Zebrafische in der Matrix
Forscher schnallen Fische in einer virtuellen Umgebung fest, zapfen ihre Bewegungsnerven an und beobachten jede einzelne Hirnzelle bei ihrer Arbeit – die kleinen Zebrabärblinge in ihrer Petrischale sind währenddessen fest davon überzeugt, durch einen reißenden Fluss zu schwimmen.
Was klingt wie die Fischversion des Kinofilms "Matrix" haben Hirnforscher aus Massachusetts erschaffen. Mit Glaspipetten halten sie die Tiere unter einem Mikroskop fest und beobachten die Gehirnzellen der beinahe transparenten Zebrafische. Diese sind außerdem genetisch manipuliert: Ihre Neurone leuchten, wenn sie aktiv werden.
Von unten her projizieren die Harvard-Wissenschaftler ein einfaches, sich bewegendes Streifenmuster in die Umgebung des Fisches und gaukeln dem jungen Zebrabärbling so eine vorbeigleitende Unterwasserszenerie vor.
Der Fisch reagiert mit kräftigen Schwanzschlägen auf die virtuelle Strömung und versucht, seinen Körper gegen plötzliche Lageänderungen anzusteuern – auch wenn er sich eigentlich gar nicht bewegt. Dabei werden bestimmte Gruppen von Hirnzellen aktiv und leuchten unter dem Mikroskop hell auf. Das Team um den Neurowissenschaftler Florian Engert kartierte so ein gesamtes Fischgehirn mit immerhin rund 300.000 Zellen, während dieses die Signale verarbeitete und notwendige Bewegungskorrekturen für die Schwanzflosse errechnete. Diese wiederum registrierten die Forscher, indem sie die Nervenbahnen der Fische an Messgeräte anschlossen (Link zur Veröffentlichung).
Engert will herausfinden, wie sich Neurone zusammenschließen und gemeinsam auf komplexe Sinneseindrücke aus der Umwelt reagieren. Er bezeichnet diese Aufgabe als "die größte Herausforderung für das nächste Jahrzehnt". Seine Methode, einzelne Hirnzellen in einem vollständigen, lebenden und funktionierenden Gehirn zu beobachten, könnte Forschern helfen, die grundlegenden Prinzipien zu entschlüsseln, nach denen Schaltkreise im Hirn zusammenarbeiten.
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