Tagebuch : Der Vater der Pille in Heidelberg
Vor 50 Jahren wurde ein Molekül als Arzneimittel in Deutschland zugelassen, das in Form kleiner Tabletten das Leben vieler Frauen entscheidend verändern sollte: die Pille. Zu verdanken hat frau diese Erfindung dem österreich-amerikanischen Chemiker Carl Djerassi. Ihm gelang 1951 erstmals die Synthese eines empfängnisverhütenden Steroids.
So führte er seine Zuhörer durch die Geschichte der Antibabypille. Deren Konzept beschrieb wohl als erster der österreichische Physiologe Ludwig Haberlandt (1885 – 1932) Anfang der 1920er Jahre. Seinerzeit rief er damit ein enormes Medienecho hervor. Das Gebiet war schließlich Neuland – Meinungen mussten sich erst noch bilden.
Haberlandt war auf die Idee gekommen, Frauen durch die Gabe von Schwangerschaftshormonen vorübergehend unfruchtbar zu machen. Als geeignetes Mittel schlug er das Progesteron vor. Die Herstellung gelang in den 1930er Jahren; Haberlandt erlebte das jedoch nicht mehr – er brachte sich einige Jahre zuvor wegen der massiven Anfeindungen von Kollegen und der katholischen Gesellschaft im damaligen Österreich um.
Doch der vermeintliche Durchbruch war keiner, denn die hergestellte Substanz erwies sich nur dann als wirksam, wenn sie injiziert wurde. Oral eingenommen blieb das gewünschte Ergebnis aus. Die Forscher vermuteten, dass eine Methylgruppe (am Kohlenstoffatom C-19, siehe Bild) die Wirksamkeit senkte.
Zur selben Zeit beschäftigten sich aber auch andere Gruppen mit diesem Thema. Als sie mit Testosteron-verwandten Molekülen arbeiteten, stellte sich heraus, dass eine Acetylengruppe am C-17-Atom die Wirksamkeit des Testosterons bei der Verhütung deutlich steigerte.
Dass er damit die Welt veränderte, ist Carl Djerassi sehr wohl bewusst. So beschäftigt er sich derzeit mit den Konsequenzen der Geburtenkontrolle und studiert die Alterung der Bevölkerung in den Industrieländern. Darüber hätte das Publikum gerne noch mehr gewusst. Die Details hierüber muss man allerdings in einer seiner drei (!) Autobiografien nachlesen, da Djerassi seinen Vortrag aus Zeitgründen recht abrupt beendete.
Nichtsdestotrotz gab er eine gute Vorstellung und die Zuhörer konnten sich ein klares Bild von dem Menschen Carl Djerassi machen: ein vielseitiger Autor von "science-in-fiction"-Büchern und -Theaterstücken, ein Charmeur, der es beherrscht, seine Gastgeberin zu umgarnen, ein ironisch-witziger Zeitgenosse, der leicht spöttisch die legere Kleidung des Laudatoren lobt – und sich doch vor allem als herausragender Chemiker bewiesen hat.
Am vergangenen Montag war Djerassi zu Besuch in Heidelberg: Im Rahmen der Konferenz "Molecular Modelling 2011" wurde er für sein Lebenswerk mit der Ehrendoktorwürde der Universität Heidelberg ausgezeichnet. Bei seinem Festvortrag verstand es der emeritierte Professor der University of Stanford in Kalifornien bestens, das Publikum trotz spröder chemischer Formeln zu unterhalten. Immer wieder machte er zum Beispiel deutsche Bemerkungen in seinem eigentlich englischen Vortrag – und das mit österreichischem Akzent!
So führte er seine Zuhörer durch die Geschichte der Antibabypille. Deren Konzept beschrieb wohl als erster der österreichische Physiologe Ludwig Haberlandt (1885 – 1932) Anfang der 1920er Jahre. Seinerzeit rief er damit ein enormes Medienecho hervor. Das Gebiet war schließlich Neuland – Meinungen mussten sich erst noch bilden.
Haberlandt war auf die Idee gekommen, Frauen durch die Gabe von Schwangerschaftshormonen vorübergehend unfruchtbar zu machen. Als geeignetes Mittel schlug er das Progesteron vor. Die Herstellung gelang in den 1930er Jahren; Haberlandt erlebte das jedoch nicht mehr – er brachte sich einige Jahre zuvor wegen der massiven Anfeindungen von Kollegen und der katholischen Gesellschaft im damaligen Österreich um.
Doch der vermeintliche Durchbruch war keiner, denn die hergestellte Substanz erwies sich nur dann als wirksam, wenn sie injiziert wurde. Oral eingenommen blieb das gewünschte Ergebnis aus. Die Forscher vermuteten, dass eine Methylgruppe (am Kohlenstoffatom C-19, siehe Bild) die Wirksamkeit senkte.
Zur selben Zeit beschäftigten sich aber auch andere Gruppen mit diesem Thema. Als sie mit Testosteron-verwandten Molekülen arbeiteten, stellte sich heraus, dass eine Acetylengruppe am C-17-Atom die Wirksamkeit des Testosterons bei der Verhütung deutlich steigerte.
Djerassi kombinierte daraufhin beide Ergebnisse und stellte einen Testosteronabkömmling her, der ein Wasserstoffatom am C-19- und eine Acetylengruppe am C-17-Atom trug: 19-Nor-17α-ethinyltestosteron. Damit schuf er ein Grundgerüst, auf dem noch heute fast alle zugelassenen Antibabypillen beruhen.
Dass er damit die Welt veränderte, ist Carl Djerassi sehr wohl bewusst. So beschäftigt er sich derzeit mit den Konsequenzen der Geburtenkontrolle und studiert die Alterung der Bevölkerung in den Industrieländern. Darüber hätte das Publikum gerne noch mehr gewusst. Die Details hierüber muss man allerdings in einer seiner drei (!) Autobiografien nachlesen, da Djerassi seinen Vortrag aus Zeitgründen recht abrupt beendete.
Nichtsdestotrotz gab er eine gute Vorstellung und die Zuhörer konnten sich ein klares Bild von dem Menschen Carl Djerassi machen: ein vielseitiger Autor von "science-in-fiction"-Büchern und -Theaterstücken, ein Charmeur, der es beherrscht, seine Gastgeberin zu umgarnen, ein ironisch-witziger Zeitgenosse, der leicht spöttisch die legere Kleidung des Laudatoren lobt – und sich doch vor allem als herausragender Chemiker bewiesen hat.
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