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  • Dominanz der US-amerikanischen Forschung ein Artefakt?

    16.08.2010, Dr. Rolf Pausch, Köln / Trin (Schweiz)
    Seit den Anfängen vor mehr als 30 Jahren gehört Spektrum der Wissenschaft zu meiner regelmäßigen Lektüre, mit der ich mich vor allem über Forschungsbereiche außerhalb meines eigenen Fachgebiets informiere. Selten lege ich ein Heft aus der Hand, ohne den überwiegenden Teil der Beiträge gelesen zu haben. Ich schätze insbesondere die naturwissenschaftliche Ausrichtung der Zeitschrift auch da, wo es sich um 'weiche' Themen handelt. (Dies ist ausdrücklich ein ernstgemeintes Kompliment und nicht die übliche Lobhudelei, mit der man gern schon einmal einen Leserbrief einleitet.)

    Mein außergewöhnliches Interesse hat diesmal die dem Juli-Heft beigelegte Sonderpublikation "Schwerelos – Europa forscht im Weltraum" erregt. Die Fachbeiträge dieses Heftes lassen die hohe Qualität der europäischen Forschung - nicht nur im Weltraum - durchscheinen, über die man in allgemeinverständlichen Wissenschaftspublikationen gern auch mehr lesen möchte. Insofern ist der Titel der US-amerikanischen Vorlage "Looking Up - Europe’s Quiet Revolution in Microgravity Research" durchaus zutreffend.

    Dies rührt an eine generelle Problematik, die mir sowohl bei Spektrum der Wissenschaft wie auch in Wissenschaftsbereichen auffällt, die mir in anderen Zusammenhängen zugänglich sind: Die Wahrnehmung der außeramerikanischen Forschung in der Scientific Community wie auch im Wissenschaftsjournalismus ist ihrer tatsächlichen Qualität nicht angemessen. Es deutet vieles darauf hin, dass Vorsprung und weltweite Dominanz der US-amerikanischen Forschung ein Artefakt ist.

    Dies hat m. E. folgende Ursachen: Der amerikanische Wissenschafts- und Technologiebetrieb nimmt Forschungsergebnisse, die außerhalb der USA entstehen, nicht in ausreichendem Maße zur Kenntnis. Z. B. werden ausländische Patente oder Rechtsvorschriften weitgehend ignoriert (siehe Google & Co.). Publikationen, die nicht in englischer Sprache vorliegen, haben kaum eine Chance, außerhalb des eigenen Sprachraums wahrgenommen zu werden.

    Damit geht für die globale Wissenschaft die große Zahl von vielleicht weniger spektakulären Forschungsergebnissen verloren, die aber eine Grundlage für die Spitzenforschung darstellen. Der Forschungsbetrieb im englischsprachigen Raum erscheint dagegen im Vergleich etwa zum europäischen, japanischen oder chinesischen reicher und vielfältiger als es der Wirklichkeit entspricht.

    Publikationen wie Spektrum der Wissenschaft, wie auch dem qualifizierten Wissenschaftsjournalismus generell, kommt m. E. die Aufgabe zu, diesen Eindruck zu korrigieren und ausführlicher über die europäische bzw. außeramerikanische Forschung zu berichten, da es ihm eher als dem einzelnen Leser möglich ist, auch andersprachliche Publikationen zu erschließen. Die vorliegende Sonderpublikation kann hierfür als gutes Beispiel angesehen werden.
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