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Kommentare - - Seite 813

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • Absolute Zustimmung!

    28.10.2013, Martin Piehslinger, Wien
    Ich stimme Herrn Reinhard Stock zu. Das Gleiche habe ich mir beim Lesen des Artikels auch gedacht.

    Danke!
  • Absurde Idee

    28.10.2013, Martin Piehslinger, Wien
    "Dass der Kenntnisstand einer Person die Welt so oder anders erschafft, ist eine absurde, geradezu größenwahnsinnige Idee." (Zitat aus dem Artikel)

    Soweit ich es verstehe, hat diese Idee aber nichts mit der Kopenhagener Deutung zu tun und wird auch sonst nicht von Physikern vertreten, sondern ist in der esoterisch-parawisenschaftlichen Szene angesiedelt (auch wenn sich eben diese Szene auf "echte" Quantenphysik beruft). Ich bitte mich zu korrigieren, wenn ich mich hier irre.

    Die Kopenhagener Deutung besagt meinem Verständnis nach, dass der Wert quantenmechanischen einer Größe erst nach der Messung einen definierten Wert hat, und dass die Verteilung der Werte bei vielen gleichartigen Messungen durch die Wellenfunktion gegeben ist. Die esoterische Variante besagt, dass sich der Beobachter einen bestimmten Wert wünschen kann der dann auch gemessen wird, und darin sehe ich eben diese absurde Idee.

    Demnach sage Quantenphysik zum Beispiel aus, dass die Überzeugung, einen freien Parkplatz zu finden, eben diesen freien Parkplatz schaffe. Oder auch reale rosa Elefanten wenn man sich rosa Elefanten wünscht, in der Quantenwelt sei alles möglich. Krankheiten seien nur dadurch verursacht, dass der Patient "von physikalischen Gesetzen indoktriniert" sei, und ein so genannter "Quantenheiler" könne durch Geisteskraft (= nicht näher bezeichnete Wellen und Felder) die Krankheit wieder aus der Welt schaffen und den Patienten heilen.

    Zusammenfassungen dieser Ideen finden sich z.B. auf
    http://www.freise.at/texte/journalistisches/57_Journ_Quantenheilung.pdf (wohlmeinend)
    oder
    http://derstandard.at/1363709574591/Mit-Quanten-heilen (kritisch)
  • Die drei Elemente des Universums

    28.10.2013, Walter Birkhold, Gerlingen
    Paul Kalbhen setzt den saloppen Redensarten von Michael Springer („…kaum schlimmer als die Idee, es gebe einen allwissenden Gott“) seine eigene christliche These entgegen. Ich füge meine - etwas naturwissenschaftlichere – „These“ hinzu:

    Die drei Elemente des Universums

    Ø Die ENERGIE (/Materie) des gesamten Kosmos, die alles bewirkt und bewegt und die allzeit erhalten bleibt, - ist der Begriff Allmacht Gottes dafür nicht eine schöne Entsprechung? ....

    Ø Die RAUMZEIT, Raum und Zeit unseres Universums, die überall ist und die dieses Universum sich dynamisch selbst erschafft, - für die Allgegenwart Gottes ?......

    Ø Die INFORMATION, die unserem gesamten All auf geheimnisvolle Weise immanent ist, die Wege, Formen und Gestalt bestimmt und immer erhalten bleibt, - für Gottes Allwissenheit?.....

    So können sich intuitive, archetypische oder religiöse Begriffe und naturwissenschaftlicher Erkenntnisstand im Sinn von ratio und anima doch schön ergänzen! Im Anhang – etwas lyrischer ausgedrückt – ein kleines Gedicht dazu.

    Fausts Erkenntnis

    Im Anfang war..
    das Wort ? der Sinn ? die Kraft ? die Tat …?
    was passt am besten zu der Menschen Denkformat?

    Vielleicht war es allwissend weiser Geist
    der seine Schöpferkraft beweist
    der Energie zu Stoff und Form erweckt
    und Zeit und Raum den Rahmen steckt
    gezeugt vom unerforschlich Allergrößten
    vom aller Weltenrätsel ungelösten
    vom Alleswissen hinter aller Ewigkeit
    vom Anfang bis zum Jüngsten Tag der Zeit

    …da steht man nun, man armer Tor
    und sucht den Anfang wie zuvor


  • Unstetiger neuer Wissensstand

    28.10.2013, Reinhard Stock, Frankfurt
    Die Grundthese der "QBismus"-Interpretation der Quantenmechanik muss man zuallererst vor den hier angebotenen Formulierungen retten. Nüchtern formuliert: Die Wellenfunktion kodiert den Stand des Wissens, mit dem sich der Experimentator zu einer erneuten Untersuchung eines quantenmechanischen Objekts anschickt. So hat das der erst am Schluss zitierte Max Born in seiner Interpretation des Absolutquadrats der Wellenfunktion offenbar auch gesehen. Ganz ohne "Spuk" ergibt das Messergebnis eine Revision dieses Wissens, reflektiert in einer Änderung der Wellenfunktion. Durchaus un-stetig hat sich ein neuer Wissenstand eingestellt. Ob man diesen Wechsel des Wissens mit der dramatisierenden Formulierung eines Kollapses der Wellenfunktion beschreiben sollte, sei dahingestellt. Weitere derartige Dramatisierungen haben die Pioniere der Quantenmechanik in Fülle beigesteuert, sehr zur Verwirrung der erkenntnistheoretischen Ansätze. Einsteins "spukhafte Fernwirkungen", und besonders die unsägliche Schrödinger-Katze. Die Letztere ist natürlich ein dekohärentes, makroskopisches Wesen, sie hat keinerlei verschränkte Wellenfunktion mit einem einzelnen "zerfallsbereiten" Atom, deshalb gibt es auch keine Produkt-Wellenfunktion (Katze x Atom). Das ist erkenntnistheoretisch einfach Schwulst! Ganz trivial: Ohne Experiment steht die Erwartung 50:50. Experiment: Öffne die Kiste, das Wissen ändert sich, nichts kollabiert irgendwo. Dies ist auch kein Beleg für die Richtigkeit der QBismus-Interpretation, wie der Autor in der Passage "Ein Paradoxon klärt sich auf" unterstellt: das Paradox ist schlicht Unsinn.
    Dennoch ein interessanter Ansatz. Wenn man nur dem Verfasser die unsäglichen Forcierungen wegstreichen könnte. Die Wellenfunktion sei "nur eine subjektive Erwartungshaltung des Beobachters", der seine "ganz private Überzeugung, wie er sie sieht", artikuliert. Neuer erkenntnistheoretisch unpräziser Schwulst! Der "Beobachter" ist in Wirklichkeit ein Abstraktum, exakt inter-subjektiv: eine der traditionellen Grundvoraussetzungen für objektive Naturerkenntnis.
  • Gespräch zwischen Physik und Psychologie

    28.10.2013, Max Kobbert, Münster
    Offenbar ist im QBismus das Gespräch zwischen Physik und Psychologie gefordert. Eine Anmerkung hierzu: Ich sehe es als begrifflich problematisch an, davon auszugehen, dass die Wellenfunktion die persönliche Überzeugung eines Beobachters über eine spezielle Eigenschaft des Quantensystems ausdrückt. Vielleicht sollte man besser von der Erwartung des Beobachters sprechen, die für eine Quantifizierung eher geeignet ist. Um den Unterschied zu pointieren: Ein wissenschaftlicher Beobachter in den USA würde die Erwartung haben, dass die Wahrscheinlichkeit, auf einen Amerikaner mit überdurchschnittlicher Intelligenz zu treffen, 50% beträgt. Demgegenüber sind nach einer Untersuchung in den USA über 80% der Befragten persönlich davon überzeugt, einen überdurchschnittlichen IQ zu haben.
  • Klickraten mau

    28.10.2013, Roland Schröder
    Was Herr Brunbauer beobachtet, gilt generell für Mathematik. Es heißt Bulimie-Effekt: alles in kürzester Zeit einverleiben und zum Klausurtermin erbrechen. Wer hier von individuellem Lerntempo spricht, weiß nicht, wovon er redet.
  • Lernen verlernen

    28.10.2013, Michael Kühnapfel
    Es ist durchaus interessant, Lernformen der Vergangenheit auf ihre Verbesserung hin zu überprüfen. Aber in diesem Konzept des Herrn Khan wird vergessen, dass man ja beim Lernen nicht nur das Fachliche lernt, sondern auch eine ganze Menge nebenbei. Etwa, große Stoffmengen (nicht mit Gewalt, aber mit Selbstdisziplin) zu lernen, und dann das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen. Eine flapsige Diffamierung wie "Bulimie-Lernen" diffamiert zwar, argumentiert aber nicht, genauso wenig wie krakelige Tafelanschriebe irgendwie lernhinderlich sein können. So wird auch, nicht zu vergessen, das soziale Miteinander gelernt - und ich weiß wirklich nicht, was an dem Konzept, in Nischen zu stehen und seinen Stoff am PC zu konsumieren, so wahnsinnig überzeugend sein soll. Didaktik sollte - und Pädagogik müsste - das reale Leben einbeziehen.
  • Tiermodelle in der Forschung

    28.10.2013, Thomas Kolbe, Wien
    Die Kritik von Jessica Bolker ist grundsätzlich richtig. Allerdings berücksichtigt sie eine Reihe anderer Aspekte nicht. Aus finanziellen und technischen Gründen ist es Versuchstierhaltungen meist nicht möglich, ein breites Spektrum an für die Forschung interessanten Tierarten wie Gürteltier (Lepra), Nacktmull (Krebs), Nerz (Influenza) oder gar die Alabama-Küstenmaus (Stoffwechsel) zu halten. Selbst eine Krallenfroschhaltung ist von Technik und Betreuung her nicht einfach. Für Wildmäuse ist dann schon eine seminaturale Bodenhaltung in großen Glashäusern wie am Institut für Wildtierkunde und Ökologie in Wien notwendig. Bei allen Wildtierpopulationen sind nur Beobachtungen und Messungen, aber keine gezielten Experimente möglich. Eine Einengung auf maßgeschneiderte ingezüchtete Mausmodelle erfolgte mit dem Ziel, weniger Versuchstiere zu verwenden. Dass Versuche mit mehreren verschiedenen Inzuchtstämmen stattfinden sollten, ist bekannt. Jetzt aber wieder auf Auszuchtstämme zu wechseln, die die genetische Variabilität der Menschen besser abbilden, würde wieder zu einem extremen Anstieg der Versuchstierzahlen führen. Die richtige Wahl des Tiermodells schon in der Planungsphase ist für viele Studien ganz entscheidend. Dem Punkt wird durch neu eingerichtete Lehrstühle und Studiengänge für Komparative und Translationale Medizin an der Medizinischen und an der Veterinärmedizinischen Universität Wien Rechnung getragen. Es bleibt zu hoffen, dass durch bessere Ausbildung und Sachkunde auf diesem Gebiet die Aussagekraft tierexperimenteller Studien steigt.
  • Seriöse Forschung fehlt noch

    28.10.2013, Felix Guilino, München
    Lieber Herr Hanser, über Ihr Geleitwort in der aktuellen Ausgabe Ihres »Spektrums« habe ich geschmunzelt. Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Veranlagung!
    Mit Genuss und Gewinn habe ich die drei Beiträge zum Dauerbrenner Übergewicht gelesen, insbesondere den Aufsatz über die Fragwürdigkeit der Kalorienangaben auf Essens- und Getränkeverpackungen. Noch blödsinniger wirkt es, wenn ein Trackingprogramm für Fahrradtouren nach einer Spritztour angibt: »verbrauchte Kilokalorien: 1568,9«.
    Erschüttert musste ich lernen, dass die Ursachen der grassierenden Fettleibigkeit bis heute nicht seriös erforscht sind. Die Vorstellungen ähneln mehr Glaubenssätzen als gesicherten Wahrheiten, bestenfalls sind es persönliche, nicht unbedingt verallgemeinerbare Erfahrungen. Aber für das Higgs-Boson – so sehr mich dieser Triumph freut – geben wir Milliarden aus!

  • Bayesianismus die Zweite

    28.10.2013, Norbert Hinterberger, Hamburg
    Diesen Artikel mit „Eine neue Quantentheorie“ zu überschreiben zeugt von ungestörtem Selbstbewusstsein, angesichts der Tatsache, dass hier lauter alte Ideen einfach neu gemischt werden – vom Bayesianismus über den Kopenhagener (Quanten-)Antirealismus bis zu einer subjektivistischen Interpretation der bornschen Regel.

    Trotzdem findet Baeyer zu Schrödingers Katze: „Der QBismus löst das Rätsel, indem er darauf beharrt, die Wellenfunktion sei keine objektive Eigenschaft der Katze in der Kiste, sondern eine subjektive Idee des Beobachters.“ (S. 48)

    Die in der Tat schon rein logisch nicht hinnehmbare Aussage, die Katze sei (in ein und demselben Kausalzusammenhang) zugleich tot und lebendig, kommentiert Baeyer so: „Dass der Kenntnisstand einer Person die Welt so oder anders erschafft, ist eine absurde, geradezu größenwahnsinnige Idee.“

    Das ist natürlich vollkommen richtig. Allerdings weiß ich nicht, wo da der Unterschied zu den vorsätzlich subjektivistischen Beobachtern des QBismus liegen soll. Sie haben sich schließlich der Induktion verschrieben, und wir wissen seit David Hume, dass die Induktion logisch nicht schließt – auch nicht in der Wahrscheinlichkeitsvariante (Karl Popper). Ganz davon abgesehen, dass es Induktion auch als Erkenntnispraxis nicht gibt. Wir können in der Erkenntnis nur hypothetisch deduktiv vorgehen, weil unsere Erkenntnis (auch scheinbarer ‚Einzelfälle’) immer schon durch klassifikatorische Vorurteile „getränkt“ ist. Viele davon sind übrigens nicht nur kultureller, sondern auch phylogenetischer Natur – von allen materiellen Entitäten, die wir in der Natur antreffen, gibt es eine gewisse Anzahl, wenn man von Artefakten absieht, daher das Klassifizieren als evolutionär gewachsene Methode. Um zu klären, welche unserer Klassifikationen beziehungsweise allgemeinen Erkenntnisvorurteile falsch sind, sind wir also auf falsifikative Experimente oder Feldbeobachtungen angewiesen.

    Überdies scheint mir hier die Einsicht, dass eine „subjektive Idee“ genauso wie die Vorgänge im Katzenkasten auf einem objektiven materiellen Vorgang beruht (in diesem Fall auf einem objektiven Gehirnvorgang) etwas unterrepräsentiert zu sein. Referiert man das, müsste leicht zu verstehen sein, dass man nicht einfach den einen Vorgang wellentheoretisch behandeln kann und den anderen nicht. Beides sind Materieprozesse – und andere Vorgänge kennen wir in der Physik nicht. Es kann sich also nur um die Frage handeln, welche Wellenfunktionen wir als relevanter für die Katzensituation in Anschlag bringen wollen. Interessieren wir uns für die sieben Milliarden Wellenfunktionen aller möglichen Beobachter hier auf der Erde, die offenbar ohnedies lediglich ihr subjektives Für-wahr-Halten investieren dürfen (jedenfalls, wenn es nach den ‚QBisten’ geht), oder interessiert uns doch mehr, was im Untersuchungsobjekt, im Katzenkasten geschieht – was objektiv, also mit den Objekten passiert. Ich denke, man kann hier sehr schnell zu der Überzeugung gelangen, dass uns das Untersuchungsobjekt letztlich doch mehr interessieren wird als die Gefühlslagen irgendwelcher Beobachter, die einer subjektivistischen Interpretation der Wahrscheinlichkeitstheorie vertrauen. Ich habe den Bayesianismus hier schon (in einem anderen Leserbrief) in allgemeiner Form am Beispiel Robert Matthews kritisiert („Warum Subjektivismus wenn es auch objektiv geht“ – 02. 03. 09). Matthews hatte versucht, den Falsifikationismus zu kritisieren beziehungsweise den Bayesianismus gegen ihn auszuspielen. Ich bilde mir ein, seinerzeit klar gezeigt zu haben, dass diese Kritik haltlos ist, ebenso wie der Induktivismus von dem sie ausging. Diese Kritik ist inzwischen in ausführlicher Form (mit Referenz auf die formalisierte Darstellung der Propensitäts-interpretation der Wahrscheinlichkeitstheorie von Karl R. Popper) unter dem Titel ‚Induktivismus und Bayesianismus in neuen Gewändern’ in „Aufklärung und Kritik“ (1/2012) veröffentlicht worden.

    Kurz zur Erinnerung:

    Es wird mit dem Bayesianismus in der theoretischen Physik erneut (ohne Not) ein subjektivistischer Ansatz als Ersatz für Poppers Falsifikationskriterium präsentiert.

    Formal sind natürlich beide Systeme schlüssig (was aber bekanntlich nichts über ihre Anwendbarkeit in der Realität sagt):

    Das bayessche Theorem lautet in vereinfachter Form: p(A|B) x p(B) = p(B|A) x p(A).

    "p(A|B)" gibt die Wahrscheinlichkeit von A unter der Bedingung B an.

    Die logische Struktur, die dem Falsifikationsgedanken zu Grunde liegt, ist eine metalogische Aussage zum so genannten modus tollens (einer Grundregel der Aussagenlogik): p -> q, ~q :- ~p (gelesen: Aus‚ wenn p dann q, und nicht-q’ folgt nicht-p).

    Bei Bayes ist die Bedingung B das Entscheidende. Ist sie falsch geraten beziehungsweise logisch unschlüssig induktivistisch akkumuliert, ist die ganze Berechnung falsch. Und zwar bei völliger Falsifikationsabstinenz, ohne dass die Beteiligten das auch nur bemerken können. Das ist das Entscheidende.

    Wenn Stringtheoretiker etwa zum Bayesianismus greifen, weil sie bislang noch keine falsifizierbaren Konsequenzen aus ihrer Theorie ableiten können, haben sie es mit genau dieser kritischen Situation zu tun, nämlich nicht zu bemerken, dass sie einfach nur die berühmten logisch konsistenten Märchen entwickeln, von denen eben nicht mal zu zeigen ist, dass es sich um Märchen handelt.

    Im Falsifikationismus ist so etwas nicht möglich, weil das Gewicht hier nicht in die Genese der Hypothesenentwicklung, sondern in die Überprüfung gelegt wird.

    Aus modernen realistischen Ansätzen, die die Wellenfunktion nicht nur als rein mathematische Lösung der Schrödingergleichung, sondern als wirklichkeitsrelevant betrachten, wissen wir, dass man in seiner Beschreibung sowohl den Katzenkasten als auch den Experimentator als auch den Rest der Welt berücksichtigen muss, wenn man eine konsequent quantenphysikalische Beschreibung erhalten will. Was für eine zukünftige Quantengravitation gefordert wird (nämlich die Eliminierung klassischer Begriffe), dürfte sich für die Quantenmechanik allein also wohl von selbst verstehen.

    Wenn wir unser Universum als eine gigantische und sich im Übrigen mit jeder neuen Wechselwirkung ständig weiter verzweigende Superposition betrachten, wie es die Dekohärenzexperimente nahe legen, müssen wir die Superposition als zentral betrachten. Nur in völlig abgeschirmten Laborsituationen können wir reine, nicht-dekohärierte Zustände herstellen und temporär aufrechterhalten. Schon mit ein paar hinzugefügten Luftmolekülen kann der Zustand bekanntlich dekohärieren (also, sich weiter verzweigen in neuen Superpositionen). Alle diesbezüglichen Experimente zeigen das. Anzunehmen, dass es sich im restlichen Universum anders verhält, sollte deshalb wohl als hochgradig implausibel gelten.

    Der QBismus im engeren Sinn (also diese neueste Version des alten Bayesianismus) wurde offenbar in einem gemeinsamen Papier von Carlton M. Caves, Christopher A. Fuchs und Rüdiger Schack publiziert. Fuchs ist anscheinend der Hauptvertreter, inzwischen im berühmten Perimeter Institute tätig und damit zum Kollegen von Lee Smolin geworden. Bleibt zu hoffen, dass sich die Schleifenquanten-Leute nicht zu diesem Subjektivismus verführen lassen, denn sie haben sich in ihrer Methodologie bisher als überzeugte Falsifikationisten gezeigt und tatsächlich gerade einen wichtigen falsifikativen Lerneffekt bezüglich ihrer Theorie erlebt. Die LQC (Loop Quantum Cosmology) ist eine stark vereinfachte Form der LQG (Loop Quantum Gravitation). Die LQC-Vorhersage, dass auf Grund der körnigen Struktur der postulierten Raumzeit-Atome, die Lichtgeschwindigkeit um eine Winzigkeit verlangsamt sein sollte, ist offenbar falsifiziert (durch hochpräzise Gammastrahlenmessungen). Es gibt eine Videostellungnahme von Martin Bojowald dazu auf der Website des Perimeter Institute.

    Auf S. 51 erwähnt Baeyer Kritiker des Bayesianismus, die davon ausgehen, dass der QBismus unfähig sei, „komplexere makroskopische Phänomene auf tiefer liegende mikroskopische Prozesse zurückzuführen“. Das ist natürlich im Wesentlichen auch meine Kritik, denn das dürfte die eigentliche Aufgabe aus Sicht einer realistischen Interpretation der Quantentheorie sein.
    Baeyers Meinung nach könnte der QBismus dieser Kritik am besten begegnen, „wenn es ihm gelingt, die Standardtheorie der Quantenmechanik aus neuen zwingenden Grundannahmen herzuleiten“. Dieser Erfolg stehe zwar noch aus, „doch schon jetzt bietet der QBismus eine neue Ansicht der physikalischen Realität“. (S. 51) Man fragt sich, wie das wohl gehen sollte mit einer solchen „Schuldschein-Theorie“ (wie Popper das wohl genannt hätte) - und wenn die beteiligten ‚QBisten’ sich schon selbst lediglich wie Soziologisten verhalten, die sich nur noch beim Beobachten beobachten wollen. Anders gesagt, wie soll aus diesem Subjektivismus „eine neue Ansicht der physikalischen Realität“ entstehen.
    Das antirealistische Modell hatte ihnen im Übrigen ja auch schon Bohr selbst geliefert. Bohr: „Die Physik beschäftigt sich mit dem, was wir über die Natur sagen können.“ – also nicht mit dem was in der Natur möglicherweise vorgeht. Letzteres wäre aber erst als realistischer Ansatz zu bezeichnen, egal wie hypothetisch man da herangehen muss.

    Die Bemerkung „Die Vertreter des QBismus stehen auf dem Standpunkt, dass das Ergebnis eines Experiments vor dessen Ausführung nicht existiert“, ist dann nur noch amüsant. Diesen trivialerweise wahren Satz hat Baeyer wohl irgendwie verwechselt mit der antirealistischen Gussform für einen ganz ähnlich anmutenden, aber (aus realistischer Sicht) falschen Satz: ‚Das Teilchen hat keinen Ort bevor es gemessen wird.’ Etwas Ähnliches sagt er dann auch. Hier wird nur noch die Geschwindigkeit addiert: „Bevor jemand die Geschwindigkeit oder den Ort eines Elektrons misst, besitzt das Teilchen weder das eine noch das andere.“ Wir kennen das, das sind alles Kopenhagener Interpretationen.
    Was hier aber nur gemeint sein darf, damit der Satz richtig wird, ist die Tatsache, dass das Teilchen keinen lokalen Ort hat, da es vor der Messung passender als Welle beziehungsweise Teil irgendeiner nichtlokalen Superposition zu bezeichnen wäre (so würde man es in der Dekohärenztheorie jedenfalls ausdrücken). Und hinterher wäre es übrigens auch kein Teilchen (im herkömmlichen Sinn), sondern es sieht (klassisch subjektiv) nur so aus.

    Da die Kopenhagener es sich aber, vor den scheinbaren Quanten-Verrücktheiten resignierend, angewöhnt hatten, nur noch klassisch über ihre Messergebnisse zu sprechen und das Vorher außen vor zu lassen, konnten sie natürlich einen solchen Satz ganz organisch in ihrem Quanten-Antirealismus beziehungsweise Quanten-Subjektivismus verwenden. Sie waren aber ganz gewiss nicht Stolz auf diesen Subjektivismus bezüglich des Quantenreichs, sondern argumentierten eher in leicht resignierter Distanz dazu. Ganz anders ihre modernen Nachfolger, die Quanten-Bayesianer, die offenbar denken, sie haben den Stein des Weisen gefunden - mit ihren bedenkenlosen „Bewahrheitungen“. Der Begriff stammt übrigens von Max Tegmark.
  • Was ist mit der Dekohärenz?

    28.10.2013, Rudolf Dann, Essen
    Das Thema des Artikels interessiert mich seit jeher intensiv. Ich muss sagen, ich vermisse in dem Artikel eine Betrachtung der Dekohärenz als Erklärung z. B. für den Kollaps der Wellenfunktion bei einer Messung sowie für das scheinbare Fehlen von Überlagerungen (Schrödingers Katze) im makroskopischen Bereich. Die Dekohärenzthese besagt etwa im Fall einer Messung, dass Messapparat und beobachtetes System in einer gemeinsamen Wellenfunktion betrachtet werden müssen, die nicht einfach das Produkt der Wellenfunktionen der beiden Teisysteme ist. Das bedeutet, dass das beobachtete System im Moment der Messung nicht als abgeschlossenes System betrachtet werden kann. Meiner Meinung nach wird diese Erklärung zu wenig diskutiert, anscheinend auch nicht in der Fachwelt, oder wo liegen die Schwächen dieser Erklärung?

  • kritische Distanz

    27.10.2013, Roland Schröder
    Gut, dass Christoph Pöppe hier auf kritische Distanz geht. Wahnsinnig kluge Ideen, wie Schule und speziell Mathematikunterricht viel besser geht, gibt es schon genug. Und neu ist das, was Khan macht, auch nicht. Das Netz (sicher nicht nur das deutschsprachige) ist voll von Lernvideos auch zur Mathematik (kostenlos bis kostenpflichtig). Wer will, kann heute schon seinem individuellen Lerntempo folgen und den normalen Schulaltag mit Videos aus dem Internet begleiten. Daneben gibt es Aufgabensammlungen einschließlich Lösungen und Erklärungen. Zu wenige Schüler nutzen das Netz für die Wiederholung und Vertiefung von Schulstoff. Khan kennt den Grund, der wohl darin liegt, dass "die meisten Leute so viel Selbstdisziplin nicht aufbringen".

    Die frei zugängliche Beispielaufgabe Khans zum Stoff der Klasse 7 ist fachlich einwandfrei. Aber was macht ein Schüler, der auch beim dritten Ansehen des Videos immer noch über eine Schwierigkeit stolpert? Einen leibhaftigen Lehrer könnte er dann unmittelbar fragen. Diesen Vorteil konventioneller Lehrmethoden kann auch Khan nicht ausgleichen.
  • Der nächste Hype?

    27.10.2013, Gunold Brunbauer
    Angeregt von der Khan-Academy habe ich ein Video, in dem ich einen Teil einer Abituraufgabe zum Zentralabitur in NRW erklärt habe, bei Youtube eingestellt, weil ich sehen wollte, was passiert. Ergebnis: Die Klickraten waren mau und schossen zwei Tage vor dem Prüfungstermin in die Höhe. Seither sind sie wieder mau. Ich kann mir nicht vorstellen, dass so das Lernen der Zukunft aussieht.
  • Weitere Ausbreitung des Gifts

    27.10.2013, Anke Schneider
    Sehr geehrte Leserinnen und Leser, sehr geehrte Redaktion.
    Ich möchte mich kurz vorstellen, um Ihnen einen Einblick in meine Sichtweise zum Thema Bienengifte zu geben.
    Mein Name ist Anke Schneider.
    Seit 5 Jahren betreibe ich eine Hobbyimkerei mit inzwischen 8 Bienenvölkern. Vor 2 Jahren bin ich nach Schleswig-Holstein umgezogen und bin seither mit dem Thema Monokultur konfrontiert. Es hat lange gedauert, bis ich einen geeigneten Ort für die Bienen und mich gefunden habe. Das Futterangebot (Tracht) ist vielseitig aber fast immer dabei ist der Mais, auch bedingt durch die Biogasanlagen, die hier fast jedem landwirtschaftlichen Hof angeschlossen sind.
    Bienen fliegen in einem Umkreis von 3km um den Standort ihres Bienenstocks und sie sind blütenstet, das bedeutet das jede Biene so lange eine Blütenart, z.B. Löwenzahn oder auch Mais anfliegt, bis diese Blüte (Frucht) ausgeblüht hat. Bei der Auswahl der Blüte, die die Biene anfliegt, legt sie sozusagen wirtschaftliche Kriterien zugrunde: Ertrag von Pollen und/oder Nektar und Entfernung zum Bienenstock um die beiden Hauptkriterien zu nennen. Bestmöglicher Ertrag bei geringstem Energieaufwand.

    Organisiert über den ortsansässigen Imkerverein und damit im Landesverband Schleswig-Holsteinischer und Hamburger Imker e.V. findet monatlich ein Infoabend statt, wo aktuelle Themen und Informationen besprochen werden.
    Dazu gehören auch die Bienengifte. Was ich in Ihrem Beitrag vermisst habe, ist eine Information über die zusätzliche Verbreitung des Gifts.
    Lt. Informationen des Landesverbandes kommt es, besonders beim Maisanbau, zu einer Giftbelastung durch Neonicotinoide für andere Pflanzen. Die Maissaat wird mit den Neonicotinoiden gebeizt und dann ausgesät. Beim Aussähen entsteht Staub, der bei konventioneller Saatmethode verweht wird und sich auf andere Blüten z.B. Obst- und Löwenzahnblüte, die etwa zeitgleich erfolgt, absetzt. Durch Pollen oder auch Nektar nehmen die Bienen das Gift auf. Somit kann eine Belastung der Bienen vor der Maisblüte entstehen, einer wichtigen Zeit, weil die Völker noch im Aufbau sind und ein Verlust der Flugbienen ein Volk nachhaltig schwächen kann.
    Zum Verbot ab 2014 möchte ich nochmal auf eine Information des Landesverbands hinweisen, die besagt, dass gelagertes Saatgut, das bereits gebeizt wurde, noch bis Februar 2014 ausgesät werden darf.

    Des weiteren wurde bei einer Versammlung berichtet, dass es Neonicotinoide gibt, an denen die Bienen nicht sterben, durch die sie aber einen anderen Geruch annehmen, so dass sie von den Wächterbienen am eigenen Bienenstock nicht erkannt und somit abgewehrt werden, wenn sie infolge des Gifts überhaupt zurück zum Bienenstock finden. Hierzu kann ich keine Quelle nennen und weder Wert noch Richtigkeit beurteilen. Bienen haben einen sehr gut ausgeprägten Geruchsinn, die Theorie ist nicht abwegig.

    Als Imkerin habe ich nur wenig Einfluss darauf, wohin meine Bienen fliegen und was sie sammeln. Aber ich tue mein Möglichstes dafür, dass sie gesund sind, ausreichend Futter und Wasser in nächster Nähe haben, mit starken Völkern zum Ertrag eines jeden Bauern und Hobbygärtners beitragen und auch einen guten Honigertrag einbringen. In meinen Augen sollte es selbstverständlich sein, dass niemand den Bienen schadet.
    Dabei sollte man auch nicht nur auf die Landwirtschaft schimpfen. Die Menge an Unkrautvernichtungsmitteln, die pro Jahr von Privathaushalten ausgebracht werden, ist erschreckend hoch. Die wenigsten Menschen halten sich dabei an Zeiten, wo Bienen und Hummeln nicht fliegen.
    Und wenn diese Menschen, Nachbarn und Bekannte dann Honig bei mir kaufen, muss dieser natürlich absolut rein und unbelastet sein, auch wenn sie vormittags noch bei schönstem Sonnenschein den Löwenzahn nebenan vergiftet haben, den meine Bienen noch anfliegen.
    Wir schaden uns selbst und müssen das endlich begreifen. Das gilt für uns alle.

    Ich habe viel gesagt und es liegt mir sehr am Herzen, meine Bienen sind mir sehr wichtig und wenn es nach mir geht, darf nicht eine sinnlos sterben.
    An dieser Stelle möchte ich mich bedanken, bei der Redaktion für den klaren und wissenschaftlichen Beitrag

    Mit imkerlichen Grüssen

    Anke Schneider
  • Präzise, bitte?

    26.10.2013, Tom Korinth
    Die Aussage im Leserbrief von Herrn Brandenburg "... muss es genauer heißen: Jede ungerade Zahl größer als 5 kann als Summe dreier Primzahlen geschrieben werden. Denn 1, 3 und 5 können nicht so zerlegt werden" verstehe ich nicht ganz. Die 1, zugegeben. Aber was ist gegen 1+1+1=3 und 1+1+3=5 einzuwenden?

    Oder soll es heißen: "... paarweise verschiedener Primzahlen ..."? Dann will mir das bei der 7 auch nicht so recht gelingen! Oder etwa "... Primzahlen größer 1 ..."? Irgendeine Information fehlt hier!
    Stellungnahme der Redaktion

    Heute pflegt man die Eins nicht mehr zu den Primzahlen zu zählen. (Das war zu Goldbachs Zeiten noch anders, weswegen man Veröffentlichungen aus dieser Zeit entsprechend lesen muss.)


    Warum das nicht? Die Eins ist doch nur durch 1 und sich selbst teilbar, erfüllt also die Definition der Primzahl.


    Schon richtig. Man schließt sie ausdrücklich aus, und zwar im Wesentlichen, damit man den Satz über die Eindeutigkeit der Primzahlzerlegung besser formulieren kann: "Jede natürliche Zahl ist eindeutig als ein Produkt von Primzahlen darstellbar." Wenn die Eins als Primzahl gelten würde, könnte man zu jedem Produkt beliebig viele Faktoren 1 dazuschreiben, und die Eindeutigkeit wäre dahin.


    Christoph Pöppe, Redaktion

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