Klimaschutz: Versenkt
Am 27. Februar beginnt im brandenburgischen Ketzin bei Potsdam ein vielleicht wegweisendes Unternehmen, das unsere Energieversorgung sauberer machen und damit den Klimawandel verzögern könnte: CO2SINK - das größte Projekt zur Untergrundspeicherung von Kohlendioxid in Europa.
Ganze 13 Jahre bleiben der Menschheit noch, das Ruder herumzureißen und unseren Planeten zu retten – das mahnt zumindest der dritte Teil der neuen IPCC-Studie an, der Anfang Mai in Bangkok herauskommen soll. Bis 2020, so die Bericht erstattenden Forscher, müsse die Trendumkehr geschafft sein und dürften danach die Kohlendioxid-Emissionen nicht mehr weiter steigen, sondern sollten stetig und kräftig sinken. Bis zu 16 Billionen Dollar könnte der Umstieg auf neue Technologien zur Energieerzeugung oder für -einsparung die Weltwirtschaft kosten – allerdings bis zum Jahr 2030.
Neben verstärktem Einsatz von Hybridfahrzeugen, dem Bau neuer Atomkraftwerke, verbessertem Gebäudemanagement oder der intensiveren Nutzung von Biokraftstoffen schlägt der Klimarat der Vereinten Nationen auch eine technische Lösung vor, die vorerst einen fortlaufenden Betrieb konventioneller Kohle-, Gas- oder Ölkraftwerke erlauben würde: die Abscheidung von CO2 aus den anfallenden Emissionen und seine Versenkung in geeigneten Speichern. Diskutiert wird diese Methode schon lange, würde sie doch relativ schnell einen relevanten Beitrag zum Klimaschutz leisten, ohne dass schon sehr kurzfristig große Investitionen in ein neue Energie-Infrastruktur getätigt werden müssten.
Auffangen und Einlagern als Zwischenlösung
Denn auch wenn kohlendioxidfreie Strom- und Wärmeerzeugung auf lange Sicht die beste Lösung zum Klimaschutz ist, so könnte doch ein Auffangen und dauerhaftes Einlagern des unbeliebten Gases zumindest so lange eine Option sein, bis Solar- oder Windenergie billiger geworden sind. Außerdem setzen gerade industriell aufstrebende Schwellenländer wie China und Indien auf die preisgünstige Kohle als Energielieferanten, der im Verhältnis pro Kilowattstunde deutlich mehr CO2 freisetzt als Öl oder Gas – alle Einsparungen in Europa würden hier mehr als kompensiert, sollte die Produzenten das Kohlendioxid vor Ort nicht auch technisch zurückhalten.
Nicht überall existieren aber diese Rohstofflager, weshalb Geologen auch nach alternativen Speichermedien Ausschau halten müssen – wie im Fall des brandenburgischen Städtchens Ketzin. Dort startet am 27. Februar unter Mitwirkung des Potsdamer Geoforschungszentrums ein Pilotprojekt, in dem an einem 800 Meter tiefen salzigen Grundwasserleiter getestet werden soll, ob er sich zur Einlagerung größerer Mengen Kohlendioxid eignet, welche geologischen wie technischen Voraussetzungen erfüllt sein müssen oder welche Risiken durch diese Art der Entsorgung drohen.
Strenge Sicherheitsregeln
Schließlich gilt es strikte Sicherheitsrichtlinien zu beachten, denn das Gas soll und muss möglichst für Hunderte von Jahren aus dem Verkehr gezogen werden. Damit wird vermieden, dass plötzlich große Mengen auf einmal in die Atmosphäre übergehen und den Treibhauseffekt schlagartig verstärken. Und da Kohlendioxid schwerer ist als Luft, könnten langsam ausgasende Reservoirs die Menschen der Umgebung gefährden. Projekte wie das in Ketzin werden deshalb überwacht und die Bohrlöcher nach dem Befüllen der Depots mit Zement versiegelt. Die Gefahr eines Kohlendioxid-Austritts ist jedoch gering, da das Gas in den erwünschten Tiefen wegen des hohen Drucks sehr dicht ist und sich eher wie eine Flüssigkeit verhält – weshalb auch größere Mengen in relativ kleinem Volumen gespeichert werden können.
Zudem reagiert das Kohlendioxid in entsprechender Umgebung mit Gesteinsmaterial zu Karbonaten wie Kalk, die das Kohlendioxid langfristig binden und immobil machen. Das Reservoir vor Ort darf man sich außerdem nicht als Hohlraum vorstellen; es ist ganz im Gegenteil ein solider Sandstein – jedoch mit unzähligen winzigen Poren, die etwa 10 bis 15 Prozent seines Volumens einnehmen. Diese Hohlräumchen sind zum Teil mit Sole gefüllt, die wiederum relativ fest an die Porenwände angebunden ist. Mit hohem Druck muss dieses Salzwassergemisch verdrängt werden, damit das CO2 Platz findet oder sich darin sogar löst, was letztlich seine Einlagerung noch dauerhafter macht.
Da selbst das verflüssigte Gas leichter ist als Wasser oder Öl, sammelt es sich an den höchsten Punkten unterhalb der versiegelnden Erdschichten. Eventuell vorhandene Flüssigkeiten werden dabei entweder seit- oder tiefenwärts verdrängt, oder es steigt der Druck innerhalb eines nach allen Seiten geschlossenen Speichermediums. Mittels seismischer und instrumenteller Überwachung sowie Beobachtungsbohrungen muss deshalb vermieden werden, dass dieser Druck über die Kapazität der begrenzenden Gesteinsschichten steigt und sie dadurch schädigt. Ist das vorgesehene Reservoir hingegen domförmig angelegt – auf Grund geologischer und topografischer Vorgaben –, gilt es, die CO2-Zufuhr rechtzeitig zu stoppen, damit das Gas nicht unter den Rändern des Speichers herausquillt und eventuell in weniger dichtem Material in Richtung Oberfläche steigt.
Technisch kein Problem
Ist die unterirdische Gas-Müllkippe schließlich gefüllt, werden die Zuleitungen abgebaut und mit Zement zubetoniert, sodass kein Kohlendioxid entweichen kann. Nur wenige Überwachungsschächte bleiben so lange geöffnet, bis erwiesen ist, dass die Einlagerung tatsächlich fest verschlossen ruht und keine Lecks aufweist. Bisherige Projekt-Erfahrungen zeigen außerdem schon, dass die Ausgasungsmengen von Kohlendioxid aus Sedimentlagen wohl insgesamt sehr klein sein dürften.
Technisch ist das Verfahren weit gehend problemlos und erprobt: Schon heute werden täglich und routinemäßig große Gasmengen in Tankern oder Rohrleitungen transportiert und in Speichern eingelagert – auch in tiefen Gesteinsschichten. Bei letzterem handelt es sich meist aber um Erdgas, das als Reserve angelegt wird, was sich wirtschaftlich rechnet. Bei Kohlendioxid sprechen bislang noch die hohen Aufwendungen für die Abscheidung und Einlagerung des Gases gegen diese Anwendung: Etwa ein Drittel der erzeugten Energie muss gleich wieder verbraucht werden, um das Gas aus der Abluft herauszufiltern. Rund 20 bis 40 Euro kostet das mindestens pro Tonne, was den Strompreis um 1 bis 2 Cent pro Kilowattstunde verteuert – und alternative Energieformen wettbewerbsfähiger macht.
Auf Dauer ist die Einlagerung ohnehin keine Lösung: Das Volumen zumindest der festländischen Speicher in der Nähe großer Emissionsquellen ist nach heutigem Wissensstand begrenzt. Schließlich müssten nach bisherigen Schätzungen etwa eine Billion Tonnen Kohlendioxid bis zum Ende des Jahrhunderts versenkt werden. Die wenigen gegenwärtigen Versuchsprojekte schicken jährlich jeweils rund eine Million Tonnen CO2 in die Tiefe – bei einem weltweiten Gesamtausstoß von momentan etwa fünf Milliarden Tonnen. Und selbst dazu leistet Ketzin keinen Minderungsbeitrag: Der Test läuft vorerst mit extra per Lastwagen angeliefertem Kohlendioxid aus der technischen Gasproduktion.
Neben verstärktem Einsatz von Hybridfahrzeugen, dem Bau neuer Atomkraftwerke, verbessertem Gebäudemanagement oder der intensiveren Nutzung von Biokraftstoffen schlägt der Klimarat der Vereinten Nationen auch eine technische Lösung vor, die vorerst einen fortlaufenden Betrieb konventioneller Kohle-, Gas- oder Ölkraftwerke erlauben würde: die Abscheidung von CO2 aus den anfallenden Emissionen und seine Versenkung in geeigneten Speichern. Diskutiert wird diese Methode schon lange, würde sie doch relativ schnell einen relevanten Beitrag zum Klimaschutz leisten, ohne dass schon sehr kurzfristig große Investitionen in ein neue Energie-Infrastruktur getätigt werden müssten.
Auffangen und Einlagern als Zwischenlösung
Denn auch wenn kohlendioxidfreie Strom- und Wärmeerzeugung auf lange Sicht die beste Lösung zum Klimaschutz ist, so könnte doch ein Auffangen und dauerhaftes Einlagern des unbeliebten Gases zumindest so lange eine Option sein, bis Solar- oder Windenergie billiger geworden sind. Außerdem setzen gerade industriell aufstrebende Schwellenländer wie China und Indien auf die preisgünstige Kohle als Energielieferanten, der im Verhältnis pro Kilowattstunde deutlich mehr CO2 freisetzt als Öl oder Gas – alle Einsparungen in Europa würden hier mehr als kompensiert, sollte die Produzenten das Kohlendioxid vor Ort nicht auch technisch zurückhalten.
Als Speicher in Betracht ziehen Ingenieure beispielsweise die Tiefsee der Ozeane, die natürlicherweise ohnehin große Mengen des Gases aus der Atmosphäre aufnimmt. Dieser Prozess ließe sich beschleunigen, pumpte man das CO2 künstlich in 3000 Meter Tiefe, wo es sich wegen des hohen Drucks und der niedrigen Temperaturen verflüssigt. Das ist allerdings eine heikle Methode, schädigt sie doch die Lebewesen dort unten. Und zudem kann niemand gewährleisten, dass das Gas nicht plötzlich wieder aufsteigt, weil es durch Meeresströmungen nach oben transportiert wird. Alternativ könnte man das Kohlendioxid direkt in den Meeresboden verfrachten oder noch besser in aktive oder ausgebeutete Öl- und Erdgasblasen einleiten: Norwegische Erdölproduzenten verfahren bereits auf diese Weise mit ihren Kohlendioxid-Emissionen und beuten damit ihre Quellen effektiver aus.
Nicht überall existieren aber diese Rohstofflager, weshalb Geologen auch nach alternativen Speichermedien Ausschau halten müssen – wie im Fall des brandenburgischen Städtchens Ketzin. Dort startet am 27. Februar unter Mitwirkung des Potsdamer Geoforschungszentrums ein Pilotprojekt, in dem an einem 800 Meter tiefen salzigen Grundwasserleiter getestet werden soll, ob er sich zur Einlagerung größerer Mengen Kohlendioxid eignet, welche geologischen wie technischen Voraussetzungen erfüllt sein müssen oder welche Risiken durch diese Art der Entsorgung drohen.
Strenge Sicherheitsregeln
Schließlich gilt es strikte Sicherheitsrichtlinien zu beachten, denn das Gas soll und muss möglichst für Hunderte von Jahren aus dem Verkehr gezogen werden. Damit wird vermieden, dass plötzlich große Mengen auf einmal in die Atmosphäre übergehen und den Treibhauseffekt schlagartig verstärken. Und da Kohlendioxid schwerer ist als Luft, könnten langsam ausgasende Reservoirs die Menschen der Umgebung gefährden. Projekte wie das in Ketzin werden deshalb überwacht und die Bohrlöcher nach dem Befüllen der Depots mit Zement versiegelt. Die Gefahr eines Kohlendioxid-Austritts ist jedoch gering, da das Gas in den erwünschten Tiefen wegen des hohen Drucks sehr dicht ist und sich eher wie eine Flüssigkeit verhält – weshalb auch größere Mengen in relativ kleinem Volumen gespeichert werden können.
Zudem reagiert das Kohlendioxid in entsprechender Umgebung mit Gesteinsmaterial zu Karbonaten wie Kalk, die das Kohlendioxid langfristig binden und immobil machen. Das Reservoir vor Ort darf man sich außerdem nicht als Hohlraum vorstellen; es ist ganz im Gegenteil ein solider Sandstein – jedoch mit unzähligen winzigen Poren, die etwa 10 bis 15 Prozent seines Volumens einnehmen. Diese Hohlräumchen sind zum Teil mit Sole gefüllt, die wiederum relativ fest an die Porenwände angebunden ist. Mit hohem Druck muss dieses Salzwassergemisch verdrängt werden, damit das CO2 Platz findet oder sich darin sogar löst, was letztlich seine Einlagerung noch dauerhafter macht.
Da selbst das verflüssigte Gas leichter ist als Wasser oder Öl, sammelt es sich an den höchsten Punkten unterhalb der versiegelnden Erdschichten. Eventuell vorhandene Flüssigkeiten werden dabei entweder seit- oder tiefenwärts verdrängt, oder es steigt der Druck innerhalb eines nach allen Seiten geschlossenen Speichermediums. Mittels seismischer und instrumenteller Überwachung sowie Beobachtungsbohrungen muss deshalb vermieden werden, dass dieser Druck über die Kapazität der begrenzenden Gesteinsschichten steigt und sie dadurch schädigt. Ist das vorgesehene Reservoir hingegen domförmig angelegt – auf Grund geologischer und topografischer Vorgaben –, gilt es, die CO2-Zufuhr rechtzeitig zu stoppen, damit das Gas nicht unter den Rändern des Speichers herausquillt und eventuell in weniger dichtem Material in Richtung Oberfläche steigt.
Technisch kein Problem
Ist die unterirdische Gas-Müllkippe schließlich gefüllt, werden die Zuleitungen abgebaut und mit Zement zubetoniert, sodass kein Kohlendioxid entweichen kann. Nur wenige Überwachungsschächte bleiben so lange geöffnet, bis erwiesen ist, dass die Einlagerung tatsächlich fest verschlossen ruht und keine Lecks aufweist. Bisherige Projekt-Erfahrungen zeigen außerdem schon, dass die Ausgasungsmengen von Kohlendioxid aus Sedimentlagen wohl insgesamt sehr klein sein dürften.
Technisch ist das Verfahren weit gehend problemlos und erprobt: Schon heute werden täglich und routinemäßig große Gasmengen in Tankern oder Rohrleitungen transportiert und in Speichern eingelagert – auch in tiefen Gesteinsschichten. Bei letzterem handelt es sich meist aber um Erdgas, das als Reserve angelegt wird, was sich wirtschaftlich rechnet. Bei Kohlendioxid sprechen bislang noch die hohen Aufwendungen für die Abscheidung und Einlagerung des Gases gegen diese Anwendung: Etwa ein Drittel der erzeugten Energie muss gleich wieder verbraucht werden, um das Gas aus der Abluft herauszufiltern. Rund 20 bis 40 Euro kostet das mindestens pro Tonne, was den Strompreis um 1 bis 2 Cent pro Kilowattstunde verteuert – und alternative Energieformen wettbewerbsfähiger macht.
Auf Dauer ist die Einlagerung ohnehin keine Lösung: Das Volumen zumindest der festländischen Speicher in der Nähe großer Emissionsquellen ist nach heutigem Wissensstand begrenzt. Schließlich müssten nach bisherigen Schätzungen etwa eine Billion Tonnen Kohlendioxid bis zum Ende des Jahrhunderts versenkt werden. Die wenigen gegenwärtigen Versuchsprojekte schicken jährlich jeweils rund eine Million Tonnen CO2 in die Tiefe – bei einem weltweiten Gesamtausstoß von momentan etwa fünf Milliarden Tonnen. Und selbst dazu leistet Ketzin keinen Minderungsbeitrag: Der Test läuft vorerst mit extra per Lastwagen angeliefertem Kohlendioxid aus der technischen Gasproduktion.
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