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Kommentare - - Seite 1021

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • Selektion bewertet ausschließlich den Phänotyp

    25.05.2009, Tilo Weingardt, per E-Mail
    Auf Seite 55 des Spezial 1/09 "Die Evolution der Evolution" steht: "Die Intelligenz von Menschen setzt sich aus ganz vielem zusammen, und bei ihren einzelnen Komponenten spielt eine große Anzahl sehr verschiedener Gene mit. Deswegen ist die Erblichkeit von Intelligenz allgemein gering." Es besteht keine Kausalität zwischen beiden Aussagen. Daneben dürfte hier eine Verwechslung von Erblichkeit (Heritabilität) und Wahrscheinlichkeit der Vererbung von einem Individuum auf seine Nachkommen vorliegen. Danach steht: "Doch die Selektion bewertet nun einmal nur erbliche Züge." Das ist falsch. Die Selektion bewertet ausschließlich den Phänotyp. Allerdings besteht in der Regel eine Korrelation zwischen Geno- und Phänotyp und im übrigen zwischen dem wirksamen und dem erblichen Genotyp.

    Gesetzt den Fall, es würden der in den Nichtsamen- bzw. Nichteizellen vorhandene Genotyp und der in den Samen- bzw. Eizellen vorhandene Genotyp abweichen, ist die Erblichkeit ausgeschaltet. Das ist aber nur eine Möglichkeit, die Korrelation zwischen erblichem Genotyp und Phänotyp zu reduzieren. Allerdings könnte man auch das Zulassen der Nichtkorrelation als gentisch determiniert betrachten und so bei einer Grenzwertbetrachtung den Satz doch bejahen. Das dürfte aber schwierig werden, da die Selektion negativ auswählt und die Gene positiv determinieren.
  • Vergessener Buchstabe

    25.05.2009, Dr. Johannes Sander
    In der Meldung schreiben Sie, die Bedeutung des Wortes "gigal" in der Bibel sei jetzt geklärt. Ein solches Wort kann ich aber nicht finden. Stattdessen kommt das Wort "gilgal" genau 39mal im Alten Testament vor. Könnte es sein, dass hier ein Buchstabe vergessen wurde?
    Stellungnahme der Redaktion

    In der Tat wurde bedauerlicherweise ein Buchstabe vergessen. Wie der Leser richtig vermutet, heißt das Wort "gilgal".

  • Anthropisches Prinzip und Wissenschaft

    24.05.2009, Klaus Teutenberg, Lindlar
    Trotz seines vorsichtigen Umgangs mit dem anthropischen Prinzip kann Prof. Lüst nicht darüber hinwegtäuschen, dass es absolut unwissenschaftlich ist: Die fein abgestimmten Naturkonstanten ermöglichen Leben. Aber aus der Existenz des Lebens lassen sich keine Naturkonstanten ableiten. Diese waren zuerst da! Woher die Feinabstimmung der Naturkonstanten kommt, ist eine andere Frage.
  • Keine mathematische Formel für Bösengeschehen

    24.05.2009, Hans-Peter Nicolai, Herlikofen
    Ich habe seinerzeit nicht behauptet, dass es keine mathematische Beschreibung für das Börsengeschehen gebe, sondern dass eine andere Forschungsrichtung die Formel dafür liefern müsse, ich möchte die Kernsätze hier noch anführen:

    Sie brauchen nur eine mathematische Beschreibung des Tagesablaufs einer Affenhorde im Urwald. Wie sie morgens rülpsend und furzend aufwacht, wie sie Bananen und andere Früchte als Frühstück suchen, wie sie danach brüllend und kreischend durch die Äste jagen und den stärksten der Gruppe durch Prügelei ausfindig machen, wie sie sich zur Jagd verabreden und gierig das erbeutete Fleisch schmatzend auffressen, wie sie sich gegenseitig lausen und sich dann abends einen Schlafbaum suchen.

    Wenn jemand diese Beschreibung gefunden hat, dann bitten Sie ihn, die Wunderformel auf das tägliche Börsengeschehen anzuwenden – Sie werden sich wundern, wie gut das passen wird.

    In Bezug auf die „Kleine Physik der Wirtschaftskrise“ möchte ich den Optio aus „Der Seher“ (Asterix & Obelix) zitieren: „Verzeihen Sie, wenn ich um Entschuldigung bitte, aber ich verstehe nicht ...“

    Das wesentliche Kriterium für den Zusammenbruch des Börsenunfugs sei ein „Hebelverhältnis“ größer als 5?

    Es ist doch egal, wie viele X-Mal ich mir mehr Geld leihe als ich selbst bereitstellen kann, ich muss doch immer nicht nur das geliehene Geld selbst, sondern immer X-Mal die Schuldzinsen (Zinsen werden als Prozente des Kapital berechnet) zurückzahlen, und die Schuldzinsen pflegen immer höher als die Habenzinsen zu sein. Ich verstehe nun nicht, wie ich mehr Geld verdienen kann, wenn ich letztlich auch entsprechend mehr Schuldzinsen zurückzahlen muss. „Ein Hedgefonds verfünffacht seinen Spekulationsgewinn per Leverage, indem er das eingesetzte Kapital mit geliehenem Geld um das Fünffache aufstockt“, abgesehen davon, dass er nun den sechsfachen Gewinn einstreichen müsste (nicht “auf“ sonder „um“), das Ganze könnte ja nur dann im gewünschten Sinne funktionieren, wenn gewiss wäre, dass der Gewinn das a ×X-fache (mit a >1) wäre. Wo sonst kommt auf einmal der gewünschte Überschuss her, was nur habe ich da übersehen? Und zum Zweiten: Wenn die Hedgefonds von „Profis“ gemanagt werden (wie man uns immer weismachen will), wie kann es dann dazu kommen, dass ein „ganz unbedeutender Einzelhändler“ das System zum Absturz bringen kann (Frage nach der Psychologie)? Wo ist da die mathematische Verbindung zwischen dem „ganz unbedeutenden Einzelhändler“ und dem Leverage, sei es X = 1 oder X = 5 (Frage nach der Mathematik)?

  • Welche Konsequenzen hätte die Falschheit der Kontinuumshypothese?

    24.05.2009, F.-J.Kusnierek, Schwerte
    Der Artikel (u.a. über Unendlichkeitsbegriffe und große Kardinalzahlen) war sehr gut lesbar und macht neugierig, mehr zu erfahren über Omega-Logik, Omega-Vermutung und neueste wissenschaftliche Erkenntnisse in diesem Bereich. Welche Konsequenzen ergeben sich wohl aus der möglichen Erkenntnis "2 hoch aleph 0 = aleph 2" ?
    Stellungnahme der Redaktion

    Zurzeit ist die Frage – wie Jean-Paul Delahaye selbst in seinem Artikel ausführt – noch völlig offen.

    Christoph Pöppe, Redaktion

  • Polynesische Doppelhüllen-Kanus

    20.05.2009, Hans-Joachim Münch
    Zum Artikel "Giftige Blüten im Paradies" vom 19.5.09

    Zitat gegen Ende des Artikels:
    "Die zur gleichen Zeit entwickelten Kanus mit doppelter Hülle"

    Da kann man mal sehen wie umweltbewusst die alten Polynesier doch waren: Doppelhüllenkanus ! Falls ein Insasse mal undicht wurde, damit nichts ins Meer fließt ! ;-)

    Ernsthaft, das englisch-sprachige Original hat an dieser Stelle mit Sicherheit "double-hull canoes" und meint damit Doppelrumpfkanus; das, was man heute gemeinhin unter dem Begriff "Katamaran" kennt, nur um Längen besser.

    Mit freundlichen Grüßen
    Hans-Joachim Münch
    Stellungnahme der Redaktion

    Sehr geehrter Herr Münch,



    vielen Dank für Ihren Hinweis. Ich habe den Fehler ausgebessert - das musste wohl passieren, wenn eine süddeutsche Landratte über Hochseeschiffahrt schreibt.



    Mit freundlichen Grüßen


    Daniel Lingenhöhl


    Redaktion spektrumdirekt

  • Lange an meinem Verständnis von Optik und Himmelsmechanik gezweifelt

    18.05.2009, Dr. jur. Karl-Ulrich Voss, Burscheid
    Der am Ende des Beitrags erwähnte inverse Strahlenkranz hat mich lange an meinem Verständnis von Optik und Himmelsmechanik zweifeln lassen. Vor Jahren stand ich abends am Westrand des Großen Grabenbruchs in Ostafrika und die Strahlen konvergierten irritierenderweise in einer Richtung, wo gerade keine Sonne sein durfte - im Osten nämlich. Es war spät und die Filme waren schon voll - keine Beweise, nur Verwirrung der Sinne.

    Vor zwei Jahren habe ich dann bei einer Reise durch den Westen der USA bewusst ähnliche Situationen gesucht und bin auch fündig geworden.
    Die zwei weiteren Bilder sind in Kalifornien gemacht (und zeigen ebenfalls zuerst die Ost-, dann die Westrichtung).





    Aufgenommen in Arizona in Ostrichtung am 13. Juli 2007. Dieses Bild zeigt übrigens auch den typischen wachsenden Schattenbalken unter dem aufsteigenden Sonnengegenpunkt.





    Blick in die Gegenrichtung.





    Aufgenommen in Kalifornien in Ostrichtung am 17. Juli 2007.





    Blick in Gegenrichtung


    Die für mich einfachste bildhafte Erklärung: Zwei Flugzeuge fliegen parallel genau über uns hinweg und wir sehen von unten auf zwei Kondensstreifen, die dann jeweils an den Horizonten perspektivisch zusammenlaufen. Das beeindruckende Schauspiel ist ab und zu auch in unseren Breiten gut sichtbar, wenn man weiß, wo und wann man auch kurz in die Gegenrichtung des Sonnenunter- oder -aufgangs spähen sollte. Piloten genießen den Anblick sicher häufiger.

    P.S.
    Eine Anmerkung noch zur Entwicklung unseres astronomischen Weltbildes: Die geozentrische Betrachtungsweise dürfte auch deshalb so verführerisch und nachhaltig wirksam sein, weil wir eine Korona wie auf dem mittleren Bild (im Spektrum Mai 2009, S. 33) ganz unwillkürlich als ein zeltähnliches Bild interpretieren. Einige Strahlen scheinen räumlich vor der Sonne, die eher klein und nah wirkt, auf die Erde zu treffen, viele aber auch dahinter. Das "Zelt" steht dann aufrecht und der Winkel der "Zeltstangen" erscheint uns als relativ groß.

    Tatsächlich blicken wir ja in einen sehr schrägstehenden, äußerst spitzwinkligen Lichtkanal von nur kleinsten Bruchteilen von Bogensekunden und jeder für uns (durch Streuung) sichtbar werdende Lichtstrahl liegt weit vor der Sonnenebene.
  • Fehlentwicklungen bei Elektromobilität von vornherein vermeiden

    18.05.2009, Dipl.-Ing. Gottfried Heumesser, Wien
    Der Bedarf an Regelleistung bzw. an ausgebauter Regelleistung ist eigentlich historisch schwankend. In den Jahren bis 1960 waren Dampfkraftwerke sehr schlecht regelbar und erforderten daher viel Regelleistung, die von Mittel-und Hochdruck-Wasserkraftwerken aufgebracht werden musste. Aus dieser Zeit stammte z.B. die Kooperation zwischen RWE und den Vorarlberger Illwerken (VIW).

    Ich kannte auch ein Dampfkraftwerk aus den 1950er Jahren, das eine Kaltstartzeit von 72 Stunden hatte. Man konnte es daher nicht einmal über das Wochenende abschalten und musste die erzeugte Überschussenergie verpumpen.

    Ab den 60er Jahren wurde die Dynamik von Dampfkraftwerken wesentlich erhöht, die Anfahrzeiten liegen teilweise unter 4 Stunden. So wurde vor einigen Jahren in Wien ein (soeben planmäßig umgebauter) Kombiblock täglich angefahren und abgestellt. Dadurch ist natürlich der relative Bedarf an Ausgleichs- bzw. Regelenergie im Netz gesunken.

    Nunmehr ist aber wieder der Bedarf gestiegen, weil die alternativen Energieerzeuger vielfach eine kaum planbare Einspeisung darstellen. Ein Hydrologe kann sehr gut für den nächsten Tag die Wasserfracht eines größeren Flusses angeben, ein Meteorologe hat mit dem Wind viel mehr Schwierigkeiten. Solcherart haben vor wenigen Jahren RWE und EON infolge einer unerwartet hohen Windkrafterzeugung in Norddeutschland das UCTE-Netz "zerlegt". Einige Millionen Leute saßen kurzzeitig im Finsteren, und Kontinentaleuropa ist knapp am großen Blackout vorbeigeschrammt. Ähnlich schaut es mit Solarenergie aus, da muss Energie für die Nachtzeiten gespeichert werden. Da sieht man, wie "schlau" die von Brüssel verordnete Trennung zwischen Erzeugung und Netzbetrieb ist. Sie war ja auch am "Italien-Blackout" nicht ganz unbeteiligt.

    Jedenfalls sind derzeit in Österreich ca. 1,5 GW Pumpleistung in Bau bzw. in Planung, wobei nahezu ausschließlich vorhandene Stauseen verwendet werden. Eine weitere Möglichkeit zur Vergleichmäßigung des elektrischen Energiebedarfs wurde durch die Tonfrequenz-Rundsteuer-Anlagen (TRA) geschaffen. Dabei werden Verbraucher zentral gesteuert zu- und abgeschaltet. Das erfolgt heute in zahlreichen Gruppen und wird mittels Prognoseprogrammen zentral geplant. Dem Verbraucher wird eine bestimmte Einschaltdauer garantiert, wofür er einen geringeren Arbeitspreis zahlt. Solcherart ist es heute möglich, z.B. den Verbrauch im Bereich von Wienstrom (über 2 Millionen Einwohner im Versorgungsgebiet) über den Tag auf wenige Prozent gleichmäßg zu halten.

    Probleme machen natürlich Sonderfälle, wie verhält sich z.B. der Verbrauch während eines Fußball-EM-Endspiels, da gibt es zu wenig vergleichbare Ereignisse. Früher war das anders: Da gab es bis in die 70er Jahre einen Stromliefervertrag zwischen Verbund und Wienstrom, der starre Tag- und Nachttarife vorsah. Mit dem Erfolg, dass Wienstrom um 6 Uhr fast ein GW an Verbrauch nahezu schlagartig ausschaltete. Daher musste der Verbund vorher einige Speicherkraftwerke anfahren, um den negativen Laststoß; auffangen zu können.

    Ihre Idee, die Akkumulatoren von Elektroautos zur Energiespeicherung zu verwenden, ist daher verständlich. Wenn die Ladezeiten entsprechend kurz sind, kann man natürlich auch mit TRA arbeiten. Wenn ich das Auto für den oft kurzen Weg zur Arbeit verwende, ist das kaum ein Problem. Will ich aber eine große Reise antreten, wäre ein voller Akku durchaus wünschenswert. Und wenn ich an einer Raststätte auch elektrisch tanken will, soll das Auto nach der Essenspause wieder voll sein, ich will ja in einem Tag von Wien nach Köln oder gar Paris kommen.

    Zukünftige Akkus sollen ja derartig kurze Ladezeiten ermöglichen, das bewirkt natürlich entsprechende Laststöße im Verbrauch. Rechnen Sie einmal die im Schlauch bei einem normalen Tankvorgang übertragene Leistung nach! Ich kam auf größenordnungsmäßig 10 MW. Gruselwerte für einen "Privaten".

    Auch bei bei zukünftigen Akkus wird das Laden natürlich nicht in einer Minute gehen, aber auch bei 30 bis 60 Minuten kommen schöne Leistungen zustande, und die will ich nicht irgendwann haben, sondern während einer erweiterten "Pinkel-Pause".

    Auch bezweifle ich sehr, dass sich tarifliche Maßnahmen zur Laststeuerung eignen: Fällt der Strompreis unter ein Limit, würden sich sofort zahlreiche Verbraucher "ans Netz knallen", und wir hätten sofort eine herrliche unkontrollierte Lastspitze. Wie mathematisch instabil unser Kapitalsystem ist, bekommen wir ja gerade vorgeführt. Und auch die Börsen haben erkannt, dass sie ihre Kurse verzögert online bekannt geben müssen, sonst springen sofort die "Heuschrecken".

    Dass die Verteilnetzbetreiber interessiert sind, einerseits das Ablesepersonal einzusparen und andererseits die Tarife flexibler zu gestalten, ist klar. Als Extremwerte sind mir Spotpreise zwischen 0,5 und 2 Euro pro Kilowattstunde bekannt. Auch der letzte Ölpreis-Schock zeigte, dass die elektrische Energieversorgung zu langsam auf die Preise reagieren kann. Aber es sind auch Leute reich oder arm geworden, weil ihr Tanker so lange auf dem Ozean geschwommen ist. Um die neuen "Smart Meters" durchzusetzen, die natürlich teurer als die alten Ferraris-Zahler sind, wird mit den tollsten Argumenten geworben.

    Generell hätte ich mir bei dem Artikel gewünscht, dass er in Zusammenarbeit mit erfahrenen Netzbetriebs-Technikern entstanden wäre. Die können sich mitunter an Probleme und Fehlentwicklungen der letzten Jahrzehnte erinnern und manches vermeiden, was sie schon ähnlich einmal erlebt haben.
  • Diesel ist die Zukunft des Straßenverkehrs

    16.05.2009, Christian Bartsch, Dieburg
    Wenn Herr Löser das schöne, neue Elektroauto- Zeitalter beschreibt, schießt er an der Praxis vorbei. Natürlich wird an den Komponenten geforscht, das ist für jeden Automobilhersteller und Zulieferer außerordentlich wichtig. Und zwar nicht nur fürs Elektroauto!

    Aber die Praxis ist ernüchternd. Opel Ampera und BMW X3 benutzen keine Lithiumionenbatterie, sondern Nickel-Metallhydrid. Wann solche Batterien auch mit Li-Technik zu haben sein werden, wissen wir noch nicht. Für die Automobilindustrie weitaus wichtiger ist die Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors. VW etwa hat beim Internationalen Wiener Motorensymposium zwei neue Motoren vorgestellt, die zunächst im neuen Polo, später auch in anderen Modellen quer durch den Konzern verwendet werden. Gegen Anfang des kommenden Jahres kommt ein weiterer hinzu, der im Polo nur noch 3,2 Liter pro 100 Kilometer verbraucht.

    Hier ist mit dem Polit-Schlagwort "Hybrid" nichts mehr zu holen, aber auch ein reines Elektroauto hat dagegen nicht die geringste Chance: Bei Energieverbrauch (auch elektrischer Strom ist Energie!), Gewicht, Reichweite, Fahrbarkeit und Sicherheit im täglichen Umgang ist der Diesel nicht zu schlagen. Auch in 20 Jahren nicht, denn dann ist der Diesel noch besser geworden.

    Herrn Löser scheint zudem entgangen zu sein, dass die Mineralöl- und Automobilhersteller synthetische Kraftstoffe entwickelt haben, die nicht in die Nahrungskette eingreifen wie etwa BTL, das den Diesel verbessert und seine Weiterentwicklung begünstigt. Hier liegt die Zukunft des Straßenverkehrs, nicht etwa beim Elektroauto.
  • Ist das logisch zulässig?

    15.05.2009, Peter Kühn, Bremen
    "... das von uns beobachtete Universum (muss) für die Entwicklung intelligenten Lebens geeignet sein, da wir sonst nicht existierten, um es zu beobachten."

    Wahrscheinlich wiederhole ich hier nur einen schon längst vorgebrachten Einwand. Also erinnere ich nur an ihn, erinnere zugleich an einen alten RUSSELLschen Satz. Das "Prinzip" besteht aus zwei Sätzen: 'das von uns beobachtete Universum ist für die Entwicklung intelligenten Lebens (d. i. Leben, das seine Umwelt beobachten kann) geeignet' (Antezedens, A); und: 'wir existieren (als intelligentes Leben), um das Universum zu beobachten' (Konsequens, K).

    Übergehen wir das Problem des in dieser Formulierung des anthropischen Prinzips versteckten teleologischen Ansatzes - wir existieren, "um" es zu beobachten; warum nicht: "... und es beobachten"? - und fragen nach seiner logischen Möglichkeit. Wir bemerken: Das anthropische Prinzip schließt vom Konsequens zurück auf das Antezedens, wir leiten aus der Tatsache, dass wir die Welt beobachten (und demnach intelligentes Leben sind/sein sollen?), nach dem Paradigma der Evolutionstheorie ab, dass ein Element im Beobachteten für die Entwicklung des Beobachters "geeignet" sein müsse. Ist es aber logisch zulässig zu sagen: Weil K, darum A, oder: wenn K, dann A?

    Gemäß der Wahrheitstafel der Konditionalsätze folgt aus einem wahren Antezedens (etwa der empirisch überprüften Tatsache: es regnet) das wahre Konsequens (etwa: die Straße ist naß); dieser Schluss ist nach der Definition der als Implikation bezeichneten Folge zweier Sätze wahr.
    Nicht wahr, also falsch ist nach ebenderselben Wahrheitstafel die Folge der Sätze: aus einer wahren Feststellung (die Straße ist naß), als Konsequens gesetzt, folgt ein als früher angenommenes wahres Antezedens (es hat geregnet)!

    Der - logische! - 'Rück'-schluss von einem Sachverhalt auf einen ihn bedingenden Grund ist unzulässig! Irgendjemand hätte z. B. ja auch eine Badewanne auskippen, ein Wasseerrohrbruch hätte die Straße überschwemmen können usw. usw. Dass es irgendeinen Grund für die nasse Straße geben müsse, verlangt nur unser Verstand, der trotz aller HEISENBERGschen Warnungen mit dem obsoleten Kausalitätsprinzip hantiert.

    Wenn wir gegenwärtig das Universum beobachten 'können', besagt das über ein unsere Beobachtungsfähigkeit bedingendes Universum gar nichts, weil alles Mögliche! Aus der Tatsache, dass wir die Fähigkeit haben, das Universum zu beobachten, lässt sich weder eine Aussage deduzieren, wie sein früherer Zustand beschaffen gewesen sein müsse, noch überhaupt eine Aussage über die Existenz eines vorausgehenden Zustandes.

    So plausibel das anthropische Prinzip erscheint, es ist doch kein logisches. Es ist nur Erfahrungsgrundsatz oder Ausdruck einer empirischen Allgemeinheit, von der man allerdings, sollte sie von wissenschaftlicher Relevanz sein, angeben müsste, wie sie falsifiziert werden könnte ...
    Aufgrund des Verbots, logisch von einer Feststellung einer Tatsache auf ein ihr Vorausgehendes zu schließen, formulierte B. RUSSELL Anfang des 20. Jh. die Hypothese, dass die Welt nicht älter als 5 Minuten (für die Zeit etwa, in der noch frische Erinnerungen in unserem Gedächtnis vorhanden sind) sei.

    RUSSELL ist sogar so konsequent, aus der Wahrheitstafel der Konditionalsätze zu folgern, dass wir noch nicht einmal behaupten könnten, unserer jetzigen Existenz ginge irgendetwas voraus! (Wenn wir nichts definieren können, können wir auch nicht von irgend-'etwas' sprechen!) Alle logisch deduzierten Sätze über die Vergangenheit sind unzulässig.

    Dies interpretiert WITTGENSTEIN so: unsere Rede von der Vergangenheit ist ein Element des Grundmusters oder des Paradigmas unseres Sprachspiels. In unserer Sprache gehen wir immer schon davon aus, dass ein sprachlicher Ausdruck mit anderen vermittelt sei, von ihnen abänge.

    Und als solches Paradigma muss wohl auch das anthropische Prinzip aufgefasst werden. Mit KANT kann man es auch eine regulative Idee nennen, ein heuristisches Prinzip, das fordert, zu jedem 'gegenwärtigen' Ereignis eine vorausgehende Ursache zu suchen. Meint man aber mit PLATON, OCKHAMs "razor" ins Futteral steckend, es sei selbst ein 'objektives', die 'Wirklichkeit' ontologisch fundierendes Prinzip, dem unser Denken strukturell entspreche - auch die scholastische Theorie der Hinordnung des Verstandes auf die Wirklichkeit -, wiederholt man ein altes, längst totgesagtes metaphysisches Spiel, für das Bestehende einen gedachten Grund zu konstruieren, - letztendlich einen Gott.
  • So lange war er nicht in Leningrad

    15.05.2009, Harald Henkel
    Auf Seite 76 (mittere Spalte) findet sich ein kleiner Fehler in Gromovs Lebenslauf.
    Es klingt so, als sei er nach seinem ersten Abschluss weitere 15 (4+4+7) Jahre in Leningrad/Sankt Petersburg gewesen. Dann wäre er ja erst im Jahr 1980 (1943+22+15) ausgewandert.
    Nach seiner Habilitation war er aber dort nicht weitere 7 Jahre als Assistenzprofessor, sondern diese 7 Jahre fingen 1967 an, 2 Jahre nach seiner ersten Promotion, und endeten ein Jahr nach seiner Habilitation, als er nach USA auswanderte.

    Nachzulesen übrigens auf Wikipedia.
  • "Ich will das gar nicht ausschließen" - Dieter Lüst antwortet auf Leserbriefe

    15.05.2009, Professor Dr. Dieter Lüst, München
    Die Stringtheorie ist die bisher einzige Theorie, die alle in der Natur beobachteten Kräfte in einem vereinheitlichten Gebäude beschreiben kann. Insbesondere macht sie eine ganz generische und wichtige Vorhersage: Die Existenz der Gravitationskraft wird in der Stringtheorie impliziert, ohne dass man sie zuvor in die Theorie hineingesteckt hätte. Die gravitationale Anziehung wird dabei durch geschlossene Strings, also Schleifen vermittelt – und diese sind immer in der Theorie vorhanden, ganz egal, was sonst noch mit ihr passiert. Man kann diese generische Vorhersage, die allein aus der mathematischen Struktur der Theorie folgt, nicht hoch genug einschätzen.

    Ferner sagt die Stringtheorie voraus, dass es auch weitere Kräfte in der Natur geben muss, sogenannte Eichwechselwirkungen wie die elektromagnetische Kraft oder auch die starke und schwache Kernkraft. Diese werden im Prinzip auf die gleiche Stufe wie die Gravitationskraft gestellt. Und schließlich folgt aus der Stringtheorie die Existenz von Materie wie Quarks und Elektronen.

    Wie nun die Details der Elementarteilchen und die Form der mikroskopischen Kräfte aussehen, die Gravitation ist hier ausdrücklich ausgenommen, das ist im Moment nicht vorherbestimmt. Denn dafür gibt es nach heutigem Kenntnisstand in der Tat sehr viele verschiedene Möglichkeiten. Diese hängen davon ab, wie die Details der zusätzlichen räumlichen Dimensionen in der Stringtheorie beschaffen sind.

    Die Vielzahl der Stringwelten mit verschiedenen mikroskopischen Kräften, Elementarteilchen und verschiedenen Naturkonstanten - das heißt die logische Möglichkeit, dass eine große Anzahl von verschieden aussehenden Universen existiert -, lässt sich nun in der Tat gut mit dem anthropischen Prinzip erklären.

    Dennoch sollte man dieses anthropische Prinzip immer mit der gebotenen Vorsicht behandeln. Herr Michael, dessen Leserbrief hier ebenfalls veröffentlicht ist, hat recht, es gibt unter Umständen noch andere denkbare Universen, die auch intelligentes Leben, also Beobachter zulassen.

    Zum Bespiel wird dies in einer Arbeit von Anthony Aguirre aus dem Jahre 2001 erklärt, The Cold Big-Bang Cosmology as a Counter-example to Several Anthropic Arguments. Der Autor gibt hier Gründe dafür an, dass menschliches Leben auch nach einem "kalten" Big Bang entstanden sein könnte (die meisten Kosmologen gehen hingegen von einer extrem heißen "Ursuppe" und entsprechend unterschiedlichen Folgeprozessen aus, Anm. d. Red.).

    Ich will das gar nicht ausschließen. Interessanterweise aber gibt derselbe Autor zusammen mit Max Tegmark, Martin Rees (einem der Urväter der anthropischen Idee) und Frank Wilczek (Nobelpreis im Jahre 2004 für die Entdeckung der asymptotischen Freiheit in der starken Wechselwirkung) in einer weiteren Arbeit aus dem Jahre 2005, "Dimensionless constants, cosmology and other dark matters", sehr starke Argumente für das anthropische Prinzip, die mit der Häufigkeit von dunkler Materie und sogenannten Axionen zu tun haben.

    Ich bin auch der Meinung, dass das anthropische Prinzip nicht unbedingt vollkommen eindeutig sein muss. Es reicht aus, dass es in einer Vielzahl von Möglichkeiten einige, wenige bevorzugte Szenarien gibt. Man sieht also, die Sache ist also noch weit offen für weitere Debatten, Diskussionen und wissenschaftliche Untersuchungen.

    Wie gesagt, die Stringtheorie hat viele mathematische und physikalische hervorstechenden Eigenschaften, insbesondere
    das vollkommen natürliche und generische Auftreten von Quantengravitation. Dennoch sind viele Quanteneigenschaften
    von Raum und Zeit in der Stringtheorie sicher noch sehr unvollständig verstanden; insbesondere ist es schwer, die Theorie unabhängig von einem bestimmten Hintergrundsraum zu formulieren, oder anders ausgedrückt, es ist noch nicht klar, ob und wie Quantengravitationseffekte einen bestimmten Hintergrundsraum auswählen könnten, was eventuell auch die vielen, verschiedenen Lösungen wieder einschränken würde.

    Dennoch ist die Stringtheorie ihrer Konkurrentin, der Schleifen-Quantengravitation, in vielerlei Hinsicht überlegen: Die Schleifen-Quantengravitation kämpft selbst noch mit etlichen ungelösten Problemen, etwa mit der genauen dynamische Beschreibung der Gravitation, da man hier die Anzahl der Freiheitsgrade oft stark reduziert.

    Ferner kann man in der Schleifen-Quantengravitation die Elementarquanten der Gravitation - die Gravitonen mit Eigendrehimpuls 2 (analog zu den Lichtteilchen, den Spin-1-Photonen in der Quantenelektrodynamik) - nicht gut beschreiben, während sie in der Stringtheorie automatisch enthalten sind.

    Und schließlich werden in der Stringtheorie die Gravitationskraft und die anderen mikroskopischen Kräfte ganz gleich behandelt, denn die Stringtheorie liefert als einzige Theorie eine vereinheitlichte Beschreibung aller Kräfte und Teilchen.
  • Zum Widerstand bei turbulenter Umströmung

    14.05.2009, Tobias Winnemöller, Aachen
    Auf Seite 85 schreibt der Autor, dass turbulente Strömungen weniger Widerstand erzeugen als laminare. Diese Aussage ist mitnichten allgemeingültig. Vielmehr trifft sie nur in den Fällen zu, in denen eine Ablösung und dadurch ein erhöhter Druckwiderstand auftritt. Die turbulente Genzschicht kann der Kontur bei positivem Durckgradienten länger folgen als eine laminare, dadurch wird der Ablösepunkt nach hinten verschoben, der Druckrückgewinn verbessert und der Widerstand reduziert. Beispiele hierfür sind in der Tat auch die erwähnten Golfbälle und Motorradhelme.

    Bei anliegenden Strömungen wird hingegen versucht, die Grenzschicht laminar zu halten und so den Widerstand zu reduzieren (zum Beispiel in Rohren). Eine Möglichkeit hierzu bieten zum Beispiel der Haihaut nachempfundene so genannte riblets (die allerdings nur funktionieren, wenn man sie regelmäßig reinigt - was auch nicht ganz einfach ist).

  • Plausibilität ist noch kein Beweis - Antwort auf G. Berauer

    13.05.2009, Vera Spillner, Heidelberg
    Lieber Herr Berauer,

    die Frage danach, ob unsere Welt aus unendlich vielen Stringmodellen hervorgeht oder nicht, ist hochspannend und natürlich auch derzeitiges mathematisch/physikalisches Forschungsgebiet. Ich möchte an dieser Stelle nur meine Zweifel äußern, dass Sie mit einem Plausibilitätsargument bereits die Unendlichkeit des Lösungsraumes beweisen können - natürlich besteht weiterhin die Möglichkeit, dass Sie Recht haben; warum die Menge aber möglicherweise endlich ist, möchte ich kurz andeuten.

    Es lässt sich außerhalb mathematischer Gleichungen nur schwer veranschaulichen, warum es keineswegs beliebig viele Theorien geben muss, die in 11 Dimensionen (oder 10) existieren und unsere 4-dimensionale Welt erzeugen - wohl gemerkt: möglich ist es, aber nicht zwingend oder trivialerweise kontingent.

    Vielleicht kann man es so sehen, und verzeihen Sie mir, wenn ich allzu Bekanntes kurz wiederhole: Das derzeit anerkannteste Modell der Stringtheorie geht davon aus, dass die zusätzlichen 6 oder 7 (ich spreche fortan von 6) Dimensionen kompaktifiziert sind und an jedem Raumzeitpunkt des Minkowskiraumes angeheftet sind. Die Art und Weise, wie diese Extradimensionen kompaktifiziert sind, bestimmt dann beispielsweise die Teilchengenerationenzahl und die kosmologische Konstante der großen Dimensionen.

    Wie Sie wissen, spricht man davon, die zusätzlichen Dimensionen seien "gefaltet" - mathematisch kann man dies mit Hilfe von Mannigfaltigkeiten beschreiben. In den letzten Jahren zeigte es sich, dass nicht jede beliebige Mannigfaltigkeit unser Universum erzeugt - im Gegenteil. Vielmehr scheinen bestimmte Unterklassen, wie beispielsweise die so genannten Calabi Yau-Mannigfaltigkeiten, die besten Kandidaten zu sein, um unser "großes Universum" zu erzeugen. Das ist eine erste starke Einschränkung im Raum aller möglichen Mannigfaltigkeiten, also aller Lösungen.

    Auch innerhalb dieser Klasse bedarf es jedoch starker Einschränkungen. So tragen beispielsweise Untermannigfaltigkeiten der Calabi Yaus und weitere topologische Eigenschaften des kompakten Raumes dazu bei, die Struktur des großen Raumes zu ändern. Mit der Zeit zeigte es sich, dass nur sehr spezielle Calabi Yau-Mannigfaltigkeiten geeignet sein werden, einen Minkowskiraum mit kleiner kosmologischer Konstanter und drei Teilchenfamilien zu erzeugen - beispielsweise müssen die Untermannigfaltigkeiten mit "komplexer Kodimension 1" gerade so in die Rechnung eingehen, dass das Potential in den kompaktifizierten Dimensionen ein Minimum erhält, das klein und positiv ist (wie eben unsere kosmologische Konstante).

    Diese Einschränkungen sind alle sehr streng und es ist von niemandem bislang bewiesen worden, dass die Untergruppe möglicher Kandidaten, die allen Einschränkungen genügen, abzählbar unendlich oder gar überabzählbar sein muss - diese Menge könnte durchaus endlich sein oder sogar aus genau einer Mannigfaltigkeit bestehen.

    Kann es sein, dass es auch andere Mannigfaltigkeiten als Calabi Yaus gibt, so dass am Ende doch wieder unendlich viele 10-dimensionale Kombinationen existieren, die unsere Welt beeinhalten? Das ist keineswegs klar und nicht mit Plausibilitätsargumenten zu erschlagen.

    Dagegen spricht zumindest, dass die Stringtheoretiker momentan von etwa 10100 prinzipiell möglichen Kompaktifizierungen ausgehen - nicht von unendlich vielen. Wäre auch nur jede davon geeignet, unser Universum zu beschreiben, so wäre es immer noch eine endliche Menge von Lösungen.

    Ich hoffe, ich konnte meine Zweifel an Ihrem Argument verdeutlichen - auch, wenn ich mir bewusst bin, dass das keinesfalls eine Widerlegung darstellt, das ist ja klar.

    Bezüglich der verborgenen Parameter: Viele Vertreter dieser Richtung (John Bell, David Bohm, Peter Holland...) gehen davon aus, dass die Parameter nicht für immer verborgen sein müssen, sondern dass die Quantenmechanik sich zur darunterliegenden Theorie einst verhalten wird wie die Thermodynamik zur Statistik - nämlich als stochastischer Limes einer eigentlich deterministischen Fundamentaltheorie. Der Name "verborgene Variable" ist somit eigentlich etwas missverständlich.

    Auch der Kollaps eines einzelnen Photons (das ohne Messung über den Raum ausgedehnt ist) wäre dort ein deterministischer Prozess, bei dem auf nichtlokale Weise der gesamte "Aufenthaltsbereich" des Photons aufgrund bislang verborgener Gesetze instantan kollabieren würde.

    Ob unsere Welt offen und indeterministisch ist, lässt sich mit Hilfe der Bellschen Ungleichungen keinesfalls beweisen. Und übrigens: Selbst eine stochastische Welt kann determiniert sein! Dann geschähe zwar eine Entscheidung unter Umständen ohne Kausalverbindung zu einer Ursache - der Ausgang der Entscheidung könnte jedoch in einem vierdimensionalen Raumzeitgebilde bereits feststehen! Dazu empfehle ich Ihnen u.a. das Buch "Physical Causation" von Phil Dowe.

    Zuletzt möchte ich noch anmerken, dass die Stringtheorie meines Erachtens trotz ihrer 40 oder 50 Jahre durchaus noch in den Kinderschuhen steckt. Zwar wissen wir inzwischen, dass die M-Theorie alle Stringtheorien über Dualitätstransformationen verbindet (das war ein Schritt hinaus aus den Kinderschuhen), dennoch ist bislang kein Selektionsprinzip für Mannigfaltigkeiten entdeckt, das helfen würde, die Klasse möglicher Lösungen einzugrenzen - ein großes Problem, da man nicht alle 10100 Mannigfaltigkeiten einzeln testen kann. Wäre dies gefunden, dann wäre die Stringtheorie meines Erachtens erwachsen geworden.

    Da im Rhythmus der 10-jährigen Stringrevolutionen momentan etwas mehr als 10 Jahre vergangen sind, warten Stringfreunde wie ich momentan gespannt auf Fortschritte!

    Herzliche Grüße Ihnen,
    Vera Spillner
  • Nicht von "Wahrheit" reden - Antwort auf V. Spillner

    13.05.2009, Dr. Gunter Berauer, München
    Liebe Frau Spillner, ich habe nicht vorschnell die Stringtheorie verurteilt, sondern sie nur kritisch betrachtet. Dabei habe ich auch Lee Smolin zitiert, der die Stringtheorie für gescheitert hält, weil sie nach seiner Ansicht bisher nur sehr wenige von den Erwartungen an sie erfüllt hat. Da sich schon mehr als dreißig Jahre Heerscharen von Physikern weltweit und permanent mit ihr beschäftigen, kann man eigentlich auch nicht sagen, die Theorie stecke noch in den "Kinderschuhen", wie Sie sagen.

    Die Theorie hat grundsätzliche Mängel, wie eben z.B. ihre Nichtfalsifizierbarkeit, was ja auch von niemandem bestritten wird. Und dann gibt es eben noch die sich aus der Multidimensionalität ergebende prinzipielle Theorienvielfalt. Es besteht sicher kein Zweifel daran, dass es beliebig viele Gebilde, Gegenstände und Vorgänge in höheren Dimensionen gibt, die sich alle in exakt derselben Weise in einem 4D-Unterraum auswirken bzw. sich in diesen hinein projizieren. Warum dies bei den hier betrachteten Theorien anders sein sollte, ist für mich nicht einsichtig.

    Was die Einfachheit anbetrifft, so sollten wir natürlich, um uns die Arbeit zu erleichtern, aus pragmatischen Gründen aus vielen möglichen Theorien die einfachste heraussuchen. Das sagt aber nichts darüber aus, wie es denn wirklich in dem elfdimensionalen Raum aussieht oder ob es denn wirklich genau elf Dimensionen sind. Alle Beschreibungen von multidimensionalen Überwelten, die unsere 4D-Welt erklären, könnten zutreffen, wir haben aber grundsätzlich keine Möglichkeit herauszufinden, welche die "wahre" ist.

    Ob es nun unendlich viele oder nur eine endliche Vielzahl möglicher 11D-Theorien für unsere 4D-Welt gibt, ist nicht so wichtig. Dass es aber nur wenige oder gar nur eine einzige geben sollte, muss man schon allein aufgrund der von mir angestellten geometrischen Überlegungen für ausgeschlossen halten. Ich komme damit wieder zu dem Schluss, dass es recht unwahrscheinlich ist, dass es in der multidimensionalen Welt genauso aussieht, wie die Stringtheorie es beschreibt.

    Noch ein Wort zu den verborgenen Variablen. Diese sind seinerzeit erfunden worden, um den (quantenmechanischen) Zufall aus der Physik und damit aus unserer Welt wieder zu vertreiben. Selbst wenn Bells Beweis solche Variablen nur bei lokalen Ereignissen ausschließt, dann sind doch zumindest diese Ereignisse, und damit doch wieder die ganze Welt, nicht deterministisch beschreibbar. Aber warum sollte eigentlich der Kollaps der gemeinsamen Wellenfunktion zweier verschränkter, räumlich entfernter Photonen über solche Variablen determiniert ablaufen, wenn der Kollaps bei einem lokalen Einzelphoton nach Bell nur nichtdeterministisch erklärbar ist?

    Außerdem klingt es doch ziemlich esoterisch, wenn man Variable postuliert, von denen man gleichzeitig behauptet, sie seien unauffindbar verborgen.

    Es hilft nichts, unsere Welt ist ein nichtdeterministisches Gebilde und damit eine für die Zukunft offene, interessante Welt, in der es auch Freiheit gibt, und nicht eine geschlossene, langweilige Welt, in der jedes und alles von Anfang an feststand und auch für alle Zukunft feststeht.

    Abschließend möchte ich nochmals wiederholen, dass man die Stringtheorie vielleicht tatsächlich einmal als brauchbare, funktionierende Theorie wird bezeichnen können, mit der wir zumindest wichtige Teile unserer Welt gut beschreiben können (was allerdings heute noch nicht der Fall ist). Man sollte aber auch dann auf keinen Fall so weit gehen, zu behaupten, die von der Stringtheorie formulierten Vorgänge in dem elfdimensionalen Raum seien wahr. Wenn man überhaupt davon reden kann, daß in diesen hochdimensionalen Räumen etwas "ist", dann können wir davon ausgehen, daß es dort höchstwahrscheinlich ganz anders aussieht, als wir es uns mit irgend einer Theorie gerade vorstellen.
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