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Kommentare - - Seite 941

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • Der Unterschied ist ...

    23.12.2011, Frank Schock, Rohrschach (Schweiz)
    Herr Dr. Tapp schreibt über die Gemeinsamkeiten von Wissenschaft und Religion, dass auch Wissenschaftler in ihren Prämissen auf “Glaube” angewiesen sind.
    Dem könnte man zwei Dinge entgegenhalten:
    1) Mit einer solchen Argumentation kann alles auf “Glaube” zurückgeführt werden, denn die Frage nach einer unverrückbaren Wahrheit konnte, soweit mir bekannt, noch nicht beantwortet werden. Alle Erfahrung ist letztendlich Glaube.
    2) Stellt sich für einen “Nicht-Religionswissenschaftler” heraus, dass seine Glaubensprämissen (volkstümlich: Annahmen) nicht zutreffen, kann er diese anpassen. Sein Forschungsgebiet ändert sich, aber sein Wissen wächst.
    Einem Religionswissenschaftler ist dies nicht möglich, da die Anpassung seiner Prämissen sogleich den Tod seiner wissenschaftlichen Disziplin nach sich zieht. Nicht nur das, auch sein Glaube ist zumindest erschüttert.
  • Dogmatik – wissenschaftlich?

    23.12.2011, Dr. Wolfram Gorisch
    Der Autor behauptet unter Punkt 3 in AUF EINEN BLICK, dass die Theologie „viele der allgemein akzeptierten Kriterien von Wissenschaftlichkeit … erfüllt“. Er bleibt uns aber die Nennung dieser Kriterien schuldig. Seine Ausführungen kulminieren stattdessen in der Tautologie: „Man könnte also wissenschaftliche Theologie für möglich halten unter der Bedingung, dass es sich erst noch erweisen muss, ob Theologie selbst eine Wissenschaft ist oder nicht.“

    Wie wissenschaftlich ist nun die (katholische) Theologie?

    1. Das poppersche Abgrenzungskriterium zwischen wissenschaftlichen und metaphysischen Theorien besteht in der Falsifizierbarkeit. Wenn wir dieses mal anerkennen wollen, dann wäre der Gottesglaube als eine empirische Theorie zu behandeln, die sich der Kritik stellen muss wie jede andere wissenschaftliche Theorie. Darüber hinaus muss der Gottesglaube deduktive Schlüsse zulassen, die sich daraufhin prüfen lassen, ob sie zutreffen oder nicht. Beispielsweise sollte der Theologe anerkennen, dass es einen Gott dann nicht gibt, wenn die systematischen Wirkungen, die er Gott zuschreibt, in der Lebenswelt nicht beobachtet werden. Immunisierungsstrategien sollten nicht erlaubt sein. Eine mögliche Immunisierung bestünde beispielsweise in der Behauptung, Gott entscheide immer selbst darüber, ob er wirken wolle oder nicht. Auch in der Naturwissenschaft sind Immunisierungen von Theorien unerwünscht, mindestens sehr suspekt. Was nicht falsifizierbar ist, hat den Charakter des Beliebigen. Andererseits fordert die Wissenschaftlichkeit nicht den Gottesbeweis. Keine empirische Theorie kann bewiesen werden. Die Quantentheorie ist zwar exzellent bewährt, sie ist aber nicht bewiesen. Auch der Urknall ist nicht bewiesen.

    2. Der wissenschaftliche Diskurs soll herrschaftsfrei sein (Habermas). Da im wissenschaftlichen Diskurs selten Bestätigungen gesucht werden, meistens jedoch die Fetzen fliegen, ist Autorität ständig in Gefahr, vom Sockel gestoßen zu werden. Eine Institution, die um jeden Preis ihre Autorität bewahren will wie die katholische Kirche, muss deshalb den Diskurs lenken. Notfalls muss sie zu repressiven Maßnahmen greifen (siehe Absetzung von Hans Küng). Die freie Wissenschaft ist dagegen dem jeweiligen wissenschaftlichen Problem verpflichtet und sonst nichts und niemandem.

    Diese beiden Kriterien halte ich für notwendig, vielleicht sind sie sogar hinreichend für den Anspruch der Wissenschaftlichkeit. Die katholische Theologie erfüllt keins davon.

    Die im Artikel konstruierte Begriffsgegensätzlichkeit Vernunft-Glaube führt meiner Meinung nach nicht weiter. Vernunft halte ich nicht für ein Kriterium für Wissenschaftlichkeit. Ideologien usurpieren gewöhnlich den Vernunftbegriff für sich. Keine Ideologie gibt zu, dass sie unvernünftig wäre. Voraussetzung für einen gelingenden Diskurs ist vor allem, dass man sich über das Problem einig ist und dass ein gemeinsames Interesse an dessen Lösung besteht. Die „Vernunft“ stellt sich dann von selbst ein.

    Da gibt es an deutschen Universitäten Lehrstühle für Dogmatik. Bei manchem hehren Wissenschaftler treibt schon die Lehrstuhlbezeichnung den Puls hoch. Soll der Steuerzahler aus seinem knappen Wissenschaftsbudget noch die Lehre von Dogmen finanzieren? Falls über diesen Weg noch ein intellektueller Austausch mit der katholischen Kirchenführung möglich sein sollte, dann spräche dies für die Beibehaltung dieser Lehrstühle. Außerdem bliebe die Universität weiter ein Sprachrohr für die kritischen Stimmen abgesetzter Kirchenlehrer.
    Stellungnahme der Redaktion

    Über diesen Leserbrief müsste ich sehr viel sagen – er enthält viele ernst zu nehmende kritische Gedanken. Zunächst gebe ich Ihnen vollkommen Recht mit Ihrer Eingangskritik: Ja, um Theologie als Wissenschaft vollkommen zu rechtfertigen, müsste man mehr, sogar viel mehr sagen, als ich in diesem Artikel unterbringen konnte. Ihre Forderung nach der Zulassung deduktiver Schlüsse, nach dem Ausschluss von Immunisierung, dem Problem von Herrschaftsfreiheit versus lehramtlicher Autorität usw. halte ich für zentrale Bedingungen für Wissenschaftlichkeit. Ich widerspreche Ihnen aber energisch, wenn Sie einfach so behaupten, dass die Theologie diese Kriterien nicht erfüllt. Um das zu beurteilen, sollte man sich die Praxis theologischer wissenschaftlicher Arbeit anschauen und diese dann fair beurteilen. Ohne empirische Datengrundlage ist eine solche Behauptung nicht haltbar.
    Und noch ein letztes Wort zu den geschmähten Lehrstühlen für Dogmatik. Lehrstühle für Dogmatik sollen nicht primär Dogmen aufrichten, einhämmern oder gar permanent Glaubensbekenntnisse absondern. Ihr Ziel ist es, die Gesamtheit der christlichen Glaubenslehre historisch, begrifflich und denksystematisch zu erforschen. Wenn man ein ernsthaftes Interesse daran hat, was überhaupt Grundaussagen des Christentums sind, wie sie sich verstehen lassen, wie sie sich an unsere modernen gesellschaftlichen Debatten anschließen lassen und wie man sie mit unseren sonstigen Wissensbeständen in Einklang bringen kann, dann muss man Dogmatiker (in diesem speziellen Sinn) beschäftigen. Niemand anders sichert die „semantischen Potentiale“ (Habermas) des Christentums so, wie seine Dogmatikprofessoren. Etwas paradox Klingendes zum Abschluss: Unter den Theologen, die ich bislang kennen lernen durfte, waren die Dogmatiker oft die „undogmatischsten“!

    Christian Tapp

  • Einige Anmerkungen zum Thema „Wissenschaft und Religion”

    23.12.2011, Gerhard Weiland
    Dass das Universum ewig existiert bzw. möglicherweise aus dem Nichts entstanden ist, oder ob es ein Gott geschaffen hat: Beide Varianten sind wohl gleich wahrscheinlich oder unwahrscheinlich und für den menschlichen Geist nicht zu begreifen. Es handelt sich also in beiden Fällen um Glaubensfragen, da sich diese letzten Erkenntnisse auch einer wissenschaftlichen Klärung entziehen. Naturwissenschaften können immer weiter ins Unbekannte vorstoßen, aber es gibt Horizonte, hinter die die Wissenschaft nicht wird blicken können. Wenn es also eine Glaubensfrage ist, kann man es sich auch aussuchen, welcher Theorie man anhängen möchte. Theologen erkennen wissenschaftliche Ergebnisse mit größerer zeitlicher Verzögerung an. Sie laufen sozusagen der Wissenschaft hinterher. Sie machen (heute) keine eigenen Aussagen (mehr). Das wird so fortgehen bis zu oben genannten letzten Fragen, die nicht zu beantworten sind, und dann wird die Theologie den Rest unangefochten für sich reklamieren.

    Glaube ist ein willentlicher Akt und bildet ein in sich geschlossenes System. Niemand glaubt versehentlich oder gegen seinen Willen. Wissen dagegen ist offen. Neues Wissen kann alte Überzeugungen über den Haufen werfen, sofern man wissen und nicht glauben will. Herr Voland übersieht aber ein strukturelles Problem. Ein Großteil der Menschen, SdW-Leser eingeschlossen, sind eben nicht Fachleute, die die Erkenntnisse der Naturwissenschaft nachvollziehen können, sondern interessierte Laien. Und denen bleibt dann auch nichts anderes übrig als alles, was über ihre jeweilige Bildung hinausgeht, zu glauben, nur eben den Wissenschaftlern. Wer ist denn in der Lage Einstein, Heisenberg und viele andere wirklich zu verstehen. Deren Erkenntnisse werden der Bevölkerung doch auch mit mehr oder weniger tauglichen Bildern nahegebracht. Selbst viele Wissenschaftler müssen sich auf die Aussage ihrer Kollegen verlassen, da eine Überprüfung der Erkenntnisse wiederum nur einem kleinen Kreis von Forschern mit Zugang zu teuren Instrumenten und langen Verfahren möglich ist.

    Eine Form der Argumentation von Herrn Löffler finde ich merkwürdig und auch ärgerlich. Wenn die Theologen an den Unis mit ihrer Interpretation der alten Schriften schon lange über den naiven Gottesglauben hinaus sind, dann frage ich mich, warum nicht die ganze Theologengemeinschaft geschlossen aufsteht und sagt, dass das, was auf den Kanzeln der Kirchen erzählt wird, Mumpitz ist. Denn dort wird immer noch das Bild von dem gütigen oder strafenden „Alten Mann mit Bart”, dem bösen „Mister Smith” Teufel und den strahlenden Engeln weitergegeben. Hier ist der eigentliche Unterschied in der Vermittlungsmethodik der Wissenschaft und der Theologie zu sehen. Wissenschaftler sind immer bestrebt ihre Erkenntnisse der Welt mitzuteilen, ob in Fachpublikationen oder populären Magazinen wie SdW. Die breite Öffentlichkeit soll den Fortschritt in der Erkenntnis miterleben. Bei den Theologen muss man den Eindruck haben, dass Ergebnisse ihrer Tätigkeit am liebsten nur dem kleinen Kreis von anderen Theologen weitergegeben werden. Der Rest der Gemeinde könnte verschreckt werden. Also wird in Kirchen weiter an einem persönlichen Gott, der sich auch um ein Individuum kümmert, mit Riten, Pomp und viel Brimborium gebastelt. Bei den gegebenen Hierarchien aller Religionen: welcher Pfarrer, Rabbi, Imam oder wer auch immer wird da aufstehen und in der Öffentlichkeit sagen, dass alles ganz anders ist.
    Stellungnahme der Redaktion

    Eine halbernste Eingangsfrage: In welchen (noch mit Kanzeln bestückten) Kirchen verkehren Sie denn, dass sich dieser verheerende Gesamteindruck einstellt? (Ich habe freilich auch den Eindruck, dass es Einzelpersonen und Randgrüppchen gibt, die seltsam mythologische Gottesbilder hochhalten, aber der Mainstream ist anders. Der alte Bärtige etc. sind
    herumgereichte Klischees, mehr nicht). Aber Ihre Frage trifft natürlich einen ernsthaften Punkt: Theologie hat ,- ähnlich wie andere Wissenschaften - das Problem, wie man sie populär so vermitteln kann, so dass es gerade noch sachgemäß ist, dabei aber für ein gemischtes
    Laienpublikum auch noch verständlich (und möglichst auch noch begeisternd - Predigten etc. sind ja keine Wissenschaftlichen Vorlesungen). Das glückt mal besser, mal schlechter, und manche Metaphorik mag danebengehen. Der Unterschied zur Populärwissenschaft etwa in den Naturwissenschaften ist dabei aber gar nicht so groß: Auch sie soll gerade noch sachgemäß sein, dabei aber verständlich und einladend-begeisternd. Auch das gelingt mal besser, mal schlechter, und auch dort gibt es meiner Wahrnehmung nach ein nicht allzu schmales Marktsegment, das beim Fachmann nur Kopfschütteln auslöst.

    Danke für Ihr Interesse, Winfried Löffler

  • Wenn es keinen Gott gäbe

    23.12.2011, G. Schufmann
    Jedem, der sich tiefergehend mit dem Thema Vernunft und Glaube befasst, empfehle ich das Buch: „Wenn es keinen Gott gibt“, Leczek Kolakowski, Verlag Herder, Freiburg im Breisgau, 1992, ISBN 3-451-04067-0, und man sollte sich auch mit Karl Jaspers: „Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung“ auseinandergesetzt haben. Die Beiträge in Spektrum der Wissenschaft, Januar 2012, zum Thema Vernunft und Glaube sind bestenfalls Randnotizen zu den tief greifenden Gedanken in den Büchern dieser Philosophen. Angesichts der Breite und Gründlichkeit der philosophischen Gedanken dort erscheinen mir die Beiträge in Spektrum der Wissenschaft zu diesem Thema etwas naiv; jedenfalls sind hier keine neuen Gedanken enthalten und die Darstellung ist oft sehr verschwommen.
    Sehr geehrter Herr Tapp: Die unteren beiden Absätze Ihres Beitrages “Vernunft und Glaube” (Seite 56) haben mich etwas ratlos gemacht. Einerseits sagen Sie: „Denn dem Selbstverständnis der Christen zufolge ist der Glaube nichts, was man sich selbst gemacht hat, sondern ein Geschenk, das man durch eine lange Traditionskette hindurch aus Gnade erhalten hat.“
    Im nächsten Absatz behaupten Sie: „Was aber heißt hier „der Glaube“? Schließlich ist es keineswegs deckungsgleich, was in kirchlichen Lehrtexten steht, in Predigten verkündet, im Religionsunterricht gelehrt oder von den Christen tatsächlich geglaubt wird.“
    Da frage ich mich, wer oder was die lange Traditionskette zur Gnade hin aufrechterhält; und wie steht es mit der Gnade eines empfangenen Glaubens, der nicht das ist, woran die Christen tatsächlich glauben? Wenn es keine Kirchen, Synagogen, Moscheen gäbe, wie stünde es dann mit den Traditionsketten?
    Zitat, Seite 56,57: „Fundamentaltheologie geht davon aus, dass Glaube etwas mit religiösen Überzeugungen zu tun hat, also mit bestimmten Inhalten, die für wahr gehalten werden; daneben aber auch mit Vertrauen und einer persönlich-existentiellen Antwort auf eine göttliche Offenbarung.“
    Ihre Formulierung ist so keineswegs zwingend. Denn auch der Glaube „Gott existiert nicht“ ist eine persönlich-existentielle, religiös weltanschauliche Antwort mit bestimmten Inhalten, die für wahr gehalten werden, und sie deckt sich mithin mit der ersten Aussage über den Glauben in dem oben zitierten Absatz. Der zweite Teil, eingeleitet mit „daneben aber auch …“ sollte wohl eher simpel „und“ bedeuten, denn „daneben“ ist keine eindeutige logische Zuordnung.
    Ich vermute, Sie wollten sagen: Fundamentaltheologie geht davon aus, dass religiöser Glaube das Vertrauen und die persönlich-existentielle Antwort auf die Inhalte einer für wahr gehaltenen göttlichen Offenbarung ist.
    Auf Seite 61, vorletzter Absatz, erwähnen Sie Habermas’ These, dass Wissenschaftler für ihre Prämissen Gewissheit beanspruchen müssen und damit auf einen Akt der Anerkennung oder des Glaubens angewiesen sind. Dann fragen Sie, ob es sich dabei um etwas Ähnliches handelt, wie bei den Glaubensvoraussetzungen der Theologie. Das ist doch genau Ihr Thema! Und genau diese zentrale Frage lassen Sie ohne jedes weitere Wort im Raum stehen! Stattdessen schreiben Sie seitenweise über Dinge, die jeder an diesem Thema Interessierte ohnehin kennen wird und versuchen eine Rechtfertigung der Theologie als Wissenschaft.
    Zu dem letzten Absatz Ihres Beitrages über die Unmöglichkeiten zweier Wahrheiten im Glauben einerseits und in den Naturwissenschaften andererseits: So „offenkundig unmöglich“ (Ihre Aussage) ist das nun wirklich nicht: Thomas von Aquino hatte damit keine Probleme. Für ihn gab es eine Wahrheit der Theologie, die für die außerweltlichen Erfahrungen galt, und eine philosophische Wahrheit, die sich auf die weltlichen Erkenntnisse bezog. Beide mussten nicht deckungsgleich sein, da sie nach Thomas für verschiedene Erkenntnisstufen galten. Diese Auffassung scheint in der katholischen Kirche immer noch dominant zu sein; so kann auch die Rede Benedikts XVI. in Regensburg verstanden werden.
    Aber auch die Naturwissenschaften kennen zwei sich klassisch scheinbar widersprechende Wahrheiten für gleiche physikalische Objekte an. Beispiel: Aussage a) Elektronen verhalten sich wie Wellen. Aussage b) Elektronen verhalten sich wie Partikel. Es kommt hier also auch auf die Bedingungen des Experimentes, also die vom Beobachter gewünschte Wahrheit an, wie uns das Objekt Elektron erscheint. Ich zitiere Kolakowski: “Die Frage, was für uns wirklich oder unwirklich ist, entscheidet im praktischen und nicht im philosophischen Engagement; das Wirkliche ist, wonach Menschen sich wirklich sehnen.“ Das ist aber auch eine Frage der Kultur, in der wir leben.
    Dieser Aspekt wird bei Ihnen überhaupt nicht erwähnt. Die abendländische, christlich geprägte Kultur - und nur diese - hat einen großen Teil ihres unverwechselbaren Charakters durch die Auseinandersetzungen der Theologie, der Philosophie und der Naturwissenschaft mit den Begriffen: göttliche Offenbarung (christliche), Wahrheit, Wissen, Glaube und Vernunft entwickelt. Die dabei entstandenen Gedankengebäude sind so prägend geworden, dass selbst ein überzeugter abendländischer Atheist sich dieser seit seiner Geburt wirksamen Prägung nicht entziehen kann. Bei allen Erkenntnistheorien beleuchtet die seit dreieinhalb Jahrtausenden andauernde Auseinandersetzung die Szene der heutigen Diskussionen. Aus diesem Grunde halte ich die Theologie in allen ihren Fassetten für würdig, an den Universitäten gelehrt zu werden.
    Stellungnahme der Redaktion

    Sehr geehrter Herr Schufmann, ich danke Ihnen für Ihre Hinweise auf Jaspers und Kolakowski. Ob mein Aufsatz nur eine „Randnotiz“ zu deren Werken ist? Nun, wenn es sich um Werke von solchem Rang handelt, nehme ich es als Kompliment, dazu eine „Randnotiz“ zu sein!
    Sie formulieren eine spannende Frage, nämlich, ob man es christentumsintern denken kann, dass „Gnadenwirkungen“ darin bestehen, dass Nichtchristen etwas besser sehen als die Christen selbst.
    Ist die Überzeugung, dass Gott nicht existiert, ähnlich existenziell wie ein Gottesglaube? Ich würde sagen, er kann es sein, ist es aber meistens nicht. Oft ist es nur die bequeme Alternative. Und Märtyrer für den Atheismus muss man lange suchen.
    Schließlich zu dem Problem zweier Wahrheiten. Hier muss man unterscheiden zwischen dem, was ich meinte, und dem, was Sie ganz richtig erwähnen. Nach Thomas von Aquin gibt es zwei Arten von Wahrheiten ,– natürliche und übernatürliche –, was ihm heute viel Kritik der Theologen einträgt. Was ich meinte, war aber etwas ganz anderes, nämlich ob es zwei Wahrheiten geben kann, die sich widersprechen, sprich: p und non-p sind beide wahr. Das ist logisch unmöglich. Dass allerdings p und q beide wahr sind, auch wenn p und q zu verschiedenen „Arten“ von Wahrheiten gehören, ist gut möglich – und das nehmen wir im Alltag auch ständig an. Z. B. dass ich gerade am Computer sitze, ist eine ganz andere Art von Wahrheit, als dass 2+2=4 ist. Es gibt in der Mittelalterforschung jedoch auch Diskussionen darüber, ob Thomas von Aquin tatsächlich zwei Arten von Wahrheit, eine „doppelte Wahrheit“, vertreten hat (Anneliese Maier).

    Christian Tapp

  • Warum spricht Herr Latif nicht von persönlichen Fehlern?

    22.12.2011, Detlef Piepke, Münster
    "Die Klimaforschung trägt daran allerdings eine Mitschuld: Sie hat der Politik gewissermaßen eine Steilvorlage geliefert." Wer ist bitte Herr oder Frau "Klimaforschung"? Es gibt verschiedene Klimaforscher und unterschiedliche Forschungsansätze, aber nicht "die Klimaforschung".

    Herr Latif selber hat sich Anfang der 2000er Jahre (als es mehrere milde Winter hintereinander gab) so weit aus dem Fenster gelehnt, dass er schlicht heruntergefallen ist, als er im Wortsinne behauptete: "Kalte Winter mit langen Frostperioden und Schnee wird es in Deutschland in nächster Zukunft nicht mehr geben." Nach den letzten beiden Wintern mit langen Dauerfrostperioden und viel Schnee gab es in verschiedenen Foren heftiges Hohngelächter speziell über diese Aussage!

    Wie konnte er auf Grundlage des damaligen, sehr beschränkten Wissens über Klimaentwicklungen so etwas behaupten? Das war das Gegenteil von wissenschaftlich. Ich nehme an, dass er sich viel mehr in seiner Rolle als Medienmann gefiel.

    Ich persönlich gehe auch davon aus, dass die Menschheit den Planeten aufheizt, aber was ist an diesem ominösen 2-Grad-Ziel-Gerede wissenschaftlich? Es weiß doch niemand genau, wie sich das Gesamtsystem mit Ozeanströmungen, Wolkenbildung, Sonneneinfluss usw. auch ohne menschlichen Einfluss entwickeln wird.
    Aber wenn ich da irgendetwas nicht richtig verstehe, bin ich dankbar für Erklärungen.

    Detlef Piepke
  • Einsatz von Bakteriophagen

    22.12.2011, P. Hofmann
    Wenn Antibiotika oftmals bei resistenten Keimen nicht weiterhelfen, wäre da nicht eine mögliche Alternative der Einsatz von Bakteriophagen?
  • Nicht Ihre Schuld

    22.12.2011, Hermann Ott
    Sehr geehrter Herr Latif,

    so sehr ich es auch schätze,l wenn Fehler eingestanden werden - hier ist Selbstkritik nur in geringem Masse gefordert. Wie auch @Paule betont, ist das eher zu vernachlässigen. Ich teile allerdings nicht seine Schlussfolgerung.

    Nein, die Wissenschaft und ihre Ergebnisse sind Einigen unbequem, und die Kampagne gegen sie läuft seit Jahren. Am Ende werden Sie gewinnen - aber das ist denen egal, solange sie das Unvermeidliche nur hinausgezögert haben bis die 2 Grad nicht mehr zu halten sind und nur noch großtechnische Lösungen helfen - an denen man dann wieder verdienen kann. Es ist widerlich, aber vielen ist egal, was nach ihnen kommt.

    Ich hoffe, Sie verzagen nicht und legen den Finger weiter in die Wunde.

    Viel Glück und Segen im Neuen Jahr 2012!

    Ihr

    Hermann Ott
  • der Arbeitsmarkt ist Weltweit.

    22.12.2011, wrentzsch
    Wir werden sehen, ob die Politik entgegen Lippenbekenntnissen Spitzenkräfte sucht oder für Andere ausbildet.
  • Ist die Änderung nicht stark oder akut, wird sie nicht wahrgenommen.

    22.12.2011, wrentzsch
    Leider bringt Vernachlässigung des Themas über lange Zeit eine Summierung der Wirkungen.
    Der Wunsch und das Ignorieren verhindert nichts.
    Ebenso lang, wie sich der Zustand aufbaut, wird das Zurückdrängen der Ergebnisses andauern.
  • Eigener Fehler

    21.12.2011, Paule
    Ich glaube, die Klimaforschung hat sich ihren Bedeutungsschwund selbst zuzuschreiben. Die Kommunikation wirkte in den vergangenen 10 Jahren einfach viel zu ideologisch und einseitig - die lächerlich unbedeutenden Vorwürfe rund um Himalaja-Gletscher & Co. haben letztlich sicher kaum eine Rolle gespielt. Wenn man schlimmste Katastrophen prognostiziert und das Ganze nur mit Statistik und nachträglichen Prognosen auf dem Niveau der Volkswirtschaftslehre untermauert (statt mit harter Physik), darf man sich über mangelnde Glaubwürdigkeit nicht beschweren. Nun wird die Rechnung dafür präsentiert. Eine ungeheuere Chance ist vertan.
  • Was ist denn die "allgemeine" Religionsdefinition - das ist hier die Frage

    21.12.2011, Richard Riedhaus
    Und welchen Nutzen hat die "Religion" beziehungsweise was für Aussagen und Vorhersagen macht sie beziehungsweise machen Menschen, die sich auf die "Religion" berufen, denn ganz konkret?

    Man wird sehr schnell feststellen, dass die Existenzbehauptung von "Religion" allein schon Propagandamittel ist, um eine Basis für Begrifflichkeiten wie "Seele/n" oder "Götter" erst zu erschaffen, welche selbst auch nur Projektionsworte sind, die nach Belieben und Situation, gedehnt, verdreht oder verbogen werden.

    Man weiß überhaupt nicht, was diese Begriffe eigentlich meinen (daher gibt es so viele Auslegungen in "Glaubensfragen" wie es Menschen gibt), man verfängt sich lediglich in philosophische Luftschlössern, um mit jenen Agitationsbegriffen andere ganz klar definierte Begriffe völlig auszuhöhlen und zu unterminieren.
    Wie zum Beispiel gesellschaftliche Regeln und Gesetze, Lebewesen oder Bewusstseinsinhalte.

    Ich empfehle jedem, die ganze Diskussion einmal rein sprachmechanistisch zu betrachten.

    Dies ist natürlich den Vertretern der so genannten "Theologie" schmerzlich bewusst (zumindest einem Teil), und so versuchen sie auch Hypothesen und Modellbildung innerhalb der Wissenschaft aufzuweichen (mit Hilfe von Agitationsbegriffen = Glaubenssatzungen), die wohl definierten Begriffe, wie eben den der Wissenschaftlichkeit zu relativieren, um dadurch selbst eine Existenzberechtigung ableiten zu können.

    Eigentlich ist es eine einseitige Aufkündigung, der zuvor propagierten Kompatibilität zwischen der "Welt konkreter Symbole und verifizierbarer beziehungsweise falsifizierbarer Sprachbezüge und Eigenschaftszuweisungen" und der "Welt der Fantasiebegriffe und Schachtelsätze X und Y" (je nachdem welche Definition von "Religion" man auch immer heranzieht, sofern diese über sprachliche Entkernungsmechanismen verfügen.)

    Ihre Grundlage findet der persönliche Glaube und Zusammenhänge, die so nicht da sind, in der Mustererkennung des Gehirns - Dopaminspiegel etc.
  • "Das Auge, das ins Universum schaut, ist das Auge des Universums selbst." (J. Gaarder)

    21.12.2011, Julia Suchanka, Würzburg
    Danke für diesen Artikel, Herr Tapp! Als Medizinstudentin mit persönlichem Interesse an Philosophie freut es mich sehr, dass es Ihr Artikel auf die Titelseite des Spektrums geschafft hat! Goethes Frage "Was die Welt im Innersten zusammenhält" muss jeder selbst für sich herausfinden - schließlich lebt jeder ja auch irgendwie in seinem eigenen persönlichen, alltäglichen Mikrokosmos.
    Ohne Vorstellungskraft, Fantasie und Hoffnung geht es aber auch in der Wissenschaft nicht. "L’imagination est plus important que la connaissance." Dieser Satz stammt von Albert Einstein.
    Hätten Forscher (beziehungsweise der denkende Mensch im Allgemeinen) nicht eine Idee, eine Vision an etwas auf Neues zu entdecken, säßen wir wahrscheinlich noch auf Bäumen, ganz zu schweigen von den neuesten enorm spannenden Entwicklungen in z. B. Astrophysik und Medizin.
    "Ich weiß, dass ich nichts weiß" - selbst uns 2011 tut dennoch bei aller Erkenntnis Bescheidenheit immer noch gut. Und sie treibt uns an, nach neuen Erkenntnissen zu suchen.
    Ich wollte immer schon wissen, wie der Mensch "funktioniert" und mein Leben sinnvoll verbringen - in dem ich anderen Menschen, denen es nicht gut geht helfe. Durch Politik und Philosophie lässt sich die Welt leider nicht so leicht zum Guten verändern ... sonst hätte ich diesen Weg gewählt.
  • Thema verfehlt!

    21.12.2011, K. Rust, Ahrensburg
    Bereits der Titel "Vernunft und Glaube" und das dazugehörige Bild sind stark einengend. Weder gibt es, wie hier suggeriert wird, ein Auseinanderdriften von Vernunft und Glaube, noch wird auf die Trennung zwischen Intellekt und Vernunft eingegangen. So kann man durchaus die Frage stellen, ob Wissenschaft immer vernünftig ist. Außerdem werden im Anfang des Artikels "gängige Widersprüche" aufgezählt, die eigentlich dem Kindergartenbereich zuzuordnen sind. Ursache dafür ist meines Erachtens, dass Glaube hier einseitig dem kirchen-christlichen Zweig zugeordnet wird. Andere Religionen sind hier nicht erwähnt. Welche Hybris! Vielleicht sollte man sich einmal beispielsweise mit Zen oder der christlichen Mystik auseinandersetzen, um zu erkennen, dass unsere menschliche Logik uns nur bis zu einem gewissen Punkt führt, den der Intellekt nicht überschreiten kann. Wenn man sich allerdings darauf versteift, in Gott einen alten Mann mit Rauschebart zu sehen, fällt es einem leicht, Religion abzulehnen. Merkwürdigerweise waren viele führende Naturwissenschaftler sehr gläubig. Heisenberg z. B. soll einmal gesagt haben: "Wenn man den Kelch der Erkenntnis ganz austrinkt, findet man auf seinem Grund Gott." Letzten Endes bewegen sich die Argumente der "Ungläubigen" immer nach auf der Ebene. "Ich glaube nur das, was ich sehe!" Naturwissenschaft ist ein sehr gutes Mittel, die Gesetzmäßigkeiten dieser Natur (sic!) zu ergründen, aber sie ist nicht geeignet, deren Grenzen zu überschreiten. Die These "es gibt nur das naturwissenschaftlich Ergründbare" ist ein reiner Glaubenssatz. Es ist die Religion der Atheisten, und diese unbewiesene These zu verteidigen wird eine Energie aufgewendet, die inquisitorische Züge aufweist. Ich möchte abschließend als gläubiger Naturwissenschaftler die These aufstellen, dass die Menschheit nur dann eine Überlebenschance hat, wenn sie Wissenschaft und Glaube als sich ergänzende und sich nicht widersprechende Bereiche sieht. Ein Wort der Klärung zum Schluss: Weder der islamische Fundamentalismus noch die Gräueltaten, die im Namen der Kirche verübt wurden, haben irgendetwas mit Glauben zu tun!
  • Zipfel verpasst

    21.12.2011, Dr. Detlef Skaley
    Der Titel weckt Erwartungen, die vom Artikel nicht erfüllt werden. Anstatt etwa der Frage nachzugehen, welche Rolle Glaube generell beim menschlichen Tun, bei der menschlichen Entwicklung und des vernunftbegabten Handelns einnimmt, werden einseitig die Lehren einer speziellen Ausprägung einer einzigen Religion propagiert. Dabei hätte der Autor einen Zipfel zu einem wissenschaftlicheren Ansatz schon fast in der Hand gehabt, als er den Wahrheitsanspruch dieser Glaubensrichtung erwähnte, aber leider verpasste, ein Fragezeichen zu setzen. Vollends vor den Kopf gestoßen muss sich wohl ein Andersdenkender fühlen, wenn er / sie in die Ecke der Ungläubigen gestellt wird, wenn auch in einem Zitat.

    Der Redaktion von SdW wünsche ich ein gutes Händchen, damit wir in Zukunft nicht über den wissenschaftlichen Anspruch von, pars pro toto, Esoterik oder UFOlogie lesen müssen.
  • Überflüssig...

    20.12.2011, Kirsten Schmidt
    Ich lese die Spektrum der Wissenschaft gerne, weil ich es schätze, über Versuche, Entdeckungen, Hypothesen und Möglichkeiten von Lösungen drängender Probleme informiert zu werden.
    Aber Gottes"beweise"? Die "Vernunft" eines angenommenen Weltenlenkers? Die "Vereinbarkeit" von Wissenschaft und Religion?
    Nicht verifizierbar, nicht falsifizierbar - aber seitenweises Ausbreiten über die Annahme, es gäbe einen Gott. Nun gut, das menschliche Hirn funktioniert eben so, dass Lücken in der Erkenntnis mit Annahmen gefüllt werden...darüber würde ich lieber etwas lesen!
    Mir kommt der ganze Artikel vor wie eine Verteidigung der Existenzberechtigung der Theologie - seht her, was wir Wichtiges zu diskutieren haben. Öde.
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