine Gedanken denn eure Gedanken“, so ist damit ausgedrückt, dass sich göttliches Handeln jedem Versuch einer Rechtfertigung entzogen ist.

    Eine der vornehmsten Aufgaben der Theologie sollte daher sein, die biblischen Texte daraufhin zu analysieren, was an ihnen zeit- und kulturbedingtes Bild, also Mythos beziehungsweise in christlicher Terminologie Gleichnis ist und dabei ihre überzeitliche Kernaussage herauszuarbeiten.


  • Die Notwendigkeit einer zweiten Aufklärung

    11.01.2012, Helmut Hansen
    Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass der Glaube an eine transzendente Dimension des Seins Menschen auch heute noch umtreibt. Es gibt wohl kaum einen Gegenstandsbereich, der emotional so polarisierend ist wie dieser. Die beiden vorausgegangenen Kommentare belegen dies auf eine sehr eindrückliche Weise. Die Existenz dieses Bereichs wird ebenso heftig bestritten, wie sie behauptet wird. Doch bis heute gibt es nicht die allergeringste objektive Grundlage für oder gegen die Existenz dieser transzendenten Sphäre.

    Es ist eine historisch seltsam anmutende Tatsache, dass gerade der Gegenstandsbereich, der allem zu Grunde liegen soll, bis heute wissenschaftlich unaufgeklärt geblieben ist. Wir haben die Struktur der Materie aufklären können, den Kode des Lebens entschlüsselt und sind im Begriff, die Energie der Sonne zu bändigen, doch das Transzendente ist nach wie vor Gegenstand diffuser Überzeugungen.

    Um seine Existenz zu behaupten, beziehen wir uns auf Texte, deren Ursprünge sich im Dunkel der Zeit verlieren. Als Papst Johannes Paul II. 1998 seine Enzyklika FIDES et RATIO publizierte, war dies zugleich der Ruf nach einer modernen Metaphysik - ein Ruf, der bis heute allerdings unbeantwortet geblieben ist.

    Doch Metaphysik als Wissenschaft ist möglich! Was sie möglich macht, sind gerade jene Eigenschaften, die auch dem christlichen GOTT zugeschrieben worden. Es sind beispielsweise Eigenschaften wie die der ALLGEGENWART (Psalm 139 und der UNSICHTBARKEIT (Röm 1, 20).
    Es sind diese speziellen Eigenschaften, die das Transzendente von allen uns bekannten Forschungsgegenständen unterscheiden. Doch bis heute ist niemand systematisch der Frage nachgegangen: Wie muss eigentlich ein Universum aussehen, wenn sein letzter und ultimativer Grund durch diese speziellen Eigenschaften charakterisiert sein soll?

    Es ist unmittelbar einsichtig, dass ein Universum mit unsichtbarem Grund sehr speziellen Bedingungen genügen muss. Der Physiker Albert Einstein hat sich stets die Frage gestellt, ob Gott bei der Schaffung des Universums eine Wahl hatte - oder ob spezielle Bedingungen, wie die der logischen Einfachheit, überhaupt eine Wahl zuließen. Es ist nahe liegend anzunehmen, dass Gott, wenn er auf der Bühne des sichtbaren Universums unsichtbar bleiben wollte, dasselbe auf eine sehr spezielle Weise einzurichten hatte.

    Die durch die vorgenannten Eigenschaften diktierten Bedingungen lassen sich in der Tat spezifizieren - mit dem höchst überraschenden Ergebnis, dass u-n-s-e-r Universum eben diese Bedingungen empirisch (!) zu erkennen gibt; wenigstens näherungsweise.

    Diese Art von wissenschaftsorientierter Metaphysik hat indessen einen Preis: Wenn die UNSICHTBARKEIT dieses ultimativen Grundes das ebenso zwangsläufige wie natürliche Ergebnis einer spezifischen Konzeption des Universums ist, dann wäre es einem solchermaßen definierten Gott nicht länger möglich, sichtbar in Erscheinung zu treten - weder zu Beginn noch am Ende der Zeit. Unsichtbarkeit wäre, so verstanden, eine temporär unaufhebbare Eigenschaft Gottes.
    Mit anderen Worten: Eine moderne Metaphysik, die diesem Gedanken folgt und Bestand hätte, würde dramatische Folgen für unser Gottesbild haben.

    Ob unsere "aufgeklärte" Gesellschaft an derlei Untersuchungen Interesse hat, ist indessen eine offene Frage.
  • Ein umfassendes Problem

    11.01.2012, Sören Schewe
    Richtig, Antibiotikaresistenzen sind ein umfassendes Problem, sogar derart umfassend, dass wir vor lauter Kritik an der Landwirtschaft diesbezüglich nicht vergessen sollten, dass hier auch die Humanmedizin eine wenig rühmliche Rolle spielt. Die Akteure mögen andere sein, das Problem ist es aber nicht. Genau das steht im obigen Kommentar. Dass es in der Landwirtschaft weniger Forschung, Handlungswillen, Leitlinien oder gar Öffentlichkeit gäbe, kann ich übrigens nicht bestätigen. Wann hast Du denn zuletzt etwas über Krankenhauskeime gelesen/gesehen? Über "Massentierhaltung" lese ich ständig.
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