: Stromtransport ohne Verluste
Nicht immer steht ein Kraftwerk dort, wo wir den von ihm erzeugten Strom benötigen. Ein Kohlekraftwerk lässt sich zwar fast überall errichten. Bei regenerativen Kraftwerken ist die Lage schon heikler: Winde wehen am stärksten auf Hochebenen oder über Meeren, die Sonne scheint am intensivsten in der Wüste. Den dort produzierten Strom müssen wir also über viele Hunderte Kilometer zu großen Städten und anderen Verbrauchsgebieten weiterleiten. Die dabei entstehenden Energieverluste zu minimieren zählt zu den großen Herausforderungen bei der anstehenden Umstellung auf regenerative Energien.
Die derzeit besten supraleitenden Kabel sind in der Lage, Strom über Tausende von Kilometern transportieren, ohne dass es dabei zu Verlusten von mehr als einigen Prozent kommt. Doch damit sie funktionieren, müssen sie kontinuierlich von flüssigem Stickstoff mit einer Temperatur von 77 Grad Kelvin (-196 Grad Celsius) gekühlt werden. Die dafür erforderlichen Pumpen und Kühlaggregate sollten in Abständen von gerade einmal Kilometer installiert sein. Ein solches Supraleitungsnetz wäre extrem teuer und störanfällig.
Stromtransport würde ein verlustfreies Kinderspiel
Was aber wäre, wenn Supraleiter Strom auch bei Umgebungstemperatur und Atmosphärendruck verlustfrei leiten könnten? Dann würde die Energieversorgung über den Globus hinweg ein Kinderspiel – wir könnten die Energie dort produzieren, wo sie sich am effektivsten gewinnen lässt, und dann dorthin transportieren, wo sie am dringendsten benötigt wird. In der Sahara beispielsweise ließe sich Strom für Westeuropa produzieren, der in einem unterseeischen Kabel durch das Mittelmeer transportiert würde.
Doch die Fertigung von Supraleitern, die auch bei Umgebungstemperatur arbeiten, ist noch immer eine Utopie. Lange Zeit gelang es nicht einmal, die 23-Kelvin-Marke zu knacken. Erst im Jahr 1986 schafften es ein deutscher und ein schweizerischer Physiker, Johannes Bednorz und Karl Alexander Müller, die ersten Materialien herzustellen, die schon bei 35 Kelvin supraleitend wurden (wofür sie im Folgejahr mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden). Mittlerweile bringt es der Rekordhalter sogar auf 138 Kelvin – aber das sind immer noch 135 Grad Celsius unter Null.
Anfang 2008 wurde dann eine völlig neue Klasse von Supraleitern auf der Basis von Eisen entdeckt. Weil bis dahin nur so genannte Kuprate die begehrte Eigenschaft aufwiesen, schöpften die Theoretiker neue Hoffnung: Jetzt endlich konnten sie zwei verschiedene Materialarten untersuchen und auf diese Weise vielleicht die Gemeinsamkeiten aufdecken, die sie zu Supraleitern machen (Ein eiserner Schlüssel zur Hochtemperatursupraleitung, SdW 12/2009). Doch die Euphorie war erneut von kurzer Dauer. Der Durchbruch im theoretischen Verständnis des rätselhaften Phänomens – und damit die Chance, die Materialien zielgenau herzustellen – ist bis heute ausgeblieben.
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