Tagebuch: Nobelpreisträger, chemisch
Last und Lust des Nobelpreises hat Gerhard Ertl in den letzten Tagen und Wochen sicher verspürt, und die Feierstunden zur Preisverleihung in Stockholm stehen erst noch bevor. Aber wie der Nobelpreisträger Chemie 2007 im Leibniz-Saal der Akademie locker und doch konzentriert zu den Festgästen spricht, ja eher parliert, das zeigt einen gut gelaunten 71-Jährigen, dessen intellektuelle Präsenz zugleich besticht.
Mit dem Meistersinger Hans Sachs wehrt er sich charmant: „Euch macht ihr's leicht, mir macht ihr's schwer, gebt ihr mir Armen zu viel Ehr.“ Um dann aber sogleich zum Kern vorzustoßen: Wie kann es in Deutschland exzellente Forschung geben? „Wissenschaft wird von Menschen gemacht“, sagt Ertl und meint damit auch: oft von vielen Menschen. Einen Lehrstuhl, ja ein ganzes Institut hinter sich zu wissen, kann nicht schaden, ist manchmal unerlässlich. Das privilegiert natürlich Einrichtungen wie das Fritz-Haber-Institut, als dessen Direktor der Chemiker viele Jahre fungierte.
Aber wie er sogleich betont, hatte er seine wichtigen Arbeiten zum Großteil schon vorher an Universitäten durchgeführt, noch bevor er zu Amt und Würden in seinem Max-Planck-Institut kam. „Universitäten haben durchaus die Chancen und Köpfe, um nobelpreiswürdige Ergebnisse hervorzubringen.“
Gerhard Ertl blickt zurück auf die Fundamentalentdeckung von 1908: Damals zeigte Fritz Haber in Karlsruhe, wie sich aus Stickstoff und Wasserstoff mit Hilfe eines Katalysators Ammoniak herstellen lässt. Die moderne Landwirtschaft als Basis der Welternährung wäre ohne diese Düngemittel nicht denkbar. „Die Welt würde anders aussehen“, was manchmal bei Diskussionen zum Thema der Überdüngung von Böden und Gewässern vergessen wird. Ertl erinnerte daran, dass 1933 auch die Welt für Fritz Haber zusammenbrach, als er die Leitung des Instituts, das heute seinen Namen trägt, niederlegen musste, da er aus einer jüdischen Familie stammte.
Keine größere Freude, als "etwas herauszufinden"
Ertl gelang es schließlich, diese und andere Reaktionen in ihrer molekularen Dynamik zu entschlüsseln – Grundlage wiederum für moderne Katalysatoren ebenso wie etwa für die Umweltchemie, die Grundlage der modernen Schadstoffforschung. In den 1980ern nach dem Nutzen seiner Arbeiten gefragt, konnte er noch sagen: „Keinen. Ich wollte nur wissen, wie es geht.“ Es gab für ihn, und da zitiert er Goethe, keine größere Freude, als „etwas herauszufinden“. Dass sich später sehr wohl zahlreiche Anwendungen aus diesen Arbeiten ergaben, ist das Siegel nicht aller, aber stets allerbester Grundlagenforschung.
Als auch ich Gerhard Ertl schließlich gratulieren kann, erinnert er sich sofort und lebhaft an seinen Beitrag in Spektrum der Wissenschaft vom Februar 1997 über neue Katalysatoren. Kurz danach betrete ich die Abflughalle am Flughafen Tegel. Über eine Reklamesäule rotieren zwei Plakate: Eines zeigt den Physik-Nobelpreisträger Peter Grünberg, das andere einen strahlenden Gerhard Ertl. Darunter steht: „Nur wenn man Ideen auch in die Tat umsetzt, kann man gewinnen, manchmal einen Nobelpreis.“
Reinhard Breuer,
Chefredakteur
Mit dem Meistersinger Hans Sachs wehrt er sich charmant: „Euch macht ihr's leicht, mir macht ihr's schwer, gebt ihr mir Armen zu viel Ehr.“ Um dann aber sogleich zum Kern vorzustoßen: Wie kann es in Deutschland exzellente Forschung geben? „Wissenschaft wird von Menschen gemacht“, sagt Ertl und meint damit auch: oft von vielen Menschen. Einen Lehrstuhl, ja ein ganzes Institut hinter sich zu wissen, kann nicht schaden, ist manchmal unerlässlich. Das privilegiert natürlich Einrichtungen wie das Fritz-Haber-Institut, als dessen Direktor der Chemiker viele Jahre fungierte.
Aber wie er sogleich betont, hatte er seine wichtigen Arbeiten zum Großteil schon vorher an Universitäten durchgeführt, noch bevor er zu Amt und Würden in seinem Max-Planck-Institut kam. „Universitäten haben durchaus die Chancen und Köpfe, um nobelpreiswürdige Ergebnisse hervorzubringen.“
Gerhard Ertl blickt zurück auf die Fundamentalentdeckung von 1908: Damals zeigte Fritz Haber in Karlsruhe, wie sich aus Stickstoff und Wasserstoff mit Hilfe eines Katalysators Ammoniak herstellen lässt. Die moderne Landwirtschaft als Basis der Welternährung wäre ohne diese Düngemittel nicht denkbar. „Die Welt würde anders aussehen“, was manchmal bei Diskussionen zum Thema der Überdüngung von Böden und Gewässern vergessen wird. Ertl erinnerte daran, dass 1933 auch die Welt für Fritz Haber zusammenbrach, als er die Leitung des Instituts, das heute seinen Namen trägt, niederlegen musste, da er aus einer jüdischen Familie stammte.
Keine größere Freude, als "etwas herauszufinden"
Ertl gelang es schließlich, diese und andere Reaktionen in ihrer molekularen Dynamik zu entschlüsseln – Grundlage wiederum für moderne Katalysatoren ebenso wie etwa für die Umweltchemie, die Grundlage der modernen Schadstoffforschung. In den 1980ern nach dem Nutzen seiner Arbeiten gefragt, konnte er noch sagen: „Keinen. Ich wollte nur wissen, wie es geht.“ Es gab für ihn, und da zitiert er Goethe, keine größere Freude, als „etwas herauszufinden“. Dass sich später sehr wohl zahlreiche Anwendungen aus diesen Arbeiten ergaben, ist das Siegel nicht aller, aber stets allerbester Grundlagenforschung.
Als auch ich Gerhard Ertl schließlich gratulieren kann, erinnert er sich sofort und lebhaft an seinen Beitrag in Spektrum der Wissenschaft vom Februar 1997 über neue Katalysatoren. Kurz danach betrete ich die Abflughalle am Flughafen Tegel. Über eine Reklamesäule rotieren zwei Plakate: Eines zeigt den Physik-Nobelpreisträger Peter Grünberg, das andere einen strahlenden Gerhard Ertl. Darunter steht: „Nur wenn man Ideen auch in die Tat umsetzt, kann man gewinnen, manchmal einen Nobelpreis.“
Reinhard Breuer,
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