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Titelthema: Teilchenphysik: Supersymmetrie in der Krise

Seit Jahrzehnten tüfteln Physiker an einer eleganten Theorie, von der sie sich ein tieferes Verständnis der Quantenwelt erhoffen. Jetzt stehen sie am Scheideweg: Entweder bestätigen Experimente die Supersymmetrie in nächster Zeit, oder der Physik steht ein epochaler Paradigmenwechsel bevor.
CMS-Detektor am Large Hadron Collider (LHC)

An einem Sommermorgen des Jahres 2012 saßen wir in unserem Büro am California Institute of Technology in Pasadena beim dritten Espresso, als sich per Videoschaltung das Labor des CERN, der Europäischen Organisation für Kernforschung bei Genf, meldete. Auf dem Bildschirm sahen wir die Kollegen des Razor-Teams – einer der vielen Physikergruppen, welche die Daten des CMS-Experiments am Large Hadron Collider (LHC) analysieren. Razor suchte nach exotischen Kollisionen, um erste Indizien für die so genannte Supersymmetrie zu finden. Diese 45 Jahre alte Theorie soll das Standardmodell der Teilchenphysik erweitern, grundlegende physikalische Probleme lösen und das Wesen der mysteriösen Dunklen Materie klären. Trotz jahrzehntelanger Suche steht der experimentelle Beweis der Supersymmetrie aber noch immer aus.

Beim CERN rief Maurizio Pierini, der Leiter des Razor-Teams, ein neues Datendiagramm auf, und über neun Zeitzonen hinweg konnten wir lauter erstaunte Gesichter sehen: Es gab eine Anomalie. "Jemand sollte sich dieses Ereignis ansehen", sagte Pierini trocken. Mit "Ereignis" meinte er eine spezielle Proton-Proton-Wechselwirkung – eine von Billionen, die der LHC produziert hatte. In Minutenschnelle übertrugen wir beide die komplette Aufzeichnung dieser Kollision auf einen Laptop.

Die Supersymmetrie bietet eine wunderschöne Lösung für die grundsätzlichen Probleme, mit denen sich Theoretiker seit gut vier Jahrzehnten herumschlagen. Sie beantwortet eine ganze Serie von wichtigen Fragen: Warum haben die Teilchen just diese Massen? Warum sind die Naturkräfte gerade so und so stark? Kurz: Warum sieht das Universum so aus und nicht anders? Außerdem sagt die Supersymmetrie bislang verborgene "Superpartner" zu den bekannten Teilchen voraus, die unter anderem das Rätsel der Dunklen Materie lösen würden. Man kann ohne Übertreibung sagen, dass die allermeisten Teilchenphysiker diese Idee für wahr halten – so überzeugend wirkt sie. Seit Langem hoffen die Forscher, der LHC würde endlich Superpartner entdecken und damit den Beweis liefern, dass die Supersymmetrie das Universum zutreffend beschreibt. ...

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  • Literaturtipp

Kane, G.: Supersymmetry: Unveiling the Ultimate Laws of Nature. Basic Books, New York 2001

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