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Kommentare - - Seite 945

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • Wenn es keinen Gott gäbe

    23.12.2011, G. Schufmann
    Jedem, der sich tiefergehend mit dem Thema Vernunft und Glaube befasst, empfehle ich das Buch: „Wenn es keinen Gott gibt“, Leczek Kolakowski, Verlag Herder, Freiburg im Breisgau, 1992, ISBN 3-451-04067-0, und man sollte sich auch mit Karl Jaspers: „Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung“ auseinandergesetzt haben. Die Beiträge in Spektrum der Wissenschaft, Januar 2012, zum Thema Vernunft und Glaube sind bestenfalls Randnotizen zu den tief greifenden Gedanken in den Büchern dieser Philosophen. Angesichts der Breite und Gründlichkeit der philosophischen Gedanken dort erscheinen mir die Beiträge in Spektrum der Wissenschaft zu diesem Thema etwas naiv; jedenfalls sind hier keine neuen Gedanken enthalten und die Darstellung ist oft sehr verschwommen.
    Sehr geehrter Herr Tapp: Die unteren beiden Absätze Ihres Beitrages “Vernunft und Glaube” (Seite 56) haben mich etwas ratlos gemacht. Einerseits sagen Sie: „Denn dem Selbstverständnis der Christen zufolge ist der Glaube nichts, was man sich selbst gemacht hat, sondern ein Geschenk, das man durch eine lange Traditionskette hindurch aus Gnade erhalten hat.“
    Im nächsten Absatz behaupten Sie: „Was aber heißt hier „der Glaube“? Schließlich ist es keineswegs deckungsgleich, was in kirchlichen Lehrtexten steht, in Predigten verkündet, im Religionsunterricht gelehrt oder von den Christen tatsächlich geglaubt wird.“
    Da frage ich mich, wer oder was die lange Traditionskette zur Gnade hin aufrechterhält; und wie steht es mit der Gnade eines empfangenen Glaubens, der nicht das ist, woran die Christen tatsächlich glauben? Wenn es keine Kirchen, Synagogen, Moscheen gäbe, wie stünde es dann mit den Traditionsketten?
    Zitat, Seite 56,57: „Fundamentaltheologie geht davon aus, dass Glaube etwas mit religiösen Überzeugungen zu tun hat, also mit bestimmten Inhalten, die für wahr gehalten werden; daneben aber auch mit Vertrauen und einer persönlich-existentiellen Antwort auf eine göttliche Offenbarung.“
    Ihre Formulierung ist so keineswegs zwingend. Denn auch der Glaube „Gott existiert nicht“ ist eine persönlich-existentielle, religiös weltanschauliche Antwort mit bestimmten Inhalten, die für wahr gehalten werden, und sie deckt sich mithin mit der ersten Aussage über den Glauben in dem oben zitierten Absatz. Der zweite Teil, eingeleitet mit „daneben aber auch …“ sollte wohl eher simpel „und“ bedeuten, denn „daneben“ ist keine eindeutige logische Zuordnung.
    Ich vermute, Sie wollten sagen: Fundamentaltheologie geht davon aus, dass religiöser Glaube das Vertrauen und die persönlich-existentielle Antwort auf die Inhalte einer für wahr gehaltenen göttlichen Offenbarung ist.
    Auf Seite 61, vorletzter Absatz, erwähnen Sie Habermas’ These, dass Wissenschaftler für ihre Prämissen Gewissheit beanspruchen müssen und damit auf einen Akt der Anerkennung oder des Glaubens angewiesen sind. Dann fragen Sie, ob es sich dabei um etwas Ähnliches handelt, wie bei den Glaubensvoraussetzungen der Theologie. Das ist doch genau Ihr Thema! Und genau diese zentrale Frage lassen Sie ohne jedes weitere Wort im Raum stehen! Stattdessen schreiben Sie seitenweise über Dinge, die jeder an diesem Thema Interessierte ohnehin kennen wird und versuchen eine Rechtfertigung der Theologie als Wissenschaft.
    Zu dem letzten Absatz Ihres Beitrages über die Unmöglichkeiten zweier Wahrheiten im Glauben einerseits und in den Naturwissenschaften andererseits: So „offenkundig unmöglich“ (Ihre Aussage) ist das nun wirklich nicht: Thomas von Aquino hatte damit keine Probleme. Für ihn gab es eine Wahrheit der Theologie, die für die außerweltlichen Erfahrungen galt, und eine philosophische Wahrheit, die sich auf die weltlichen Erkenntnisse bezog. Beide mussten nicht deckungsgleich sein, da sie nach Thomas für verschiedene Erkenntnisstufen galten. Diese Auffassung scheint in der katholischen Kirche immer noch dominant zu sein; so kann auch die Rede Benedikts XVI. in Regensburg verstanden werden.
    Aber auch die Naturwissenschaften kennen zwei sich klassisch scheinbar widersprechende Wahrheiten für gleiche physikalische Objekte an. Beispiel: Aussage a) Elektronen verhalten sich wie Wellen. Aussage b) Elektronen verhalten sich wie Partikel. Es kommt hier also auch auf die Bedingungen des Experimentes, also die vom Beobachter gewünschte Wahrheit an, wie uns das Objekt Elektron erscheint. Ich zitiere Kolakowski: “Die Frage, was für uns wirklich oder unwirklich ist, entscheidet im praktischen und nicht im philosophischen Engagement; das Wirkliche ist, wonach Menschen sich wirklich sehnen.“ Das ist aber auch eine Frage der Kultur, in der wir leben.
    Dieser Aspekt wird bei Ihnen überhaupt nicht erwähnt. Die abendländische, christlich geprägte Kultur - und nur diese - hat einen großen Teil ihres unverwechselbaren Charakters durch die Auseinandersetzungen der Theologie, der Philosophie und der Naturwissenschaft mit den Begriffen: göttliche Offenbarung (christliche), Wahrheit, Wissen, Glaube und Vernunft entwickelt. Die dabei entstandenen Gedankengebäude sind so prägend geworden, dass selbst ein überzeugter abendländischer Atheist sich dieser seit seiner Geburt wirksamen Prägung nicht entziehen kann. Bei allen Erkenntnistheorien beleuchtet die seit dreieinhalb Jahrtausenden andauernde Auseinandersetzung die Szene der heutigen Diskussionen. Aus diesem Grunde halte ich die Theologie in allen ihren Fassetten für würdig, an den Universitäten gelehrt zu werden.
    Stellungnahme der Redaktion

    Sehr geehrter Herr Schufmann, ich danke Ihnen für Ihre Hinweise auf Jaspers und Kolakowski. Ob mein Aufsatz nur eine „Randnotiz“ zu deren Werken ist? Nun, wenn es sich um Werke von solchem Rang handelt, nehme ich es als Kompliment, dazu eine „Randnotiz“ zu sein!
    Sie formulieren eine spannende Frage, nämlich, ob man es christentumsintern denken kann, dass „Gnadenwirkungen“ darin bestehen, dass Nichtchristen etwas besser sehen als die Christen selbst.
    Ist die Überzeugung, dass Gott nicht existiert, ähnlich existenziell wie ein Gottesglaube? Ich würde sagen, er kann es sein, ist es aber meistens nicht. Oft ist es nur die bequeme Alternative. Und Märtyrer für den Atheismus muss man lange suchen.
    Schließlich zu dem Problem zweier Wahrheiten. Hier muss man unterscheiden zwischen dem, was ich meinte, und dem, was Sie ganz richtig erwähnen. Nach Thomas von Aquin gibt es zwei Arten von Wahrheiten ,– natürliche und übernatürliche –, was ihm heute viel Kritik der Theologen einträgt. Was ich meinte, war aber etwas ganz anderes, nämlich ob es zwei Wahrheiten geben kann, die sich widersprechen, sprich: p und non-p sind beide wahr. Das ist logisch unmöglich. Dass allerdings p und q beide wahr sind, auch wenn p und q zu verschiedenen „Arten“ von Wahrheiten gehören, ist gut möglich – und das nehmen wir im Alltag auch ständig an. Z. B. dass ich gerade am Computer sitze, ist eine ganz andere Art von Wahrheit, als dass 2+2=4 ist. Es gibt in der Mittelalterforschung jedoch auch Diskussionen darüber, ob Thomas von Aquin tatsächlich zwei Arten von Wahrheit, eine „doppelte Wahrheit“, vertreten hat (Anneliese Maier).

    Christian Tapp

  • Warum spricht Herr Latif nicht von persönlichen Fehlern?

    22.12.2011, Detlef Piepke, Münster
    "Die Klimaforschung trägt daran allerdings eine Mitschuld: Sie hat der Politik gewissermaßen eine Steilvorlage geliefert." Wer ist bitte Herr oder Frau "Klimaforschung"? Es gibt verschiedene Klimaforscher und unterschiedliche Forschungsansätze, aber nicht "die Klimaforschung".

    Herr Latif selber hat sich Anfang der 2000er Jahre (als es mehrere milde Winter hintereinander gab) so weit aus dem Fenster gelehnt, dass er schlicht heruntergefallen ist, als er im Wortsinne behauptete: "Kalte Winter mit langen Frostperioden und Schnee wird es in Deutschland in nächster Zukunft nicht mehr geben." Nach den letzten beiden Wintern mit langen Dauerfrostperioden und viel Schnee gab es in verschiedenen Foren heftiges Hohngelächter speziell über diese Aussage!

    Wie konnte er auf Grundlage des damaligen, sehr beschränkten Wissens über Klimaentwicklungen so etwas behaupten? Das war das Gegenteil von wissenschaftlich. Ich nehme an, dass er sich viel mehr in seiner Rolle als Medienmann gefiel.

    Ich persönlich gehe auch davon aus, dass die Menschheit den Planeten aufheizt, aber was ist an diesem ominösen 2-Grad-Ziel-Gerede wissenschaftlich? Es weiß doch niemand genau, wie sich das Gesamtsystem mit Ozeanströmungen, Wolkenbildung, Sonneneinfluss usw. auch ohne menschlichen Einfluss entwickeln wird.
    Aber wenn ich da irgendetwas nicht richtig verstehe, bin ich dankbar für Erklärungen.

    Detlef Piepke
  • Einsatz von Bakteriophagen

    22.12.2011, P. Hofmann
    Wenn Antibiotika oftmals bei resistenten Keimen nicht weiterhelfen, wäre da nicht eine mögliche Alternative der Einsatz von Bakteriophagen?
  • Nicht Ihre Schuld

    22.12.2011, Hermann Ott
    Sehr geehrter Herr Latif,

    so sehr ich es auch schätze,l wenn Fehler eingestanden werden - hier ist Selbstkritik nur in geringem Masse gefordert. Wie auch @Paule betont, ist das eher zu vernachlässigen. Ich teile allerdings nicht seine Schlussfolgerung.

    Nein, die Wissenschaft und ihre Ergebnisse sind Einigen unbequem, und die Kampagne gegen sie läuft seit Jahren. Am Ende werden Sie gewinnen - aber das ist denen egal, solange sie das Unvermeidliche nur hinausgezögert haben bis die 2 Grad nicht mehr zu halten sind und nur noch großtechnische Lösungen helfen - an denen man dann wieder verdienen kann. Es ist widerlich, aber vielen ist egal, was nach ihnen kommt.

    Ich hoffe, Sie verzagen nicht und legen den Finger weiter in die Wunde.

    Viel Glück und Segen im Neuen Jahr 2012!

    Ihr

    Hermann Ott
  • der Arbeitsmarkt ist Weltweit.

    22.12.2011, wrentzsch
    Wir werden sehen, ob die Politik entgegen Lippenbekenntnissen Spitzenkräfte sucht oder für Andere ausbildet.
  • Ist die Änderung nicht stark oder akut, wird sie nicht wahrgenommen.

    22.12.2011, wrentzsch
    Leider bringt Vernachlässigung des Themas über lange Zeit eine Summierung der Wirkungen.
    Der Wunsch und das Ignorieren verhindert nichts.
    Ebenso lang, wie sich der Zustand aufbaut, wird das Zurückdrängen der Ergebnisses andauern.
  • Eigener Fehler

    21.12.2011, Paule
    Ich glaube, die Klimaforschung hat sich ihren Bedeutungsschwund selbst zuzuschreiben. Die Kommunikation wirkte in den vergangenen 10 Jahren einfach viel zu ideologisch und einseitig - die lächerlich unbedeutenden Vorwürfe rund um Himalaja-Gletscher & Co. haben letztlich sicher kaum eine Rolle gespielt. Wenn man schlimmste Katastrophen prognostiziert und das Ganze nur mit Statistik und nachträglichen Prognosen auf dem Niveau der Volkswirtschaftslehre untermauert (statt mit harter Physik), darf man sich über mangelnde Glaubwürdigkeit nicht beschweren. Nun wird die Rechnung dafür präsentiert. Eine ungeheuere Chance ist vertan.
  • Was ist denn die "allgemeine" Religionsdefinition - das ist hier die Frage

    21.12.2011, Richard Riedhaus
    Und welchen Nutzen hat die "Religion" beziehungsweise was für Aussagen und Vorhersagen macht sie beziehungsweise machen Menschen, die sich auf die "Religion" berufen, denn ganz konkret?

    Man wird sehr schnell feststellen, dass die Existenzbehauptung von "Religion" allein schon Propagandamittel ist, um eine Basis für Begrifflichkeiten wie "Seele/n" oder "Götter" erst zu erschaffen, welche selbst auch nur Projektionsworte sind, die nach Belieben und Situation, gedehnt, verdreht oder verbogen werden.

    Man weiß überhaupt nicht, was diese Begriffe eigentlich meinen (daher gibt es so viele Auslegungen in "Glaubensfragen" wie es Menschen gibt), man verfängt sich lediglich in philosophische Luftschlössern, um mit jenen Agitationsbegriffen andere ganz klar definierte Begriffe völlig auszuhöhlen und zu unterminieren.
    Wie zum Beispiel gesellschaftliche Regeln und Gesetze, Lebewesen oder Bewusstseinsinhalte.

    Ich empfehle jedem, die ganze Diskussion einmal rein sprachmechanistisch zu betrachten.

    Dies ist natürlich den Vertretern der so genannten "Theologie" schmerzlich bewusst (zumindest einem Teil), und so versuchen sie auch Hypothesen und Modellbildung innerhalb der Wissenschaft aufzuweichen (mit Hilfe von Agitationsbegriffen = Glaubenssatzungen), die wohl definierten Begriffe, wie eben den der Wissenschaftlichkeit zu relativieren, um dadurch selbst eine Existenzberechtigung ableiten zu können.

    Eigentlich ist es eine einseitige Aufkündigung, der zuvor propagierten Kompatibilität zwischen der "Welt konkreter Symbole und verifizierbarer beziehungsweise falsifizierbarer Sprachbezüge und Eigenschaftszuweisungen" und der "Welt der Fantasiebegriffe und Schachtelsätze X und Y" (je nachdem welche Definition von "Religion" man auch immer heranzieht, sofern diese über sprachliche Entkernungsmechanismen verfügen.)

    Ihre Grundlage findet der persönliche Glaube und Zusammenhänge, die so nicht da sind, in der Mustererkennung des Gehirns - Dopaminspiegel etc.
  • "Das Auge, das ins Universum schaut, ist das Auge des Universums selbst." (J. Gaarder)

    21.12.2011, Julia Suchanka, Würzburg
    Danke für diesen Artikel, Herr Tapp! Als Medizinstudentin mit persönlichem Interesse an Philosophie freut es mich sehr, dass es Ihr Artikel auf die Titelseite des Spektrums geschafft hat! Goethes Frage "Was die Welt im Innersten zusammenhält" muss jeder selbst für sich herausfinden - schließlich lebt jeder ja auch irgendwie in seinem eigenen persönlichen, alltäglichen Mikrokosmos.
    Ohne Vorstellungskraft, Fantasie und Hoffnung geht es aber auch in der Wissenschaft nicht. "L’imagination est plus important que la connaissance." Dieser Satz stammt von Albert Einstein.
    Hätten Forscher (beziehungsweise der denkende Mensch im Allgemeinen) nicht eine Idee, eine Vision an etwas auf Neues zu entdecken, säßen wir wahrscheinlich noch auf Bäumen, ganz zu schweigen von den neuesten enorm spannenden Entwicklungen in z. B. Astrophysik und Medizin.
    "Ich weiß, dass ich nichts weiß" - selbst uns 2011 tut dennoch bei aller Erkenntnis Bescheidenheit immer noch gut. Und sie treibt uns an, nach neuen Erkenntnissen zu suchen.
    Ich wollte immer schon wissen, wie der Mensch "funktioniert" und mein Leben sinnvoll verbringen - in dem ich anderen Menschen, denen es nicht gut geht helfe. Durch Politik und Philosophie lässt sich die Welt leider nicht so leicht zum Guten verändern ... sonst hätte ich diesen Weg gewählt.
  • Thema verfehlt!

    21.12.2011, K. Rust, Ahrensburg
    Bereits der Titel "Vernunft und Glaube" und das dazugehörige Bild sind stark einengend. Weder gibt es, wie hier suggeriert wird, ein Auseinanderdriften von Vernunft und Glaube, noch wird auf die Trennung zwischen Intellekt und Vernunft eingegangen. So kann man durchaus die Frage stellen, ob Wissenschaft immer vernünftig ist. Außerdem werden im Anfang des Artikels "gängige Widersprüche" aufgezählt, die eigentlich dem Kindergartenbereich zuzuordnen sind. Ursache dafür ist meines Erachtens, dass Glaube hier einseitig dem kirchen-christlichen Zweig zugeordnet wird. Andere Religionen sind hier nicht erwähnt. Welche Hybris! Vielleicht sollte man sich einmal beispielsweise mit Zen oder der christlichen Mystik auseinandersetzen, um zu erkennen, dass unsere menschliche Logik uns nur bis zu einem gewissen Punkt führt, den der Intellekt nicht überschreiten kann. Wenn man sich allerdings darauf versteift, in Gott einen alten Mann mit Rauschebart zu sehen, fällt es einem leicht, Religion abzulehnen. Merkwürdigerweise waren viele führende Naturwissenschaftler sehr gläubig. Heisenberg z. B. soll einmal gesagt haben: "Wenn man den Kelch der Erkenntnis ganz austrinkt, findet man auf seinem Grund Gott." Letzten Endes bewegen sich die Argumente der "Ungläubigen" immer nach auf der Ebene. "Ich glaube nur das, was ich sehe!" Naturwissenschaft ist ein sehr gutes Mittel, die Gesetzmäßigkeiten dieser Natur (sic!) zu ergründen, aber sie ist nicht geeignet, deren Grenzen zu überschreiten. Die These "es gibt nur das naturwissenschaftlich Ergründbare" ist ein reiner Glaubenssatz. Es ist die Religion der Atheisten, und diese unbewiesene These zu verteidigen wird eine Energie aufgewendet, die inquisitorische Züge aufweist. Ich möchte abschließend als gläubiger Naturwissenschaftler die These aufstellen, dass die Menschheit nur dann eine Überlebenschance hat, wenn sie Wissenschaft und Glaube als sich ergänzende und sich nicht widersprechende Bereiche sieht. Ein Wort der Klärung zum Schluss: Weder der islamische Fundamentalismus noch die Gräueltaten, die im Namen der Kirche verübt wurden, haben irgendetwas mit Glauben zu tun!
  • Zipfel verpasst

    21.12.2011, Dr. Detlef Skaley
    Der Titel weckt Erwartungen, die vom Artikel nicht erfüllt werden. Anstatt etwa der Frage nachzugehen, welche Rolle Glaube generell beim menschlichen Tun, bei der menschlichen Entwicklung und des vernunftbegabten Handelns einnimmt, werden einseitig die Lehren einer speziellen Ausprägung einer einzigen Religion propagiert. Dabei hätte der Autor einen Zipfel zu einem wissenschaftlicheren Ansatz schon fast in der Hand gehabt, als er den Wahrheitsanspruch dieser Glaubensrichtung erwähnte, aber leider verpasste, ein Fragezeichen zu setzen. Vollends vor den Kopf gestoßen muss sich wohl ein Andersdenkender fühlen, wenn er / sie in die Ecke der Ungläubigen gestellt wird, wenn auch in einem Zitat.

    Der Redaktion von SdW wünsche ich ein gutes Händchen, damit wir in Zukunft nicht über den wissenschaftlichen Anspruch von, pars pro toto, Esoterik oder UFOlogie lesen müssen.
  • Überflüssig...

    20.12.2011, Kirsten Schmidt
    Ich lese die Spektrum der Wissenschaft gerne, weil ich es schätze, über Versuche, Entdeckungen, Hypothesen und Möglichkeiten von Lösungen drängender Probleme informiert zu werden.
    Aber Gottes"beweise"? Die "Vernunft" eines angenommenen Weltenlenkers? Die "Vereinbarkeit" von Wissenschaft und Religion?
    Nicht verifizierbar, nicht falsifizierbar - aber seitenweises Ausbreiten über die Annahme, es gäbe einen Gott. Nun gut, das menschliche Hirn funktioniert eben so, dass Lücken in der Erkenntnis mit Annahmen gefüllt werden...darüber würde ich lieber etwas lesen!
    Mir kommt der ganze Artikel vor wie eine Verteidigung der Existenzberechtigung der Theologie - seht her, was wir Wichtiges zu diskutieren haben. Öde.
  • Luft bewegt die Vögel

    20.12.2011, Hans Palm, Frankfurt am Main
    Am Schluss des Artikels werden drei Punkte erwähnt, die den Forschern mysteriös erscheinen:
    a) Vogelschwärme sind nicht kugelförmig, sondern horizontal abgeflacht;
    b) an den Rändern eines Schwarms befinden sich mehr Vögel als im Innern;
    c) Geschwindigkeitsvektoren, die von der Durchschnittsgeschwindigkeit des Schwarms abweichen, korrelieren über weite Teile des Schwarms.

    Ich habe den Eindruck, dass den Forschern ein ganz wesentlicher Punkt entgangen ist: Anders als die im Artikel erwähnten Kugelsternhaufen bewegen sich Vögel eben nicht im luftleeren Raum, ganz im Gegenteil! Man kann das Verhalten von Vogelschwärmen nicht realistisch analysieren, wenn man die Luftströmungen vernachlässigt, die doch bei so leichtgewichtigen Vögeln sicher eine entscheidende Rolle spielen!

    Verständlicherweise bevorzugen die Vögel im Schwarm Positionen, wo sie Windunterstützung haben und sie daher selbst Kraft sparen können. Daher die abgeflachte Form des Schwarms: So ist die Schwarmoberfläche größer, es haben mehr Vögel Kontakt zum Wind. Daher halten sich die Vögel lieber an den Rändern auf; dort und hinten haben sie höhere Geschwindigkeiten.

    So bleibt beim Verhalten von Vogelschwärmen nicht mehr viel Rätselhaftes übrig, außer vielleicht: Warum steigen Vögel der derselben Art überhaupt gleichzeitig auf, vereinigen sich zu Schwärmen, die kunstvolle Manöver vollziehen, und lassen sich dann wieder an ihrem Ausgangsort nieder?

    Ich vermute, weil es ihnen einfach Spaß macht. Wir Menschen gehen auch gerne zu Popkonzerten oder auf Fußballplätze, um dieses besondere Gemeinschaftserlebnis zu empfinden. Aber um die Gleichzeitigkeit des Aufsteigens zu erklären, muss man vielleicht doch Gedankenübertragung in Erwägung ziehen.
  • Gelungenes Zeitgeist-Summary

    20.12.2011, Werner Ivens, Rottenburg
    „Wer Wissenschaft und Kunst besitzt, hat auch Religion, wer jene beiden nicht besitzt, der habe Religion.“
    Dieses meines Erachtens elitäre Konzept entwarf Goethe:
    Für die dümmeren Massen haben wir die Religion, die anderen können sich daüber erheben, weil sie Wissenschaft und Kunst besitzen.
    Heute stehen Naturwissenschaftler an vorderster Front der Religionskritik und die Philosophen müssen nachziehen, weil sie dieses Thema lange verschlafen haben.
    Dass Vernunft und Glaube als Doppelpack verschränkt sind, wie ein Möbius-Band, könnte im SdW-Cover-Foto [Vernunft/Glaube] assoziiert werden, oder ist das konkurriende Verhältnis doch eher beschreibbar als oxymoronmässiger Widerspruch wie ein „verheirateter Junggeselle“.
    Es ist nicht entscheidend, ob ich an Gott glaube oder nicht.
    Habe ich einen religiösen Zugang zur Wirklichkeit, gehe ich von heiligen Sätzen aus, die unbedingt geglaubt werden müssen.
    Als philosophischen Zugang habe ich Hypothesen über Zustand und Entwicklung der Welt, die fehleranfällig sind und verbessert werden müssen.
    Als agnostische Grundstruktur darunter, weiß ich nicht, was die Wahrheit ist.
    Ich hab nur Hypothesen, die ständig durch neue Indizien aufgedated werden müssen.

    Insgesamt halte ich Ihren Vernunft und Glaube Leitartikel für ein gelungenes Zeitgeist-Summary auf nur 16 Seiten.
  • Gottesglauben, Ungläubige und Wissenschaftlichkeit

    20.12.2011, Dr. Wolfgang Lüdge
    Mein Glauben an wissenschaftliche Berichterstattung im Heft 1/12, Vernunft und Glaube, wurde schwer erschüttert.
    Als Erstes fehlt die Begriffsbestimmung „Glauben“. Für Herrn Tapp ist Glauben identisch mit dem Gottesglauben der monotheistischen Religion. Der Vielgötterglaube im Hinduismus, der Glaube im Buddhismus, der Glaube an ein harmonisches Zusammenleben gemäß der konfuzianischen Lehre aber auch der Glaube der Atheisten an das moralische Verhalten der Menschen unabhängig von religiösen Dogmen wurde schlicht ignoriert, obwohl die überwiegende Mehrheit der Weltbevölkerung diese Glaubensart bevorzugt.
    Die Gleichsetzung des Begriffs Glauben mit dem Gottesglauben diskriminiert auf diese Weise den Glauben derjenigen, die keinen Gott für ihren Glauben an die moralischen Werte einer Gesellschaft benötigen, indem sie als Ungläubige bezeichnet werden, wie leider auch in diesem Artikel geschehen.
    Zweitens: Das auch in diesem Artikel vertretene Dogma „Gott ist demnach der Grund für die Ordnungsstrukturen der Welt“ ist wissenschaftlich sowohl mit Blick auf die Entstehung des Lebens und insbesondere des Menschen durch die Evolution, die ohne eine Ordnungsstruktur auskommt, als auch durch die Ergebnisse der kosmologischen Forschungen widerlegt.
    Drittens: Dogmen benötigen keine Wissenschaft. Sicher kann eine Religion mit Gottesglauben für ihre Argumentation eines moralischen Verhaltens mit Vernunft argumentieren. Wenn sie dies nicht täte, wäre sie unvernünftig, wissenschaftlich ist sie damit jedoch noch nicht. Wissenschaftlichkeit setzt Zweifel an Dogmen voraus, d. h. ohne Winkelzüge auch die Existenz eines Gottes in Zweifel zu stellen und mit wissenschaftlichen Methoden zu überprüfen, ob ohne Annahme einer Ordnungsstruktur, d. h. ohne einen ordnenden Gott, andere Ergebnisse sowohl in unserer physikalischen und biologischen Umgebung als auch im moralischen Verhalten der Menschen untereinander erhalten werden.
    Die wissenschaftliche Fragestellung klingt sehr simpel, ist aber entscheidend: Kommt man mit der Annahme eines ordnenden Gottes zur besseren Erklärung der Entstehung des Kosmos, des Lebens auf der Erde, der menschlichen Gesellschaft und des moralischen Verhaltens der Menschen untereinander? Solange diese wissenschaftliche Fragestellung von einer gottesbezogenen Religion abgewehrt wird und das Dogma der Existenz eines Gottes als unantastbar gilt, ist Religion von Wissenschaftlichkeit weit entfernt.
    Stellungnahme der Redaktion

    Der Ausdruck „Glaube“ wird für viele, nicht nur für christliche Haltungen verwendet. In meinem Artikel ging es aber um den christlichen Glauben – ohne anderes im Entferntesten diskreditieren zu wollen. Als „Ungläubiger“ wird in meinem Aufsatz niemand bezeichnet.

    Christian Tapp

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