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Es ist der große Tag des Higgs-Teilchens – und Nobelpreisträger Martinus Veltman schimpft. Er schimpft über das große Brimborium, das das CERN rund um das Higgs veranstaltet, er schimpft über die Stringtheorie und glaubt, sie durch monotone Wiederholungen seines Standardsatzes niederstrecken zu können, wie einst Nietzsche seinen Gott.
Sicher, wir sind ja alle kritisch, postmodern und abgeklärt - und dennoch: auch wenn das CERN natürlich eine allzu große Pressekonferenz veranstaltet hat, auch wenn das Higgs-Boson aus unerfindlichen Gründen den Titel ‚Gottesteilchen‘ erhält ... – die Entdeckung eines neuen Teilchens ist doch trotzdem großartig! Ein solches Ereignis ist immer aufregend - so finde ich es, so finden es die Physiker vom CERN - so finden es doch bestimmt auch andere Leser. Es ist ein toller Erfolg für ein Projekt, an dem unzählige Menschen aus vielen Ländern mitgearbeitet haben und dem sie Zeit und Begeisterung widmen.
Was erreichen wir mit dem Auffinden des Higgs-Teilchens? Nun, wir ergänzen einerseits unser Bild der Welt – und wir nähern uns andererseits möglicherweise einer ersten Falsifikation von Subtheorien im Spektrum der derzeit besten Universaltheorien: der Standard-Modell-Theorien und ihrer supersymmetrischen Erweiterungen. Dies ist doch unbestritten ein großer Fortschritt – war man doch jahrzehntelang nicht in der Lage gewesen, hier zwischen verschiedenen theoretischen Modellen zu unterscheiden.
Und ist die Stringtheorie tot, wie Veltman es 'möchte'? Ein vorurteilsfreier Leser wüsste sicher, dass in den vergangenen Jahrzehnten durch die Stringtheorie mindestens ein großer Fortschritt erzielt wurde: nämlich eine Reduktion der notwendig zu postulierenden Input-Parameter für eine Theory of Everything! Und wo Theorien den Experimenten vorauseilen, da ist dies ein spannendes neues Verständnis von Fortschritt (siehe auch der spannende Beitrag von Dieter Lüst, ‚Ist die Stringtheorie noch eine Wissenschaft?‘ in Spektrum der Wissenschaft Mai 2009, S. 34).
Müssen wir nun also alle mit dem Nobelpreisträger zynisch (und irgendwie auch ein wenig wütend) aus dem Abstand auf das CERN (hinab-) blicken? Ach wo, mitnichten, wie ich finde. Viel schöner ist es doch, einen Erfolg auch mal mitfeiern zu können! Ein neues Teilchen ist gefunden und eine spannende Zeit liegt in den kommenden Monaten noch vor uns. Wie schön, wenn Menschen gemeinsam friedlich an einem solch spannenden Großprojekt arbeiten, wie schön, wenn wir unseren Horizont und unser Wissen über unser Universum erweitern können! Ich werde die kommenden Erkenntnisse sicher interessiert verfolgen.
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Erfolge auch einfach mal mitfeiern können
04.07.2012, Vera SpillnerSicher, wir sind ja alle kritisch, postmodern und abgeklärt - und dennoch: auch wenn das CERN natürlich eine allzu große Pressekonferenz veranstaltet hat, auch wenn das Higgs-Boson aus unerfindlichen Gründen den Titel ‚Gottesteilchen‘ erhält ... – die Entdeckung eines neuen Teilchens ist doch trotzdem großartig! Ein solches Ereignis ist immer aufregend - so finde ich es, so finden es die Physiker vom CERN - so finden es doch bestimmt auch andere Leser. Es ist ein toller Erfolg für ein Projekt, an dem unzählige Menschen aus vielen Ländern mitgearbeitet haben und dem sie Zeit und Begeisterung widmen.
Was erreichen wir mit dem Auffinden des Higgs-Teilchens? Nun, wir ergänzen einerseits unser Bild der Welt – und wir nähern uns andererseits möglicherweise einer ersten Falsifikation von Subtheorien im Spektrum der derzeit besten Universaltheorien: der Standard-Modell-Theorien und ihrer supersymmetrischen Erweiterungen. Dies ist doch unbestritten ein großer Fortschritt – war man doch jahrzehntelang nicht in der Lage gewesen, hier zwischen verschiedenen theoretischen Modellen zu unterscheiden.
Und ist die Stringtheorie tot, wie Veltman es 'möchte'? Ein vorurteilsfreier Leser wüsste sicher, dass in den vergangenen Jahrzehnten durch die Stringtheorie mindestens ein großer Fortschritt erzielt wurde: nämlich eine Reduktion der notwendig zu postulierenden Input-Parameter für eine Theory of Everything! Und wo Theorien den Experimenten vorauseilen, da ist dies ein spannendes neues Verständnis von Fortschritt (siehe auch der spannende Beitrag von Dieter Lüst, ‚Ist die Stringtheorie noch eine Wissenschaft?‘ in Spektrum der Wissenschaft Mai 2009, S. 34).
Müssen wir nun also alle mit dem Nobelpreisträger zynisch (und irgendwie auch ein wenig wütend) aus dem Abstand auf das CERN (hinab-) blicken? Ach wo, mitnichten, wie ich finde. Viel schöner ist es doch, einen Erfolg auch mal mitfeiern zu können! Ein neues Teilchen ist gefunden und eine spannende Zeit liegt in den kommenden Monaten noch vor uns. Wie schön, wenn Menschen gemeinsam friedlich an einem solch spannenden Großprojekt arbeiten, wie schön, wenn wir unseren Horizont und unser Wissen über unser Universum erweitern können! Ich werde die kommenden Erkenntnisse sicher interessiert verfolgen.