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  • Sind Gravitationswellen wie Wasserwellen ?

    15.11.2015, Hans-Jürgen Schreyer, Kehlbach
    Wasserwellen kennt jeder und Schallwellen sind auch gut vorstellbar. In den Bewegungen der Membranen großer Lautsprecher kann man sie sogar indirekt beobachten. Für elektromagnetische Wellen haben wir im sichtbaren Licht auch ein Sinnesorgan, die Augen. In einem Oszilloskop sehen sie auch wie Wasserwellen aus.
    Kann man sich Gravitationswellen auch so vorstellen ?
    Stellungnahme der Redaktion

    Die kurze Antwort lautet: Ja und nein. Diese verlangt aber offensichtlich nach einer etwas ausführlicheren Erläuterung. Ich will es versuchen.

    Wenn man den Satz gelten lässt, dass elektromagnetische Wellen (genauer: ihre Feldstärke als Funktion des Ortes) in einem Oszilloskop aussehen wie Wasserwellen, dann ja. Gravitationswellen stellen wie jede andere Welle eine periodische oder auch nicht-periodische Variation einer physikalischen Größe im Raum dar, die sich selbstständig im Raum ausbreitet.

    Bei Wasserwellen zum Beispiel ist diese physikalischen Größe die unterschiedliche Höhe der Wasseroberfläche (relativ zu einer gedachten waagrechten Bezugsebene). Bei elektromagnetischen Wellen ist diese physikalischen Größe die elektrische und magnetische Feldstärke an jedem Punkt des dreidimenisonalen Raums, den die Welle durcheilt. Bei Gravitationswellen ist diese physikalischen Größe eine Verbiegung des Raums selbst, den diese Welle durcheilt.

    Die Krümmung, Dehnung oder Stauchung des vierdimensionalen Raums, der durch eine Gravitationswelle verbogen wird, kann im Prinzip ebenso wie die elektrische Feldstärke einer Radiowelle als Kurvenlinie auf einem Oszilloskop angezeigt werden - jedenfalls sobald man Gravitationswellen tatsächlich irgendwann einmal messen kann.

    Damit hören die Ähnlichkeiten und die Vorstellbarkeit allerdings auch schon auf. Die Unterschiede sind größer als die Gemeinsamkeiten: Die sichtbare Wasserwelle ist ein eindimensionales Phänomen (Höhe der Oberfläche) auf einem zweidimensionalen Raum (Fläche des jeweiligen Teichs, Flusses oder Ozeans). Die elektromagnetische Welle ist ein sechsdimensionales Phänomen im dreidimensionalen Raum. Und die Gravitationswelle schließlich ist ein 16-dimensionales Phänomen in der vierdimensionalen "Raumzeit" der Allgemeinen Relativitätstheorie. Bei der elektromagnetischen Welle besteht die oszillierende physikalische Größe nämlich aus je drei Komponenten der elektrischen und der magnetischen Feldstärke, und bei der Gravitationswelle aus den 16 Komponenten des sogenannten Metrik-Tensors, der die Struktur der Raumzeit beschreibt.

    Während eine Wasserwelle nur in einer Richtung schwingen kann (nämlich senkrecht, auf und ab), kann eine in einer bestimmten Richtung laufende Radio- oder Lichtwelle in zwei senkrecht zur Laufrichtung stehenden Orientierungen schwingen. Diese beiden sogenannten Polarisationen einer Lichtquelle kann man sich noch ganz gut vorstellen. Bei einer Gravitationswelle gibt es ebenfalls zwei mögliche Polarisationen - aber die sind ganz anders geartet und deutlich schwerer zu verstehen.

    Fazit: Schwierige Fragen erzeugen mitunter auch schwierige Antworten.

    U. Bastian

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