Direkt zum Inhalt

Kommentare - - Seite 944

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • Streit unter Geschwistern

    27.12.2011, Prof. Dr. HE Killer, Suhr (Schweiz)
    Was können Wissenschaft und Religion voneinander lernen? Wissenschaft und Religion haben eines gemeinsam. Sie sind Produkte des menschlichen Gehirns das sich mit den Phänomenen der Welt auseinandersetzt. Ihr Zugang aber ist ein anderer. Die Wissenschaft geht empirisch vor, sie sucht Objektivität. Ihr Ziel ist letztendlich der Beweis für die, von ihr formulierten Sätze. Die Religion formuliert Deutungsversuchen über die äußeren Erscheinungen der Welt, im Wesentlichen über Sinn und Zweck des Lebens. Ihrer Natur gemäß könnten Wissenschaft und Religion nicht unterschiedlicher sein. Religion deutet und interpretiert, Wissenschaft beschreibt.
    Es handelt sich, um mit Kant zu sprechen, um verschiedene Kategorien. Wissenschaft bemüht sich um Objektivität, Religion bleibt subjektiv. Lediglich als Betrachtungsobjekt von Religionsgeschichte kann sie den Anspruch auf Objektivität erheben. Der Streit zwischen Religion und Wissenschaft ist ein falsch verstandener Streit. Am Deutlichsten wird das in der Polemik von Richard Dawkins, einem typischen Vertreter eines dogmatischen Atheismus. Doch sein extremer Standpunkt lehrt uns etwas Wesentliches. Es kann zwischen Kategorien keine sinnvolle Verständigung geben. Im besten Fall Akzeptanz oder Toleranz. Und da es sich, wie eingangs erwähnt, bei Religion und bei Naturwissenschaft um Phänomene des menschlichen Geistes handelt, deren Ursache in den neuronalen Aktivitäten unseres Gehirns zu suchen ist, werden sie wohl auch weiterhin in Form von Parallelwelten nebeneinander und in uns weiter existieren. Ob sie etwas voneinander lernen können ist fragwürdig. Sicher aber findet immer eine gegenseitige Beeinflussung statt. Religion und Wissenschaft sind wesensungleich aber ursprungsgleich. Unsinnig ist die Polarisierung mit Verkrampften einseitigen Stellungnahmen, denn letztendlich handelt es sich um Geschwister der gleichen Eltern, in diesem Fall dem menschlichen Gehirn, und leider ist Geschwisterstreit eine nicht ganz unbekannte Sache.


  • Glaube oder Vernunft? Stones oder Beatles?

    27.12.2011, Dr. Ursula Hammel
    Ich bin schon einige Jahre Abonnentin des „Spektrum der Wissenschaft“ – aber nach diesem Artikel habe ich ernsthaft in Erwägung gezogen, das Abo zu kündigen.

    Zunächst einmal ist es ein Affront, Glaube und katholische Kirche gleichzusetzen. „Glaube“ wurde in dem Artikel von Christian Tapp umgehend mit Religion, nämlich dem „Christentum“ und im weiteren Verlauf dem Katholizismus gleichgesetzt. Alle im Artikel beschriebenen Konflikte waren jene der katholischen Kirche mit der Wissenschaft. Wir durften dann ausführlich lesen, dass die Kirche ihre Probleme mit der Wissenschaft eigentlich eh nicht so meint, weil irgendwo in den unzähligen Einzelzitaten der Bibel lässt sich ja schon herauslesen, dass Gott ja eh mit Vernunft kein Problem hat. Schließlich sagt ja sogar der Papst, Gott ist „höchst-vernünftig“. Blasphemie vom Feinsten, wenn man es genau betrachtet. Mensch interpretiert Gott, maßt sich also an, zu wissen, was Gott für einer ist, was ihn aufregt und besänftigt, was er von der Wissenschaft hält. Z.B.

    Natürlich fällt dann der nächste Blick auf die Qualifikationen des Autors – was dann wiederum einiges erklärt. Denn wie soll man von einem Menschen, der katholische Theologie studiert hat und der bei seinen Quellenangaben ausschließlich wissenschafts- und fundamentaltheologisches Material anführt, auch eine breitere Zugangsweise erwarten zu diesem Thema?

    Von einer wissenschaftlichen Zeitung hätte ich mir aber allemal mehr erwartet, nämlich dass das Thema „Glaube“ und “Religion“ auch wissenschaftlich – nicht nur theologisch - abgehandelt wird. Das umfasst neben historischen Gegebenheiten zum Beispiel auch die Sicht der Psychoanalyse, die durchaus das Phänomen „Glaube“ oder „Gottesbilder“ ganz anders zu erklären vermag. Wer die Stadien der menschlichen Entwicklung kennt, weiß, dass es eine lange Phase in der Kindheit gibt (zirka zwischen dem 3. und 10. Lebensjahr), in der jedes Kind in einer magischen Realitätseinschätzung lebt. Eine Welt voller Magie und unerklärlicher Phänomene und imaginierter Glücks- und Unglücksgefühle – wer hat nicht Sehnsucht nach dieser einmal selbst durchlaufenen Phase der Entwicklung, wo man sich auf den Boden legte und bis fünf zählen musste, bevor man wieder aufstehen und weiterspielen durfte, wenn man bei „Cowboy und Indianer“ erschossen wurde? Religion und Glaube wird durchaus als eine Regression der Psyche auf frühkindliches Interpretieren der Realität gesehen. Eine Welt, wo alles, was geschieht, wieder reversibel ist, und in der die Eltern alles bestimmen - weswegen wir väterliche und mütterliche Gottesbilder schaffen. Religiöse beziehungsweise gläubige Menschen können sich auf diese magische Welt, die jeder Mensch aus seiner Erinnerung kennt, zurückziehen und dort verbleiben. Es sei ihnen gegönnt – sofern sie andere damit in Frieden lassen. Was aber leider selten der Fall ist.

    Der Rückschluss, dass ja immerhin auch „Wissenschaftler für ihre Prämissen auf einen Akt des Glaubens angewiesen sind“, ist ebenfalls ein Affront! „Gott ist der Grund für die Ordnungsstrukturen der Welt“ – wozu dann „Spektrum der Wissenschaft“, wenn sich alles so einfach erklären lässt mit „Gott“? Wissenschaft kann staunen und kann Theorien jederzeit abändern, umstoßen oder auch nebeneinander existieren lassen, ohne dass irgendein „Glaube“ dadurch so sehr erschüttert wird, dass eine ganze Welt zusammen- und eventuell sogar ein Krieg ausbricht. Als Beispiel sei das Staunen der Messergebnisse gegenüber genannt, das den offenbar mit Überlichtgeschwindigkeit fliegenden Neutrinos entgegengebracht wird. Wir haben nicht an Einstein „geglaubt“, aber seine Denkergebnisse waren bislang extrem hilfreich. Kein Wissenschaftler hätte zum Beispiel jemals gesagt: Einstein hat „die Wahrheit verkündet“, wir „glauben“ an seine Rechenergebnisse. Dass mit den schnellen Neutrinos wieder einmal eine neue Tür aufgestoßen wurde und weitergedacht werden muss, ist keinerlei Bankrotterklärung der Wissenschaft – und Einstein hätte es als eine Herausforderung betrachtet, um noch mehr zu hinterfragen.

    Glaube hat aber ständig Wahrheits- und Gültigkeitsansprüche. Der Wahrheitsanspruch des Glaubens kommt dadurch ständig in Konflikt mit dem Prinzip des Hinterfragens, das die Wissenschaft letztendlich ausmacht. In der Wissenschaft ist niemals irgendetwas ewig und für immer „wahr“, und genau das ist gut so. Glaube und Wissenschaft sind so unvereinbar wie Wasser und Öl – warum daher ständig das eine mit dem anderen konfrontieren wollen? Für wen? Für was? Wer ist besser – die Stones oder die Beatles?

    Für mich war „Spektrum der Wissenschaft“ eben immer genau das, nämlich ein Spektrum der Wissenschaft. Nun hat es ein Theologe auf die Titelseite geschafft mit einem Artikel, in dem er sich seitenweise bei Gott entschuldigt für die Wissenschaft und der Wissenschaft erklärt, dass sie gnädigerweise von Gott geduldet wird. Da zieht es mir die Gänsehaut auf!
  • Glauben und Denken

    27.12.2011, Hans-Joachim Rein, Barsbüttel
    Egal ob man Sternsysteme, Ökosysteme, das System der Naturkonstanten oder was auch immer auf dieser Welt betrachtet, man stellt immer eine gewisse Gesetzmäßigkeit und ein wunderbares Ineinandergreifen der verschiedenen Bereiche fest. In seinem Buch "Der Teil und das Ganze" spricht Werner Heisenberg von einer zentralen Ordnung. Diese Ordnung ist evident, sie ist nicht hinterfragbar und normalerweise mit einem Gefühl des Staunens, der Ehrfurcht und der Verantwortung vor dem Ganzen verbunden. Es ist ein religiöses Gefühl, statt zentraler Ordnung könnte man auch göttliche Ordnung sagen.

    Religionsgemeinschaften fügen dieser religiösen Grundüberzeugung weitere von Gemeinschaft zu Gemeinschaft wechselnde Glaubensinhalte hinzu, deren Überzeugungskraft schon wegen der großen Anzahl der Religionen sehr gering ist und die von Außenstehenden leicht hinterfragt werden können.

    Ein Gläubiger hingegen kann seine eigenen Glaubensinhalte nur schwer hinterfragen. Würde er dies nämlich tun, hieße das, den Heiligenschein von den Glaubensinhalten zu entfernen und sie zu bloßen Hypothesen zu degradieren. Hypothesen werden vermutet oder verworfen, aber niemals geglaubt. Das heißt ein Gläubiger kann seine Glaubensinhalte nicht hinterfragen, ohne wenigstens für die Dauer des Hinterfragens vom Glauben abzulassen.

    Die Religionsgemeinschaften selbst haben seit Langem erkannt, dass Glauben und Denken sich nicht miteinander vereinbaren lassen. Weltweit und zu allen Zeiten wurden Menschen zum Teil mit brachialer Gewalt daran gehindert, zu denken und ihre Glaubensinhalte zu hinterfragen. Auch bei uns wird von Kirchen bevorzugt die Zeit, in der Kinder noch nicht richtig zu denken gelernt haben, dazu genutzt, sie mit naturwissenschaftlich seit Langem unhaltbaren Glaubensinhalten zu indoktrinieren.
  • Mottenkiste?!?

    27.12.2011, K. Stoellger
    Werter Herr Becker,
    ich schmeiße sofort die "atheistischen Argumente in die Mottenkiste",wenn in dieser doch wohl der Wissenschaft verpflichteten Zeitschrift jene Fragen beantwortet werden, die Fr. Dr. Tina Gottwald zu Recht gestellt hat. Ich warte schon seit Jahren darauf. Leider erhalte ich auch hier keine konkreten Antworten und/oder keine, die sich mit den Erkennnissen der Wissenschaft decken, schlimmmstenfalls gut geschwurbelte Hermeneutik oder auch das sei das "Geheimnis des Glaubens". Nun, ich bin immer noch gespannt und neugierig! Fröhliche Weihnachten!
  • Religiöse Spekulationen und Wissenschaft

    27.12.2011, Dr. Stefan Hahne, Bad Herrenalb
    Mit Befremden nahm ich zur Kenntnis, dass Ihre Zeitschrift unter dem Aufmacher "Vernunft und Glaube – Wissenschaft und Religion" ganze 14 Seiten teuren Druckraum für religiöse Spekulationen bereitstellt. Ich halte dies in einem Wissenschaftsmagazin für völlig deplatziert und eine Zumutung für den Leser. Vielleicht dem Weihnachtskommerz angepasst? Die Theologen haben doch eigene Fachzeitschriften für Ihre Darstellungen. Moderne Naturwissenschaft hat nichts zu tun mit den auf naiven, archaischen, anthropomorph und anthropozentrisch geprägten Vorstellungen, auf denen religiöse Glaubensinhalte basieren.
    Hat Spektrum selbst in zahlreichen wissenschaftlichen Artikeln über den Urknall, die Multiversentheorie, die Evolutionstheorie sowie die Fähigkeit der Materie zur Selbstorganisation nicht schon längst den naiven Glauben an einen Schöpfer widerlegt?
    Sie laufen Gefahr, Ihren Seriositätsanspruch und damit Leser zu verlieren, wenn Sie weiterhin den immer lächerlicher wirkenden Rückzugspositionen der Theologen Raum geben.
  • Glauben ist nicht fragen

    27.12.2011, Dietmar Schoder
    Entweder glauben Sie etwas (für Katholiken steht das übrigens im so genannten "Glaubensbekenntnis", woran ein Katholik konkret glaubt) oder Sie hinterfragen es.

    Solange Sie glauben, haben Sie eine Antwort. Sobald Sie fragen, riskieren Sie, dass Sie vielleicht nie eine Antwort finden werden.

    Aber BEIDES geht nicht.
    Stellungnahme der Redaktion

    Klar ist glauben nicht gleich fragen. Aber kompatibel ist es. Ein rationaler Gläubiger muss beides tun: glauben und fragen. Joseph Ratzinger hat das am Beginn seiner „Einführung in das Christentum“ sehr schön deutlich gemacht - sinngemäß: Für den (im christlichen Sinne) Nicht-Glaubenden ist die Frage „Ist es nicht vielleicht doch wahr?“ genauso ein Stachel im Fleisch wie für den Glaubenden die Frage: „Ist es vielleicht doch nicht wahr?“ Gläubige sollten nie vergessen, dass sie immer noch selbst Suchende sind. Das Pathos, die Wahrheit zu besitzen, steht keinem gut an.

    Christian Tapp

  • Vernünftige Gründe für den Glauben

    27.12.2011, Patrick Sele
    In der Religionsphilosophie spielen die so genannten Gottesbeweise eine große Rolle. Sehr aufschlussreich sind hierzu die folgenden Werke:

    Joachim Bromand und Guido Kreis (Hgg.), Gottesbeweise von Anselm bis Gödel, Berlin 2011.

    William L. Craig, Die Existenz Gottes und der Ursprung des Universums, Wuppertal und Zürich 1989.

    Edward Feser, Aquinas: A Beginner’s Guide, Oxford 2009.

    Was das Theodizeeproblem betrifft, so könnte die im Folgenden dargestellte Theodizee mit dem Namen "Theodizee aus der göttlichen Gerechtigkeit" eine Lösung hierzu bieten:

    (1) Gottes vollkommene Gerechtigkeit hindert Ihn daran, Menschen mit unvergebenen Sünden von ihren Leiden zu befreien (siehe Jesaja 59,1-2).
    (2) Im Unterschied zu Gott sind Christen nicht vollkommen gerecht, weswegen sie im Gegensatz zu Ihm in der Lage sind, Menschen mit unvergebenen Sünden von ihren Leiden zu befreien. Dadurch können sie bei denjenigen dieser Menschen, welche göttliche Erlösung nicht angenommen haben bewirken, dass diese für eine solche Annahme empfänglich werden (Matthäus 5.16, 1. Petrus 2,11-12 und 3,1-2), was wiederum zur Folge hat, dass das Leiden dieser Menschen im Jenseits vermindert wird.
    (3) Je größer Gottes heilsame Kraft aufgrund Seiner Liebe ist, umso größer ist Gottes zerstörerische Kraft aufgrund Seiner Gerechtigkeit (siehe Matthäus 13,27-29). Darauf bedacht, so viel Leid wie möglich zu verhindern kann Gott nur in dem Masse eingreifen, dass die heilsame Auswirkung eines solchen Eingreifens nicht durch die zerstörerische Auswirkung desselben aufgehoben wird.
    (4) Wer stirbt, bevor er die Fähigkeit hat, bewusst gegen sein Gewissen zu handeln (siehe Genesis 2,16-17, Deuteronomium 1,39 und Jesaja 7,16) hat im Jenseits keine Strafe zu erwarten. Aus diesem Grund mag Gott nicht geneigt sein, den Tod eines solchen Menschen zu verhindern.
    (5) Eines Menschen Leiden in diesem Leben könnte eine sühnende Wirkung haben (Lukas 16,25) und dazu führen, dass auf diese Weise das Leiden des betreffenden Menschen im Jenseits vermindert wird; das Leiden in diesem Leben würde sozusagen von dem Leiden im Jenseits abgezogen. Dies könnte ein Grund sein, dass Gott nicht geneigt ist, das Leiden des betreffenden Menschen zu lindern.
    (6) Eines Menschen Leiden mag ihn für Gottes Erlösungswerk empfänglich machen (siehe Lukas 15,11-21), was ihn vom Leiden im Jenseits bewahrt.
    (7) Es gibt im Jenseits verschiedene Grade von Strafe, je nachdem wie sich jemand verhalten hat (Matthäus 16,27, 2. Korinther 5,10), wieviel jemand von Gott weiss (Matthäus 11,20-24, Lukas 12,47-48) und, wie bereits zuvor erwähnt, wieviel jemand im Diesseits gelitten hat (Lukas 16,25).
    (8) Diejenigen Menschen, die im Diesseits mehr leiden als ihre Taten es erfordern erhalten als Ausgleich dafür im Jenseits Belohnungen.
  • Geräusche

    25.12.2011, Siegfried Görlitz
    Wie könnte man trotz Vorhandenseins einer solchen Schutzschicht das Auftreten von Geräuschen
    erklären?
  • Flugzeugbaumaterial leichter als Luft?

    25.12.2011, Helmut Bach
    Nur so eine Idee:
    Dieses Material luftdicht umhüllt, bzw. in einer CFK/Polymer-Sandwich-Konstruktion verarbeitet, Luft entfernt, und schon hätte man ein Baumaterial, bzw. eine tragende Struktur, die der Masse von Luft gleich kommt?
  • Kurzsichtig und gefährlich ist die Argumentation des Artikels....

    25.12.2011, Martin Pflugradt
    Vielen Menschen ist bewusst, dass man einen Preis zu zahlen hat für das, was man bekommt - oder manchmal sogar dafür, was man gibt. Die Terroristen bezahlen einen sehr hohen Preis für ihre angsterzeugenden Aktionen. All das Leid und all die Angst, die sie sähen, werden wieder zu ihnen zurückkommen. - Das Sprichwort, "wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus!" hat m.E. eine viel umfassendere Bedeutung, als die Meisten von uns vermuten. Nicht jede Reactio folgt sofort auf die Actio, aber der Energieerhaltungssatz zeigt auf der physikalischen Ebene (in geschlossenen Systemen), was auch auf der emotionalen und kognitiven Ebene beobachtbar ist.
    Forschung wirkt und befindet sich nicht jenseits dieser Gesetzmäßigkeit sondern unterliegt ihr wie die meisten anderen Lebensbereiche. Deshalb ist eine an ethischen Prinzipien orientierte Forschung nicht etwa ein "abgehobener Luxus einer wirklichkeitsfernen Forscher- und Gesellschaftsschicht" sondern eine praktische und wirkungsbewusste Not-Wendigkeit für eine aufgeklärte Gemeinschaft über die Grenzen naturwissenschaftlicher Paradigmen hinaus scharf beobachtender und universell denkender Menschen.
    Die Argumentation, man müsse den (mehr oder weniger hypothetischen) Forschungserfolgen skrupelloser Terrorgruppen immer einen Schritt voraus sein und deshalb auch skrupellos Massenvernichtungswaffen entwickeln - um im Falle eines Falles auch Gegenmittel herstellen zu können, führt in eine sich selbst erhaltende Eskalation, wie wir im Rüstungswettlauf während des kalten Krieges leicht beobachten konnten.
    Dies sind (auf verschiedenen Ebenen) sehr kostenintensive Spiele mit der Angst vieler, vieler Menschen und zwar unter aktiver Beteiligung beider an der Eskalation beteiligten Seiten. Ich meine damit eben nicht nur die reinen Forschungskosten, die sicher im Fall biologischer Waffen relativ marginal sind - verglichen mit ihrer Effektivität.
    Nein, ich meine die Kosten, die beide, wirklich beide an der Eskalation beteiligte Seiten in Hinsicht auf ihr Recht zahlen, sich menschlich nennen zu dürfen. Genozid und dann Homozid in extremo lösen nicht nur die menschliche Gemeinschaft sondern auch das Menschliche als Eigenschaft der biologischen Art auf. Wer versteht, was ich damit meine, wird der Art von Forschung, wie im Artikel beschrieben, nicht das Wort reden können.
    Den beteiligten Forschern sollten die Implikationen ihrer Arbeit klar sein und daraus sollte in einer geistig uns emotional gesunden Gesellschaft eine ethisch motivierte Selbstbeschränkung resultieren.
    Die ungeliebten Ethikkommissionen werden, wo sie tatsächlich ihre Profession richtig verstehen und handhaben, sehr zu unrecht als bloße Forschungsverhinderer geschmäht. In Wahrheit erhalten sie den unzufriedenen Forschern ihre offenbar als vernachlässigbar missverstandene Menschlichkeit und damit ihre Würde.

    Im übrigen hatten wohl erst die Forscher die Idee einer durch den Virus möglichen terroristischen Bedrohung, was zeigt wie eng beide Seiten in einer Eskalationssituation gedanklich und scheinbar logisch aneinander gekoppelt sind. Allerdings handelt es sich um eine Schein-logik, die sofort zusammenbricht, sobald nicht mehr das Leid so vieler dann betroffener Menschen schamlos ausgeblendet wird. Wer nicht versteht, was damit gemeint ist, der braucht nur auf die Informationspolitik der Amerikaner nach den beiden Atombombenabwürfen zu schauen. Ein Bilder-Verbot sollte verhindern, dass die Weltöffentlichkeit von den grauenvollen Ereignissen eine realistischen Eindruck erhielt und das Verbrechen gegen die Menschlichkeit, das dort begangen wurde, als solches erkennbar war.

    Kurz und bedenkenswert: die Angst ist unser größter Feind (und nicht der Mitmensch!) , sie engt unseren Blickwinkel auf Freund und Feind, auf Kriegs- und Friedenslogik, auf religiös und säkular ein. Sobald die Angst weicht, wird deutlich, dass die Polaritäten nicht unabhängig voneinander existieren (können) sondern in Wahrheit ein komplexes Kontinuum aufspannen und darin/damit immer letztlich ein Ganzes sind. Als solches sind sie nicht auf extreme "Ausschläge" des Bewusstseins und der Erfahrung angewiesen, um Teil menschlichen Leben zu sein und zu bleiben.
    Und so ist auch das Tötungsverbot in allen Hochreligionen verankert und als Lebenshilfe, ja als Aufforderung zur Deeskalation von einer archetypischen Ebene her zu verstehen.
  • "Zudecken" funktioniert nicht

    24.12.2011, MartinM
    In eine Science-Fiction-Satire beschrieb Stanislaw Lem den Vorgang des "Zu-Deckens" gefährlicher "Ent-Deckungen" - wobei er die Naivität solcher Gedankenspiele entlarvt.
    Wahrscheinlich ist auch böse Satire (vielleicht unbeabsichtigte), dass ein russischer General nach dem Zusammenbruch der UdSSR gesagt haben soll, das es nur einen Weg gäbe, zu Verhindern, dass das Know-Hows zum Bau von Atomwaffen weiterverbreitet würde: nicht nur alle Unterlagen und Anlagen vernichten, sondern auch alle Wissenschaftler und Techniker, die das nötigen Wissen haben, vorsorglich erschießen.
    Leider scheint man im US-Gesundheitsministerium kluge Satiren nicht zu schätzen - und einer meiner Ansicht nach ziemlich weltfremden Form der Gesinnungsethik anzuhängen.

  • Kurzsichtigkeit

    24.12.2011, Mike
    Der Tourismus ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige der Türkei - nicht allein der schönen Strände wegen, sondern insbesondere dank ihres reichen kulturellen Erbes. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass nun wirtschaftliche Erwägungen der einmaligen Möglichkeit im Wege stehen, dieses Erbe zu bereichern.
  • Nicht nur bei Physikern

    23.12.2011, pikarl
    "Je planmäßiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer vermag sie der Zufall treffen."
    Kommentar von Friedrich Dürrenmatt zu seiner Komödie "Die Physiker"
  • Vielleicht nur eine neue Phase der Klimapolitik?

    23.12.2011, Marcus Gröber
    Zitat: "Damit liegt die internationale Klimapolitik endgültig in Trümmern."

    Wäre es nicht auch denkbar, dass damit vor allem der bisherige Ansatz der Klimapolitik (multilaterale Abkommen zwischen Regierungen zur Kohlendioxidreduktion) in Trümmern liegt?

    Natürlich wäre es schön gewesen, wenn sich "die Regierenden" auf verbindliche, einklagbare, durchsetzbare Ziele geeinigt hätten - aber war das wirklich eine realistische Erwartung, wenn doch gerade in demokratischen Ländern diese Politik und ihre Folgenkosten (ebenso wie die Kosten des Nichtstuns) auch von der Bevölkerung getragen werden muss?

    Das Wissen um mögliche Folgen von steigendem CO2-Ausstoß, fortgesetzter Abhängigkeit von fossilen Energieträgern usw. ist damit aber nicht aus der Welt. Könnte nicht auch eine Konsequenz sein, dass einzelne Länder oder Ländergruppen aus diesem Wissen jeweils ihre eigenen Folgerungen ziehen und lokal eher durchsetzbare Lösungen finden, die letztlich zu einem ähnlichen Resultat führen?

    In einigen Ländern könnte die Motivation traditionelle CO2-Vermeidung sein, aber wer sagt, dass nicht Verhinderung von Luftverschmutzung (China) oder Abkopplung von Energieträgern aus instabilen Regionen (USA) ebenso starke Antriebe für eine "Energiewende" sein können?

    Vielleicht macht es ja Sinn, etwas mehr über diejenigen Vorteile zu reden, die sich auch unabhängig von Erwartungen an Ausmaß und Zeitrahmen von erwarteten Klimaveränderungen durch "richtige" Entscheidungen ergeben können.

  • Science - Durchbrüche

    23.12.2011, Dr. P. Siemroth
    Sehr geehrte Frau Wolf,

    Danke für den Hinweis auf die schöne Zusammenstellung wissenschaftlicher Durchbrüche in Science. Aber warum sind es bei Science zehn Durchbrüche und bei Ihnen elf? Natürlich - Fukushima kommt bei Science nicht vor. Wie kommen Sie eigentlich dazu, die Störfälle in Fukushima als zusätzlichen wissenschaftlichen Durchbruch darzustellen und kommentarlos dazuzufügen. Eigene Gedanken als Zitat verkaufen und sich dabei auf eine renomierte wissenschaftliche Zeitschrift berufen - ist das Guttenberg rückwärts?
    Bei alledem darf man doch nicht vergessen, dass gerade Deutschland von dem "Fallout" besonders schwer betroffen ist. Japan wird seine Schäden überwinden und wieder aufbauen. Wir bauen ab und verursachen hier aus blanker Panik wirtschaftliche Schäden für Jahrzente.
    Stellungnahme der Redaktion

    Dass die Ereignisse in Fukushima unter die "Science"-Durchbrüche gerutscht sind, ist ein bedauerliches Versehen. Das Reaktorunglück wird von "Science" lediglich zu den bedeutenden Ereignissen des Jahres 2011 gezählt, aber nicht - wie Sie zu Recht bemängeln - zu den "Durchbrüchen". Wir haben es aus unserer Bildergalerie entfernt und danken Ihnen herzlich für den Hinweis!



    Mit besten Grüßen


    Redaktion spektrum.de

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.